Protocol of the Session on March 25, 2009

(Zustimmung bei der SPD)

Sie bastelt blitzschnell, nicht besonders ordentlich und mit wenig Gefühl einen Änderungsantrag und stimmt ihn mit ihrer Mehrheit ab - Punkt.

(Björn Thümler [CDU]: Mit Gefühl!)

In der Ausschusssitzung wird den Oppositionsabgeordneten dieser Änderungsantrag ohne Vorwarnung hingelegt

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Sie knall- ten ihn auf den Tisch!)

und mit einer unanständigen Selbstverständlichkeit erwartet, dass die Opposition dem Änderungsantrag, ohne ihn auch nur lesen zu können, unwidersprochen zustimmt.

(Norbert Böhlke [CDU]: Das ist falsch! Das stimmt nicht! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Was ist das denn für ein Stil?)

Wäre Ihnen in Ihrer langen, langen Oppositionszeit jemals eingefallen, einem Änderungsantrag der Regierungsfraktionen ungelesen und unkommentiert zuzustimmen?

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Wenn er jemals gut gewesen wäre!)

Sie hätten die Regierungsfraktionen böse beschimpft, und zwar zu Recht.

(Norbert Böhlke [CDU]: Sagen Sie jetzt einmal etwas zur Sache!)

Außerdem wären Sie dem Auftrag der Wählerinnen und Wähler nicht gerecht worden, die Regierungsarbeit zu überprüfen.

(Norbert Böhlke [CDU]: Können Sie inhaltlich einmal etwas bringen?)

Wir nehmen diesen Auftrag ernst

(Norbert Böhlke [CDU]: Ach so!)

und prüfen die Vorlagen der Regierungsfraktionen sehr genau.

(Norbert Böhlke [CDU]: Ach ja!)

Denn wir mussten in Ihrer kurzen Regierungszeit die bittere Erfahrung machen, dass Sie die sozialen Eckpfeiler, die die SPD aufgebaut hat, Stück für Stück zerschlagen.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, so geht man nicht miteinander um, schon gar nicht mit diesem Antrag! Der Antrag „Einrichtung von Pflegestützpunkten endlich in Angriff nehmen!“ betrifft

nämlich Menschenschicksale - ja, Schicksale; denn zu Pflegestützpunkten gehen die Menschen, die Beratung und Hilfe benötigen.

Ihre Argumentation, dass der Landtag zu dem Thema Pflegestützpunkte nach der Einbringung des Antrags im Februar-Plenum möglichst zügig Position beziehen sollte, ist vorgeschoben und nach der Rede des Herrn Kollegen Lammerskitten und der Ministerin in der letzten Sitzung außerdem widersprüchlich. Vor vier Wochen hat Herr Lammerskitten gesagt:

„Der Bund hat den Ländern ein Bestimmungsrecht über die Schaffung von Pflegestützpunkten eingeräumt. Dieses Recht wollen wir nutzen zum Wohle aller.“

Weiter erklärt der Kollege:

„Ein Entwurf für eine solche Rahmenvereinbarung, den das Ministerium entwickelt hat, liegt den Verbänden der Kassen und den kommunalen Spitzenverbänden derzeit vor. Erste Rückmeldungen sind positiv. Das heißt, wir sind auf einem guten Weg, für den wir uns die nötige Zeit nehmen müssen und auch können.“

Das und noch einige andere zustimmende Sätze zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kamen von Ihnen. Sie haben sich wohlwollend zu inhaltlichen Übereinstimmungen geäußert. Man hätte meinen können, es wäre Ihr Antrag. Ihnen wäre allerdings niemals eingefallen, diesen Antrag einzubringen. Ganz im Gegenteil: Sie haben sich weggeduckt und gehofft, dass niemand merkt, dass Sie den Menschen in Niedersachsen nicht die Chance geben wollen, Pflegestützpunkte zu erhalten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen der CDU und der FDP, Ihre jetzt zusammengesuchten Punkte im Änderungsantrag sind Augenwischerei! Selbst wenn der Änderungsantrag so beschlossen wird, gibt es noch immer keinen Auftrag an die Landesregierung. Warum reden Sie in Ihrem Antrag so um den heißen Brei herum? - Beispielsweise wird in der Nr. 1 die Landesregierung gebeten, die Einrichtung und Benennung von Pflegestützpunkten durch entsprechende Rahmenbedingungen abzusichern. Warum schreiben Sie nicht klar und deutlich, Pflegestützpunkte zu bestimmen und umgehend einzurichten?

(Beifall bei der SPD)

Ihre Nr. 2 mit der Aussage, Doppelstrukturen seien zu vermeiden, ist überflüssig. Im Pflegeweiterentwicklungsgesetz heißt es ganz deutlich: Pflegestützpunkte sollen auf vorhandene Strukturen der Kassen, der Kreise und Länder sowie gemeinnütziger und privater Träger aufbauen.

Außerdem erhöht sich die Anschubfinanzierung um bis zu 5 000 Euro, wenn Mitglieder von Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche und sonstige zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen und Organisationen in die Tätigkeit des Stützpunktes einbezogen werden. - Das zu der Nr. 5 Ihres Änderungsantrags!

Über die Nr. 2 in dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, eine Landeskoordinierungsstelle einzurichten, die Sie, Frau Mundlos, als unüberbrückbares Hindernis bezeichnen und die auch Herr Lammerskitten vor vier Wochen als einzigen Punkt kritisiert hat, hätte bestimmt ein Konsens gefunden werden können, so die Meinung der SPD-Fraktion.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wenn man gewollt hätte!)

Die Ministerin erklärt allerdings bei jeder Gelegenheit, dass die Einrichtung von Pflegestützpunkten nicht für notwendig erachtet werde, wohl aber die Einrichtung von Seniorenservicebüros. Das sei der einzig richtige Weg. - Gerade letzte Woche bei dem Kongress „Alter und Zukunft“ in Osnabrück hat sie dies wieder gesagt. Ihre Seniorenservicebüros - ich will gar nicht groß darüber meckern - haben etwas Gutes, sind aber doch ein sehr unverbindliches Angebot und kein Ersatz für Pflegestützpunkte.

(Zustimmung bei der SPD)

Denn - dies habe ich bereits im Februar gesagt - Pflegestützpunkte sind nicht ausschließlich für die Pflegeberatung alter Menschen zuständig, sondern nach dem Sinne des Pflegeweiterentwicklungsgesetzes für alle Menschen, die Pflege bedürfen. Noch einmal langsam und deutlich für die Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen der CDU und der FDP: Pflegestützpunkte sind Ansprechpartner für Menschen aller Altersklassen, also auch für Kinder und junge Erwachsene und mit jedweder Behinderung.

(Beifall bei der SPD)

Das Kuratorium Deutsche Altershilfe hat aufgrund einer positiven Kundenbefragung im Februar 2009 gefordert: Die unionsgeführten Länder, die sich

bislang stur stellen, müssen endlich zur Vernunft gebracht werden. - Wir unterstreichen das und schließen uns dieser Forderung an.

Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt Herrn Humke-Focks von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Linke bleibt dabei: Wir unterstützen selbstverständlich vom Grundsatz her Konzepte, die den Bedürfnissen chronisch kranker und pflegebedürftiger Menschen entgegenkommen; das ist keine Frage. Allerdings wollen wir dabei auf diejenigen Konzepte zurückgreifen, die nach einer Beschlusslage hier im Hause notwendige Konsequenzen und Arbeitsaufträge beinhalten. Diese haben verbindlich und konkret zu sein.

Nun sehen wir uns einer Beschlussempfehlung des Ausschusses gegenüber, die genau dies nicht beinhaltet. Die Mehrheit aus CDU und FDP hat in nicht öffentlicher Sitzung - dieses Vorgehen würden Sie in öffentlicher Sitzung vermutlich nicht machen - am vergangenen Mittwoch einen Änderungsantrag zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt, der vor Unverbindlichkeit und Allgemeinplätzen nur so strotzt.

(Beifall bei der LINKEN)

Des Weiteren haben die Regierungsfraktionen dem Ausschuss diese Vorlage erst mit Aufrufen des Tagesordnungspunktes, also noch nicht einmal zu Beginn der Sitzung, vorgelegt und verteilen lassen. Damit war ein ernsthaftes Befassen mit Ihrem Änderungsantrag nicht möglich, ja, dies war auch nicht gewollt. Diese Gutsherrenmentalität entspricht sicher Ihren innerparteilichen Strukturen, nicht aber demokratischen Gepflogenheiten.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Ursula Helmhold [GRÜNE])

So kam eine Ausschussempfehlung zustande, über die in keiner Weise diskutiert werden konnte. Sie haben noch nicht einmal den Anschein erwecken wollen, gegebenenfalls zu einer gemeinsamen Beschlussfassung zu kommen. Der Originalton war: Wir wollen das Thema heute beenden und

die Vorlage im März-Plenum verabschieden. Wir haben die Mehrheit dazu. - So war es wortwörtlich zu hören.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Was ist das für ein Demokratieverständnis?)

So kommt es hier und heute dazu, dass unter der Überschrift „Einrichtung von Pflegestützpunkten endlich in Angriff nehmen!“ ein verwässertes Etwas beschlossen werden soll bzw. werden wird. Sie nehmen u. a. die wichtige Forderung nach Einrichtung einer Landeskoordinierungsstelle aus dem Forderungskatalog heraus, also gerade die Forderung nach der Einrichtung, die eine Grundvoraussetzung für Koordinierung, Qualitätssicherung und Evaluation darstellt. Sie verzichten auf eine professionelle Beratung durch Pflegeberater und wollen wieder einmal das Ehrenamt stärken und auf bestehende Strukturen zurückgreifen, die Sie allerdings nicht weiter beschreiben und konkretisieren. Sie wollen noch nicht einmal die Einführung einer einheitlichen Telefonservicenummer, um die Erreichbarkeit überall gewährleisten zu können. Sie sprechen auch nicht über die notwendige Neudefinition des Begriffs der Pflege, die neben der Linken auch die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtverbände in Niedersachsen anstrebt, um beispielsweise Leistungen besser vergleichen und anbieten zu können.