Protocol of the Session on March 26, 2009

(Björn Thümler [CDU]: Wir jammern überhaupt nicht!)

Kollege Schminke, Sie haben in diesem Zusammenhang von sozialdemokratischer Handschrift gesprochen. Wenn diese Verschlechterungen sozialdemokratische Handschrift sind, dann mag das so sein, dann müssen Sie aber auch damit leben.

(Beifall bei der LINKEN)

An der Union scheitert es, dass zumindest ein Mindestlohntarifvertrag dieser Branche für allgemein verbindlich erklärt wird. Darum fordert die Linksfraktion, dass Leiharbeit sozial gerecht reguliert wird. Wir fordern erstens gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter müssen vom ersten Einsatztag an den gleichen Lohn erhalten. Zweitens verlangen wir eine Begrenzung der Überlassungsmöglichkeiten von sechs Monaten. Drittens muss die massive Einschränkung der Mitbestimmung gestoppt werden.

Viertens muss es ein Verbot von Leiharbeit in bestreikten Betrieben geben. Denn Betriebe sind nicht mehr streikfähig, wenn dort Leiharbeiter eingesetzt und als Streikbrecher missbraucht werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Fünftens halten wir es für unabdingbar, dass Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter von ihren Arbeitgebern auch für Zeiten, in denen sie nicht ausgeliehen werden, entlohnt werden.

Noch einmal zum Antrag der CDU und der FDP: Herr Höttcher, Sie haben ja eindeutig Stellung dafür bezogen. Sie wollen diese schlechten Arbeitsverhältnisse, damit Unternehmen, wie Sie sagen, flexibel gestalten können. Es kann nicht sein, dass Unternehmen arbeiten, Gewinne machen und sozusagen - - -

(Björn Thümler [CDU]: Was sollen Un- ternehmen denn sonst machen? Es ist ja Unsinn, was Sie erzählen!)

- Wenn Sie etwas mehr Geduld hätten und mir zuhören würden, dann hätten Sie sich das eben sparen können. Natürlich müssen Unternehmen Gewinne machen - ich kann auch so anfangen -, aber nicht unter der Bedingung, dass Menschen zu menschenunwürdigen Konditionen eingestellt werden, nicht auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie sagen, die Zeitarbeitnehmerbranche soll nicht in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen werden, weil dadurch die Zeitarbeitsfirmen mit Blick auf Flexibilität keine positive Entwicklung nehmen können. Sie wollen weiterhin, dass Unternehmen mit den Menschen, die billig entlohnt werden, die keine Arbeitsplatzsicherheit haben, ihre Gewinne machen. Das ist nicht hinnehmbar für uns. Daher werden wir uns dagegen wehren.

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank. - Mir liegen seitens der CDUFraktion zwei Kurzinterventionen vor, eine von Herrn Höttcher und eine von Frau Pieper. Sie müssen sich verständigen; denn ich darf nur eine Kurzintervention pro Fraktion zulassen. - Frau Pieper, Ihnen stehen anderthalb Minuten für die Kurzintervention zur Verfügung.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Weisser-Roelle, ich bin ehrlich gesagt entsetzt darüber, was Sie hier ausgeführt haben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ich glaube, Sie haben überhaupt keine Ahnung, was auf dem Arbeitsmarkt los ist. Der Mittelstand ist dankbar dafür, dass es Zeitarbeitsfirmen gibt, z. B. die ZAG. Ich will Ihnen einmal die Lohntarife im Malerhandwerk nennen.

(Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Die kenne ich!)

- Ich kenne sie auch. Ich kenne sie sogar sehr gut. Die ZAG zahlt einem ausgebildeten Maler 13,69 Euro. Der tarifliche Lohn liegt bei 13,68 Euro. Was Sie hier behaupten, ist reine Polemik. Es ist eine Schande; denn für die Arbeiter ist das im Grunde genommen eine Chance.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist die Wahrheit! - Ronald Schminke [SPD] meldet sich zu einer Kurzintervention)

Herr Schminke, eine Kurzintervention ist jetzt nicht mehr möglich. Sie sind zu spät - keine Chance. - Frau Weisser-Roelle kann jetzt antworten.

(Zuruf von Ronald Schminke [SPD])

- Herr Schminke, Sie haben noch eine Restredezeit von 41 Sekunden. Sie können sich gleich noch einmal zu Wort melden. - Jetzt antwortet Frau Weisser-Roelle.

Wenn Sie sagen, das wäre reine Polemik und ich wisse nicht, was auf dem Arbeitsmarkt und in den Betrieben los ist - - -

(Gabriela König [FDP]: Es ist doch so! - Zuruf von der CDU: Im Mittelstand!)

- Auch im Mittelstand. - Wenn wir einen gesetzlichen Mindestlohn hätten, den die Fraktion DIE LINKE auch fordert, dann gäbe es auch diese ungleichen Bedingungen für die Unternehmen gar nicht. Dann könnten alle Unternehmen auf der gleichen Ebene planen.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zurufe von der CDU)

Deshalb fordern wir u. a. zur Sicherung auch des Mittelstandes einen gesetzlichen Mindestlohn.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der CDU und von der FDP)

Herr Schminke, mir liegt noch keine Wortmeldung von Ihnen vor. Möchten Sie sich zu Wort melden?

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Frau Prä- sidentin, da muss von mir eine Wort- meldung vorliegen!)

- Ja, das ist korrekt. Ich möchte Herrn Schminke nur darauf hinweisen, dass er, wenn er sich noch für 41 Sekunden zu Wort melden möchte, einen Wortmeldezettel abgeben sollte.

Jetzt hat Herr Kollege Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön!

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Da hatte ich Sie missverstanden, Frau Präsi- dentin!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, dass die engagierte Rede des Kollegen Schminke gegen die Haltung von CDU und FDP in dieser Frage ihre Berechtigung hat, dann haben sowohl die Redebeiträge von Herrn Höttcher und Frau König als auch die Kurzintervention von Frau Pieper diesen Beweis geliefert. Denn Sie zeichnen die Welt

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Schönre- den!)

nur anhand der positiven Beispiele. Ich leugne gar nicht, dass es positive Beispiele gibt: In der Branche der Leiharbeit und Zeitarbeit läuft das überwiegend ordentlich; denn dieses Instrument an sich ist sinnvoll.

(Zurufe von der CDU: Aha!)

In dieser Bewertung unterscheiden wir uns auch von Frau Weisser-Roelle. Aber der Blick auf die positiven Beispiele im Genre verstellt Ihnen offensichtlich den Blick dafür, dass es leider nicht nur einige schwarze Schafe gibt - darüber kann man natürlich schweigend die Augen verschließen - und dass Zeitarbeit reguläre Beschäftigung verdrängt.

Diese Situation reißt im Augenblick in einigen Branchen ein und droht, in dieser Krise noch schlimmer zu werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Politik ist nun einmal nicht in der Verantwortung, sich am Positiven zu orientieren. Wenn das so wäre, bräuchten wir auch keine Geschwindigkeitsbeschränkungen und Strafen für zu schnelles Fahren; denn die meisten Autofahrer halten sich an die Limits. Aber in diesem Bereich gibt es schließlich auch Regelungen für die Wenigen, die zu schnell fahren oder sonst irgendwelche Gesetze übertreten. So ist es auch in diesem Fall. Deswegen muss man nachregulieren. Deswegen muss man die an sich richtige Initiative von Rot-Grün auf Bundesebene, Zeit- und Leiharbeit in der Wirtschaft leichter möglich zu machen, entsprechend nachregulieren, nachdem aus der Praxis bekannt ist, wie sich das in einzelnen Branchen auswirkt.

In diesem Zusammenhang haben Herr Schminke - ich denke, er hat in seiner Rede die richtigen Punkte angesprochen - und der Ursprungsantrag, der im Oktober letzten Jahres eingebracht wurde, unsere volle Unterstützung. Kollege Schminke, ich habe aber nicht verstanden - da habe ich anschließend auch die SPD-Fraktion insgesamt nicht mehr verstanden -, warum Sie im Rahmen der Beratungen im Ausschuss umgeschwenkt sind und sich auf die Linie der Großen Koalition im Bund eingelassen haben. Sie haben nämlich einige wichtige Punkte, die aus unserer Sicht für die Reform der Zeitarbeit unverzichtbar sind, im Konsens mit der Großen Koalition auf Bundesebene, im Suchen nach einer breiten Mehrheit, auch mit CDU und FDP, fallen lassen - wie sich im Nachhinein zeigt: völlig zu Unrecht. Denn der Antrag der Fraktionen von CDU und FDP macht ja deutlich, dass man sich mit Ihnen überhaupt nicht verständigen wollte, sondern dass da Grundlinie gespielt wird.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Gerade in der jetzigen Krise sieht man doch, Frau König, dass Leiharbeiter ganz dringend - das betrifft nicht nur die positiven Beispiele - einen vernünftigen Lohn bekommen müssen, gerade in den Fällen, in denen sie im Vergleich zu den Beschäftigten direkt neben ihnen an der Werkbank geringer bezahlt werden. Sie müssen ein Anrecht auf den gleichen Lohn haben und brauchen dafür dringend eine gesetzliche Unterstützung. Denn die Zeitarbeiter tragen ein viel größeres Risiko bei ihrer Beschäftigung als die regulär Beschäftigten.

Sie sind in jeder Krise immer die Ersten, die gehen müssen. Sie fallen dann wieder in die komplette Arbeitslosigkeit zurück oder müssen Fortbildungen zu geringen Tarifen machen.

Ich finde, wenn wir erkannt haben, dass diese Branche der Zeitarbeit und Leiharbeit für das Funktionieren unserer sich im Auf und Ab befindlichen Wirtschaft wichtig ist, dann sind wir in der gemeinsamen politischen Pflicht, gleiche Bedingungen für den Leih- und Zeitarbeiter gegenüber dem regulär Beschäftigten zu schaffen. Dabei müssen Sie dringend noch nachlernen. Schauen Sie sich auch die Negativbeispiele an, schauen Sie nicht nur auf das Gute.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Gabriela König [FDP]: Tun wir auch!)

Danke schön. - Jetzt spricht Herr Schminke für die SPD-Fraktion. Sie haben eine restliche Redezeit von 41 Sekunden. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir reden von der negativen Leiharbeit. Dazu kann ich Ihnen sagen: Es gibt Servicedienste, die 3 Euro oder 4 Euro bezahlen. Ich rede von Branchen ohne Tarife und von mit den sogenannten christlichen Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifen, die dramatisch nach unten korrigiert worden sind.