Protocol of the Session on January 20, 2010

- Nein, es ist zum Glück eben nicht so, wie wir aus vielen Nachfragen wissen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wer hat nachgefragt?)

Manche, Herr McAllister, möchten natürlich auch unabhängig von der Zuschaltmöglichkeit zu den Reden der einzelnen Fraktionen - jetzt redet die CDU, jetzt reden die Linken - die Debatten zu einzelnen Tagesordnungspunkten, z. B. zur Bildungspolitik, verfolgen, ohne für einen Platz auf der Zuschauertribüne den langen Weg nach Hannover antreten zu müssen und ohne, um einen weiteren Aspekt noch einmal anzuticken, die Hürden für Behinderte überwinden zu müssen, die in unserem Haus ja außerordentlich hoch sind, um hier zuhören zu können.

Es gibt also den Wunsch, die Debatten zeitgleich zu verfolgen, wie wir aus vielen Anfragen wissen. Dieser Wunsch hat sich natürlich im Zuge des Internet-Zeitalters, in dem man gewohnt ist, zeitgleich auf alles Mögliche zugreifen zu können, verstärkt.

Was ist die Schlussfolgerung? - Eine Schlussfolgerung ist, dass die Grünen - für ihren begrüßenswerten symbolischen Akt, der heute Morgen von höchster Stelle im Haus verkündet worden ist, ist ihnen außerordentlich zu danken - schon einmal die Möglichkeit schaffen, wenn auch als symbolischen Akt, unsere Debatten live zu verfolgen. Auf der Internetseite der Grünen steht aber der Satz: „Aus Kostengründen senden wir auf einer sehr niedrigen Bandbreite und einer maximalen HörerInnenzahl von 100 Personen.“ Wir haben einmal in die Übertragung hineingehört und festgestellt: Die Qualität der Übertragung erinnert ein bisschen an Telefon mit Rückkopplung. Die Übertragung ist also ein bisschen schwer anzuhören.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Mein Mann war sehr zufrieden mit der Qua- lität!)

Aber der Weg, den die Grünen damit aufgezeigt haben, ist unbedingt richtig. Diesen Weg sind, allerdings auf technisch etwas höherem Niveau,

konsequent die Landtage von Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Sachsen gegangen. Auf den Internetseiten dieser Landtage, also nicht auf den Seiten einzelner Parteien, können Sie verfolgen, welcher Tagesordnungspunkt gerade verhandelt wird, und sich dann über einen Link entweder in die TV-Übertragung oder in die Radioübertragung aus dieser Landtagsdebatte einschalten. Gäbe es diese Möglichkeit auch in Niedersachsen, könnten die Bürger unsere Plenardebatten also auch in Aurich oder in Goslar live verfolgen.

Wenn ich mir aus der Diskussion richtig habe berichten lassen - Herr Dinkla hat das vorhin ja auch anklingen lassen -, gibt es Einigkeit in diesem Hause darüber, dass man diesem Wunsch im Rahmen der Neu- oder Umbaumaßnahmen nachkommen und die gleichen technisch aufwendigen Möglichkeiten wie in Baden-Württemberg, NRW oder Sachsen schaffen will.

Nun wissen Sie auch: Wir stehen als die Partei der Linken nicht nur für die großen Veränderungen, die Sinn machen, sondern auch für die kleinen Veränderungen. In diesem Zusammenhang ist dann eben der Hinweis auf ein Angebot des Landesverbandes Bürgermedien e. V. wichtig und bemerkenswert, eine Fernsehübertragung sei technisch ein bisschen aufwendiger, aber eine Radioübertragung unserer Debatten sei relativ unaufwendig und technisch auf hohem Niveau durchzuführen. Dass das technisch möglich ist, weiß jeder Ihrer Mitarbeiter, der schon heute genau hören kann, ob Sie hier im Hause das sagen, was er Ihnen aufgeschrieben hat. Dass Tonübertragungen technisch möglich sind, wissen die Fraktionen genau. Deshalb besteht natürlich auch die Möglichkeit, die Tonübertragungen über eine Verlinkung auf der Internetseite für die Niedersachsen allgemein zugänglich zu machen.

Insofern sind wir der festen Überzeugung, dass unser Antrag für jeden hier im Hause zustimmungsfähig ist, jedenfalls für jeden, dem die parlamentarische Demokratie wirklich am Herzen liegt

(David McAllister [CDU] lacht)

und der überzeugt ist, die besseren Argumente zu haben. Da, Herr McAllister, mögen sich dann die Geister scheiden. Er ist für jeden zustimmungspflichtig, insbesondere bei der CDU, der versucht, kostengünstige Lösungen für mehr Öffentlichkeit zu erreichen.

Wir bitten Sie im Übrigen - dieser Hinweis für das Präsidium -, den Antrag nicht nur im Ältestenrat, sondern auch im Ausschuss für Medien mitzuberaten.

Ich bedanke mich für die erstaunliche Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Der nächste Redner ist Herr Schobert von der CDU-Fraktion. Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unbestritten ist die Grundidee, die hinter diesem Antrag steckt, die Informationsmöglichkeiten für unsere Bürgerinnen und Bürger zu verbessern, gut.

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Dann nehmen Sie den Antrag doch an!)

Bei allen sinnvollen Ansätzen müssen wir aber auch darüber diskutieren, welchen Nutzen die Nutzer eines solchen Angebotes daraus ziehen können. Um in die Diskussion einzusteigen, möchte ich Rudolf Augstein, bis zu seinem Tode Herausgeber des Spiegel, zitieren, der einmal folgerichtig festgestellt hat: „Die Zahl derer, die durch zu viele Informationen nicht mehr informiert sind, wächst.“

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Das ist ja unglaublich!)

Denn was bringt eine stumpfe Übertragung des gesprochenen Wortes einer Plenardebatte ohne Kommentierung eines Redakteurs? Was bringt es, wenn Hintergründe nicht vermittelt werden? Was bringt die zeitgleiche Vermittlung im Internet, wenn der Nutzer nicht gleichzeitig die Möglichkeit hat, die Wege der Entscheidungsfindung nachvollziehen zu können?

(Zuruf von Hans-Jürgen Klein [GRÜ- NE])

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. - Man könnte meinen, da seien die Wortprotokolle unseres Stenografischen Dienstes, die bereits seit Langem im Internet frei abrufbar sind,

vielleicht sogar wesentlich informativer, weil darin auch Zwischenrufe und sonstige Vorfälle vermerkt sind. Dort hat man mit ein bisschen Phantasie eine bessere Möglichkeit, auch die Stimmungen und die Emotionen in einer Landtagsdebatte zu erfassen, als wenn man nur hört, was hier am Pult geredet wird.

(Zustimmung von Hartmut Möllring [CDU] - Ralf Briese [GRÜNE]: Da kann man die Stimmung nicht erken- nen? Denken Sie darüber noch ein- mal nach! - Dr. Manfred Sohn [LIN- KE]: Selbst die Schweigeminuten würden erfasst werden!)

Lediglich mit der jetzt von den Linken geforderten Einrichtung eines Internetradios würden wir wesentlich zu kurz springen. Aus aktuellem Anlass kann man auch sagen, dass die derzeitige Übertragung der Landtagsfraktion der Grünen nicht ernsthaft hilfreich ist.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Dann lassen Sie uns doch Fernsehen machen!)

Bisher gab es in Bezug auf die technische Übertragung der Landtagsdebatten einen Konsens zwischen den Fraktionen im Landtag, und ich halte es auch nicht für richtig, wenn irgendjemand an technischen Geräten des Landtages herumschraubt, wie es hier passiert ist. Da wurde im Grunde genommen ein Lautsprecher abgeschraubt und dann wieder neu verkabelt. - Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das kann es einfach nicht sein.

Drittens - das muss man sich auch einmal vor Augen halten - ist die Übertragungsqualität, die jetzt angeboten und beworben wird, sicherlich keine Auszeichnung für die Arbeit dieses Landtages; denn auch das muss man sich vor Augen halten, wenn man über eine Außenwirkung und den Bereich Marketing nachdenkt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, nachdem Sie nun Ihren Aufschlag gehabt haben, könnten wir morgen vielleicht wieder zu einem geordneten und abgesprochenen Verfahren zurückkehren. Das aber ist letztendlich Ihre Entscheidung. Sie werden darüber sicherlich in Ruhe noch einmal positiv nachdenken.

Wir müssen in der nächsten Zeit darüber diskutieren - wir sind dazu als CDU-Fraktion bereit -, wie wir mit einer Kombination aus Angeboten von Wort, Bild und neuen technischen Möglichkeiten sachgerecht und informativ über die Arbeit des Plenums unseres Landtages berichten können. Wir

wollen - es ist wichtig, das zu sagen - keinen eigenen Nachrichtensender eröffnen, sondern wir wollen vielmehr - das ist unstrittig - die Informationsmöglichkeiten für die Öffentlichkeit erhöhen. An dieser Stelle - es ist bereits erwähnt worden - muss ich einmal - nicht nur einmal; man kann ihn öfter loben - unseren Landtagspräsidenten Hermann Dinkla loben,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Was hat er denn gemacht?)

der schon frühzeitig seine Vorstellungen geäußert hat, wie wir im Bereich der technischen Übertragungsmöglichkeiten, aber auch der möglicherweise künftigen technischen Möglichkeiten im neuen Landtag arbeiten können. Mein lieber Herr Präsident, wir stehen da ganz an Ihrer Seite. Ich freue mich, dass wir dann, wenn die Entscheidung gefallen ist, wie der Um- oder Neubau des Landtages aussehen soll, auch die Diskussion über die notwendige Infrastruktur führen werden; denn genau da gehört dieses Thema hin.

Weitere wichtige Aspekte werden in dem Antrag der LINKEN überhaupt nicht erwähnt. Auch darüber muss man sprechen, weil das zur Klarheit einfach mit dazu gehört. So wird z. B. die Frage aufgeworfen: Wer trägt die Verantwortung für die gesendeten Inhalte, insbesondere wenn - - -

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Sie als Redner natürlich! - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Der Sprecher!)

- Sie haben nicht viel Ahnung von Medienpolitik. Das ist nun klar.

(Zuruf von der SPD: Aber Sie!)

Deswegen hören Sie vielleicht zu! Ich bin auch bereit, Ihnen ein bisschen Nachhilfe zu erteilen.

(Zuruf von der CDU: Willst du das wirklich?)

- Nein, ich glaube nicht! Hören Sie mir einfach nur zu! - Wer trägt denn die rechtliche Verantwortung, wenn dieses Medienangebot von Drittanbietern übernommen wird? - Das ist eine völlig legitime Frage, die übrigens auch in Berlin diskutiert wird. Das ist gar nicht so abwegig, wenn man sich mit der Materie beschäftigt.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Fragen Sie doch einmal in Nordrhein- Westfalen nach!)

Wie soll dieser neue Service finanziert werden? - Auch das ist die Frage: Wie finanzieren wir gute Angebote? Sollen sie aus Rundfunkgebühren finanziert werden, oder sollen sie nachher aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden? - Auch das ist ein Thema. Und, eingangs erwähnt: Wie und was wollen wir den Nutzern an Informationen bieten? - Es ist völlig legitim, dass wir uns darüber unterhalten und nachdenken, was wir bieten und damit letztendlich erreichen wollen.

Abschließend noch etwas, was uns überhaupt nicht gefallen hat. Wenn man die Zwischentöne dieses Antrags liest, dann liest man da - ich will es einmal so sagen -

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Na!)

auch eine Kritik der LINKEN daran heraus, dass z. B. der Norddeutsche Rundfunk - das wird indirekt vorgeworfen - nicht ordentlich aus dem Landtag berichtet.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Was?)

Man kann zum Norddeutschen Rundfunk und zu anderen Nachrichtensendern stehen, wie man will: Wir sind der Auffassung, dass über die Landespolitik - das wird in Umfragen und Ähnlichem auch bestätigt - gut berichtet wird. - Natürlich kann man immer streiten. Das ist immer so im Leben. Aber die Berichterstattung als solche und auch die Vielfältigkeit des Norddeutschen Rundfunks mit seinen verschiedenen Sendemöglichkeiten - Fernsehen, Radio, aber auch der Bereich des Internets - sind in Ordnung. Da sind wir gut aufgehoben.

Ich komme zum Schluss. Ich freue mich, dass ich zu dieser sich wahrscheinlich noch fortsetzenden regen Diskussion beigetragen habe. Wenn man einmal andere Gedanken vorträgt, kann man darüber auch einmal diskutieren, statt immer wieder irgendetwas gebetsmühlenartig zu wiederholen nach dem Motto, dass das für alles das Allheilmittel ist.

Ich habe mit dem Satz von Rudolf Augstein begonnen. Im Grunde genommen war in der Kurzfassung die Intention des Satzes: Zu viele Informationen bringen keine wirklichen Informationen. - Zum Abschluss lassen Sie mich, weil das ganz gut zu dem, was man zu dem Thema sagen kann, passt, noch ein Zitat des deutschen Schriftstellers Hans Kasper sagen - auch das gehört zur Informationspolitik dazu -: „Bildung im 20. Jahrhundert erfordert vor allem und zunächst die instinktsichere Abwehr überzähliger Informationen.“