Protocol of the Session on September 24, 2009

Regionale Wirtschaftskreisläufe können dazu beitragen, dass die Verbraucher bewusst einkaufen und damit auch den Binnenmarkt ankurbeln.

Verbraucherinnen und Verbraucher fordern Transparenz und Klarheit bei der Kennzeichnung von Milchprodukten. Als Frischmilch deklarierte Milch muss Frischmilch sein und darf nicht durch Ultrahocherhitzung haltbar gemacht sein. Lebensmittelimitate müssen klar und deutlich erkennbar sein. Käse darf nicht mit einer einfachen Namensänderung durch Pflanzenstoffe ersetzt werden.

(Beifall bei der LINKEN - Jan- Christoph Oetjen [FDP]: Das ist doch schon umgesetzt worden!)

Der Export in Drittländer ist nur dann akzeptabel, wenn er den Erzeugern auch eine Wertschöpfung ermöglicht und ohne Subventionen möglich ist. Agrarexportsubventionen sind der Tod der Landwirtschaft in Schwellenländern. Hören Sie auf die Welthungerorganisation! Auch Ihre Kanzlerin Merkel - das sage ich zur CDU - sagt bei der Welthun

gerorganisation: Jawohl, wir müssen die Landwirtschaft in Schwellenländern nachhaltig stärken. - Globalisierung bedeutet Solidarität mit anderen Völkern und darf in diesem Fall nicht heißen: Export um jeden Preis.

(Beifall bei der LINKEN)

Die im CDU/FDP-Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen sind Flickwerk: teilweise umgesetzt, nichts gebracht, Agrardieselsteueranpassung, Stundung, Umschuldungsprogramme, vorgezogene Direktzahlungen. Das bezeichnen die Bauern als Tod auf Raten.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben das auf vielen Veranstaltungen selbst gehört. Die aktuelle Situation bei den Milchbauern hat sich seit Einreichung Ihres Antrags weiter zugespitzt. Viele Bauern reduzieren nun täglich ihre Milchanlieferungsmenge. Andere Bauern liefern gut und reichlich weiter. Für sie gilt die Devise: Der Markt wird es richten. - Ja, der Markt wird es richten, aber er wird auch viele Bauernhöfe hinrichten.

(Beifall bei der LINKEN)

Das muss klar und deutlich gesagt werden. Das ist die Wahrheit. Die bäuerliche Landwirtschaft wird zusehends zur Agrarindustrie. Wir übersehen eines: Ohne unsere bäuerliche Landwirtschaft verödet der ländliche Raum.

(Ulf Thiele [CDU]: Das haben wir im Osten gesehen!)

Die neu in die Diskussion eingebrachte Vorruhestandsregelung für Milchbauern ist Quatsch. Eine Hofübergabe oder der Verkauf von Weiden verhindert keine Überproduktion.

(Beifall bei der LINKEN - Glocke des Präsidenten)

Der Vorschlag der EU-Kommission, Milchquoten aufzukaufen, wird begrüßt. Das ist ein Konjunkturprogramm für die Bauern. Das steht ihnen zu. Die Verrechnung bei der Milchanlieferung muss sofort ausgesetzt werden. Die Forderungen der Milchbauern nach einem Milchmanagement bestehen zu Recht. Unser Staat ist gefordert, hier Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Milchbauern nachhaltig helfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieser Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP ist zeitlich überholt. Er zeigt deutlich auf, dass er den Milchmarkt auf keinen Fall richten wird. Wir

sagen Nein dazu. Wir stehen an der Seite der Milchbauern. Wir unterstützen ihre Protestaktionen. Meine Damen und Herren, ich weiß von einigen CDU-Politikern, die auf den Veranstaltungen gesagt haben, sie hätten Bauchschmerzen, diese Positionen mit zu vertreten. Alle Mitglieder meiner Fraktion haben den Aufruf der Milchbauern unterschrieben. Es liegen weitere Listen aus. Unterzeichnen Sie den Aufruf der Milchbauern! Es ist akut Hilfe gefragt!

(Beifall bei der LINKEN)

Ich muss auch sagen: Hier in den Reihen von CDU und FDP sehe ich wieder eine Leere. Nehmen Sie sich der Sorgen der Bauern nicht an? Warum sind Ihre Reihen so leer? Ich verstehe es nicht.

(Zuruf von der CDU)

Sie lassen Ihre Milchbauern im Stich!

Frau Kollegin, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Gern, ich glaube, ich habe alles gesagt, was ich sagen wollte.

Vielen Dank. Dann können Sie aufhören und den Platz räumen.

Die Milchbauern müssen endgültig ein nachhaltiges Konzept bekommen. So geht es nicht weiter!

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile dem Kollegen Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen herzlichen Gruß an die protestierenden Milchbauern im ganzen Land und vor dem Agrarministerium ausrichten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wir stehen an eurer Seite, teilen eure Forderungen, und das sage ich ganz offen, voller Überzeugung und überhaupt nicht undercover; denn die

Milchkrise ist nicht vom Himmel gefallen. Es war eine politische Entscheidung gerade auch dieser Landesregierung, dass die Situation der Milchbauern in Niedersachsen so katastrophal ist, wie sie ist.

Dazu möchte ich aus einem offenen Brief eines niedersächsischen Milchviehhalters zitieren: Er schreibt:

„Hallo Herr Ehlen,

anbei eine Rechnung über den Einnahmeverlust von Milchgeld innerhalb des folgenden Jahres, entstanden durch den Bundesratsbeschluss am 07.11.08, an dem Sie maßgeblich mitgewirkt haben. Ich bin über diese Entscheidung total enttäuscht, wo doch auf dem Milchgipfel mit Minister Seehofer alle Beteiligten für eine Mengenreduzierung waren. Das ist für mich Wortbruch hoch 3,“

was die CDU und die FDP hier machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Er führt fort:

„Es kann also nur sein, dass ihr unter erheblichem Einfluss der Molkereiwirtschaft und deren ‚Sprachrohr’ Bauernverband steht. Nur diese beiden Verbände haben Interesse an einem niedrigen Milchpreis. Wie kann man als Politiker gegen eine Sache stimmen, die von der großen Mehrheit der Milchbauern gewollt ist? Warum wird einer Strategie gefolgt, die nur von einer Minderheit und unseren Funktionären gewollt ist?“

(Beifall bei den GRÜNEN)

„Der Bauernverband und die Politik schädigen unser Ansehen in der Öffentlichkeit sehr, wir Bauern werden unglaubwürdig. Herr Sonnleitner fordert höhere Preise vom Einzelhandel, ist aber nicht bereit, die Menge zu reduzieren. Die Milchindustrie fordert Exportsubventionen, womit dann in armen Ländern die Bauern geschädigt werden. Und so etwas wird nun von Politikern durch den Bundesratsbeschluss gefördert. Der Beschluss des Agrarausschusses am 20. Oktober war der Startschuss für die Preis

senkungen. Der Einzelhandel und die Milchindustrie haben nun Rückendeckung durch ihre Politik, was sofort ab 21. Oktober. ausgenutzt wurde. Der i-Punkt an der ganzen Sache ist für mich, dass die zweiprozentige Quotenerhöhung nun auch noch befürwortet wird. Das setzt allem die Krone auf. Ich werde es bis zur nächsten Wahl nicht vergessen!“

So weit der Brief von Joachim Prigge, Milchbauer aus Niedersachsen. Beigefügt war eine Rechnung über 81 000 Euro an den Agrarminister für die von der Landesregierung verursachten Beschlüsse. Ich nehme nicht an, dass Herr Ehlen sie inzwischen bezahlt hat.

Meine Damen und Herren, bei dieser Politik gegen die Milchbauern, gegen den ländlichen Raum, ist es kein Wunder, dass Vertreter von CDU und FDP - bei den Diskussionen ist es angesprochen worden - regelmäßig ausgepfiffen wurden. Bündnis 90/Die Grünen steht als einziges an der Seite der notleidenden Milchbauern

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Die Linke auch!)

- zumindest die Linke in Niedersachsen, das stimmt - und fordert eine schnelle Senkung der Milchmenge. Das haben wir in unserem GrünenÄnderungsantrag aufgezeigt. 5 bis 10 % der Menge müssen vom Markt, so schnell wie möglich. Bayern - CSU - und auch andere haben es heute auch gefordert. Die Einschränkung der Saldierung, die Anpassung des Umrechnungsfaktors auf europäisches Niveau sind überfällige Maßnahmen, die sofort helfen können. Das kann Niedersachsen auch im Bundesrat beschließen, da muss man nicht auf Brüssel warten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was CDU und FDP in ihrem Antrag vorschlagen, geht in die völlig falsche Richtung. Sie rufen nach immer neuen Subventionen und Steuererleichterungen. Jetzt Forschung und Entwicklung zu intensivieren, wie es in dem Antrag steht, hilft aktuell keinem notleidenden Milchbauern. Im Gegenteil: Sie gehen zurück in die Zeit der Butterberge und Milchseen. Die Butterberge sind jetzt schon wieder auf 80 000 t, die Magermilchlager auf 230 000 t angewachsen. Dann wollen Sie noch mit neuen Exportsubventionen, also mit Steuergeldern, den Landwirten im Süden den Markt kaputt machen. Das ist pervers, und ich bin froh, dass der BDM

zusammen mit Grünen und Entwicklungsorganisationen dagegen eintritt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie wirklichkeitsfremd die Landesregierung agiert, zeigen die Prognosen von Staatssekretär Ripke. Am 31. Januar 2009 wurde er zitiert, dass es in zwei Monaten deutlich höhere Preise für Milch gebe. Jetzt sind wir acht Monate weiter und wissen, wie tief die Preise gefallen sind. Herr Ripke behauptete damals, Milchbauern würden 2009 Gewinne machen. Das sehen die Milchbäuerinnen und Milchbauern, die am Dienstag und heute vor dem Agrarministerium protestieren, wirklich anders.