Protocol of the Session on December 9, 2008

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dann muss man feststellen, dass die Schulinspektion zur Qualitätsverbesserung beigetragen hat. Aber nicht nur durch die Nachinspektion! Wir haben vielfach von Schulen gehört - das wurde von Eltern und Schülern berichtet -, dass mit der bloßen Ankündigung, dass die Schulinspektion in die Schule kommt, plötzlich ein hektisches Treiben in der Schulleitung und im Lehrerkollegium begonnen hat, sich endlich mit den notwendigen Qualitätsprozessen in der Schule auseinanderzusetzen. Allein dadurch haben wir ein positives Signal erreicht. Ich glaube, das hat auch in den geprüften Schulen schon zur Qualitätsverbesserung geführt.

Die Einrichtung „Niedersächsische Schulinspektion“ hat sich bewährt. Sie wird bundesweit anerkannt. Es ist das erste Mal, dass uns etwas gelungen ist, was im traditionellen Schulsystem, in der Vergangenheit, gar nicht vorgesehen war. Im traditionellen Schulsystem war es so: Der Lehrer stand vor seiner Klasse und hat dort unterrichtet, wobei die Klassentür verschlossen war - und am Ende weiß niemand, was dabei herausgekommen ist. Jetzt sind wir das erste Mal so weit, dass wir die Tür zum Klassenzimmer einen Spalt weit öffnen, hineinblicken und versuchen, Qualität zu messen. Natürlich ist es im Bildungsbereich schwierig, die Qualität zu messen und die Kriterien dafür festzulegen. Wir haben bei den jetzigen Qualitätskriterien sehr viel auf Didaktik geachtet und geprüft, ob neue pädagogische Konzepte angewendet werden

oder nicht. Letztendlich lässt es sich aber schwierig messen, ob diese neuen pädagogischen Konzepte wirklich zu einem guten Output, also zum Lernerfolg beigetragen haben oder nicht.

Das wird die nächste große Herausforderung für die Niedersächsische Schulinspektion sein, nämlich einmal genau zu prüfen, mit welchen Konzepten, mit welcher Art von Schulklima, mit welcher Art von Unterricht man einen maximalen Lernerfolg bei den Schülerinnen und Schülern erzielt, und zwar auch bei unterschiedlich leistungsstarken Schülerinnen und Schülern. Ich glaube, unser Anliegen sollte es sein, die Niedersächsische Schulinspektion dort weiterzuentwickeln, um möglicherweise in der zweiten Runde der Schulüberprüfungen genau das festzustellen. Letztendlich trägt auch die Schulinspektion dazu bei, nicht über Strukturen, sondern über Qualität zu diskutieren. Da sind FDP und CDU immer offen für konstruktive Gespräche.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Poppe zu Wort gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit Schule und Bildung ist die CDU offenbar so verzweifelt auf der Suche nach guten Nachrichten, dass sie einen wenig spektakulären Zwischenbericht der Schulinspektion heute zum Hauptthema machen musste. Landesschulbehörde, G8, berufsbildende Schulen, gefährdete Schulstandorte - es gibt offenbar so viele Baustellen, auf denen ständig neue Probleme entstehen, dass sie schon die eine Baustelle, auf der zügig und ordentlich gearbeitet wird, als Riesenerfolg darstellen muss. Dabei ist das, was hier vorliegt, ein sorgfältig erarbeiteter Zwischenbericht, der eine umfassende, detaillierte und kritische Würdigung verdient, nicht aber Schaumschlägerei.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In der Kürze der in einer Aktuellen Stunde zur Verfügung stehenden Zeit will ich mich aber auf wenige Anmerkungen beschränken.

Erstens. Dieser Inspektionsbericht ist ein erster Versuch. Er ist noch unvollständig. Der erste Durchgang ist noch nicht einmal zur Hälfte abgeschlossen. In den Schulformen, die nur geringe

Gesamtzahlen aufweisen, können sich daher wenige Ausreißer prozentual gravierend auswirken. Um dennoch zu validen Aussagen zu kommen, mussten zum Teil Analyseinstrumentarien neu erarbeitet werden. Insofern ist in der Schulinspektion Pionierarbeit geleistet worden. Den Beteiligten gebührt dafür ausdrücklich Lob.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Zweitens. Der Bericht zeigt mit Akribie Stärken und Schwächen der untersuchten niedersächsischen Schulen auf. Stärken liegen ganz generell in weichen Faktoren wie Schulklima, Kooperation mit Eltern, Schülerberatung, Kooperation mit außerschulischen Partnern. Deutlich schwächer beurteilt wird aber das Kerngeschäft von Schule, die Qualität des Unterrichts. Da muss dringend etwas getan werden, und zwar gezielt. Dabei warne auch ich vor einem generellen Verriss. Die Mehrzahl der Schulen hat gut abgeschnitten. Es geht immer um Stärken und Schwächen der Einzelschule. Wo leidet z. B. unter Mobbing und Kollegenstreit die gesamte Atmosphäre? Wo sind Schulleitungen überfordert? Wo ist seit Langem nicht genug für Fortbildung getan worden? Das sind die Fragen, auf die jeweils gezielt reagiert werden muss.

(Beifall bei der SPD)

Dabei gibt es durchaus Unterschiede zwischen Schulformen, Herr Försterling, die sehr genau betrachtet werden müssen. So zeigen z. B. die Gymnasien besondere Schwächen im Unterrichtshandeln. Wörtlich:

„Insgesamt berücksichtigt der gymnasiale Unterricht zu selten die unterschiedliche Leistungsfähigkeit und das unterschiedliche Lerntempo der Schülerinnen und Schüler.“

Die Lehrervertreter weisen zu Recht darauf hin, dass die Gymnasien von zu großen Klassen, der Systemumstellung auf G8 und Zentralabitur besonders betroffen sind.

(Zustimmung bei der SPD)

Offenbar hatten die Schülerinnen und Schüler, die im gesamten Land gegen genau diese Zustände demonstriert haben, recht. Nur, geschehen ist nichts.

(Beifall bei der SPD)

Dritter Punkt. Die Reaktionen in Schule und Öffentlichkeit zeigen, dass der Blick von außen eine

sinnvolle Ergänzung der Selbstevaluation darstellt. Nach mancher anfänglichen Generalkritik wird die Schulinspektion jetzt ganz überwiegend als Hilfe wahrgenommen. Die meisten Schulen erkennen, dass Fremdwahrnehmung und Selbstwahrnehmung der eigenen Schwächen gar nicht so weit auseinander liegen. Sie sind überwiegend bereit, daran zu arbeiten.

Vierter Punkt. Was aber dann? Was geschieht, wenn der Inspektor zweimal klingelt? Für die Schulen, die nachinspiziert werden, sind die Ergebnisse eine Aufforderung zum Handeln. Aber auch viele Schulen, die ansprechende Ergebnisse erzielt haben, wollen sich weiterentwickeln. Sie haben die Inspektion als Ansporn genommen.

Damit ist der zusammenfassende Bericht eine ausdrückliche Aufforderung an die Landesregierung, für bessere Beratung und Unterstützung zu sorgen.

(Beifall bei der SPD)

Aber genau da liegt das Problem. Seit drei Jahren wird inspiziert und evaluiert. Seit drei Jahren hat die Landesregierung kein Konzept, wie sie mit erkannten Defiziten umgehen will.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das stimmt nicht!)

Was soll geschehen mit Schulleitern, die den neuen Aufgaben nicht gewachsen sind, mit Schulen, bei denen besonderer Verbesserungsbedarf besteht, mit Lehrkräften, deren Haupterziehungsmittel auch nach Jahrzehnten noch die Abwertung ist? Bei allen guten Noten für die meisten Schulen heißt das: schlechte Noten für diese Regierung.

(Beifall bei der SPD)

Um den Wünschen nach Verbesserung gerecht zu werden, müsste die Beratung ausgebaut werden. Das ist allen klar. Was aber geschieht stattdessen? Bei den Schulpsychologen werden die Stellen gekappt. Die Landesschulbehörde ächzt unter der bestehenden Überforderung und soll noch weitere 200 Stellen verlieren. Und von dort sollen Beratung und Unterstützung kommen? Diese Regierung hält es offenbar mit Brecht:

„Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen

den Vorhang zu und alle Fragen offen.“

Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, es hat sich die Kultusministerin zu Wort gemeldet. Frau Heister-Neumann, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen sehr stolz und erfreut vor Ihnen. Wir können Ihnen wirklich mit großem Stolz sagen: Es ist schön, dass wir in der letzten Woche den ersten Bericht der Niedersächsischen Schulinspektion vorstellen konnten; denn das ist keine Selbstverständlichkeit. Niedersachsen ist das erste Bundesland gewesen, das eine solche Schulinspektion eingerichtet hat. Es ist nach wie vor das einzige Bundesland, dessen Schulinspektion eigenständig arbeiten kann. Darauf ist diese Landesregierung stolz.

(Beifall bei der CDU)

Ziel der Einrichtung der Schulinspektion und der dortigen Arbeiten war schlicht und ergreifend die systematische Erfassung von Stärken und Schwächen des niedersächsischen Schulwesens. Es ist schon gesagt worden: Die Türen sind geöffnet worden. Man ist in die Schulen hineingegangen. Man hat aufgrund des von uns festgestellten Orientierungsrahmens für Bildung Kriterien entwickelt, anhand derer alle Schulen gleichmäßig abgeprüft worden sind. Das ist nachvollziehbar. Das sorgt auch für die große Akzeptanz der Niedersächsischen Schulinspektion in den Schulen. Auch das ist für die Zukunft sehr wichtig.

(Beifall bei der CDU)

Nun liegen in Niedersachsen erstmals in der Geschichte des Landes umfassende Daten und Informationen über die Stärken und Schwächen vor. Es geht nicht mehr nur um eine sehr subjektiv empfundene Feststellung: Die Schule ist gut. Die Schule ist nicht gut. Der Lehrer ist gut. Was auch immer. - Vielmehr haben wir tatsächlich eine Datengrundlage, über die wir uns unterhalten müssen. Wir müssen auch erste Einschätzungen vornehmen und Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Meine erste Einschätzung aufgrund des uns vorliegenden Berichtes ist, dass die überwiegende Anzahl der Schulen in Niedersachsen wirklich gut abgeschnitten hat. Nur zwei Schulen sind über die hoch angelegte Latte der Schulinspektion nicht

hinweggekommen. Deshalb meine ich, man sollte Schulleiterinnen und Schulleitern, Lehrkräften und allen an Schule Beteiligten für die engagierte Arbeit, die im Lande für die Schulen geleistet wird, erst einmal herzlich danken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist auch klar festgestellt worden - auch das ist Sinn der Schulinspektion -, wo Verbesserungsbedarf besteht. Sonst würde das Ganze ja wenig Sinn machen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: So ist es!)

Die Beschreibung von irgendwelchen paradiesischen Zuständen wäre zwar auch schön. Aber es ist wichtig, dass Verbesserungspotenziale aufgezeigt worden sind. Diese liegen auch im Kerngeschäft von Schule, nämlich im Unterricht. Das gilt - das möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen - über alle Schulformen hinweg. Es ist ein zentrales Ergebnis dieser Inspektion, dass gesagt wird: Die Qualität von Schule ist nicht von der Schulform abhängig. Das müssen wir alle miteinander zuallererst einmal feststellen.

Wenn es denn um Unterricht bzw. das Kerngeschäft geht, dann ist festzustellen, dass unsere Schülerinnen und Schüler noch zu wenig dazu aufgefordert werden, den Lernprozess aktiv zu unterstützen und weiterzuentwickeln. Da müssen wir ansetzen. Es stimmt nicht, Herr Poppe, meine Damen und Herren von der Opposition, dass diese Landesregierung nichts getan hat. Ganz im Gegenteil: Wir haben ein Unterstützungssystem aufgebaut. Wir haben die entsprechende Fachberatung für Unterrichtsqualität. Angesichts der Ergebnisse dieser Schulinspektion bin ich allerdings sicher, dass wir an diesem Punkt noch intensiver weiterarbeiten müssen. Wenn jedoch unter Hinweis auf PISA und andere Vergleichsstudien gesagt wird, Niedersachsen stehe so schlecht da, und auf die Gymnasien verwiesen wird, dann, Frau Korter, sollten wir vielleicht auch einmal feststellen: Es ist bei PISA, bei IGLU in allen Bereichen festgestellt worden, dass die Abhängigkeit des schulischen Erfolgs von der Herkunft in kaum einem Land so gering ist wie in Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das bedeutet nichts anderes, als dass es unseren Schulen gelungen ist, die Integration von heterogenen Gruppen zu erreichen. Das ist keine leichte Aufgabe. Das führt dazu, dass wir im Mittelfeld eine sehr starke Stellung haben. Es führt aber leider dazu, dass wir in anderen Bereichen nicht

die Spitzenstellung erreichen, die beispielsweise Länder wie Sachsen erreichen konnten. Daran werden wir arbeiten müssen; da stimme ich Ihnen zu.