Protocol of the Session on November 26, 2009

Zum Abschnitt VI „Ehrenamt und soziales Engagement“ wird in der Beantwortung das große ehrenamtliche Engagement der Einwohnerinnen und Einwohner Niedersachsens aufgezeigt. Der Vielzahl der ehrenamtlich Tätigen in Niedersachsen ist erst einmal ein großer Dank auszusprechen. Nie

dersachsen liegt hier an der Spitze der Bundesländer.

Diesen Dank kann ich allerdings nicht auf die Landesregierung ausweiten. Denn ein Grund des großen ehrenamtlichen Engagements ist außer der Tatsache, dass die Menschen in Niedersachsen besonders aktiv sind, auch die Notwendigkeit, politische Defizite auszugleichen.

(Beifall bei der SPD)

Die Menschen in Niedersachsen nehmen das selbst in die Hand, da sie nicht auf die Politik warten wollen und wissen, dass da auch nicht viel zu erwarten ist.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist Versor- gungsstaat à la SPD! Haben Sie schon einmal etwas von Subsidiarität gehört?)

Das Engagement der Landesregierung erschöpft sich in groß angelegten Werbeaktionen für die Gewinnung Ehrenamtlicher. Da hat die Landesregierung Erfolg. Herr Rolfes, das muss man doch auch einmal sagen. Wenn ich sie lobe, müssen Sie das auch mitkriegen!

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Die Ehrenamtlichen müssen aber oftmals fehlendes Regierungshandeln ausgleichen. Ein Beispiel: Schulen. In niedersächsischen Ganztagsschulen sind im Bereich Sport viele Seniorinnen und Senioren für außerunterrichtliche Angebote im Einsatz. Außerdem sind sie als ehrenamtliche Konfliktbegleiterinnen und Konfliktbegleiter tätig. Ob Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von der FDP, der Landesregierung mit dieser Frage einen Gefallen getan haben, bezweifle ich, da sie doch einige Mängel deutlich macht.

Die Frage Nr. 7 zur Wohnsituation wird mit der Aussage zu Frage Nr. 6 beantwortet:

„Am 28. Mai 2009 wurde der Weg für Pflegestützpunkte in Niedersachsen freigemacht:“

„Freigemacht“ ist hier das richtige Wort; denn bis dahin wurde der Weg blockiert.

(Beifall bei der SPD - Petra Tiemann [SPD]: Richtig!)

Dass dann die Vorteile von Pflegestützpunkten aufgeführt werden, hat mich nach den langen Debatten um die Einrichtung von Pflegestützpunkten letztendlich doch ein kleines bisschen beruhigt.

Die Fragen unter Abschnitt X „Pflege und Versorgung“ u. a. nach der langfristigen Versorgung durch Haus- und Fachärzte sehe ich als lebensnotwendig an. Hier konnte die Antwort, dass im Ministerium ein runder Tisch „Stärkung der hausärztlichen Versorgung“ eingerichtet wurde, allerdings nicht wirklich zufriedenstellen. Welche Ergebnisse hat der runde Tisch?

In der weiteren Antwort wird eine „Studie zur Problemanalyse und Aufzeigung von Steigerungspotenzialen der Berufe in der Pflege“ genannt, die voraussichtlich Ende November 2009 vorliegen soll. Die SPD-Fraktion bittet darum, diese zeitnah zu erhalten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Antworten der Landesregierung machen deutlich: Ohne Seniorinnen und Senioren geht es nicht! - Das ist richtig. Von der Koalition müssten jetzt reihenweise Anträge mit Forderungen an die Landesregierung kommen. Die SPD-Fraktion ist gespannt, ob und wie die Landesregierung die Antworten auf die Große Anfrage ernsthaft als Arbeitsgrundlage nimmt.

Ich hoffe, dass die Sportaktion „Bewegung im Norden“ ab sofort auf die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen zutrifft und dass das Versprechen, das Frau Prüssner eben gegeben hat, nämlich dass gehandelt wird, auch erfüllt wird.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist Herr Riese für die FDP-Fraktion. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern konnte man in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung einen Artikel auf einer Seite lesen, die vielleicht nicht jeder von Ihnen gelesen hat, nämlich auf der Feuilletonseite. Dort ging es um den Klavierprofessor Herrn Kämmerling von der hiesigen Hochschule, der - meiner Auffassung nach zu Recht - als der weltbeste Klavierlehrer gefeiert wurde und der im Alter von 79 Jahren immer noch Pianisten zur Weltklasse ausbildet.

(Heinz Rolfes [CDU]: Hört, hört! Sehr gut!)

Er muss nicht, sondern er möchte. Er steht damit als ein Beispiel für die vielen Menschen, die sich weigern, im Alter von 63, 65 oder 58 Jahren auf das Altengleis geschoben zu werden und für die Gesellschaft nur noch ein Objekt der Politik zu sein.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

In diesem Lichte, meine sehr verehrten Damen und Herren, bin ich einigermaßen erschüttert darüber, wie die Kollegin Frau Groskurt soeben die Ergebnisse der Antwort auf die Große Anfrage ausgewertet und hier an dieser Stelle ein Politikverständnis ausgebreitet hat, das die älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger in erster Linie als Objekte des Wohlfahrtsstaates darstellt

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: So ein Blödsinn! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Ich welchem Film sind Sie denn ge- wesen?)

und nicht als Menschen, die mit Gestaltungswillen, Gestaltungskraft und hoher Kompetenz ihr eigenes Leben gestalten können und wollen und die Gesellschaft mit dem reichen Schatz ihrer Erfahrungen und Erkenntnisse befruchten.

(Uwe Schwarz [SPD]: Kann es sein, dass Sie die Rede schon vor längerer Zeit geschrieben haben?)

Der Landesregierung, verehrte Kolleginnen und Kollegen, bin ich außerordentlich dankbar dafür, dass sie das Menschenbild der wertvollen Menschen mit einem reichen Schatz an Erfahrungen, mit dem Willen, sich einzubringen und mitzugestalten, in der Antwort auf die Anfrage durchgehend so abgebildet hat.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Anfrage hat zu einer Antwort geführt, die uns umfängliches Datenmaterial gibt. Das eine oder andere hat vielleicht schon einmal woanders gestanden. Ich stelle aber fest, dass auch Frau Groskurt, die doch so gerne im Internet recherchiert und über so viele Broschüren verfügt, in denen bereits alle möglichen zusammenfassenden Daten abgebildet sind, Zusatzfragen hatte und die Regierung damit zusätzlich beschäftigt hätte. Aber das ist ja schließlich ein parlamentarisches Instrument, das wir alle nutzen können.

Die Antworten, die wir erhalten haben, stellen dar, dass das Land Niedersachsen in den Politikberei

chen, in denen ältere Menschen tatsächlich besondere Bedarfe haben, hervorragend aufgestellt ist, als da sind: Gesundheitspolitik, Pflegepolitik usw. Politik ist nie am Ende der Gestaltungsnotwendigkeiten. Es muss immer angepasst und nachgesteuert werden. Insbesondere fördert das Land Niedersachsen die ehrenamtliche Tätigkeit von Seniorinnen und Senioren und regt zu gesellschaftlicher Mitverantwortung an. Hier befinden wir uns auf einem Weg, auf dem wir gemeinsam fortschreiten müssen.

Meine Damen und Herren, in zahlreichen Kommunen des Landes Niedersachsen gibt es Beiräte. Mit dem Kollegen Bachmann habe ich mich neulich bei einer öffentlichen Veranstaltung über Integrationsbeiräte unterhalten. In zahlreichen Kommunen gibt es auch Seniorenbeiräte.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Sehr richtig!)

Wenn wir schon solche Seniorenbeiräte haben, dann können wir die Mitgestaltung dadurch verstärken, dass wir den Seniorenbeiräten nicht nur ein Mitspracherecht, sondern auch ein Antragsrecht geben. Das käme den Menschen, die sich dort engagieren, sehr entgegen. Es würde die Begeisterung erhöhen, dort mitzuarbeiten, und würde ihnen mehr Gelegenheiten verschaffen, im kommunalen demokratischen Bereich mitzugestalten.

Die Kollegin Frau Prüssner hat Altersgrenzen angesprochen. Ich habe ja meine Ausführungen mit einem besonderen Beispiel begonnen, wie eine Berufstätigkeit auch jenseits von Altersgrenzen noch sehr konstruktiv ausgeübt werden kann. Wir haben ausweislich der Antwort einige Altersgrenzen im landesrechtlichen Bereich zu verantworten, mit denen wir uns erneut beschäftigen müssen.

Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass sich die eine oder andere Kommune in Niedersachsen möglicherweise darauf freut, dass die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte eines Tages die Altersgrenze erreicht und dann eine Neuwahl möglich ist; das mag wohl vorkommen.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Witz- bold!)

Mit der Frage, ob angesichts der Tatsache, dass sich jeder Angehörige der Feuerwehr ohnedies regelmäßig Tauglichkeitsüberprüfungen unterziehen muss, und ob vor dem Hintergrund, dass wir auch im siebten Lebensjahrzehnt noch sehr fitte

Seniorinnen und Senioren haben, eine starre Altersgrenze von 62 Jahren wirklich das zeitgemäße Instrument ist, werden wir uns allerdings politisch zu beschäftigen haben.

Meine Damen und Herren, Seniorinnen und Senioren sind nicht nur unverzichtbar. Sie sind nicht nur ein völlig selbstverständlicher Teil der Gesellschaft. Sie sind in der Tat ein Schatz. Sie haben ein ungeheures Potenzial, zu dem niemand sie zwingen darf, es beruflich einzusetzen, das aber für ehrenamtliche und bürgerschaftliche Mitwirkung weite Möglichkeiten bietet. In diese Richtung müssen wir die Gesellschaft aufgrund der Antworten auf die Große Anfrage weiterentwickeln. Dann wird der demografische Wandel zu Chancen führen und uns nicht nur als Risiko begegnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Riese. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Humke-Focks das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Beantwortung der Großen Anfrage unter dem Aspekt betrachtet, welchen Erkenntnisgewinn ich daraus bekomme und welchen Gebrauchswert sie für die politische Arbeit hat. Da bin ich - vorsichtig gesagt - etwas enttäuscht worden.

Aus Zeitgründen möchte ich mich nur zu drei Blöcken äußern:

Erstens zum Sinn und Unsinn von Suggestivfragen. Deutlich geworden ist, dass das Ziel der Großen Anfrage der Regierungsfraktionen ist, gefällige Fragen zu stellen, um die eigene Regierung gut aussehen zu lassen. Diese Vorgehensweise zieht sich durch die gesamten über 100 Seiten.

(Heinz Rolfes [CDU]: Na, na, na!)

Diese Fragen bleiben aus unserer Sicht an der Oberfläche und sind leider nicht mehr als Gefälligkeitsfragen mit wenig Substanz. Ein schönes Beispiel ist die Frage I. 5. Sie fragen:

„Gibt es zentrale Anlaufstellen, um gute Lebensbedingungen für Ältere zu gestalten?“