Protocol of the Session on January 14, 2009

„Durch Privatisierung wird die öffentliche Daseinsvorsorge der demokratischen Kontrolle und Gestaltung entzogen, und Gewinne werden privatisiert. Mehr und bessere öffentliche Einrichtungen bedeuten mehr soziale Gerechtigkeit und demokratische Teilhabe. Deshalb muss der Börsengang der Bahn endgültig gestoppt werden. Die Stromnetze gehören in öffentliche Hände.“

(Beifall bei der LINKEN)

Das also sind die Perspektiven. Man muss den Mut haben, das Programm, das in den Ansätzen viel zu zaghaft ist und von dem man noch nicht einmal sagen kann, dass es in die richtige Richtung geht, weil es Trippelschritte sind, tatsächlich konsequent zu einem sozialen Konjunkturbelebungsprogramm zu machen und das mit einer Umgestaltung der Wirtschaft zu verbinden, sodass sie nicht nur der Profitmaximierung, sondern den Interessen der Bevölkerung dient.

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, es hat sich nun Herr Dr. Rösler für die FDP-Fraktion zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts des eher linken Konsumrausches möchte ich aus unserer Sicht noch einmal kurz auf die eigentlichen Ursachen auch der Finanzkrise eingehen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ha- ben wir doch schon gesagt!)

Wir wollen nicht vergessen, dass es die Kollegen der Clinton-Partei in den Vereinigten Staaten waren, die erreichen wollten, dass jeder Bürger in den USA ein eigenes Heim hat, ohne dass nach der Liquidität der Betreffenden gefragt wird. Man hat die Kredite beliebig ausgeweitet. Als man festgestellt hat, dass es bei der Frage der Kredite immer schwieriger wird, hat man die halbstaatlichen Banken Fannie Mae und Freddie Mac angewiesen, diese Kredite aufzukaufen und weltweit zu streuen. Das hat dann im Ergebnis dazu geführt, dass es in einem in der Tat nicht immer mit den richtigen Regeln ausgestatteten Finanzsystem am Ende zu der Krise gekommen ist.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: So ein- fach ist das auch nicht!)

Ich darf an dieser Stelle Walter Hirche zitieren, der völlig zu Recht gesagt hat:

„Kapitalismus ohne klare Regeln ist genauso schlimm wie Kommunismus.“

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das wochenlange Wünsch-dir-was-Konzert der schwarz-roten Koalition in Berlin hat nunmehr ein Ende gefunden. Die Eckpunkte für ein zweites Konjunkturpaket liegen nunmehr vor.

Die gute Nachricht zuerst: In den nächsten Monaten werden wir - zum Glück - auf absurde Vorschläge von Frau Nahles, Herrn Gabriel und auch Herrn Hintze verzichten dürfen.

(Zuruf: Und Herrn Glos?)

Die Kollegen werden jedenfalls nicht mehr die Menschen mit irrsinnigen Vorschlägen wie Konsumgutscheinen, Kartierungen des Mondes oder auch Kühlschrankeinkaufstipps belästigen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Jüttner, die zweite Reihe in der Großen Koalition muss in den nächsten Wochen einfach einmal eine Auszeit nehmen.

Aber ganz im Ernst: Das, was wir hier an Maßnahmen sehen, erinnert wenig an ein Konjunktur- oder Wachstumspaket. Es erinnert vielmehr an einen großen Erste-Hilfe-Kasten. Mit viel Pflaster und viel weißer Salbe wird hier versucht, die Wunden einer verfehlten Reformpolitik notdürftig zu behandeln. Es fehlt aber eine klare Linie, es fehlt die Konzentration auf das Wesentliche.

(Beifall bei der FDP)

CDU/CSU und SPD auf Bundesebene haben eher die Rettung der Koalition und vielleicht auch die Verbesserung ihrer Wahlchancen im Hinterkopf gehabt als die Menschen in unserem Lande. Offensichtlich musste bei diesen Verhandlungen jeder etwas abbekommen. Aber die Maßnahmen helfen allesamt nicht den Menschen, die in dieser Zeit eigentlich Hilfe brauchen.

(Beifall bei der FDP)

Bestes Beispiel sind die Punkte der Sozialdemokratie - das wurde von den Grünen schon dezent angedeutet -: 2 500 Euro Abwrackprämie für alte Autos, aber nur 100 Euro Kinderbonus.

(Beifall bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das hat Dr. Sohn auch gerade gesagt!)

Das, meine Damen und Herren, ist also die neue Menschlichkeit der Sozialdemokratie.

Ihre Kollegin Schmidt - sie ist Gesundheitsministerin - ist ein Ausbund an Sozialpolitik. Aus unserer Sicht verstößt sie jeden Tag aufs Neue gegen das

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Wenn ein Einzelhändler den Preis für eine Jacke jetzt im Winter von vielleicht 50 Euro auf 80 Euro erhöht, um ihn dann wieder auf 70 Euro zu senken und das als Schnäppchen zu verkaufen, dann kriegt er eine Menge Ärger mit der Gewerbeaufsicht. Ihre Gesundheitsministerin möchte sich für diese Schummelei auch noch feiern lassen. Erst führt ihre ideologische Gesundheitspolitik dazu, dass die Krankenversicherungsbeiträge auf Bundesebene auf 15,5 % steigen; jetzt schlägt sie vor, diese Beiträge - wiederum mit Steuergeldern - auf 14,9 %, also auf den Ursprungswert, zu senken. Seriös ist das nicht, sondern unlauter und unredlich.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, besonders bedauerlich ist, dass ein wesentlicher Punkt in der aktuellen Debatte überhaupt nicht vorkommt - jedenfalls habe ich ihn heute noch nicht vernommen -, nämlich das Problem, wie wir mit den aktuell wegbrechenden Exportumsätzen umgehen wollen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Hätten Sie nur Dr. Sohn zugehört!)

Das trifft gerade auch den niedersächsischen Mittelstand; denn gerade er hat einen hohen Marktanteil in Osteuropa. Es wäre also sinnvoll, sich darüber Gedanken zu machen. Voller Erwartung und Spannung guckt man in das Konjunkturpaket. Relativ weit oben - Punkt 4 - findet man auch etwas, allerdings keine Zahl, sondern nur einen Satz:

„Die Bundesregierung prüft die Erweiterung der Möglichkeiten zur bundesgedeckten Exportfinanzierung.“

Ein einziger Satz, keine Zahlen, kein Geld.

(David McAllister [CDU]: Aber immer- hin!)

Meine Damen und Herren, wir stellen also fest: Die Bundesregierung lässt die deutsche Exportwirtschaft schlichtweg im Stich.

(Beifall bei der FDP)

Ebenso im Stich gelassen wird der ganz normale Steuerzahler. Auch das wurde schon angedeutet: Die steuerlichen Entlastungen, die in diesem Konjunkturpaket zu finden sind, betragen gerade einmal 3 Milliarden Euro. Bei 80 Millionen Einwohnern sind das 3,10 Euro pro Nase, also nicht einmal die 10 Euro, die Sie hochgehalten haben, leider auch nicht die 5 Euro meines Kollegen. 3,10 Euro sind

wirklich keine Hilfe für die Konjunktur in Deutschland und auch nicht für uns in Niedersachsen.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen, Herr Jüttner, bleiben wir bei unseren Überzeugungen. Zum Glück gibt es zwischen uns noch Unterschiede; bei den anderen ist man sich da nicht immer so sicher. Wir sind davon überzeugt, dass es keinen Sinn macht, den Menschen das Geld in Form von Steuern aus der Tasche zu ziehen, um es am Ende für absurde Maßnahmen auszugeben. Die Menschen wissen sehr wohl selber, wofür sie ihr Geld ausgeben wollen und wofür nicht. Sie brauchen dafür keine Tipps von Sozialdemokraten, auch keine von der Linkspartei, und auch die Grünen sind beim Einkaufen herzlich wenig hilfreich.

Die beste Maßnahme in der jetzigen Zeit bleibt deswegen, die Menschen zu entlasten, um so deren Leistungsfähigkeit zu stärken und zum Überwinden der Krise zu nutzen. Deswegen, meine Damen und Herren, bleiben wir dabei: Das Beste wäre, ganz einfach die Steuern zu senken.

(Beifall bei der FDP)

Wenn der Staat schon Geld in die Hand nimmt, dann aus unserer Sicht nur für zwei Dinge: für Investitionen in die Infrastruktur und natürlich für bessere Bildung. An all diesen Kriterien wird sich auch ein Konjunkturpaket messen lassen, außerdem an einem Punkt, der in Ihren Reden leider überhaupt nicht vorgekommen ist, nämlich an der Entbürokratisierung.

Diese wichtige Aufgabe wurde schon in guten Zeiten versäumt. Das rächt sich nunmehr in schlechter werdenden Zeiten. Aber gerade die Investitionen in die Infrastruktur zeigen, wie wichtig Entbürokratisierung in Krisenzeiten wäre. Denn es nützt nichts, Milliarden in die Infrastruktur hineingeben zu wollen, wenn das Geld am Ende gar nicht ankommen kann, weil die Planungszeiten zu lang und die Planungskosten zu hoch sind. Wenn nur ein Viertel der Gelder, die für Autobahnbau zur Verfügung gestellt werden, tatsächlich für Baumaßnahmen verwendet werden, aber drei Viertel der Gelder für Bürokratie- und Kontrollkosten, dann ist das das beste Beispiel dafür, dass Investitionen ohne Abbau von Vorschriften niemals bei den Menschen ankommen. Sie machen deswegen keinen Sinn. Wir bleiben dabei: Investitionen und Entbürokratisierung müssen gerade in Krisenzeiten untrennbar miteinander verbunden bleiben.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Jedes Maßnahmenpaket, das dazu beitragen soll, dass auch Niedersachsen sich in diesen womöglich schwieriger werdenden Zeiten nicht unterkriegen lässt, muss sich genau auf diese Punkte konzentrieren: Entlastung der Menschen durch Steuersenkungen und Entbürokratisierung, richtige Investitionen in Bildung und Infrastruktur. Viele Teile in diesem Paket halten wir in der Tat - da haben die Kollegen in Berlin Recht - für wenig hilfreich. Aber gerade die Investitionen in Infrastrukturen sind richtig.

Für Niedersachsen sind Investitionen im Gesamtvolumen von 1,2 Milliarden Euro geplant. Das halten wir für die beste Grundlage für Wachstum und Beschäftigung in Niedersachsen. Deshalb sind wir als FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag selbstverständlich bereit, dazu beizutragen, die 300 Millionen Euro Landesanteil, die in diesen 1,2 Milliarden Euro enthalten sind, zu erbringen. Gerade bei der wichtigen Frage der Investitionen können sich die Menschen in jedem Fall auf die FDPFraktion verlassen.

(Beifall bei der FDP)

Dennoch müssen wir feststellen, dass viele der Punkte in diesem Konjunkturpaket eher dem Koalitionsfrieden in Berlin als sachlichen Argumenten geschuldet sind. Deswegen ist es richtig, Widerstand bei den anstehenden Verhandlungen im Bundesrat anzukündigen. Ich will das hier ausdrücklich erklären. Wir stellen uns nicht einfach hin und sagen platt: Wir lehnen das gesamte Paket ab. - Ganz im Gegenteil, die demnächst durch eine gewonnene Hessenwahl gestiegene Verantwortung

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)