Was die Hochschullaufbahn angeht, so wissen Sie genau, dass man mit einem Chemie-Bachelor am Arbeitsmarkt ein Nichts ist. Ihre Noten- und Quotenregelungen für den Zugang zum Masterstudium sind eine weitere Hürde auf dem Weg zu einem qualifizierenden Hochschulabschluss.
Deshalb fordert Ihre Bundesforschungsministerin Annette Schavan ebenso wie DIE LINKE, dass weder Quote noch Note den Zugang zum Masterstudium behindern dürfen.
Wir können auch gerne noch einmal einen Blick in den Schulbereich werfen. Die Anzahl der Labor- und Versuchsplätze in den Schulen ist oft deutlich kleiner als die der Schülerinnen und Schüler, und unmöglich kann eine Lehrkraft 25 bis 30 parallel stattfindende Versuche in der Sekundarstufe I begleiten; die Klassen sind einfach zu groß.
Oberstufenkurse in Chemie und Physik kommen insbesondere in ländlichen Gegenden oft nicht mehr zustande, weil die durchschnittlich 20 Schüler, die dafür erforderlich sind, nicht zusammenkommen. Ich empfehle Ihnen zu diesem Thema weiterführend die aktuelle Ausgabe der GEWMitgliederzeitschrift, in der auf Seite 9 die Überschrift lautet: „Kreide-Chemie auf dem Vormarsch.“ - Danach sieht die Praxis in den Schulen nicht annähernd so faszinierend aus, wie es auf der IdeenExpo der Fall war.
In der Summe müssen wir festhalten: Herr Ministerpräsident, wer will, dass mehr junge Menschen studieren und insbesondere naturwissenschaftliche und technische Studiengänge wählen, der
muss für kleinere Klassen, mehr Lehrkräfte, für bessere Schulausstattung, der muss für Zugang zum Studium - auch zum Masterstudium - ohne Quoten, Noten und Studiengebührenhindernisse sorgen. Herr Wulff, wer das nicht tut, der verschwendet vorhandenes Potenzial junger Menschen und hindert vor allem Kinder aus ärmeren Elternhäusern an der Entfaltung ihrer Möglichkeiten, verschenkt so wirtschaftliche Chancen in Forschung und Technik und versündigt sich an den jungen Menschen, denen er Chancen vorenthält.
Wenn Sie als Landesregierung Ihren Kurs da nicht ändern, dann werden noch so viele und noch so schöne IdeenExpos Potemkinsche Dörfer ohne nachhaltige Effekte bleiben.
Niedersachsen ist ein wunderschönes Land mit einer einzigartigen Vielfalt vom Meer bis zum Gebirge, ein Land, in dem die Menschen gerne und gut leben, ein Land, in dem es sich zu leben lohnt.
Schon allein deswegen ist Niedersachsen ein Zukunftsland. Das soll in der Zukunft auch so bleiben. Wenn wir vom Zukunftsland Niedersachsen sprechen, dann meinen wir damit natürlich auch eine Zukunft in Wohlstand. Wir wollen, dass auch unsere Kinder und Enkel in Niedersachsen in Verhältnissen leben können, die unserem jetzigen Standard vergleichbar sind. Das ist nicht selbstverständlich, das fällt nicht vom Himmel. Diesen Wohlstand haben wir nur erreicht und bisher halten können, weil wir Produkte herstellen, die in aller Welt gefragt sind - gefragter eben als die der Kon
kurrenz. Wir exportieren keine Rohstoffe, kein Öl und kein Gold. Wir exportieren hoch verarbeitete Güter. Diese Güter sind Ergebnis unserer besonderen technischen und naturwissenschaftlichen Bildung und Intelligenz, intelligent organisierter komplexer Wertschöpfungsketten.
Deshalb verdienen naturwissenschaftlich-technische Bildung und Innovationen die besondere Wertschätzung unserer Gesellschaft.
Eine Wertschätzung, die ihnen in den letzten Jahrzehnten nicht immer zuteil geworden ist. Hier bei jungen Menschen Begeisterung zu erwecken, das ist das Ziel von Wettbewerben „Jugend forscht“ oder Mathematik-Olympiaden ebenso wie das Ziel unserer IdeenExpo. Von wegen Show-Events! Denn die, die mit glänzenden Augen von der IdeenExpo wiedergekommen sind, sind die, aus deren Kreis die technischen Erfindungen und Entwicklungen in 10 oder 20 Jahren kommen werden, und daher unsere Zukunft.
Deswegen möchte ich allen danken, die zum Gelingen der IdeenExpo beigetragen haben - den vielen Sponsoren, unserer Landesregierung, aber vor allem den jungen Menschen, die sich haben begeistern lassen.
Ich habe noch eine allgemeine und eine konkrete Anmerkung. Ganz allgemein brauchen wir Aufgeschlossenheit für alle zukunftsweisenden Bereiche von Naturwissenschaft und Technik. Ich finde es z. B. großartig, dass Deutschland weltweit der Technologieführer bei regenerativen Energien ist. Aber das allein reicht nicht. Es wäre fahrlässig, deswegen andere Felder wie etwa Biotechnik, Gentechnik oder Sicherheitstechnik von Kraftwerken links liegen zu lassen.
Zurück zur IdeenExpo und ganz konkret: Ein Mitglied dieses Landtages - nicht ich - hat aus Idealismus und Begeisterung für die gute Sache in die eigene Tasche gegriffen und über 100 Schülern den Besuch der IdeenExpo finanziert. Ich finde, auch das hat einen Applaus verdient.
Dieses Mitglied hat einfach ein paar Schulen in der Nähe angeschrieben und ihnen das Angebot gemacht. Zwei Realschulen und ein Gymnasium
haben sich gefreut und das Angebot angenommen. Interessant ist, welche als einzige der angeschriebenen Schulen nicht einmal geantwortet hat. Das war eine Schule, in deren eigenem Leitbild es heißt: „Wir sind eine Schule, die sich öffnet für außerschulische Lernorte, für Kooperationen mit Vereinen, Betrieben und Institutionen.“ Das gilt wohl nicht für die IdeenExpo, jedenfalls nicht, wenn der Besuch von einem Abgeordneten gesponsert wird. In ihrem Leitbild bekennt sich diese Schule, übrigens eine überregional bekannte IGS,
zu dem Ziel - ich zitiere - „für ein demokratisches Klima der gegenseitigen Achtung zu sorgen.“ Da hat sie wohl noch ein Stück Weges vor sich.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung ist natürlich hochgradig motiviert durch diese Aktuelle Stunde - auch durch den Neid und die Missgunst derer, die nicht selbst auf die Idee gekommen sind.
Die IdeenExpo war ein Riesenerfolg für unser Land, und wir werden diese phantastische Idee in die Zukunft hinein fortschreiben, eingebettet in eine ganzheitliche Strategie. Das ist von zentraler Bedeutung für uns als Exportland. Wir haben auf der IdeenExpo für Naturwissenschaften und Technik in besonderer Weise begeistert. Die Wirtschaft hat voll mitgezogen. Dafür möchte ich Dank sagen. Die überwiegende Finanzierung haben Verbände und Unternehmen aus Niedersachsen geleistet.
In ganz besonderer Weise freut uns das Lob der Gewerkschaften. So hat mir Herr Meine, der Bezirksleiter der IG Metall, geschrieben: „Die IdeenExpo 2009 war in diesem Jahr ein voller Erfolg. Mit fast 280 000 Besuchern erreichen wir Zahlen, die in den Bereich der Industriemesse gehen. Wir schlagen in jedem Falle vor, 2011 erneut eine IdeenExpo durchzuführen.“
Ich kann nur sagen: Das werden wir gemeinsam mit den Gewerkschaften machen, weil wir wissen, dass dieser Weg erfolgreich ist.
Natürlich ist die IdeenExpo weder eine Eintagsfliege noch eine Veranstaltung ohne eine Einbettung in eine Gesamtstrategie. Wir geben in diesem Jahr für Bildung, Wissenschaft und Forschung so viel Geld aus wie niemals zuvor in unserem Land. Wir fügen den 6,75 Milliarden Euro des Landeshaushalts noch 798 Millionen aus dem Konjunkturprogramm der „Initiative Niedersachsen“ hinzu.
Wir erlangen durch die IdeenExpo ein Alleinstellungsmerkmal. Bundesweit wird man auf uns aufmerksam als Innovationsland, und man erkennt an, wie wir uns frühzeitig um die gesamte Bandbreite junger Leute kümmern, die gemeinsam mit ihren Lehrkräften, ihren Großeltern und Eltern zu dieser IdeenExpo kommen. In der Regel kommen sie nur drei, vier, fünf Stunden mit ihrer Schule, und weil für die Schüler ja alles umsonst ist, kommen sie danach noch einmal ein oder zwei Tage, um sich alles vertieft anzuschauen.
Ich kann nicht akzeptieren, dass der Fokus offenkundig immer nur auf die Hochschulen gerichtet wird, wie es Frau Heinen-Kljajić, Frau Flauger und Frau Andretta in ihren Beiträgen getan haben, und nicht die gesamte Bandbreite der jungen Generation gesehen wird.
Mit den gewerblich-technischen Berufen haben wir auch die Hauptschülerinnen und Hauptschüler angesprochen, ebenso die Realschüler, die Gymnasiasten, die Gesamtschüler und auch die Förderschüler, und es ist deutlich geworden, dass es nicht nur einen Ingenieurmangel, sondern auch einen Mangel an Facharbeiterinnen und Facharbeitern gibt.