der Niedersächsischen Staatskanzlei auf die Frage 25 der Abg. Ralf Briese und Helge Limburg (GRÜ- NE)
Am 30. November 2009 soll das sogenannte SWIFT-Abkommen, welches vorsieht, US-Terrorfahndern dauerhaft Zugriff auf Daten europäischer Bankkunden zu sichern, von den Innen- und Justizministern der EU gebilligt werden.
Das Abkommen ist politisch umstritten, da es sich um schwer kontrollierbare und rechtlich nicht überprüfbare Eingriffe ausländischer Behörden in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Bundesbürger oder juristischer Personen handelt.
Die Freie und Hansestadt Hamburg hat einen Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht (Bundesratsdrucksache 788/09), in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, dem Abkommen zur Bereitstellung von Finanztransaktionsdaten nur dann zuzustimmen, wenn Zweck und Voraussetzungen der Datenübermittlung klar festgelegt sind, eine Weitergabe der Daten an Drittländer ausgeschlossen und ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet sind. Die Beratungen in den Fachausschüssen des Bundesrats sind bis dato noch nicht abgeschlossen.
1. Wie bewertet die Landesregierung das SWIFT-Abkommen, bzw. wie haben sich die Vertreter der Landesregierung bisher in den Bundesratsausschüssen zur Länderinitiative Hamburgs verhalten, und wie werden sie sich letztlich in ihrem Abstimmungsverhalten dazu positionieren?
2. Wie soll bzw. kann nach Ansicht der Landesregierung der verfassungsrechtlich garantierte Rechtsschutz gewährleistet werden, wenn z. B. personenbezogene Daten und Kontonummern niedersächsischer Bürger an US-Behörden gelangen und diese die Daten sogar an Drittstaaten weitergeben dürfen, sprich, an welches Gericht können bzw. müssen sich die Betroffenen wenden, und auf welche Weise wird sichergestellt, dass diese überhaupt Kenntnis von der Datenübermittlung bekommen?
3. Wie trägt die Landesregierung dafür Sorge, dass Finanztransaktionsdaten großer international operierender Konzerne oder global agierender Unternehmen aus Niedersachsen durch
Die EU verhandelt gegenwärtig mit den USA über das SWIFT (Society for Worldwide Interbank Fi- nancial Telecommunication) -Abkommen, durch das den USA der Zugriff auf Daten über internationale Finanztransaktionen, die auf SWIFT-Servern in Europa gespeichert werden, ermöglicht werden soll. Die USA haben dargelegt, einen Zugriff auf diese Daten zum Zwecke der Terrorismusbekämpfung zu benötigen. Schon in der Vergangenheit hatten die USA - unter Beachtung vereinbarter Datenschutzregelungen - Zugriff auf den Datenbestand, der den europäischen Zahlungsverkehr betrifft, weil er auch auf einem in den USA gelegenen Server gespeichert war. Da die Datenbestände über den europäischen Zahlungsverkehr ab Jahresbeginn 2010 nur noch auf in Europa betriebenen Servern gespeichert werden, befürchten die USA eine „Sicherheitslücke“ und streben deshalb eine Regelung in dem sogenannten SWIFT-Abkommen an.
Es ist vorgesehen, dass das SWIFT-Abkommen eine Laufzeit von maximal zwölf Monaten haben wird. Zu Beginn des kommenden Jahres sollen Verhandlungen über ein unbefristetes Abkommen aufgenommen werden. Hierbei sollen dann - nach Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon unter Einbeziehung des Europäischen Parlamentes – Regelungen betreffend Daten- und Rechtsschutz neu ausgehandelt werden.
Bei den Verhandlungen auf europäischer Ebene ist Deutschland der einzige Mitgliedstaat, der auch im Endstadium der Verhandlungen noch erhebliche Bedenken aus rechtsstaatlicher Sicht hat. Es finden derzeit noch permanent Gespräche statt, um den von deutscher Seite vorgebrachten Einwänden Rechnung zu tragen. Die Bundesregierung hat auch in der Sitzung des Ausschusses der Ständigen Vertreter (AStV) am 20. November 2009 noch keine Stellungnahme zu dem Abkommensentwurf abgegeben. In der Sitzung des Rates Justiz und Inneres am 30. November 2009 werden die Mitgliedstaaten endgültig über den Entwurf des SWIFT-Abkommens entscheiden. Die Haltung der Bundesregierung wird voraussichtlich bis zu diesem Zeitpunkt offen bleiben. Für die Ratsentscheidung ist Einstimmigkeit erforderlich.
Der Bundesrat hat eine Entschließung erarbeitet, die die erheblichen Bedenken der Länder zusammenfasst. Sie soll am 27. November 2009 verabschiedet werden.
Zu 1: Der Entwurf des SWIFT-Abkommens ist von der Niedersächsischen Landesregierung sehr kritisch bewertet worden. Der Entschließungsantrag der Freien und Hansestadt Hamburg ist deshalb im Rahmen der Beratung in den Ausschüssen des Bundesrates mit niedersächsischer Unterstützung noch um weitere Anforderungen zum Rechtsschutz und zu den Standards im Datenschutz erweitert worden.
Zu 2: Die Rechtmäßigkeit der Datenübermittlung von deutschen Geldinstituten an SWIFT bemisst sich nach den Regelungen des §§ 4 b, 4 c des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Der Betroffene hat dabei ein Auskunftsrecht zu den zu seiner Person gespeicherten Daten sowie zu den Stellen, an die die Daten weitergegeben werden (§ 34 BDSG).
Im Zusammenhang mit dem Anliegen der USA, Finanztransaktionsdaten zum Zwecke der Prävention und der Bekämpfung des Terrorismus von der EU zu erhalten, wurde am 17. September 2009 eine Entschließung des Europäischen Parlaments gefasst (Drs. 765/09), die dieses Anliegen unterstützt, gleichzeitig aber im Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit für die Datentransfers von europäischen personenbezogenen Daten an Drittländer konkrete Vorgaben an ein Abkommen zu den Transfers einfordert. Danach
- ist EU-Bürgern und -unternehmen das Recht auf Überprüfung der Ersuchen durch die Gerichte zu gewähren,
- sollen die übermittelten Daten den gleichen Rechtsmittelverfahren unterliegen wie innerhalb der EU gespeicherte Daten,
- sollen die nach dem geplanten Abkommen übermittelten Daten nicht für andere Zwecke als im Zusammenhang mit der Terrorismusfinanzierung genutzt werden dürfen.
Die Auskunftsersuchen sollen von einer „öffentlichen Behörde“ jeweils geprüft werden. Zum Schutz der personenbezogenen Daten werden damit
strenge Kontrollen der Datenanfragen gefordert, die auch eine gerichtliche Überprüfung einschließen.
Der Bundesrat unterstreicht diese Forderungen in seinem Entschließungsentwurf (Drs. 788/09), der auch von Niedersachsen mitgetragen wird. Insbesondere werden die Notwenigkeit der Konkretisierung des Verwendungszwecks und der Voraussetzungen der Datenübermittlung, der Ausschluss der Weitergabe an Drittländer und ein effektiver Rechtsschutz eingefordert.
Sofern das SWIFT-Abkommen Wirksamkeit entfaltet, was bei Zustimmung aller Mitgliedstaaten auf dem JI-Rat am 30. November 2009 der Fall wäre, hätte der nationale Bundesgesetzgeber für eine Umsetzung in das nationale Recht zu sorgen. Aus diesem Grunde ist es der Landesregierung derzeit nicht möglich, Vorhersagen zu treffen oder gar Vorschläge dahin gehend zu unterbreiten, in welcher Form der Schutz des Grundrechts der informationellen Selbstbestimmung gewährleistet werden soll. Der Landesregierung ist namentlich nicht bekannt, ob der Rechtsschutz beispielsweise in der Strafprozessordnung, im Bundesdatenschutzgesetz oder andernorts verankert werden soll. Somit kann auch weder eine Aussage über das gegebenenfalls zuständige Gericht getroffen werden noch ist bekannt, auf welche Weise eine Kenntniserlangung des Betroffenen von einer Datenübermittlung geregelt werden soll. Auch insoweit wird sich zu gegebener Zeit der Bundesgesetzgeber erklären. Die Landesregierung wird sich bei der Umsetzung in nationales Recht im entsprechenden Gesetzgebungsverfahren selbstverständlich für einen umfassenden und effektiven Rechtsschutz einsetzen.
Zu 3: Die Möglichkeiten der Einflussnahme durch die Landesregierung gegen eine missbräuchliche Verwendung von Unternehmensdaten im Zusammenhang mit dem SWIFT-Abkommen fokussieren sich auf den Bundesrat. Die beteiligten Ausschüsse des Bundesrates haben eine Entschließung vorbereitet, mit der die Bundesregierung gebeten wird, dem Abkommen nur zuzustimmen, wenn Zweck und Voraussetzungen der Datenübermittlung hinreichend klar festgelegt sind, eine Weitergabe der Daten an Drittländer ausgeschlossen und ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet sind. Der Bundesrat beabsichtigt, die Entschließung in seiner Sitzung am 27. November 2009 zu fassen.
wendungszwecks gefordert. Daten sollen nur zu Zwecken des Aufspürens der Terrorismusfinanzierung übermittelt werden dürfen. Die Weitergabe und Nutzung durch Dritte wird nach den Vorgaben der unter 2. genannten Entschließungen des Europäischen Parlamentes und des Bundesrates dabei ausgeschlossen.
Das Bundesland Schleswig-Holstein hat angekündigt, den Glücksspielstaatsvertrag zu kündigen und damit einer Verlängerung nach 2011 nicht beitreten zu wollen. Damit besteht die Gefahr, dass der bisher bundesweit geltende Staatsvertrag seinen Sinn verliert, weil ein Bundesland aus der Phalanx des allein staatlich organisierten Glücksspiels ausschert und dort auch private Anbieter zum Zuge kommen können.
3. Welche Einnahmeverluste drohen kulturellen und sportlichen Organisationen und Vereinen, wenn das Glücksspiel Lotto und Sportwetten privatisiert werden?
Nach dem Niedersächsischen Gesetz zur Neuordnung des Glücksspielrechts vom 17. Dezember 2007 (Nds. GVBl. S. 756) tritt der Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) Ende 2011 außer Kraft, soweit nicht eine Mehrheit von 13 Ländern die Fortgeltung beschließt (§ 28 GlüStV). In diesem Fall gilt diese Fortgeltung aber nur unter den Ländern, die dem Fortgeltungsbeschluss zugestimmt haben. Nach § 28 Abs. 2 GlüStV kann erst in der Phase der Fortgeltung (also erst nach dem 31. Dezember 2011) von jedem der Länder, in dem der Vertrag fortgilt, zum Schluss eines Kalenderjahres gekündigt werden.
Eine Kündigung des Glücksspielstaatsvertrages vor dem 31. Dezember 2011 ist damit nicht möglich. Sollte ein Land einer Fortgeltung nicht zustimmen, wäre dieses ab dem 1. Januar 2012 nicht mehr durch den Staatsvertrag gebunden. Vor 2011 kann der Staatsvertrag damit allenfalls durch eine
Aufhebung des geltenden Staatsvertrages beendet werden. Dieses Verfahren setzt die Zustimmung aller Vertragspartner (und auch der Länderparla- mente) voraus, wofür derzeit keine Anhaltspunkte vorliegen. In Niedersachsen würde der Glückspielstaatsvertrag nach Artikel 1 Abs. 4 und 6 des Niedersächsischen Gesetzes zur Neuordnung des Glücksspielrechts auch bei einem Außerkrafttreten als Landesrecht weitergelten.
Der Glücksspielstaatsvertrag wird gemäß § 27 GlüStV evaluiert. Das Ergebnis ist drei Jahre nach Inkrafttreten, also spätestens zum Jahreswechsel 2010/2011, vorzulegen. Die Evaluation wird seit 2007 von den Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder unter Mitwirkung des Fachbeirats aus Experten in der Bekämpfung der Glücksspielsucht betrieben. Dafür werden umfangreiche Erhebungen durchgeführt und den im Bereich des Glücksspiels aktiven Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Mit einem Bericht ist voraussichtlich im Herbst 2010 zu rechnen.
Zu 1 und 2: Aktuell liegen keine aktuellen und konkreten Alternativkonzepte vor. Das seit 2008 geltende Glücksspielrecht wurde durch das Bundesverfassungsgericht und die Oberverwaltungsgerichte nicht beanstandet. Verschiedene Alternativen wurden nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts 2006 bis zur Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember sowie auch noch während der Notifizierung und der Ratifizierung des Staatsvertrages mit den Länderausführungsgesetzen in den Länderparlamenten 2007 umfangreich diskutiert. Im Zuge der laufenden Evaluation sowie der Auswertung einer internationalen Vergleichsstudie im Auftrag einer Arbeitsgruppe der Chefs der Staatskanzleien wird unter Mitwirkung Niedersachsens gegebenenfalls Änderungsbedarf wahrscheinlich ab Mitte 2010 dargelegt und erörtert werden. Erst dann sollte über eine unveränderte Fortgeltung oder Modifikationen des Glücksspielstaatsvertrages bzw. durch andere Rechtsvorgaben entschieden werden, bei dem auch ein Konzessionsmodell für private Anbieter einbezogen werden könnte.
Zu 3: Für Niedersachsen sind die Finanzhilfen für die Destinatäre abschließend in § 14 des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes der Höhe nach geregelt. Änderungen bedürfen daher der Entscheidung des Gesetzgebers. Da es derzeitig keine Anhaltspunkte für eine Privatisierung von
Glücksspielen gibt, kann auch keine Prognose über künftige Regelungen für Finanzhilfen abgegeben werden.