Protocol of the Session on December 17, 2009

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Wulff und sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung, es mag sein, dass Ihnen die monatli

chen Landtagssitzungen, unsere Fragen und auch unsere zum Teil harte Kritik zunehmend strapaziös erscheinen.

(Lachen bei der CDU)

Seien Sie gewiss: Umgekehrt geht es uns oft nicht anders. Aber ich glaube, auch das ist der Preis für das, was wir gemeinhin Demokratie nennen. An der Stelle sind wir uns, glaube ich, am Ende alle einig. Trotz aller Probleme: Eine bessere Form, Politik zu machen, ist bislang nicht erfunden worden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, heute ist ein historischer Tag. Wenn Frau Merkel und ihre Kollegen in Kopenhagen versagen, dann wird das fatale Folgen für das Klima, für unsere Zukunft und vor allen Dingen für unser aller Kinder haben.

Gemessen an der Weltklimakonferenz mag manchem unsere heutige Abstimmung über den Landeshaushalt 2010 unbedeutend erscheinen. Aber für die Zukunft unseres Landes Niedersachsen, für die Bildung unserer Kinder, für ein Leben in sozialer Gerechtigkeit und für die Sicherung unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist der heutige Tag von entscheidender Bedeutung.

Deshalb darf es nach meiner festen Überzeugung keine Zustimmung zu diesem Haushalt und zu dem schwarz-gelben Schuldenwachstumsgesetz in Berlin geben.

Ich danke Ihnen.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich habe meine Meinung nicht geändert, aber auch Herr McAllister möchte von der Möglichkeit der Kurzintervention Gebrauch machen. Bitte schön!

(Victor Perli [LINKE]: Auf einmal!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wenzel, Sie haben Ausführungen zum Thema Debattenkultur gemacht, die ich in Teilen durchaus unterstützen kann. Die CDU-Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass Herr Landtagspräsident Dinkla im neuen Jahr die Fraktionsspitzen zu einem ergebnisoffenen Gespräch einladen möchte, in dem besprochen wird, wie wir

die Debattenkultur hier im Hause verbessern können. Das ist aber nicht nur ein Anliegen der Fraktionsspitzen. Vielmehr sollte sich jede und jeder einzelne Abgeordnete hier im Haus Gedanken machen, wie man durch eigenes Zutun einen kleinen Beitrag leisten kann, um die Debattenkultur zu verbessern. Das gilt in alle Richtungen und für alle Fraktionen.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe mich deshalb zu Wort gemeldet, lieber Stefan Wenzel, weil eines diese Woche gezeigt hat: Wer die moralische Messlatte für andere so sehr hochlegt, ist ganz schnell der Verlierer der Woche. Darüber sollte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einmal in Ruhe nachdenken.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Detlef Tanke [SPD]: Das stinkt Ihnen nach wie vor!)

Meine Damen und Herren, Herr Wenzel möchte von der Möglichkeit der Erwiderung Gebrauch machen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr McAllister, wir alle wissen und haben in diesen Tagen wieder einmal erlebt, wie schnell ein scharfes Wort, auch ein Zwischenruf die Debatte hier im Parlament anheizen kann und wie schnell sich das am Ende in einer Art und Weise entwickeln kann, wie es sich niemand gewünscht hat.

An dieser Stelle muss aber auch klar sein: Fraktionen, die in diesem Parlament vertreten sind, und Abgeordnete, die bei freien, gleichen und geheimen Wahlen in dieses Parlament gewählt worden sind, dürfen hier nicht als undemokratisch diskriminiert werden. Das heißt, wir müssen uns hier im Umgang an Regeln halten, die für alle gelten. Von daher hoffe ich, dass wir für die Zukunft einen anderen Umgang miteinander finden.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, bevor ich die nächste Wortmeldung erteile, erlauben Sie mir bitte nur einen Gedanken: Ich glaube, es ist nicht ausreichend, wenn wir lediglich über Debattenkultur reden. Nach meiner Ansicht müssen wir auch dar

über nachdenken, ob es so etwas wie eine Berichterstattungskultur gibt.

(Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, die nächste Rednerin ist Frau Flauger von der Fraktion DIE LINKE.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst auch im Namen meiner Fraktion ganz herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ausschusssekretariate, der Drucksachenabteilung, der Landtagsverwaltung, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Finanzministerium und den anderen Ministerien sowie des Landesrechnungshofs für die viele Arbeit bedanken, die sie mit dem Haushalt 2010 hatten und die sicherlich oft nicht einfach gewesen ist. Wir wissen sehr gut, dass es nicht diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, die diesen saft- und kraftlosen Haushalt der sozialen Kälte zu verantworten haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir werden diesen Haushalt selbstverständlich ablehnen. Wir haben 169 Änderungsanträge zum Haushalt eingebracht, die Sie leider alle abgelehnt haben.

Wir wissen: Diese Landesregierung sitzt häufig auf einem ziemlich hohen Ross. Aber oft muss man ihr erst einmal auf das Pferd helfen. Deswegen haben wir diese Änderungsanträge eingebracht. Sie haben sie leider nicht als Steigbügel genutzt.

(Norbert Böhlke [CDU]: Gott sei Dank!)

Wir haben unsere Vorschläge in dieser kleinen Broschüre zusammengefasst, die schon mehrfach erwähnt worden ist. Wir haben sie zwar nicht in erster Linie für Sie, aber auch für Sie geschrieben. Ich habe ein paar Exemplare mitgebracht, die ich Ihnen nachher aushändigen werde. Herr McAllister fragt schon danach. Sie sollen sie gerne bekommen.

(Björn Thümler [CDU]: Er hat sie schon!)

Es steht zu befürchten, dass Sie gleich in der Schlussabstimmung diesen unsozialen Haushalt durchstimmen werden. Das wird leider fatale Folgen haben. Sie werden Niedersachsens Städte, Gemeinden und Landkreise am ausgestreckten

Arm verhungern lassen. Statt Kommunen mit „Heiratsprämien“ zu Fusionen zu nötigen und das dann prahlerisch „Zukunftsvertrag“ zu nennen, sollten Sie endlich den kommunalen Finanzausgleich korrigieren, und zwar so, dass die niedersächsischen Kommunen auf eine dauerhafte, verlässliche Grundlage stabiler Finanzzuweisungen gestellt werden. Setzen Sie sich gleichzeitig auf Bundesebene für eine bundesweite Reform der Kommunenfinanzierung ein!

(Beifall bei der LINKEN)

In Ihrem unsozialen Haushalt wollen Sie nicht einmal dafür sorgen, dass jedes Schulkind in Niedersachsen täglich ein Stück Obst bekommt. Sie machen sich mit der Ausrede lächerlich, das sei bürokratisch, während alle möglichen anderen Länder das hinbekommen. Peinlich, peinlich, liebe Landesregierung!

(Beifall bei der LINKEN)

Sie verschieben die im Koalitionsvertrag von CDU und FDP versprochene Einführung des zweiten beitragsfreien Kindertagesstättenjahres auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, ganz nach dem adenauerschen Motto: Was schert mich mein Geschwätz von gestern! - Damit haben Sie gezeigt, dass Sie ungefähr so glaubwürdig sind wie der Baron von Münchhausen. Das ist Wortbruch, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der LINKEN)

Das Land Niedersachsen braucht mindestens 2 000 neue Lehrkräfte. Aber davon wollen Sie in Ihrem Haushalt nichts wissen. Die gleiche Ignoranz zeigen Sie beim Thema Abschaffung von Studiengebühren, die in völlig inakzeptabler Weise ein sozial ausgrenzendes Bildungssystem fördern.

Meine Damen und Herren, vor einem Jahr hat Finanzminister Möllring großspurig versprochen, für 2010 einen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen. Dieses Versprechen ist wie eine Seifenblase zerplatzt. Mit dieser Landesregierung steht Niedersachsen vor der größten Neuverschuldung in der Geschichte. Das versuchen Sie mit billigen Tricks gegen alle Grundsätze von Haushaltswahrheit und -klarheit zu verschleiern, nur damit nicht deutlich wird, dass Sie noch mehr Schulden machen als Ihre Vorgängerregierung.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie sagen natürlich: Wir haben eine Krise. Da müssen wir doch Kredite aufnehmen. - Noch vor einem Jahr haben Sie hier die Existenz dieser

Krise geleugnet und bestritten. Damals haben Sie zu unseren Wortbeiträgen gesagt, die Linke rede diese Krise herbei. Wenn unsere Macht des Herbeiredens solcher großen Dinge wirklich so toll wäre, dann würden wir ganz andere Sachen herbeireden, z. B. die Abschaffung schwarz-gelber Regierungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte einmal Philipp Rösler aus den Schlusserklärungen der Haushaltsberatungen 2008 zitieren. Er hat gesagt:

„Die Oppositionsfraktionen reden hier von Krise, aber wollen gleichzeitig Milliarden verprassen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist unmoralisch.“

Das hat Philipp Rösler im Dezember 2008 hier gesagt. Jetzt ist er weg. Wahrscheinlich weiß er, warum. Er sitzt in einer Bundesregierung, die in einer Krise tatsächlich unmoralisch Milliarden verprasst, und zwar an ganz falschen Stellen, u. a. für Mehrwertsteuersenkungen für Hotelübernachtungen, die mit Sicherheit nicht der Weg aus der Krise sind,

(Ralf Briese [GRÜNE]: Sie sind doch dafür!)