Protocol of the Session on December 16, 2009

Einen riesigen Bock - ich hoffe, dieser Ausdruck ist parlamentarisch genug - hätte die Landesregierung beinahe bei den Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen geschossen. Sie hatte nämlich vorgesehen, die Mittel dafür zu kürzen. Alles reell, versteht sich, nämlich in Folge einer Richtlinienänderung von 2007 und dem verabredeten Auslaufen des Bestandsschutzes.

Allerdings haben die Einrichtungen in der Öffentlichkeit so hart um den Fortbestand ihrer Mittel gekämpft, dass die Landesregierung schließlich nachgeben musste. Insofern hat sie den Bock auch nur beinahe geschossen. Das ist für uns im Übrigen ein weiterer Beweis dafür, dass außerparlamentarischer Druck die Politik dazu treiben kann, bestimmte Änderungen vorzunehmen. Das ist gut so.

(Beifall bei der LINKEN)

Gleichwohl kann noch keine Entwarnung gegeben werden; denn dieses Spiel dürfte im kommenden Jahr seine Neuauflage erleben. Es werden neue Verhandlungen geführt, und die Frauenhäuser werden aus unserer Sicht weiterhin in ihrem Bestand gefährdet sein. Wir wollen das verhindern.

Ich möchte jetzt nicht mehr jeden einzelnen unserer über 170 Anträge ansprechen. Schauen Sie sie an, dann werden Sie sehen, dass wir uns mit diesem Haushalt beschäftigt haben. Ich verweise noch einmal auf die Zusammenfassung in dem bereits erwähnten Heft.

Die Kürzungen, die Sie faktisch bei den Selbsthilfegruppen für Homosexuelle vornehmen, bei der psychosozialen und medizinischen Beratung von Flüchtlingen, bei der Blindenbildung, bei den Schuldnerberatungsstellen, bei der gesundheitlichen Aufklärung, bei der Gesundheitsförderung usw. sind mit uns nicht zu machen.

Bei der institutionellen Förderung müssen Sie mit einrechnen, dass es jedes Jahr einen finanziellen Ausgleich für die Kostensteigerungen geben muss. Es sei denn, Sie wollen den Bestand ganzer Einrichtungen bzw. des ganzen Sozialwesens in Niedersachsen gefährden.

Die Arbeit, die von diesen Verbänden und Einrichtungen geleistet wird, ist unverzichtbar. Hier muss aufgestockt werden, statt faktisch zu kürzen. Diese Verbände und Einrichtungen tragen in hohem Maße dazu bei, dass Menschen, die von Ihnen keine Unterstützung erfahren, beraten und aktiv unterstützt werden. Sie leisten ihren Beitrag, um den soziale Frieden in diesem Land zu wahren.

Ich fasse zusammen: Ihr Haushaltsentwurf ist das Papier nicht wert, auf dem er gedruckt worden ist. Ihre Maxime ist: Einsparungen bei denen, die unsere Unterstützung am nötigsten brauchen.

Die Linke ist der festen Überzeugung, dass sich der Wert einer Gesellschaft daran bemisst, wie sie mit den Schwächsten und den Minderheiten umgeht. Das ist unsere Grundhaltung, anhand derer wir unsere Haushaltsvorschläge formuliert haben. Wenn Sie glaubwürdig sein wollen, müssen Sie unseren Vorschlägen zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Humke-Focks. - Für die FDPFraktion spricht Herr Kollege Riese. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Durch die Zwischenfrage von Frau Pieper ist es bereits in die Debatte gelangt: Seit 2005 sinkt das Armutsrisiko in Niedersachsen. Das ist u. a. ein Erfolg der sozial orientierten Politik der Landesregierung, gestützt von CDU und FDP.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Johanne Modder [SPD] und von Ursula Helmhold [GRÜNE]: Oh nein!)

Wenn Frau Helmhold glaubt, dass von der Wirtschaftskrise im Wesentlichen die geringen Vermögen angegriffen werden, dann irrt sie sehr. Was dadurch zusammenschrumpft, sind Aktiendepots. Die Millionäre werden ärmer. Das wird - anders, als Sie es hier dargestellt haben; Armut ist schließlich ein relativer Begriff - wahrscheinlich dazu führen, dass sich die Schere noch weiter schließen wird. Aber das ist ja auch gut so.

Meine Damen und Herren, über die Rahmendaten des Sozialhaushalts ist vom Kollegen Böhlke schon vieles gesagt worden. Ich möchte aber noch einige Punkte im Detail ansprechen.

Im Lande Niedersachsen können sich Bürgerinnen und Bürger an die NBank wenden, um eine Wohnraumförderung zu erhalten. Hinter der NBank steht das Land Niedersachsen. Die NBank fördert die Eigentumsbildung, namentlich von kinderreichen Familien - auch das ist ein Aspekt von Familienfreundlichkeit -, und sie fördert die Schaffung von barrierefreiem Wohnraum für Schwerbehinderte. Schließlich kann jedermann und jede Frau die Förderung einer energetischen Modernisierung bei der NBank beantragen. Dann wird sie vom Lande gefördert.

Städtebauprogramme - überwiegend vom Bund finanziert, aber vom Land mitgestaltet - verursachen allgemeine Begeisterung. Insbesondere das neue Programm „Städtebaulicher Denkmalschutz“ setzt interessante Akzente. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister stehen Schlange und freuen sich, dass sie die Mittel abgreifen können.

Ich habe hier gerade den Kollegen Schwarz erlebt, wie er seine Rede vom letzten Jahr recycelt hat. Ich muss sagen: Der Herr hat zwei Gesichter. Bei

den Haushaltsberatungen im Ausschuss ist er freundlich und nett. Er stellt ein paar Zusatzfragen, die von Ministerin Ross-Luttmann, Staatssekretärin Hawighorst und dem Haushälter Herrn Koy sowie zahlreichen weiteren Damen und Herren aus den verschiedenen Referaten im Detail gründlichst beantwortet werden. Es besteht kein weiterer Diskussionsbedarf, und man sitzt nett beieinander. Hier im Plenum jedoch schildert Herr Schwarz die Welt in schwarzen Farben. Ein solcher Stil müsste nicht sein. Herr Schwarz, ich weiß gar nicht, woher Sie diese Bitterkeit haben. So schlimm, wie Sie es darstellen, ist es wirklich nicht.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Uwe Schwarz [SPD]: Aber im- merhin! - Weitere Zurufe von der SPD: Doch!)

Rauchmelder, verehrter Kollege, können Sie in jedem Baumarkt für wenige Euro kaufen.

(Zurufe von der SPD: Tolles Argu- ment!)

Es ist nach meiner Information nicht verboten, einen Rauchmelder zu erwerben und anzubringen. Ich empfehle auch jedem, sich einen Rauchmelder zuzulegen und in seiner Wohnung zu installieren.

Das Problem liegt aber in Folgendem: Wenn der Vermieter einmal im Jahr überprüfen muss, ob die Batterien noch funktionieren, ist das für ihn eine Belastung. Wenn der Schornsteinfeger die Funktionsfähigkeit kontrolliert, entstehen zusätzliche Gebühren - zur Freude der Mieter. Darum geht es. Eine gesetzliche Vorschrift ist kein Problem, aber die Durchführung verursacht neue Bürokratie.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Das Prob- lem ist, dass Kinder sterben! - Norbert Böhlke [CDU]: Wer kontrolliert sie? - Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Ich habe jetzt ein großes Problem. Die letzten Ausführungen des Herrn Kollegen Riese habe ich überhaupt nicht verstehen können.

(Uwe Schwarz [SPD]: Wir auch nicht!)

Ich weiß nicht, ob Herr Humke-Focks oder Frau Kollegin Staudte sie wiederholen kann. - Ich bitte um etwas mehr Ruhe, damit wir hören können, was Herr Kollege Riese zu sagen hat. - Danke. Herr Riese!

Vielen Dank für diese Unterstützung, Frau Präsidentin.

Mit der Quartiersinitiative Niedersachsen werden in vielen Orten Projekte entwickelt, die die Innenstädte wieder lebenswerter machen. Sie bauen auf örtlichen Initiativen auf und entfalten Kreativität. Auch das ist eine hervorragende, an die Menschen gerichtete Politik des Landes.

Ich komme nun zu den Frauen, meine Damen und Herren.

(Oh! bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Für die Frauen stehen im Haushalt fast 19 Millionen Euro zur Verfügung. Außer für Frauenhäuser und für die Schwangerschaftskonfliktberatung stehen vor allem Mittel für die Integration von Frauen in das Arbeitsleben zur Verfügung - ein ganz wichtiger Punkt. Vor diesem Hintergrund ist die panikgetriebene Diskussion, die interessierte Kreise über die Bedeutung der Frauenpolitik in Niedersachsen führen, schlicht irreführend.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn es um die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter geht, sprechen wir übrigens nicht von Frauenförderung, sondern von gender mainstreaming. Dafür habe ich bislang nur 118 000 Euro entdecken können. Gleichstellung ist in Niedersachsen also offenbar immer noch weiblich.

Niedersachsen engagiert sich umfassend in der Eingliederungshilfe, nicht zuletzt mit fast 26,9 Millionen Euro für das Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte und mit fast 13 Millionen Euro für das Landesbildungszentrum für Blinde. Das sind wichtige soziale Einrichtungen.

8 Millionen Euro stehen im Regierungsentwurf für die Aktivierung der Altenpflegeausbildung bereit, insbesondere durch die Herstellung der Schulgeldfreiheit. 300 000 Euro kommen durch den Änderungsantrag der Regierungsfraktionen von CDU und FDP hinzu. Das sind angesichts des demografisches Wandels wichtige Schritte. In der Bewertung der Pflegesituation sind wir uns ja auch durchaus einig.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Über 300 Millionen Euro stehen in Niedersachsen aus Landesmitteln für das Gesundheitswesen zur Verfügung, für zahlreiche Bildungsmaßnahmen für medizinische Heilberufe und natürlich für die Kran

kenhausfinanzierung. Die zusätzlichen 15 Millionen Euro sind ja selbst von Herrn Schwarz eingeräumt worden. Sie sind eine realistische, finanzierbare Maßnahme gegen den Investitionsstau. Da es Investitionen in Lebensqualität und Gesundheit sind, sind diese Mittel doppelt wertvoll.

(Beifall bei der CDU)

Das Modellprojekt MoNi der kassenärztlichen Vereinigung hat Herr Kollege Böhlke bereits gewürdigt. Mit 30 000 Euro aus Landesmitteln setzen wir dort einen Akzent. Insgesamt werden ungefähr 360 000 Euro verausgabt. Es geht darum, dass qualifizierte medizinische Fachangestellte Hausärzte bei medizinischen und administrativen Tätigkeiten entlasten. Der behandelnde Arzt, die behandelnde Ärztin wird die medizinischen Fachangestellten anleiten, Verbände anzulegen und zu wechseln, Blutdruck und Blutzucker zu messen und Medikamente nach ärztlicher Verordnung zu verabreichen. Dadurch werden Patientinnen und Patienten umfassender versorgt, und den Ärzten wird der Zeitdruck genommen. Damit, meine Damen und Herren, kann der Anreiz für Hausärzte steigen, sich in unterversorgten Gebieten niederzulassen, und damit wiederum kann die Versorgung in der Fläche verbessert werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Unterstützt aus dem Europäischen Sozialfonds engagiert sich Niedersachsen mit 7,8 Millionen Euro in Jugendwerkstätten und mit 7,3 Millionen Euro in Pro-Aktiv-Zentren dafür, dass jeder junge Mensch notfalls eine zweite, eine dritte oder auch eine vierte Chance erhält, sich für ein eigenverantwortliches Leben vorzubereiten. Meine Damen und Herren, es geht darum - auch darin sind wir uns doch hoffentlich alle einig -, dass junge Menschen Perspektiven haben müssen, ihr Leben aus eigener Erwerbstätigkeit nach eigenen Vorstellungen eigenverantwortlich zu gestalten. Zumindest CDU und FDP wissen, dass der Karrierewunsch Hartz IV, von dem wir von jungen Menschen gelegentlich hören, eine Sackgasse ist. Deswegen handeln wir entsprechend.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Auch wir wissen das!)

Verehrter Herr Schwarz, verehrte Frau Helmhold, verehrte Kolleginnen und Kollegen, es spricht Bände, wenn einige Oppositionsfraktionen die Familienoffensive der Landesregierung als einen Steinbruch des Sozialhaushaltes nutzen wollen.

Damit profilieren sie sich sogar als Wiederholungstäter.

Kinder sind unsere Zukunft. Wenn man in Bezug auf die Kürzungen im Jugendhaushalt, die Herr Schwarz angesprochen hat, miteinander ehrlich ist, dann muss man sagen, dass es sich dabei überwiegend um Mittel handelt, die entbehrlich geworden sind. Das ist im Haushaltsentwurf entsprechend abgebildet. Es geht um unbegleitete Minderjährige, die wir in dieser Zahl nicht mehr haben. Sie, Herr Schwarz, schlagen ja sogar vor, den Titel um eine weitere Million Euro zu kürzen. Dann aber dürfen Sie das an dieser Stelle auch nicht geißeln.

(Uwe Schwarz [SPD]: Weil wir das ins Kinderschutzgesetz packen! Sie strei- chen das weg!)