Protocol of the Session on November 26, 2009

Meine Damen und Herren, die uns heute vorliegenden Antworten, die umfangreichen Informationen und Zusammenhänge sollten uns in der

nächsten Zeit in die Lage versetzen, uns mit diesen Themenkomplexen kompetent auseinanderzusetzen und möglichst viele Lösungen zu finden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine aktive und moderne Seniorenpolitik wird Kernstück der Gesellschaftspolitik von morgen und damit auch ein Kernstück unserer Arbeit hier in diesem Parlament sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, nach unserer Geschäftsordnung ist als Nächstes die Landesregierung an der Reihe. Ich erteile hiermit Frau Ministerin Ross-Luttmann das Wort. Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Auswirkungen des demografischen Wandels stellen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vor enorme Herausforderungen. Die seit vielen Jahren sinkenden Geburtenzahlen und die steigende Lebenserwartung führen zu einer Verschiebung im Altersaufbau der Gesellschaft. Das trifft nicht nur auf Niedersachsen, sondern bundesweit zu. Deshalb hat die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung vom 10. November das Thema „Demografie“ als eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe formuliert und gefordert:

„Wir müssen eine Antwort auf die Veränderung des Altersaufbaus unserer Gesellschaft finden.“

Denn der demografische Wandel wird Auswirkungen auf alle Lebensbereiche haben. Diesen Herausforderungen stellen wir uns bereits.

Schon jetzt leben in Niedersachsen über 2 Millionen über 60-Jährige. Diese Zahl wird sich bis 2030 auf knapp 2,8 Millionen Menschen erhöhen. Weil sich im gleichen Zeitraum die niedersächsische Bevölkerung voraussichtlich um etwa 600 000 Menschen verringern wird, steigt damit der Anteil der älteren Bevölkerung von jetzt 25 % auf 37 %. Hinzu kommt, dass die Entwicklung der Altersstruktur von starken regionalen Unterschieden gekennzeichnet ist. Osterode am Harz beispielsweise gilt schon heute als der Landkreis in Deutschland mit dem höchsten Durchschnittsalter. Dem gegenüber stehen Landkreise wie Cloppenburg und Vechta, die aufgrund ihrer hohen Geburtenraten zu

den jüngsten Landkreisen der Bundesrepublik zählen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Antwort auf die Große Anfrage stellt die Landesregierung ihre Ziele einer zukunftsorientierten und aktivierenden Seniorenpolitik dar, in deren Zentrum der ältere Mensch mit seinen vielfältigen Potenzialen, die Bewahrung und Förderung seiner Selbstständigkeit und Lebensqualität, die Infrastruktur, Pflege und Gesundheitsvorsorge sowie bedarfsgerechte Wohnraumangebote stehen. Einige wesentliche Punkte möchte ich herausgreifen.

Erstens: Teilhabe und bürgerschaftliches Engagement. Wer über die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft nachdenkt, erkennt, wie unverzichtbar bürgerschaftliches Engagement ist. Es geht darum, Verantwortung für andere zu übernehmen, für eine Gesellschaft, in der das Miteinander prägend sein sollte. Rund 30 % der über 65-Jährigen engagieren sich bereits ehrenamtlich. Weitere 11 % würden gerne ihr Wissen, ihre Erfahrungen und ihre Fähigkeiten einbringen. Wir wollen gerade auch unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger ermuntern, sich noch mehr in sozialen, kulturellen, ökologischen oder anderen Bereichen zu engagieren.

Neben Wertschätzung und Anerkennung brauchen sie dann aber auch gute Rahmenbedingungen durch Beratung und Unterstützung, Qualifizierung - wie beispielsweise durch das Programm mit der Bezeichnung ELFEN -, die Förderung der Freiwilligenagenturen, von Seniorenservicebüros, die als zentrale Beratungs- und Anlaufstellen fungieren und auch das freiwillige Jahr für Seniorinnen und Senioren organisieren. Unsere Zielsetzung bei der nachhaltigen Förderung von Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement lautet: Bewährtes erhalten und gleichzeitig neue Formen des Engagements verstärkt unterstützen!

Zweitens: Qualität in der Pflege. Meine Damen und Herren, soziale Berufe werden mehr denn je Berufe mit Zukunft sein. Da die Zahl der älteren Menschen steigt, wird auch die Zahl der Menschen zunehmen, die auf Hilfe angewiesen sind. Die Landesregierung will daher junge Menschen ermutigen, einen pflegerischen Beruf zu ergreifen. Konkret wird sie im Bereich der Altenpflege Ausbildungsplätze in stationären und ambulanten Einrichtungen fördern, Schülerinnen und Schüler beim Schulgeld entlasten, aber auch tätige Pflegefachkräfte durch Förderung von Schulungen weiterqualifizieren, die Selbsthilfe fördern sowie u. a. an

allgemeinbildenden Schulen eine Imagekampagne für den Pflegeberuf starten.

Drittens, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist neben einer guten Infrastruktur das Wohnen im Alter entscheidend. Über 90 % der älteren Menschen wohnen noch zu Hause. Die Mehrheit der älteren Menschen möchte nämlich möglichst lange und selbstständig in der vertrauten Umgebung leben. Dies berücksichtigen wir bereits. Das Niedersachsenbüro „Neues Wohnen im Alter“ unterstützt beim Aufbau und der Weiterentwicklung von regionalen Wohnberatungsangeboten und zusätzlich auch bei der Entwicklung alternativer Wohnformen.

Ganz wichtig ist mir auch, dass dies in unserem Wohnraumförderprogramm wiederzufinden ist. Die Schaffung altengerechten Wohnraums ist ein Schwerpunkt der sozialen Wohnraumförderung in Niedersachsen. Dazu gehören der Neubau und die bedarfsgerechte Modernisierung von Seniorenwohnungen, Maßnahmen zum Abbau von Barrieren und die Förderung gemeinschaftlicher Wohnformen. Unser Wohnraumförderprogramm wird hervorragend angenommen. Deshalb werden wir es fortsetzen und weiterhin einen Schwerpunkt auf das Wohnen im Alter legen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Herausforderungen an eine älter werdende Gesellschaft sind vielfältig. Das Land, die Kommunen, das Gesundheitswesen, die Pflegeeinrichtungen, die Wohnungswirtschaft, die freien Träger, Kultur- und Bildungseinrichtungen und viele mehr haben in den vergangenen Jahren ein gutes Fundament für die Bewältigung der anstehenden Aufgabe geschaffen.

Politik für und mit Seniorinnen und Senioren ist eine aktive, zukunftsorientierte und integrative Gesellschaftspolitik. Lassen Sie uns gemeinsam weiter für ein menschliches und solidarisches Miteinander arbeiten!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Frau Groskurt von der SPD-Fraktion hat sich zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal auch von mir ein großes Danke an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des

Ministeriums! Sie haben viel Zeit und Kompetenz eingesetzt, um auf 125 Seiten die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der FDP zu beantworten. Ich finde es anerkennenswert, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, die Quellen zu erschließen und zusammenzutragen, die den Antworten zugrunde liegen.

Dabei kann ich nicht darauf verzichten, die Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von der FDP nachdrücklich zu bitten, sich auch einmal selber an den PC zu setzen und das eine oder andere zu recherchieren oder aber zumindest die im Landtag erarbeiteten Berichte zu lesen. Dass das Ministerium auf den Bericht der Enquetekommission zum demografischen Wandel oder auf das Landesprogramm „Leben und Wohnen im Alter“ und auf noch einige Quellen mehr verweisen muss, die den Abgeordneten bekannt sein müssten, ist für die Fragesteller meiner Meinung nach peinlich.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ein Großteil Ihrer Fragen waren reine Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die das Sozialministerium wirklich nicht braucht. Sie wissen genauso gut wie ich, dass noch viele Anträge und Gesetzentwürfe auf die notwendige Weiterbearbeitung warten, die sich durch unnötige Fragen verzögert.

Damit will ich aber auf keinen Fall die Ausarbeitung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialministeriums schmälern. Ganz im Gegenteil. Ich will die Beantwortung der Großen Anfrage nicht kritisieren - es steht nichts Falsches darin -, sondern sie zum Anlass nehmen, auf ein paar Punkte hinzuweisen, bei denen sich für meine Fraktion noch Ergänzungsfragen ergeben oder dringender Handlungsbedarf der Landesregierung besteht.

Zu I: Aktuelle Situation und Trends für die Zukunft. Hierzu habe ich keine weiteren Fragen und Anmerkungen.

Zu II: Erwerbstätigkeit und gesetzliche Altersgrenzen. Zu den Nrn. 1, 2 und 4 hätte ich gerne eine Gliederung der Erwerbstätigen über 55 Jahre nach Frauen und Männern, außerdem ergänzend dazu, wie hoch das Durchschnittseinkommen der Frauen im Verhältnis zu dem der Männern ist. Daraus können dann Schlüsse in Bezug auf die Rente und die zu erwartende Altersarmut von Frauen gezogen werden. Hier wären differenziertere Fragen hilfreich gewesen.

Zu III: Bildung, Weiterbildung und Qualifizierung. Aus der Antwort ergibt sich, dass der Frauenanteil an Weiterbildungsmaßnahmen größer ist als der Männeranteil. Das stelle ich erfreut fest und denke mir mein Teil.

(Beifall bei der SPD)

Zu IV: Berücksichtigung altersbezogener Interessenslagen. Die Frage, was die Landesregierung unternimmt und plant, wird so beantwortet, dass ein 20-Punkte-Katalog die Herausforderungen und Ziele der Landesregierung definiert. Der 20-Punkte-Katalog, in dem man viele Absichtserklärungen lesen kann, wird dann aufgelistet. Zu einigen Punkten des Kataloges möchte ich Folgendes bemerken:

In Nr. 4 des Katalogs heißt es unter anderem:

„Keine Generation ist verzichtbar: Die Ideen der Jüngeren, ihre Dynamik, ihren Schwung, ihre Risikofreude, ihren Drang nach Veränderung werden ebenso gebraucht wie der Rat, die Erfahrungen und die Kompetenzen der Älteren.“

Ja, das alles ist richtig. Mit Blick auf die Regierungsbank hat mich das aber zum Grübeln gebracht. Im Landtagshandbuch habe ich das Geburtsdatum nachgelesen. Das Alter sieht man den Ministern ja nicht unbedingt an. Politik hält jung, wie wir wissen. Ich habe den Eindruck, dass in diesem Haus eher die über 60-Jährigen auf der Regierungsbank die Dynamischen mit Risikofreude sind. Das sind nämlich diejenigen, die sich im Plenum zu ihren Taten erklären müssen. Ob gute oder schlechte - diese Bewertung überlasse ich dem Parlament.

(Zustimmung von Petra Tiemann [SPD])

Die Opposition mahnt seit Jahren die fehlende Dynamik der Sozialministerin an. Diese Ministerin muss sich leider zu keinen Taten erklären, nicht zu guten und nicht zu schlechten.

(Zustimmung von Uwe Schwarz [SPD])

Zur Behinderten- und Altenhilfe heißt es, dass sie weiterentwickelt und bedarfsgerecht unterstützt werden soll. Das ist schön zu lesen, doch leider ebenfalls nicht durch Taten der Landesregierung unterstützt.

(Petra Tiemann [SPD]: Richtig!)

Wir weisen immer wieder mahnend auf die Handlungsschwerfälligkeit der Ministerin hin. Es interessiert die SPD, wann und wie die Landesregierung sich diesen Zielen nähert.

Dann wird auch noch einmal aufgeführt, was die Landesregierung aufgrund der Empfehlungen der Enquetekommission zum demografischen Wandel umgesetzt hat. Da haben die CDU und die FDP der Landesregierung netterweise die Chance gegeben, wortreich gute Ideen und vermeintlich gute Ideen aufzuführen - vermeintlich gute Ideen deshalb, weil sie sich nicht wirklich um die Umsetzung gekümmert hat. Ich kann das Eigenlob also nicht wirklich teilen.

Ein Beispiel sind die Mehrgenerationenhäuser, die vom Grundgedanken her ja nicht schlecht sind. Dann wurde aber nie wieder geprüft, wie sie von mehreren Generationen angenommen wurden und werden. Einige sind darauf reduziert, dass in der Kita einmal im Monat nachmittags, wenn die Kinder weg sind, ein Seniorencafé stattfindet. Das kann nicht im Sinne eines Mehrgenerationenhauses sein!

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Ursula Helmhold [GRÜNE])

Vor diesem Hintergrund bitte ich auch um Detailangaben zu einigen soziokulturellen Projektförderungen. Zum Beispiel kann ich mir unter „Als Fußball laufen lernte“ nichts vorstellen, bei „Trau keinem unter 50“ schon eher.

Bei der Antwort zur Nutzung von Onlineangeboten musste ich schmunzeln. Hier steht:

„Differenziert man die 50+-Gruppe nach Geschlecht, so nutzen 56,3 % der Männer in dieser Gruppe das Internet.“

Von Frauen ist da nicht die Rede! Nun sind Frauen erfreulicherweise in der Lage, selbst auszurechnen, wie viele Frauen dann Onlineangebote nutzen, nämlich 43,7 %. Irgendwie ist das symptomatisch für das sogenannte Frauenministerium: Die Frau als solche kommt nicht vor!

(Norbert Böhlke [CDU]: Die telefonie- ren mehr!)

Zum Abschnitt VI „Ehrenamt und soziales Engagement“ wird in der Beantwortung das große ehrenamtliche Engagement der Einwohnerinnen und Einwohner Niedersachsens aufgezeigt. Der Vielzahl der ehrenamtlich Tätigen in Niedersachsen ist erst einmal ein großer Dank auszusprechen. Nie