Protocol of the Session on September 24, 2009

So weit waren wir schon in unserem Antrag, und so weit sind Sie nach dem Lesen des Gutachtens hoffentlich auch.

(Beifall bei der SPD)

Insofern finden wir da vielleicht sogar einen gemeinsamen Weg.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Enno Hagenah [GRÜNE])

Die nächste Rednerin ist Frau Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die maritime Wirtschaft ist in Niedersachsen ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Darin sind wir alle ja einer Meinung. Ca. 40 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind dort in fast 900 Betrieben beschäftigt. 20 Einzelbranchen gehören zur maritimen Wirtschaft. Allein die Werften beschäftigen jetzt noch knapp 7 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit 120 Reedereien und 1 200 zugehörigen Schiffen ist Niedersachsen - hinter Hamburg - der zweitgrößte Reedereistandort der Bundesrepublik.

Aber die maritime Wirtschaft, allen voran die Werften, Seehäfen und Reedereien, ist in besonderer Weise von der Krise betroffen. So schwer wie wohl

in keinem anderen Wirtschaftszweig schlägt die Krise voll durch. Tausende Arbeitsplätze sind in Gefahr, ganze Standorte drohen plattgemacht zu werden. Die Kurzarbeiterregelung hat das Schlimmste auf dem Arbeitsmarkt bisher noch verhindern können, aber nach ihrem Auslaufen werden Gewitterwolken aufziehen, wenn nicht gegengesteuert wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein paar Zahlen zur besonderen Dramatik: In den ersten sieben Monaten wurden neun Aufträge für neue Seeschiffe in Deutschland ausgelöst, davon fünf in Niedersachsen. 2008 waren es noch 46 Schiffe und 2007 sogar noch 70 Schiffe, die in deutschen Werften bestellt wurden.

Privatbanken haben darauf mit einer De-factoVerweigerung der Vergabe von Krediten mit Laufzeiten von mehr als fünf Jahren an Werften und Reedereien reagiert. Solches Bankenverhalten ist unverantwortlich und nicht hinnehmbar; denn ein Werftensterben und eine Pleitewelle bei Reedereien wären vorprogrammiert.

(Beifall bei der LINKEN)

Mehr als andere Wirtschaftszweige benötigen gerade Werften langfristige finanzielle Sicherheiten. Die Landesregierung wird in bislang nie da gewesener Weise gefordert sein, landesspezifische Instrumentarien wie die NBank, das Bürgschaftsprogramm und die Verankerung von Maßnahmen für die Innovationsförderung im Landeshaushalt zur Wirkung zu bringen. Bislang ist dazu, von Einzelmaßnahmen abgesehen, kaum Messbares aus dem Hause Dr. Rösler zu verzeichnen.

(Zustimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

Auch im Entwurf des Etats 2010 findet sich nichts für die nachhaltige Förderung der Werften und der niedersächsischen Seehäfen. Das ist ein Armutszeugnis.

(Ulf Thiele [CDU]: Haben Sie das In- vestitionsprogramm nicht gelesen? - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Das können die nicht!)

Aber der Gestaltungsanspruch dieses Haushaltsentwurfs, Herr Möllring, geht ja ohnehin gegen null.

Wir begrüßen, dass der vorliegende Antrag der SPD-Fraktion der Landesregierung Wege aufzeigt, wie die Zukunftsfähigkeit der maritimen Wirtschaft in Niedersachsen durch verbesserte politische

Rahmenbedingungen gesichert werden kann. Manches von dem, was in dem Antrag verankert ist, findet unsere Unterstützung, aber eben nicht alles. Einige Beispiele möchte ich aufzählen: Es fehlt - das wurde schon vom Kollegen Hagenah gesagt - ein Hinweis auf ein unbedingt notwendiges norddeutsches Hafenkonzept. Des Weiteren sagen wir: Es ist gut, dass Arbeitsplätze in neuen Feldern der maritimen Wirtschaft wie z. B. den Offshoretechnologien entstehen, aber diese Arbeitsplätze müssen unbedingt tarifgebunden sein. Arbeitsplätze zu Dumpinglöhnen darf es dort nicht geben!

(Beifall bei der LINKEN)

Ein letzter Punkt, den ich ansprechen will. Sie stehen nach wie vor zum Bau der so genannten YTrasse. Sie wird von uns nach wie vor abgelehnt. Wir treten stattdessen für Alternativen ein, die wirtschaftlich sinnvoll und ökologisch vertretbar sind. Über all diese Punkte werden wir sicherlich ausführlich im Ausschuss beraten.

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat jetzt Herr Minister für Wirtschaft und Verkehr Dr. Rösler. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin nicht erster Offizier - Sie wissen das -, sondern Stabsarzt der Reserve. Deswegen würde ich es auch niemals zum Kapitän schaffen können. Das hieße dann Flottenarzt, Herr Kollege.

(Heiterkeit bei der FDP und bei der CDU)

Weil Sie gerade bei „Kapitän“ und „Führung“ sind. Führung heißt für mich, man läuft voran und nicht hinterher. Ich finde, der Abgeordnete BerndCarsten Hiebing hat es schon sehr deutlich herausgestellt: Vor knapp drei Monaten hat diese Regierungskoalition einen Antrag mit ähnlichen Inhalten eingebracht. Wir haben ihn gemeinsam diskutiert und verabschiedet. Mit Blick auf die Maßnahmen der Regierungskoalition aus den letzten sechs Jahren kann man eines festhalten: Die maritime Wirtschaft ist bei CDU und FDP in den allerbesten Händen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das zeigt auch das in der vergangenen Woche vorgestellte Gutachten. Sie selber waren ja bei der Vorstellung mit dabei. Es sind ja nicht nur die Stärken herausgestellt worden, die wir in der maritimen Wirtschaft haben - ob das nun Offshoretechnik, Meerestechnik oder auch jetzt schon unsere Häfen sind -, sondern natürlich wurden auch Handlungsempfehlungen gegeben. Die Handlungsempfehlungen sind vollkommen richtig, und wir wollen sie gemeinsam aufgreifen. Dabei geht es nicht nur um Clustermanagement, sondern auch um die Stärkung von Bildung und Ausbildung. Das Maritime Kompetenzzentrum war ein aktuelles Beispiel, das Frau Abgeordnete König hier gerade vorgestellt hat. Wir wollen eine stärkere Vernetzung mit der Wissenschaft. Deshalb hat das nicht allein der Wirtschaftsminister, sondern gemeinsam mit dem Wissenschaftsminister vorgestellt. Natürlich wollen wir auch eine stärkere Vermarktung als bisher. Wir wollen auch die Stärkung von Seaports of Niedersachsen, um hier ein Beispiel zu nennen. Das spricht nicht gegen die Zusammenarbeit mit anderen Häfen, aber sollte aus unserer Sicht doch selbstbewusst auf den maritimen Standort Niedersachsen hinweisen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ihr Antrag - das will ich fairerweise anerkennen - legt zwei Schwerpunkte etwas anders, nämlich auf die Reedereien und die Werften. Das ist natürlich durch die aktuelle wirtschaftlich schwierige Lage bedingt, und das ist auch richtig; denn unsere Reedereien und Werften sind wichtige wirtschaftliche Standortfaktoren in Niedersachsen mit insgesamt über 13 000 Beschäftigten. Beide Bereiche befinden sich momentan in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Aber selbstverständlich stehen die Landesregierung und auch das Parlament für Hilfen bereit. Sie alle waren mit dabei - die SPD hat dem sogar zugestimmt -, als wir den Bürgschaftsrahmen des Landes erhöht haben. Von diesem Bürgschaftsrahmen können u. a. auch Reedereien - ich will jetzt keine Namen nennen - profitieren - Sie tun es auch -, weil es richtig und wichtig ist, gerade jetzt die finanzielle Situation unserer Reedereien zu verbessern und zu stärken.

Gleiches gilt für die Werften. Sie haben ausgeführt, dass Sie eine Stärkung wollen, indem wir Innovationsförderung betreiben, die wir seit 2008 zu 50 % gemeinsam mit dem Bund finanzieren. Es ist richtig, dass man dies auftragsunabhängig gestaltet. Das ist eine alte Forderung dieser Landesregierung, die wir auch auf der jüngsten Nationalen Maritimen Konferenz vorgetragen haben. Sie wa

ren ebenfalls mit dabei. Hier gibt es also keine Unterschiede zur aktuellen Politik dieser Landesregierung.

Auch die gesamte Hafenpolitik ist bereits angesprochen worden. Wir haben Investitionen - Frau Weisser-Roelle, da müssten Sie noch einmal nachgucken - alleine für die Häfen in Niedersachsen von 300 Millionen Euro in den nächsten Jahren. Das zeigt, dass wir weiter auf unsere Stärken setzen wollen. Wir wollen nicht nur das größte Infrastrukturprojekt, den JadeWeserPort, weiter ausbauen, sondern wir setzen natürlich auf Zukunftstechnologien wie die Offshorebasis, aber nicht nur in Cuxhaven, sondern auch in Emden, und auf Offshore insgesamt und auf Windenergie auch in Brake.

Wir wollen nicht nur die Häfen bauen. Wir wollen nicht nur Feederschiffen die Möglichkeit geben, hier umzuladen, sondern wir wollen natürlich auch Wertschöpfung vor Ort halten. Dazu sind wir mit allen Beteiligten in, wie ich finde, guten Gesprächen, auch in Wilhelmshaven, auch mit Oberbürgermeistern, völlig unabhängig davon, welcher Partei sie angehören. Dass das gelingen kann, sehen wir beispielsweise in Cuxhaven, wo schon jetzt durch die Offshoretechnologie 1 000 Arbeitsplätze angesiedelt worden sind und weitere 1 000 Arbeitsplätze in den nächsten Jahren hinzukommen werden. Ich glaube, das zeigt: Wir sehen nicht nur die Häfen, sondern immer auch die Wertschöpfung vor Ort.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Deswegen ist es gut, wenn Sie das Thema nochmals aufgreifen. Wir haben gestern über die Hafenhinterlandanbindung gesprochen und werden morgen über die Werftensituation in Emden diskutieren. Aber in einem können Sie sicher sein: Diese Landesregierung, diese Regierungskoalition erkennt immer an, welche Bedeutung die maritime Wirtschaft für Niedersachsen hat. - Wir vertreten die Position: Das ist eine neue starke Wirtschaftsachse, die wir gerade auch in Krisenzeiten finanziell weiterhin unterstützen werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Antrag soll an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr überwiesen werden. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist so beschlossen worden.

Die Mittagspause dauert, wie verabredet, bis 15 Uhr. Guten Appetit!

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wie bit- te?)

- Über die Fraktionsgrenzen hinweg ist vereinbart worden, bis 15 Uhr Mittagspause zu machen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das habe ich nicht so vereinbart!)

(Unterbrechung von 13.59 Uhr bis 15.00 Uhr.)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen, damit wir die Beratung wieder aufnehmen können.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 17:

Einzige (abschließende) Beratung: Entlastung der Milchviehhalter in der aktuellen Notlage - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/1202 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 16/1421 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1477

Die Beschlussempfehlung lautet auf unveränderte Annahme.