Diese Robustheit hat auch mit Lohnzurückhaltung der Gewerkschaften in den letzten Jahren und - auch darauf ist hinzuweisen - mit einer großen Innovationsfähigkeit der deutschen Unternehmerinnen und Unternehmer zu tun. Das ist richtig; das bestreiten wir überhaupt nicht.
Aber, meine Damen und Herren, wir sind erkennbar in der Krise. Wir sind zum Ersten in einer Finanzkrise. Dazu gehört auch, dass wir uns darüber verständigen, was der Ausgangspunkt dieser Krise ist. Von Konservativen, vor allem von Marktradikalen, kriegen wir erzählt, das liege daran, dass sich Einzelne in der Bankenwirtschaft danebenbenommen hätten. Die Gier Einzelner soll der Ausgangspunkt einer weltweiten Finanzkrise sein.
Nein, das Problem liegt ganz woanders. Es liegt darin, dass die Finanzwirtschaft so wahnsinnig war, zu glauben, sie könnte sich von der Realwirtschaft emanzipieren. Das ist der Hintergrund dieser Veranstaltung.
nichts wert ist. Aber man kann für diese 10 Euro deshalb etwas kaufen, weil sich diese Gesellschaft vor längerer Zeit darauf verständigt hat, dass Geld ein Tauschmittel für hinterlegte Güter und Waren ist. Wenn aber über 90 % der Finanzprodukte dieser Welt nicht mehr mit Gütern hinterlegt sind, dann stimmt etwas nicht, dann kann daraus nur eine Krise folgen.
war der Bankenschirm absolut notwendig, weil er die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass die Realwirtschaft wieder funktionieren kann, wenngleich dies immer noch nicht vollständig der Fall ist.
Es war richtig, das zu machen. Aber, Herr Wulff, die entscheidende Frage, ob die Finanzwirtschaft in Ordnung kommt, wird erst in einigen Wochen entschieden, wenn es nämlich darauf ankommt, das umzusetzen, was der Finanzminister Steinbrück in seinen 14 Punkten festgelegt hat. Da geht es nämlich um die Austrocknung von Steueroasen. Da geht es darum, Finanzprodukte, die erkennbar nicht in Ordnung sind, zu unterbinden. Da geht es um Transparenz. Da geht es um eine europäische Rating-Agentur. Das sind die nächsten Schritte. An ihnen wird deutlich werden, ob Sie bereit sind, die Gestaltungsspielräume der Politik gegenüber der Finanzwelt zu akzeptieren und zur Anwendung zu bringen. Dann sprechen wir uns wieder.
Wir haben erkennbar eine Wirtschaftskrise vor uns, die übrigens nicht eine Folge der internationalen Finanzkrise ist, sondern die sich vorher abgezeichnet hat, mit Überkapazitäten und all dem, was in einer Marktwirtschaft alles so von Zeit zu Zeit passiert. Herr Wulff hat Recht: Wir haben Jahre der Prosperität hinter uns, und seit Monaten sind die Auftragsrückgänge da. Wir haben uns auf diese Krise einzustellen. Es ist Aufgabe von Politik, gegenzusteuern. Da sind wir uns wahrscheinlich einig.
Aber ich war schon wirklich sehr erstaunt. Nach meinem Selbstverständnis ist es nicht Aufgabe der Politik, in einer wirtschaftlichen Krise mit staatlichen Mitteln überall einzusteigen und sich zum Anteilseigner von privaten Unternehmen zu machen.
- Ja, ich bin ganz erstaunt. Ich bin doch angeblich derjenige, der so staatsfixiert ist. Jetzt stelle ich fest, dass Konservative wie Rüttgers einfach links an mir vorbeimarschieren. Das lasse ich nicht zu, meine Damen und Herren. Da ist kein Platz. Links kommt an mir keiner vorbei.
Meine Damen und Herren, auffällig ist - Sie sollten einmal darüber nachdenken, wie das kommt -, dass sich diese CDU immer nur als extremistische Partei aufspielen kann: 2003 in Leipzig konnte es nicht genug Marktradikalismus sein. 2009 in Erfurt kann es nicht genug Staatsinterventionismus sein.
Ich sage Ihnen: Von Leipzig nach Erfurt ist geografisch ein kurzer Weg. Aber politisch sind das Welten.
Ich rate Ihnen, einmal nach Goseck zu fahren. Das ist ein kleiner Ort, der genau in der Mitte zwischen Leipzig und Erfurt liegt. In diesem schönen Ort gibt es ein Sonnenobservatorium. Da können Sie sich bestimmt einmieten. Nehmen Sie sich dann einmal die Zeit und lesen Sie die alten Schriften von Ludwig Erhard zu der Frage, wie das Verhältnis von Staat und Markt sinnvollerweise aussehen sollte. Das würde ich Ihnen sehr empfehlen, meine Damen und Herren.
Dieses Bankenprogramm war sinnvoll. Der Schirm für die Wirtschaft war nicht sinnvoll. Zum Glück haben das auch in Ihrer Führung einige gewusst. Deshalb hat man das schnell vom Tisch gefegt. Das ist gut so.
Meine Damen und Herren, die Erweiterung von Bürgschaften ist an dieser Stelle in Ordnung. Das ist auch staatliche Gestaltungspolitik. Die tragen wir so mit. Deshalb begrüßen wir auch, dass am
Montag dieser Woche der Koalitionsausschuss in Berlin gegen diese Krise, die härter sein wird als das, was wir in den letzten Jahren hatten, ein Paket zusammengestellt hat. Ich teile nicht alles, was darin enthalten ist. Das ist in der Kürze der Zeit hier nicht zu diskutieren. Ich bin allerdings der festen Überzeugung, dass Steuersenkungen ein Null-Beitrag gegen die konjunkturelle Krise sind. Da bin ich ganz anderer Meinung als beispielsweise Sie, Herr Rösler.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Das beruhigt mich ja nun wieder! Bei vielem anderen war ich mir da nicht so sicher!)
Der sinnvollste Beitrag gegen die Krise sind nach meiner Überzeugung Investitionen, weil sie die Substanz verbessern und die Beschäftigung in den Regionen sichern. Das ist nachhaltige Politik, und deshalb begrüßen wir vor allem die konjunkturellen Teile der Verabredung von Montag.
Aus Sicht des Landes Niedersachsen sind zwei Dinge in den Mittelpunkt dieser Debatte zu stellen. Das eine ist die Verkehrsinfrastruktur. In den 70er- und 80er-Jahren sind die Verkehrsinvestitionen vor allem in den Süden der Republik geflossen. Dafür mag es gute Gründe gegeben haben, aber rückholbar ist das ohnehin nie. Nach der Wende sind die Verkehrsinvestitionen in den Osten Deutschlands geflossen. Dafür gab es auch gute Gründe. Aber, meine Damen und Herren: Jetzt ist der Norden dran, und zwar dringend.
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Zurufe von der CDU - Ich bin doch nicht anderer Meinung, nur weil Sie das auch so sehen. Das ist doch albern. (Dr. Philipp Rösler [FDP]: Man kann es ja verschieden sehen!)
Es wäre gut, wenn es uns gemeinsam gelingt, im Bundesverkehrsministerium einen anderen Schlüssel zu erreichen. Im Übrigen sage ich hier ausdrücklich - und hoffe, dass darüber nicht berichtet wird -:
Dass es mit dem Bundesverkehrsminister nicht immer einfach ist, den Eindruck habe ich auch, Herr Wulff.
Wenn wir bei Tiefensee und Steinmeier unterwegs sind, dann erwarte ich von Ihnen, dass Sie im Kanzleramt, wo Sie ja angeblich was zu sagen haben - das ist allerdings strittig -, vorstellig werden, sodass wir gemeinsam eine Stärkung der maritimen Wirtschaft und der norddeutschen Häfen erreichen, damit die Güter, die in dieser globalisierten Welt bewegt werden, durch Niedersachsen hindurch abfließen können und dies in Niedersachsen zur Wertschöpfung beiträgt. Darauf kommt es an.
Besondere Genugtuung bereitet uns das 10Milliarden-Euro-Programm für kommunale Investitionen. Wir haben Ihnen in der Haushaltsberatung im Dezember schon gesagt, wie dringend notwendig ein solches Programm ist. Herr McAllister hat letzten Freitag jedoch noch öffentlich erklärt, dass wir so etwas in Niedersachsen eigentlich gar nicht brauchen; es sei alles geregelt, es sei alles klasse gemacht. - Wir haben ein solches Investitionsprogramm gefordert, weil wir wissen, dass in den Kommunen Bedarf besteht und dass die Kommunen auch die fertigen Baupläne in den Schubladen haben. Bisher ist es ja vor allem daran gescheitert, dass Herr Schünemann der Meinung war, er habe mit Konjunkturpolitik nichts zu tun. Aber Sie sind ja jetzt belehrt worden, wie ich gehört habe.
Ich glaube immer noch, dass bei den haushaltsrechtlichen Genehmigungen eine höhere Flexibilität notwendig ist. Das müsste auch eine Folge dieser Investitionsprogramme sein. Aber viel wichtiger ist für uns, dass der Bund Geld in die Hand nimmt.