Protocol of the Session on November 24, 2009

Das heißt, beschleunigt wachsen werden die Vermögen der Besserverdienenden, und beschleunigt wachsen werden die Unterschiede zwischen Arm und Reich.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, schämen Sie sich dafür! Das ist schäbig!

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Dann die Reduzierung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen - der Kollege Jüttner hat es angesprochen -: Diese weitere komplizierte Aus

nahme soll dann wohl die Vorfreude auf das versprochene einfachere Steuersystem erhöhen. Rund 1 Milliarde Euro kostet dieser Kniefall vor der Hotellobby, der vor allen Dingen die Gewinne der großen Ketten beschleunigt wachsen lassen wird. Mit der Hälfte dieser Summe hätten Sie den Regelsatz für die 1,8 Millionen armen Kinder um 20 Euro im Monat erhöhen können.

Es ist auch angesprochen worden, dass sehr viel höhere Ausfälle befürchtet werden, weil die Trickserei mit Pauschalbeträgen und Ähnlichem beginnt. Das werden Sie ebenfalls wieder nur durch ein beschleunigtes Wachstum verhindern können, nämlich durch ein beschleunigtes Wachstum der Steuerbürokratie.

Die Finanzkrise der Kommunen wird ebenfalls beschleunigt wachsen. Sie werden zwischen den sinkenden Steuereinnahmen und wachsenden Sozialausgaben zerrieben. Deshalb lehnen alle kommunalen Spitzenverbände in Bund und Land das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ab. Steuersenkungen werden die Gebühren- und Abgabenerhöhungen von morgen sein. Und damit gibt es eben auch weniger Netto vom Brutto und nicht mehr, wie versprochen.

Beschleunigt wachsen wird auch die Staatsverschuldung. Die Bundesbank, die Wirtschaftsweisen und die OECD sind einhellig einer Meinung: Mit einer seriösen Finanzpolitik ist das Ganze nicht mehr vereinbar. Beschleunigt wachsen wird ebenfalls der Druck hin zu einem brutalen Sparkurs, wie ihn Bofinger vorausgesagt hat.

Beschleunigt wächst auch der Widerstand aller Länderchefs gegen das Gesetz. Nur Herr Wulff scheint seine Indianerschwüre gegenüber Häuptling Merkel gehalten zu haben und spielt den letzten Mohikaner außerhalb der Bundesregierung.

Deshalb wird auch ein Letztes weiter beschleunigt wachsen, nämlich die Erkenntnis, dass sich bei der CDU und FDP auf dem Sektor der Haushaltspolitik inzwischen eine kompetenzfreie Zone entwickelt hat.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt dem Kollegen McAllister von der CDU-Fraktion das Wort.

(Detlef Tanke [SPD]: Eine kompetenz- freie Zone, das wird Herr McAllister jetzt beweisen!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind uns wohl einig, dass Deutschland sich infolge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Die Sie gemacht haben!)

in der größten und schwersten Rezession seiner Geschichte befindet. Die Folgen dieser Krise sind - auch da sind wir uns wohl einig - noch lange nicht überwunden.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist wohl wahr!)

Vor diesem Hintergrund ist die zentrale Frage: Wie schaffen wir es als politisch Verantwortliche, den Einbruch des wirtschaftlichen Wachstums so schnell wie möglich zu überwinden und neue Impulse für einen dynamischen und stabilen Aufschwung zu geben?

Wir sind der Auffassung, dass die neue Bundesregierung mit ihrem Wachstumsbeschleunigungsgesetz darauf die notwendigen Antworten gibt. Sie setzt mit ihrem steuerlichen Sofortprogramm, das bereits zum 1. Januar in Kraft treten soll, ein deutliches Signal für Wachstum und Beschäftigung. Dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist richtig und wichtig. Deshalb unterstützen wir es, und deshalb wird es auch mit den niedersächsischen Stimmen im Bundesrat beschlossen werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Inhaltlich nicht überzeugend, Herr McAllister!)

Was sind die Details dieses Gesetzentwurfs?

Erstens. Entlastungen für Familien, und das nach einem gerechten Verteilungsmaßstab: 74 % der Kosten trägt der Bund, 26 % tragen Land und Kommunen.

Es ist bereits angesprochen worden: Zur steuerlichen Entlastung und Förderung von Familien mit Kindern und zur Berücksichtigung von Betreuungsaufwendungen werden die Kinderfreibeträge ab dem Veranlagungszeitraum 2010 von insgesamt 6 024 Euro auf 7 008 Euro angehoben. Gleichzeitig wird das Kindergeld ab dem 1. Januar

angehoben. Auch das wurde bereits angesprochen.

Ich sage Ihnen eines: Es gibt eine klare Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, dass wir das Steuerrecht in Deutschland familienfreundlicher gestalten müssen. Der politische Wille von CDU/CSU und FDP ist, dass Familien gestärkt werden.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Aber welche?)

Ich stelle eines fest: Wir unterstützen diese Stärkung von Familien und Kindern. Andere Teile dieses Hauses tun es offensichtlich nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heiner Bartling [SPD]: Sie nehmen doch die Realität nicht zur Kenntnis! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Darüber muss er doch selber lachen!)

Zweitens. Das Gesetz korrigiert bestehende Unwuchten der letzten Unternehmenssteuerreform. Die Regel der Zinsschranke stellt krisenbedingt für viele kleinere und mittlere Unternehmen ein Problem dar. Deshalb ist es richtig und notwendig, die Zinsschranke abzumildern und die Freigrenze von 1 Million Euro dauerhaft auf 3 Millionen Euro zu erhöhen und vor allen Dingen den Mittelstand zu entlasten.

(Zustimmung von der FDP)

Man könnte vieles Weitere zu diesem Thema nennen, aber auch hier sage ich: Gerade jetzt, im Zeitalter der Wirtschafts- und Finanzkrise ist es wichtig, dass die Politik den Unternehmen nicht zusätzliche Steine in den Weg legt, die ihre Chancen auf Wachstum und Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb behindern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Drittens - dies ist gerade für meine Partei ein ganz wichtiges Anliegen -:

(Detlef Tanke [SPD]: Ein bisschen mehr Optimismus!)

Das Gesetz enthält dringend notwendige Korrekturen zur Erbschaftsteuerreform. Mit Blick auf Artikel 6 des Grundgesetzes ist es ein Fehler gewesen, bei der Erbschaftsteuerreform Geschwistern und Geschwisterkindern keinen ermäßigten Steuersatz zuzugestehen. Das vorliegende Gesetz korrigiert diesen Fehler.

(Björn Thümler [CDU]: Sehr gut!)

Ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Die geplante mittelstandsfreundliche Korrektur des Erbschaftsteuerrechts ist ohne Alternative. Wir wollen ein gerechtes und familienfreundliches Erbschaftsteuerrecht. Deshalb sind wir dafür. Die anderen im Hause sind offensichtlich dagegen. Auch das gehört zur politischen Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Viertens. Herr Jüttner hat dieses Gesetz als „Klientelpolitik“ diffamiert.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wo er recht hat, hat er recht!)

Ich möchte einen weiteren Punkt erwähnen: Die Folgen der Finanzkrise treffen gerade auch unsere Landwirte in voller Breite, nicht nur die Milcherzeuger, sondern auch die Schweinehalter und die Ackerbauern.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann über- nimmt den Vorsitz)

Leider sind die bisher von der Politik in Deutschland beschlossenen Konjunkturmaßnahmen größtenteils an der Landwirtschaft vorbeigegangen. Deshalb ist es richtig, dass die neue Bundesregierung jetzt eine eigene Krisenhilfe für die Landwirtschaft starten will. Aus diesem Grund sagen wir: Die Steuerermäßigung beim Agrardiesel wird fortgesetzt. Das ist richtig.

(Heiner Bartling [SPD]: Klientelpolitik!)

Das ist ein Wettbewerbsnachteil für unsere Landwirte. Wir stehen an der Seite unserer Bauern. Sie tun das offenkundig nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Glocke des Präsidenten)

Herr Jüttner, die finanziellen Belastungen für Niedersachsen betragen in 2010 135 Millionen Euro. Das ist in der Tat eine finanzielle Belastung. Aber wir sind in der Lage und willens, dies im Rahmen der geplanten Neuverschuldung für 2010 darzustellen.

(Detlef Tanke [SPD]: Schulden ma- chen!)

Was mich am meisten wundert, ist: Zum 1. Januar 2010 tritt ja eine weitere steuerliche Entlastung in Kraft, nämlich das noch von Herrn Steinbrück vorgeschlagene Konzept, in dem es u. a. um die verbesserte Absetzbarkeit von Krankenversicherungsbeiträgen und den Einstieg in die Abmilderung der kalten Progression geht. Als Ihr Bundesfinanzmi

nister auch diese notwendigen Wachstumsimpulse beschlossen hat, haben Sie jedoch keine Aktuellen Stunden angemeldet und nicht auf die Einnahmeausfälle hingewiesen!