Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir alle können feststellen, dass sich die grundsätzliche Trennung von polizeilichen und militärischen Aufgaben in unserem Land bewährt hat. Wir wollen deshalb an dieser strikten Trennung auch in Zukunft festhalten.
Meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen greift die Diskussion auf, die im Herbst letzten Jahres auf Bundesebene geführt worden ist, als die Große Koalition klammheimlich versucht hat, den Einsatz der Bundeswehr im Innern durch eine Grundgesetzänderung zu ermöglichen. Herr Coenen, auch das sollten Sie wissen.
Gott sei Dank wollte u. a. die SPD-Bundestagsfraktion dem im Koalitionsausschuss bereits gefundenen Kompromiss nicht mehr zustimmen, weil die Formulierungen zu weitgehend und nicht konkret genug waren. Außerdem - das ist das Problem dieser Landesregierung, insbesondere von Ihnen, Herr Minister Schünemann - hatte auch Ihr Koalitionspartner, die FDP, und zwar in persona von Herrn Rösler, bereits im Vorfeld seine Zustimmung im Bundesrat verweigert. Herr Innenminister, Sie sollten, bevor Sie Gastkommentare geben, wie Sie es in der Oldenburgischen Volkszeitung vom 8. November 2008 getan haben - Überschrift: „Der Bundeswehrinneneinsatz ist unverzichtbar“ -, in sicherheitspolitischen Fragen grundsätzlich noch einmal mit Ihrem Koalitionspartner in Klausur gehen oder aber nicht so dicke Backen machen, wenn Sie immer wieder Gefahr laufen, im eigenen Bundesland mit der FDP zu scheitern.
Ich erinnere an dieser Stelle auch an die Aktuelle Stunde vom Dezember 2008, in der Herr Bode Ihnen zum Thema BKA-Gesetz ausdrücklich widersprochen hat. Meine Damen und Herren, im Koalitionsausschuss hatte man sich darauf verständigt, Artikel 35 des Grundgesetzes, der die Amtshilfe bei Katastrophen regelt, zu ergänzen. Zwei Absätze sollten hinzugefügt werden, nämlich: Die Streitkräfte würden dann eingesetzt, wenn polizeiliche Mittel nicht ausreichten. Wenn erforderlich, könnte die Bundesregierung auch Landesregierungen Weisungen erteilen. - Darüber hinaus sah der Beschluss eine Eilkompetenz vor: Bei Gefahr im Verzuge sollte der zuständige Bundesminister entscheiden können.
Meine Damen und Herren, Sie sehen: Damit hätte man dem Bundeswehreinsatz im Innern Tür und Tor geöffnet. Zum Glück konnte das verhindert werden.
Nach unserer Auffassung leistet die Bundeswehr schon heute einen hervorragenden Beitrag zur inneren Sicherheit. Der Kollege Briese hat vorhin darauf hingewiesen. Ich erinnere noch einmal an
den Hochwassereinsatz an der Oder 1996, an den Hilfseinsatz beim Eisenbahnunglück in Eschede 1998, an die Unterstützung bei der EXPO 2000, an den Hochwassereinsatz an Elbe und Donau 2002, an die Einsatzhilfe beim Unglücksfall in Bad Reichenhall und die unvergessene Fußballweltmeisterschaft 2006. Die Liste ließe sich beliebig fortführen.
Das Grundgesetz erlaubt derartige Unterstützungsleistungen in schweren Unglücksfällen und bei Naturkatastrophen schon jetzt. Die Hilfeleistungen, die die Bundeswehr bisher erbracht hat, waren richtig und wichtig. Sie stehen in vollem Einklang mit unserem Grundgesetz. Gleiches trifft für Suchflüge von Tornados nach vermissten Personen zu. Auch gegen die Absicherung einer Absturzstelle bei einem Flugzeugunglück gibt es nichts einzuwenden. Das Gleiche gilt für die medizinische Unterstützung durch mobile oder ortsfeste Sanitätseinrichtungen der Bundeswehr. All dies darf die Bundeswehr; hierzu ist keine Änderung des Grundgesetzes notwendig.
Allerdings ist - auch das, meine Damen und Herren, gehört zur Wahrheit - nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Februar 2006 der § 14 Abs. 3 des Luftsicherheitsgesetzes verfassungswidrig und damit nichtig. Das Luftsicherheitsgesetz, übrigens unter Rot-Grün verabschiedet - auch das zur Erinnerung an die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen -, hat vorrangig den Zweck, Attentate wie die Terroranschläge vom 11. September 2001 in Deutschland zu verhindern. Das Gesetz erlaubte als äußerste Maßnahme „eine unmittelbare Einwirkung mit Waffengewalt“ gegen ein Flugzeug, „wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass das Luftfahrzeug gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden soll, und sie das einzige Mittel zur Abwehr dieser gegenwärtigen Gefahr ist“. Diese Abschussbefugnis ist, wie bereits erwähnt, vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt worden, weil sie gegen das Grundrecht auf Leben und gegen die Menschenwürde verstößt.
Meine Damen und Herren, dennoch bleibt die Frage, ob wir für Fälle von Bedrohungen aus der Luft oder auch von See eine Klarstellung im Grundgesetz brauchen. Die SPD-Fraktionen sowohl hier im Landtag als auch im Bundestag sehen einen solchen möglichen Gesetzesklärungsbedarf, allerdings auch nur für diese zwei Fälle. Deswegen würden wir uns einer Klarstellung im Grundgesetz für diese Fälle nicht verschließen wollen. Allerdings
lehnen wir - auch das sage ich für meine Fraktion hier sehr deutlich - eine Verschmelzung der inneren und der äußeren Sicherheit strikt ab.
Wir lehnen ab, der Bundeswehr gezielt Polizeiaufgaben zu übertragen. Dies würde bedeuten, die Bundeswehr auch im Inneren für polizeiliche Aufgaben mit Waffengebrauch heranzuziehen. Dafür ist unsere Bundeswehr überhaupt nicht ausgebildet. Sie würde sich auch aufgrund der vielen Auslandseinsätze völlig überfordern.
Meine Damen und Herren, Herr Rolfes, außerdem haben wir als politisch Verantwortliche dafür zu sorgen, dass unsere Polizei durch Ausrüstung und Personal in die Lage versetzt wird, ihren Aufgaben der inneren Sicherheit gerecht zu werden. Darüber haben wir hier in Niedersachsen zu streiten.
Meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen allerdings schließt in Nr. 2 eine Änderung des Grundgesetzes völlig aus. Deswegen kann meine Fraktion diesem Antrag weder zustimmen noch möchten wir ihn ablehnen. Wir haben uns deshalb im federführenden Ausschuss der Stimme enthalten, weil wir uns, wie gesagt, einer rechtlichen Klarstellung im Bereich der Luft- und auch der Seesicherheit nicht verschließen möchten. Es wäre aus unserer Sicht unredlich und unverantwortlich, einer Klärung gerade dieser extremen Fälle auszuweichen. Auch das, meine Damen und Herren, gehört zu verantwortungsbewusster Politik. Deswegen werden wir der Empfehlung des federführenden Ausschusses, den Antrag abzulehnen, nicht folgen. Für uns ist schon sehr interessant, wie sich die FDP hier inhaltlich verhält und wie Niedersachsen sich positioniert, wenn diese Frage nach der Bundestagswahl wieder auf den Tisch kommt. Das wird schon sehr bald sein, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Modder, die inhaltliche Positionierung der FDP ist gerade nach Ihrem Beitrag eigentlich relativ klar. Sie haben ja Dr. Rösler zitiert, wie er sich gegen eine Ausweitung des Einsatzes der Bundeswehr im Innern ausgesprochen hat. Sie haben mich zitiert. Seitdem wir das hier im Plenum, aber auch in Pressemitteilungen gesagt haben, hat sich bei uns nichts geändert. Sonst hätten wir Ihnen das über Pressemitteilungen oder in Gremien mitgeteilt. Das heißt, die inhaltliche Positionierung der FDP, dass wir keine Ausweitung des Einsatzes im Innern wollen, ist unverändert. Das wird bei uns übrigens auch gar nicht diskutiert. Deshalb glaube ich auch nicht, dass dieses Thema nach der Bundestagswahl, wenn wir ja an der Regierung in Berlin beteiligt sein werden, wieder auf die Tagesordnung kommen wird. Es wird dann so bleiben, wie es ist.
Ich frage mich nur, warum Sie jetzt sagen, dass das auf die Tagesordnung kommt. Das bedeutet wahrscheinlich, dass Sie Ihre Position in Berlin anders fassen werden, wenn Sie davon ausgehen, noch eine Chance zu haben.
Kommen wir zum Thema, dem vorliegenden Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen, zurück! Herr Kollege Briese hat bei der Beratung im Innenausschuss gesagt, dass die jetzige Darstellung im Grundgesetz nicht ganz einfach zu verstehen ist. Deshalb kann ich genau wie Frau Modder nicht ausschließen, dass es irgendwann einmal zu einer sinnvollen Klarstellung oder Umformulierung kommen wird, die die Formulierung verbessert, ohne inhaltlich etwas zu ändern. Wenn wir aber dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen folgen würden, würden wir für das Land Niedersachsen heute schon präventiv jede Änderung ausschließen. Das geht wiederum zu weit.
Frau Modder, Sie haben eigentlich die richtige Entscheidung getroffen, indem Sie gesagt haben: Die SPD wird sich bei diesem Antrag enthalten. Das hätten wir, weil wir, wie Herr Coenen gesagt hat, das gleiche Problem mit diesem Präventivbeschluss haben, auch gerne gemacht. Aber was wäre die Folge, wenn auch CDU und FDP sich enthalten würden? - Dann würden die Grünen den Antrag hier mit ihren Stimmen beschließen. Dann hätten wir das Gegenteil von dem, was wir gemeinsam wollen.
Von daher haben wir eine gute Arbeitsteilung: CDU und FDP werden mit Nein stimmen, Sie werden sich enthalten. Aber eigentlich meinen wir das Gleiche.
Frau Zimmermann, wir haben das noch einmal überprüft: Eine schriftliche Wortmeldung von Ihnen liegt nicht vor. Aber nachdem Sie sich mündlich gemeldet haben, erteile ich Ihnen das Wort. Sie haben 3:30 Minuten Redezeit. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass wir auf der Grundlage des Antrages der Grünen über dieses hochsensible Thema diskutieren. Auch wenn sich beispielsweise der Herr Abgeordnete Biallas während der öffentlichen Ausschusserörterung erstaunt über den Zeitpunkt der Einbringung des Antrags gezeigt hat, weil nicht bekannt sei, dass sich der Bundestag derzeit mit einer verfassungsändernden Mehrheit für den Einsatz der Bundeswehr im Innern ausspreche, bin ich der Auffassung, dass es ein positives Signal wäre, wenn ein gutes halbes Jahr vor der Bundestagswahl der Niedersächsische Landtag ein klares Nein zu Bundeswehreinsätzen im Innern sagen würde.
Dann könnte man nämlich im Nachhinein überprüfen, wie ernst es den jeweiligen Vertretern mit ihrem Abstimmungsverhalten ist.
Allerdings kann ich den Antragsstellern von Bündnis 90/Die Grünen den Hinweis nicht ersparen, dass sie zu Zeiten der Koalition mit der SPD auf Bundesebene durch das mit ihren Stimmen verabschiedete Luftsicherheitsgesetz den Weg in Richtung mehr Bundeswehreinsätze im Innern geebnet haben.
- Richtig, das wird mittlerweile von Ihnen kritischer bewertet. Das ist aber aus unserer Sicht nur der Tatsache geschuldet, dass das Bundesverfassungsgericht Anfang des Jahres 2006 entschieden hat, dass einzelne Bestimmungen des Luftsicherheitsgesetzes gegen das Grundrecht auf Leben
In Richtung der SPD möchte ich betonen: Es ist gut, dass sich Ihre Fachpolitiker im Bundestag im Herbst 2008 quasi in letzter Minute den Maximalforderungen der Bundesregierung bezüglich des Einsatzes der Bundeswehr im Innern widersetzt haben. Das zeugt zumindest von einem gewissen Rest an Verantwortungsbewusstsein und sorgt kurzfristig für eine Atempause.
Grund zur Entwarnung gibt es allerdings nicht. Für eine weniger umfassende Erlaubnis militärischer Gewaltanwendung im Inland finden sich auch in der SPD Mehrheiten.
Meine Damen und Herren, die Linke fordert dazu auf, dass alle Pläne zum verschärften Bundeswehreinsatz oder zu Einsätzen im Innern und die dazu notwendigen Gesetzesänderungen endlich ad acta gelegt werden.
Dem ersten Satz des vorliegenden Antrages ist ohne Wenn und Aber zuzustimmen. Die Aufgabentrennung von Polizei und Bundeswehr hat sich in Deutschland bewährt und ist auch aus historischen Gründen künftig so beizubehalten.
Widerspruch findet bei meiner Fraktion folgender im Antrag enthaltener Satz: „Die Bundeswehr ist für die äußere Sicherheit zuständig.“ Aus unserer Sicht schreibt das Grundgesetz klar und eindeutig vor, dass die Bundeswehr einzig und allein für den Verteidigungsfall zuständig ist.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Modder, es ist höchst bedauerlich, dass die SPD-Bundestagsfraktion nach einem bereits gefundenen Kompromiss in der Großen Koalition, der gerade auch von Herrn Steinmeier unterstützt wurde, ihren Kandidaten für das Kanzleramt