Protocol of the Session on December 15, 2009

Herzlichen Dank, Herr Kollege Meyer. - Für die FDP-Fraktion haben Sie, Herr Kollege Hocker, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der vorliegende Haushaltentwurf ist einerseits von einer sinnvollen und bedachten Akzentsetzung in Bereichen geprägt, die dem Umweltschutz und dem Klimaschutz nutzen, andererseits trägt er auch der angespannten Haushaltslage Rechnung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weil Nachhaltigkeit unserer Meinung nach nicht nur eine ökologische Dimension hat, sondern auch ein ökonomisches Erfordernis ist, lieber Herr Meyer, legen wir besonderen Wert darauf, dass sich der Zuschussbedarf auf den durch den mittelfristigen Finanzplan im Jahre 2009 gesetzten Planungsrahmen begrenzt. Entsprechend kommt der vorliegende Entwurf mit um 12,6 Millionen Euro niedrigeren Ausgaben aus als der Etat des Jahres 2009. Im Jahre 2010 stehen 386,8 Millionen Euro an erwarteten Ausgaben 253,5 Millionen Euro an erwarteten Einnahmen gegenüber. Tatsächlich liegt der Zuschussbedarf um 2,4 Millionen Euro über dem von 2009. Dieser höhere Zuschussbedarf resultiert in erster Linie aus höheren Personalkosten.

Andererseits wird der Haushalt durch das Auslaufen des Ausbaufonds Elbe entlastet. Seit der Implementierung des Ausbaufonds Elbe sind über 120 Millionen Euro zur Deichsicherheit und für den

Hochwasserschutz eingesetzt und damit zum Schutze der Menschen in unserem Bundesland und ihres Eigentums verwendet worden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Trotz der angespannten Haushaltslage ist es gelungen, meine Damen und Herren, aus den Einnahmen aus der Abwasserabgabe und der Wasserentnahmegebühr nennenswerte Rücklagen zu bilden, die uns Handlungsspielräume für die Zukunft eröffnen.

Gestatten Sie mir, dass ich einige zentrale Punkte des Haushalts für das kommende Jahr hervorhebe. Unser Entwurf sieht insgesamt 28 Stellen bei den Gewerbeaufsichtsämtern vor, wovon allein 24 Stellen mit der Überwachung der Ruhe- und Lenkzeiten im gewerblichen Güter- und Personenverkehr betraut sind, womit die Sicherheit auf den niedersächsischen Straßen weiter verbessert wird.

Im kommenden Jahr werden wir uns außerdem weiterhin verstärkt unseren Nationalparken, insbesondere dem Weltnaturerbe Wattenmeer und der Nordsee, widmen. Insgesamt stehen allein für Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen in den Nationalparken jeweils 200 000 Euro mehr zur Verfügung, als das in 2009 der Fall gewesen ist.

Zusätzlich stellen wir dem Niedersächsischen Wattenmeer 500 000 Euro mehr zur Verfügung, um den gestiegenen Anforderungen durch die Anerkennung als Weltnaturerbe zu entsprechen.

Im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie konzentrieren wir uns bei den Oberflächengewässern zum einen auf die Durchgängigkeit für Fische und aquatische Kleinstlebewesen und zum anderen auf die Beseitigung struktureller Defizite bei der Beschaffenheit der Oberflächengewässer.

Der Nitratbelastung im Grundwasser wollen wir mit einer Kombination aus Ordnungsrecht und freiwilliger Vereinbarung begegnen. Auch hier werden wir Umweltschutz unter Einbeziehung der handelnden Personen durchsetzen, weil wir hiermit viel mehr Akzeptanz erreichen als durch Verbote und Sanktionen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die im Jahre 2008 vom Europäischen Parlament verabschiedete Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie findet ebenfalls Berücksichtigung in unserem Haushaltsplanentwurf. Diese Richtlinie schreibt vor, bis 2020 einen guten Zustand der Meeresumwelt zu erhalten oder zu erreichen. Hierfür werden

im kommenden Jahr erstmals über 310 000 Euro zur Verfügung gestellt werden.

Besondere Bedeutung besitzt auch im kommenden Jahr der Küsten- und Hochwasserschutz für uns. Innerhalb des Küstenschutzes stehen jährlich 10 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung, nachdem der Bund auf Initiative der norddeutschen Bundesländer den Sonderrahmenplan „Maßnahmen des Küstenschutzes in Folge des Klimawandels“ aufgelegt hat. Insgesamt stehen für den Küstenschutz damit 69 Millionen Euro zur Verfügung, sodass die nach dem Generalplan Küstenschutz vorgesehenen Maßnahmen erfreulicherweise vorgezogen werden können. Auch für den Hochwasserschutz stehen im Jahre 2010 im Rahmen des Konjunkturpakets II zusätzliche Mittel in Höhe von 10 Millionen Euro zur Verfügung.

Die Mittel für neue und erneuerbare Energien sind um 2 Millionen Euro gesenkt worden, und zwar um eben diese 2 Millionen Euro für Klimaschutz und Nachhaltigkeit einsetzen zu können. Gemeinsam mit den niedersächsischen Kommunen und dem Sozialministerium werden wir einen Wettbewerb zu dem Thema „Klimakommune 2010“ initiieren. Außerdem planen wir für 2010 den Start der Landesinitiative „Altbausanierung (energetische Sanierung und Einsatz erneuerbarer Wärmeenergien)“.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Insgesamt reduzieren wir die Ausgaben um 12,6 Millionen Euro. Gleichzeitig investieren wir umfassend in den Küsten- und Hochwasserschutz, fördern den Klimaschutz, unterstützen unsere Nationalparke in noch größerem Maße als in der Vergangenheit und legen damit einen Haushaltsentwurf vor, der einerseits zukunftsgerichtete Investitionen beinhaltet und andererseits gleichzeitig der mittelfristigen Finanzplanung Rechnung trägt. Dies ist nur möglich, weil kluge und bedachte Umweltpolitik mit den Menschen funktioniert und deshalb mit weniger Geld auskommt als von oben verordnete Umweltpolitik. Deshalb bitte ich Sie herzlich um Ihre Unterstützung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ganz herzlichen Dank, Herr Hocker. - Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Herr Herzog zu Wort gemeldet. Bitte schön!

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seriöse Haushaltsführung ist Klarheit und Wahrheit. Der Haushalt ist Spiegel von Regierungshandeln. Er deckt eben auch auf, was eine Regierung versteckt, was sie verschiebt, ob sie ihren Sonntagsreden und bunten Broschüren auch Taten folgen lässt, ob sie die drängenden Handlungsaufträge erfasst hat oder nur mit klitzekleinen Merkposten versieht - Feigenblätter für die unterbelichteten Stellen im Haushalt.

Ministerpräsident Wulff sagte vor einem Jahr Folgendes:

„Allein für Deutschland sind in den kommenden 50 Jahren Aufwendungen von ca. 800 Milliarden Euro notwendig, um Klimaschäden zu beheben und Anpassungsmaßnahmen zu finanzieren.“

Abgesehen davon, dass diese Zahl viel zu niedrig gegriffen ist, und er auch nicht sagt, wer das bezahlt, betätigte er sich nicht als klimapolitischer Mahner und als treibender Motor im Wettlauf zur Rettung dieses Planeten. Nein! Er warnte schlicht vor den Zusatzbelastungen für die deutsche Wirtschaft und verlangte unisono mit den Lobbyisten der Chemiebranche freie Emissionsrechte für energieintensive Branchen. Kein Quäntchen Einsicht für die Notwendigkeit, das Steuer solidarisch herumzureißen, weil immer noch das Grundverständnis für den drohenden globalen Kollaps fehlt. Das ist Protektionismus pur!

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, kaum eine Regierung hat wie diese immer wieder das Ehrenamt in den Fokus gestellt. Der Umweltminister behauptet immer, im engen Kontakt mit den Verbänden Lösungen zu suchen. Er kann jetzt an dieser Stelle auf Durchzug schalten. Aber hohe Funktionäre der Umweltverbände befürchten, dass der Umgang des Umweltministeriums mit ihren Aktiven vor Ort dazu führen wird, dass das labile Vertrauen, das über Jahrzehnte mühsam aufzubauen versucht wurde, innerhalb weniger Jahre eingerissen wird, was langfristig gravierend negative Folgen haben wird. Dafür gibt es keine Haushaltposition, aber die Effizienz eingesetzter Mittel leidet kolossal.

(Beifall bei der LINKEN)

Ja, Herr Sander, der Letzte macht das Licht aus. Das werden nicht Sie sein, das werde nicht ich

sein, aber das wird vielleicht mein Sohn oder Ihr Enkel sein. Während Sie noch mit Meeresspiegelanstiegen im Zentimeterbereich rechnen und als strammer Deichhauptmann posieren, wölbt sich am Horizont schon ein Tsunami auf. Dabei ist es fast egal, ob er 7 m oder nur 2 m hoch sein wird - kein Deichbollwerk wird die Norddeutsche Tiefebene retten können.

(Beifall bei der LINKEN)

Grönland verlor in acht Jahren 1 500 km³ Eis. Ich verschließe vor solchen Fakten nicht die Augen, auch nicht vor den beinahe verzweifelten Aktionen der zuerst betroffenen Länder. Es zeugt von realistischem und tiefem Verstehen überfälligen Handelns, wenn die Regierung der Malediven ihre Regierungsgeschäfte 6 m unter dem Meeresspiegel versieht, während die Industrienationen - ja, auch Niedersachsen, Herr Wulff, Herr Sander - weiter auf hohem Ross kauern.

(Beifall bei der LINKEN)

Seit Rio 1992 ist der globale CO2-Ausstoß um 41 % gestiegen, seit dem Jahr 2000 mit verdreifachter Geschwindigkeit. Schlimmer aber noch sind die Prozesse, die daneben ablaufen, die sich gegenseitig beschleunigen wie die sich verringernde Fähigkeit der Natur zur Aufnahme von CO2.

Meine Damen und Herren, ein unverdächtiger Kronzeuge ist die Versicherungswirtschaft. Die Zahl der Schadensereignisse hat sich in Deutschland seit 1970 vervierfacht, die Schadenssumme verdreifacht. Sie empfiehlt folgende Strategie: Erhöhung der Selbstbehalte und angepasste Werbestrategien. Im Klartext: Wer nahe am Wasser wohnt, bezahlt eine höhere Prämie und wird vertrieblich nicht mehr so aktiv beworben wie diejenigen, bei denen die entsprechenden Risiken unwahrscheinlich sind.

Herr Sander, Sie sind Klimaschutzminister und nicht Klimaschmutzminister.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Zeit der Symptomdoktorspiele ist endgültig vorbei. Vollziehen Sie einen Klimawandel bei Ihnen im Kopf! Werden Sie altersweise wie Heiner Geißler und Klaus Töpfer!

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Erinnern Sie sich noch an den Hardliner-Umweltminister der 90er-Jahre, der jetzt den Industrienationen Buchungstricks vorwirft, der damit geißelt,

dass die ihre Zahlungen an die sogenannten Entwicklungsländer für die von ihnen selbst zu verantwortenden Umweltschäden einfach gegen ihre jährlichen Überweisungen aufrechnen? Das ist ein Nullsummenspiel für die Taschenspieler aus Washington, London, Paris und Berlin.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Herr Klimaminister, Ihre wenigen Leuchttürme müssen zur Regel werden. Schaffen Sie als Erstes eine neue Haushaltsstelle mit dem Titel „Fortbildung des Ministers in Klimafragen“!

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Verbinden Sie damit meinetwegen eine Dienstreise auf die Malediven. Reservatsdenken und Protektionismus reichen nicht mehr. Dann fegt der unweigerliche Klimatsunami Ihre mageren Alibiversuche im Artenschutz einfach weg. Ihr Aussitzen und Zögern sind die Schulden von morgen so wie bei der Asse und den anderen Altlasten. Starten Sie endlich Kampagnen! Kaufen Sie meinetwegen Mario Barth für den Slogan „Klima - das ist mein Laden“! Wirken Sie auf Lehrpläne ein! Bringen Sie über Schünemanns Kommunalaufsicht endlich 100 % Umwelt in kommunales Handeln!

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn schon Leuchttürme, dann fangen Sie bei Ihrem Dienstwagen an, am besten als Testfahrer des Einliterautos von VW!

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Wenn Sie ohne Landtagsneubau nicht glücklich werden, dann aber bitte schön als CO2-neutrale Immobilie!