Protocol of the Session on May 12, 2009

„Es ist mir eine angenehme Pflicht, Ihnen in meinem eigenen Namen und im Namen meiner Kollegen mitzuteilen, dass wir drei Militärgouverneure nach Weisung unserer Regierungen bei einer heute Abend hier abgehaltenen Sitzung uns geeinigt haben, unsere Zustimmung zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland zu geben, das uns vom Parlamentarischen Rat als Anlage eines unter dem 8. Mai datierten Schreibens vorgelegt worden war“.

Weiter sagte er:

„Die Militärgouverneure möchten anlässlich dieser besonderen Gelegenheit ihre aufrichtige Befriedigung über die Arbeit des Parlamentarischen Rates zum Ausdruck bringen. Sie sind sich darüber klar, dass der Ausgleich der verschiedenen Auffassungen über viele wichtige Punkte, die dieses Grundgesetz berührt, notwendigerweise eine verwickelte und schwierige Angelegenheit war. Sie beglückwünschen alle diejenigen, die führend an diesen Verhandlungen beteiligt waren, zu ihrem Verständnis gegenüber der Allgemeinheit und zu dem Ausmaß, in dem sie sich im allgemeinen Interesse bereit gezeigt haben, einen Kompromiss untereinander zu finden“.

Damit waren nicht zuletzt die Vertreterinnen und Vertreter des Landes Niedersachsen gemeint, denen es sowohl im Herrenchiemseer Verfassungskonvent als auch vor allem im Parlamentarischen Rat gelungen ist, in den vier wichtigsten und äußerst kontrovers diskutierten Fragen eine parteiübergreifende Verständigung herbeizuführen - ich nenne sie -: erstens Senats- oder Bundesratsmodell, zweitens Mehrheits- oder Verhältniswahlrecht, drittens Schaffung eines Obersten Bundesgerichts als Revisionsinstanz oder „Supergericht“ und viertens Bundes- oder Landesfinanzverwaltung. Das waren die vier am meisten umstrittenen Themen.

Wenn über den Beitrag Niedersachsens zur Entstehung des Grundgesetzes zu sprechen ist, hätte man also für diese Feierstunde kaum ein besseres Datum finden können als den 12. Mai, an dem vor

60 Jahren offenbar gerade die maßgeblich von niedersächsischen Delegierten herbeigeführten Kompromisse die Militärgouverneure zur Genehmigung des Grundgesetzes bewogen haben.

Das Thema „Senat oder Bundesrat“ beschäftigte bereits den Herrenchiemseer Konvent. Einig war man sich zwar darüber, dass neben der Volksvertretung eine weitere Kammer geschaffen werden soll, welche im bundesstaatlichen Gefüge die Länder repräsentiert. Strittig blieb bis zuletzt aber die Frage, ob dies durch einen Bundesrat geschehen soll, d. h. durch eine Kammer aus Mitgliedern der Landesregierungen, oder durch eine Kammer aus unabhängigen Einzelpersonen, die dann von den Landtagen hätten gewählt werden sollen. Es war vor allem der Niedersachse Danckwerts, der zwar in Hinblick auf die administrativen Erfahrungen, welche die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder mit sich brächten, leichte Sympathien für das Bundesratsmodell erkennen ließ, aber mehrfach betonte, dass sich die Gründe, die andererseits für oder gegen einen Senat sprächen, fast die Waage hielten.

Daher beteiligte er sich intensiv an der Suche nach vermittelnden Lösungen. Einerseits sollte im Senatsmodell durch Landesgesetz sichergestellt werden, dass die Senatoren stets in engem Kontakt mit den Landesregierungen handeln und sogar an den Kabinettssitzungen teilnehmen können. Andererseits war vorgesehen, dass dem Bundesrat nur Regierungsmitglieder angehören sollten, die den Landesparlamenten unmittelbar verantwortlich sind, nicht aber deren Stellvertreter, Beauftragte oder sonstige Landesbeamte. Als sich gleichwohl der Streit zuspitzte, mahnte Danckwerts zur Mäßigung und erinnerte an den Auftrag des Konvents - Zitat -:

„Wir sind nicht dazu da, um Entscheidungen zu treffen, sondern um die Problemstellung klar herauszuarbeiten“.

Im Ergebnis erreichte er damit, dass der Verfassungsausschuss der Ministerpräsidentenkonferenz in seinem Bericht über den Verfassungskonvent beide Organisationsformen einer zweiten Kammer, das Bundesrats- und das Senatsmodell, nach eingehender Erörterung des Für und Wider gleichrangig nebeneinander stellte.

Bei einem weiteren Problem, auf das Danckwerts als einziger mit Recht im Konvent hinwies, konnte er sich im Verfassungskonvent allerdings nicht durchsetzen. Ihn trieb der Gedanke um, wie ei

gentlich der erste Deutsche Bundestag gewählt werden sollte. Die Delegierten, wohl im Bewusstsein der Brisanz dieses Themas, winkten jedoch ab. Der Entwurf eines Wahlgesetzes sei vom Auftrag der Alliierten nicht gedeckt. Dennoch war allen Beteiligten klar, dass außer dem Grundgesetz auch ein Wahlgesetz erforderlich sein würde, wenn die neuen Verfassungsorgane des Bundes auf demokratische Weise gebildet werden sollten. Deshalb setzte der Parlamentarische Rat ganz im Sinne von Danckwerts sofort einen „Ausschuss für Wahlrechtsfragen“ ein, der das zwingend erforderliche Bundeswahlgesetz ausarbeiten sollte. Drei Modelle standen zur Debatte: erstens das reine Mehrheitswahlrecht englischen Musters in Einerwahlkreisen, zweitens das absolute Mehrheitswahlrecht mit Stichwahl im zweiten Wahlgang nach dem Vorbild des Kaiserreichs und drittens das Verhältniswahlrecht aus der Weimarer Republik.

Im Wahlrechtsausschuss fand jedoch keines dieser Modelle eine Mehrheit. Die Abgeordneten der CDU, der CSU und der DP, allen voran der Niedersachse Wilhelm Heile, setzten sich energisch für ein Mehrheitswahlrecht ein, weil es erstens die Bildung stabiler Regierungen ermögliche und zweitens nur die Wahl von Persönlichkeiten geeignet sei, die Apathie und Politikmüdigkeit in der Bevölkerung zu überwinden. Ihnen widersprach für die Sozialdemokraten Georg Diederichs, der zunächst für ein modifiziertes Listenwahlrecht mit Verhältnisausgleich eintrat.

Man einigte sich schließlich auf einen Entwurf, der die Vorzüge beider Wahlsysteme miteinander kombinierte: 200 von 400 Abgeordneten sollten in Einerwahlkreisen mit relativer Mehrheit gewählt werden, die restlichen aufgrund von Parteilisten nach einem Wahlquotienten, bei dem die gesamten anfallenden Stimmen durch 400 geteilt wurden; also im Wesentlichen unser heutiges Wahlrecht. Das bereits vom Plenum des Parlamentarischen Rates verabschiedete Wahlgesetz lehnten die Alliierten jedoch völlig überraschend ab und verlangten dezentrale Regelungen, also einzelne Landesgesetze, nach denen dann der Bundestag gewählt werden sollte. Der Parlamentarische Rat solle nur die Anzahl der Abgeordneten und ihre Verteilung auf die einzelnen Länder festlegen. Alles Übrige sei den Landtagen zu überlassen. In dieser prekären Situation ergriff Georg Diederichs wiederum die Initiative und legte einen neuen Wahlgesetzentwurf vor, der zwar am personalisierten Verhältniswahlrecht festhielt, aber nur noch aus 26 Paragrafen bestand und vom Parlamentari

schen Rat am 10. Mai 1949, also zwei Tage nach Verabschiedung des Grundgesetzes, mit 36 gegen 29 Stimmen angenommen wurde. Auf eine weitere Kritik der Alliierten reagierten die Ministerpräsidenten ziemlich verärgert und beschlossen das Gesetz mit geringfügigen Änderungen erneut, ohne dass der inzwischen aufgelöste Parlamentarische Rat damit noch einmal befasst wurde. Georg Diederichs war damit zum Vater des ersten Bundeswahlgesetzes geworden.

An der Lösung eines weiteren Problems im Parlamentarischen Rat waren ebenfalls Delegierte aus Niedersachsen maßgeblich beteiligt, nämlich Elisabeth SeIbert, die auf Drängen Schumachers vom Niedersächsischen Landtag gewählt worden war, und Ernst Wirmer, dem Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Parlamentarischen Rat. Obwohl verschiedenen Parteien zugehörig, kämpften sie gemeinsam gegen die vor allem von Walter Strauß favorisierte Errichtung eines Obersten Bundesgerichts, das auf Vorlage von Fachgerichten über reine Rechtsfragen entscheiden und auf diese Weise die Einheit der Rechtsordnung sowie die Einheitlichkeit der Rechtsprechung sichern sollte.

SeIbert und Wirmer wandten ein, dass es reine Rechtsfragen gar nicht gebe, sondern ein derartiges „Supergericht“, dem alle Bundesgerichtshöfe unterstellt wären, auch den jeweiligen Sachverhalt kennen müsse, um über eine Rechtsfrage entscheiden zu können. Daher gehe es nicht anders, als einem solchen Gericht auch den gesamten Tatbestand mit zur Beurteilung zu übergeben, was nicht abstrakt, sondern nur im konkreten Einzelfall möglich sei. Jeder, der einmal Richter war, weiß dies. Ernst Wirmer, mit 38 Jahren übrigens das drittjüngste Mitglied im Parlamentarischen Rat, erinnerte dabei an seine Studentenzeit in Freiburg:

„Da kann ich nur wiederholen, was mein alter Repetitor auf eine abstrakte Rechtsfrage sagte. Unsere Antwort musste lauten: Es kommt darauf an! Und dann kam das Auseinanderziehen des Tatbestandes.“

Elisabeth SeIbert sekundierte ihm:

„Darüber wundert sich ja sehr oft der Laie, dass man eine von ihm gestellte Rechtsfrage nicht einfach mit Ja oder Nein beantworten kann.“

Diese Argumente haben im Parlamentarischen Rat zwar nicht überzeugt; denn Artikel 95 sah in seiner Ursprungsfassung ein solches Oberstes Bundes

gericht vor. Auf die Dauer waren sie jedoch erfolgreich; denn dieses Supergericht ist entgegen dem Verfassungsauftrag niemals errichtet worden und mit der Änderung des Artikels 95 im Jahr 1968 ganz entfallen.

Elisabeth SeIbert, eine der vier „Mütter“ des Grundgesetzes, war aber noch auf einem anderen Feld ebenso aktiv wie durchsetzungskräftig. Auf ihre Anregung geht die heutige Fassung des Artikels 3 Abs. 2 des Grundgesetzes zurück:

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“

Als sie mit diesem Vorschlag im Ausschuss für Grundsatzfragen nicht durchdrang, der den Frauen nur die gleichen staatsbürgerlichen Rechte zugestehen wollte, wandte sie sich an die Öffentlichkeit und organisierte den spektakulären „Aufstand der Trümmerfrauen“. Sie nahm kaum noch an den Sitzungen teil, reiste von Versammlung zu Versammlung, mobilisierte die Gewerkschaften und ermutigte die Frauen, sich mit entsprechenden Eingaben im Parlamentarischen Rat Gehör zu verschaffen.

Danach trafen in Bonn „waschkörbeweise“ Protestbriefe ein, die letztlich auch bei den männlichen Kollegen ihr Ziel nicht verfehlten. Zwar sträubte man sich zunächst weiterhin mit der Begründung, ganze Teile des Familienrechts müssten dann ja neu geschrieben werden.

(Heiterkeit)

Daraufhin bot Frau SeIbert als Kompromiss - wiederum ein Kompromiss, typisch für die Niedersachsen - eine Übergangsregelung an, nach der dem Gesetzgeber für die Anpassung des Familienrechts eine Frist bis zum 31. März 1953 eingeräumt werden sollte, und wies den Einwand, Männer und Frauen seien ihrem Wesen nach doch viel zu verschieden, überzeugend zurück - ich zitiere -:

„Es ist ein grundlegender Irrtum, bei der Gleichberechtigung von der Gleichheit auszugehen. Die Gleichberechtigung baut auf der Gleichwertigkeit auf, die die Andersartigkeit anerkennt.“

Auf dieses Argument konnten auch die hartnäckigsten Gegner nichts mehr erwidern. Am 18. Januar 1949 nahm der Hauptausschuss ihren Antrag einstimmig an.

(Beifall)

Das vierte und letzte, vielleicht brisanteste Problem im Parlamentarischen Rat, an dessen Klärung niedersächsische Mitglieder maßgeblich beteiligt waren, betraf das Finanzwesen. Hauptstreitpunkt war neben der Steuerverteilung die Regelung der Verwaltungszuständigkeit. Denn in dieser Frage gingen sowohl die Meinungen unter den Fraktionen innerhalb des Parlamentarischen Rates als auch zwischen diesen und den Alliierten weit auseinander. Daher versuchte lange Zeit jede Seite, gleichsam „über die Bande“ zu spielen und sich für ihr Konzept die Zustimmung der Besatzungsmächte oder wenigstens Einzelner von ihnen zu sichern. In dieser ziemlich unübersichtlichen Situation bezogen wenigstens die beiden Niedersachsen, nämlich Otto Greve (SPD) einerseits und Christoph Seebohm (DP) andererseits, klar Stellung.

Greve wies im Plenum darauf hin, dass es bei der Ordnung der Finanzen nicht darum gehe, „dem Bundesstaat, den wir in Bonn zu schaffen versuchen, den Charakter des Unitarischen oder des Föderalistischen beizulegen“. Die Finanzen eigneten sich nicht als Objekt landsmannschaftlicher Brauchtumspflege. Vielmehr sprächen alle sachlichen und technischen Gründe dafür, dem Bund nicht nur die Gesetzgebungshoheit über Zölle und Steuern zuzuweisen, sondern ihm auch die Finanzverwaltung zu übertragen. Dem hielt Seebohm entgegen, dass man zur Hebung der Steuermoral vor allem das Vertrauen in eine bevölkerungsnahe Finanzverwaltung brauche, die mit den wirtschaftlichen Nöten und Sorgen ihres jeweiligen Wirkungskreises vertraut sei. Er setzte sich daher, wie übrigens zuvor schon der als Sachverständiger im Finanzausschuss gehörte niedersächsische Finanzminister Georg Strickrodt, im Interesse der Sicherung zugewiesener Einnahmequellen vehement für eine Landessteuerverwaltung ein, die dann für den Großteil der Steuern - mit Ausnahme der Umsatzsteuer und gewisser Verbrauchsteuern - auch tatsächlich beschlossen wurde.

In einem Punkte waren sich Greve und Seebohm allerdings einig: In ihrer Haushaltswirtschaft sollten Bund und Länder selbstständig und voneinander unabhängig sein. Sie unterschieden sich lediglich darin, dass Greve anfangs eine solche Vorschrift im Grundgesetz für überflüssig, weil in einem Bundesstaat selbstverständlich, hielt, später jedoch diese dem heutigen Artikel 109 Abs. 1 des Grundgesetzes entsprechende Formulierung sogar als eigenen Antrag einbrachte, während Seebohm sie schon aus Gründen des Schutzes der Eigenstaat

lichkeit der Länder als zwingend erforderlich ansah:

„Wenn für einen föderalen Staat die Staatlichkeit der Länder Voraussetzung des Bundes bildet, dann ist die Bestimmung …, dass Bund und Länder eine gesonderte Finanzwirtschaft zu führen haben, von wesentlicher Bedeutung für die Verfassung.“

Man möge mir bitte nachsehen, wenn ich mich frage, was angesichts der Tatsache, dass der Bund den Ländern seit jeher nicht nur ihre Steuereinnahmen vorschreibt und über Vollzugsstandards ihre Ausgaben mitbestimmt, sondern künftig in normalen Zeiten auch noch jegliche Kreditaufnahme verbieten will, von dieser damals gemeinsam und parteiübergreifend für unabdingbar gehaltenen Haushaltsautonomie der Länder heute noch übrig bleibt.

(Beifall)

Ich komme zum Schluss: Ohne die immense Arbeit und die imposanten Leistungen des Parlamentarischen Rates schmälern zu wollen, waren es doch letzten Endes die Ministerpräsidenten der Länder und die Landesparlamente, die das Grundgesetz aus der Taufe gehoben haben. Die Regierungschefs, von Konrad Adenauer übrigens spöttisch als „Zaunkönige“ bezeichnet, hatten schon auf der Rittersturzkonferenz und später in ihrem Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee, der dem Parlamentarischen Rat als Verhandlungsgrundlage diente, wichtige Weichen gestellt und weitreichende Vorentscheidungen getroffen, so zum Beispiel den Begriff „Grundgesetz“ geprägt - er kommt von den Ministerpräsidenten - und die verfassunggebende Versammlung schlicht „Parlamentarischen Rat“ genannt. Sie waren nicht nur offizielle Ansprechpartner der Alliierten, sondern begleiteten in ihrer Bonner Arbeitsstelle mit Anregungen und Verbesserungsvorschlägen auch permanent den Fortgang der Verfassungsberatungen. Schließlich waren sie es, die am 12. Mai 1949 - also heute vor genau 60 Jahren - das Genehmigungsschreiben der Militärgouverneure entgegennahmen und ihren Landesparlamenten - mit Ausnahme Bayerns - die Annahme des Grundgesetzes empfahlen.

Somit kann abschließend festgestellt werden, dass das Grundgesetz nicht nur ein Wunschkind seiner Mütter und Väter im Parlamentarischen Rat war, sondern vor allem auch das umsorgte Patenkind der Länder, ihrer Regierungen und Parlamente.

„Kein Zweifel“ - so Bernhard Vogel in seinem soeben erschienenen Beitrag zur Festschrift für Roman Herzog -, „die Länder haben den Bund geschaffen. Sie sind nicht des Bundes Länder“. Damit ist der z. B. in Österreich noch immer schwelende Streit darüber, ob der Bund dezentralisiert in Länder zerfällt oder die Länder im Zusammenschluss den Bund gebildet haben, für Deutschland zugunsten der Länder entschieden, sodass sich der deutsche Bundesstaat in seiner Entstehung den Vorläufern bündischer Staatsgründung nach dem Muster der Schweiz, der USA oder Kanadas annähert.

Der Niedersächsische Landtag hat das Grundgesetz auf einer außerordentlichen Sitzung am 20. Mai 1949 - zu jener Zeit übrigens noch im Plenarsaal der Stadthalle Hannover - mit 98 Ja- und 37 Neinstimmen - ohne Enthaltungen - angenommen. Trotz der Gegenstimmen aus den Reihen der Deutschen Partei - 24 -, der KPD - 8 - und der Deutschen Zentrumspartei - 5 - haben sich zur Verkündung des Abstimmungsergebnisses in feierlicher Form alle Abgeordneten von den Plätzen erhoben.

Lassen Sie mich, Herr Landtagspräsident, mit den Worten schließen, mit denen Ihr Vorgänger, der damalige Landtagspräsident Karl Olfers, jene denkwürdige Sitzung eröffnet hat:

„Wir stehen vor einer historischen Entscheidung. Der Niedersächsische Landtag soll entscheiden, ob er dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, beschlossen vom Parlamentarischen Rat in Bonn am 8. Mai 1949, seine Zustimmung geben und damit für das Land Niedersachsen annehmen will.

Das Grundgesetz in Verbindung mit dem Besatzungsstatut gibt dem Deutschen Volk vorläufig wenigstens einen Teil seiner Souveränität wieder, die es durch das verbrecherische Naziregime in frivoler Weise völlig verloren hat.

Die Bundesrepublik umfasst zunächst nur die Länder der westlichen Zonen. Möge bei gutem Willen aller Deutschen und bei wohlwollendem Verständnis aller Besatzungsmächte die Bundesrepublik recht bald volle Souveränität erhalten und alle deutschen Länder umschließen.“

Niemand konnte damals ahnen, dass dieser Wunsch erst 41 Jahre später in Erfüllung gehen sollte und das Grundgesetz - zunächst nur als Provisorium gedacht - bis zum heutigen Tage Bestand haben würde.

(Starker, anhaltender Beifall)

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Sehr geehrter Herr Professor Schneider! Im Namen der Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages danke ich Ihnen beiden für Ihre Ausführungen, auch für den Festvortrag. Wir konnten in beeindruckender Weise erfahren, wie stark auch der Einfluss unseres Bundeslandes auf die Gestaltung des Grundgesetzes gewesen ist. Sie haben bei Ihrem Vortrag auch schon in einer frühen Phase gespürt, dass Ihr Hinweis, das hätten die Niedersachsen auch alleine machen können, hier im Hause erkennbar auf Zustimmung gestoßen ist.

Wir danken Ihnen auch für Ihren Hinweis darauf, welche Bedeutung für unsere Feierstunde gerade das weniger bekannte Datum des 12. Mai hat. Das ist neu; ich glaube, auch viele hier im Plenarsaal haben das bis heute nicht gewusst. Offenbar haben wir mit der Planung unbewusst - wenn man so will - einen guten Griff getan.

Ebenso danke ich den Musikern von der Hochschule für Musik und Theater im Quartett „Les amies“ dafür, dass sie unsere Feierstunde musikalisch umrahmt und dadurch den künstlerischen Beitrag dazu geleistet haben, um diese Feier aus unserem Sitzungsalltag deutlich herauszuheben. Herzlichen Dank!