1. Teilt die Landesregierung die Auffassung des OLG-Präsidenten, und, wenn ja, müsste dann nicht der laufende Justizbetrieb im OLG Oldenburg sofort eingestellt werden?
2. Ist die Information zutreffend, dass bei einer Brandschutzübung im OLG Oldenburg das Problem aufgetreten war, dass Richter in den zur Wahrung des Beratungsgeheimnisses durch Doppeltüren abgesicherten Besprechungszimmern Brandwarnungen, die auf dem Gerichtsflur laut wurden, einfach nur nicht hören konnten und dieses Problem durch geeignete technische Einrichtungen wie Lautsprecher in den abgesicherten Räumen gelöst werden könnte?
3. Welche Maßnahmen sollen in Oldenburg ergriffen werden, um Personenschäden bei Brandgefahr im Oberlandesgericht zu vermeiden?
In Niedersachsen gibt es über 140 Gerichte und Staatsanwaltschaften. Ein großer Teil hiervon ist in älteren, landeseigenen Liegenschaften untergebracht. In vielen Fällen handelt es sich dabei um historische, denkmalgeschützte Gebäude, teilweise sogar um Schlösser und schlossähnliche Gebäude. In diesen Gebäuden besteht nicht nur in vielerlei Hinsicht Handlungsbedarf, er ist aufgrund der alten und teilweise historischen Bausubstanz auch nur mit einem ganz erheblichen bautechnischen und damit finanziellen Aufwand umzusetzen.
Neben den Belangen des Brandschutzes kommt der Sicherheit vor An- und Übergriffen eine zunehmende Bedeutung zu. Darüber hinaus müssen die Anforderungen der Barrierefreiheit sowie energetische Optimierungen umgesetzt werden. Die haushaltsmäßigen Rahmenbedingungen bringen es mit sich, dass diese beträchtliche Bündelung von Anforderungen nicht bei allen niedersächsischen Gerichten und Staatsanwaltschaften ad hoc und zeitgleich realisiert werden kann. Es müssen vielmehr Prioritäten gebildet werden, wobei in jedem Einzelfall ein Abwägungsprozess zwischen den verschiedenen Einzelmaßnahmen stattfinden muss. Dabei kommt Sicherheitsmaßnahmen sowohl aus dem allgemeinen Bereich als auch aus dem Bereich des Brandschutzes naturgemäß eine herausragende Bedeutung zu, weil es hier um das Leben und die Gesundheit der Nutzer des betreffenden Gebäudes geht. Der Schutz und die Sicherheit aller Bediensteten und Besucher der niedersächsischen Justizbehörden sind mir ein ganz besonders wichtiges Anliegen.
Zu 1: Die in der Anfrage mit den Worten „Wenn es bei uns einmal brennt, verbrennen die Leute“ wiedergegebene Auffassung ist unzutreffend. Richtig ist, dass in dem Gebäudekomplex des Oberlandesgerichts Oldenburg im Bereich des Brandschutzes mittelfristig Handlungsbedarf besteht. Dieser Handlungsbedarf stellt sich jedoch bei Weitem nicht als so gravierend dar, dass der Justizbetrieb eingestellt werden müsste. Er lässt sich vielmehr durch einen höheren, vorübergehend auch zumutbaren organisatorischen Aufwand kompensieren.
Zu 2: Die Information geht offensichtlich auf eine Brandschutzübung zurück, die auf der Grundlage der für das Oberlandesgericht Oldenburg bestehenden Brandschutzordnung am 3. Juli 2012 durchgeführt wurde. An dieser Übung haben das Oberlandesgericht, die Generalstaatsanwaltschaft Oldenburg, der Ambulante Justizsozialdienst Niedersachsen (AJSD) sowie Teile des Amts- und des Landgerichts Oldenburg teilgenommen. Die Alarmierung erfolgte zunächst über eine Durchsage mittels Sprechanlage. Im Anschluss wurden die Räume durch die Brandschutzhelfer überprüft. Nach Auskunft der Feuerwehr konnte das Gebäude in einem akzeptablen Zeitrahmen geräumt werden.
Bei der Übung wurde festgestellt, dass die Durchsagen in einigen schallgeschützten Räumen des Gebäudes und auf dem Flur des Landgerichts Oldenburg nicht gut oder gar nicht zu hören waren. Die Ursache lag darin, dass die Anlage nicht richtig eingestellt und auf dem Landgerichtsflur sogar defekt war. Diese Mängel sind mittlerweile beseitigt.
Eine weitere Erkenntnis aus der Übung bestand darin, Brandschutzhelferinnen und Brandschutzhelfer zukünftig auch nach Lage ihrer eigenen Dienstzimmer auszuwählen, um so eine schnellere Überprüfung aller Räume zu gewährleisten. Auch diese organisatorische Änderung ist bereits umgesetzt.
Zu 3: Beim Oberlandesgericht Oldenburg wurden sämtliche organisatorischen Änderungen umgesetzt, die sich bei der Auswertung der Brandschutzübung ergeben haben. Darüber hinaus hängt die Umsetzung technischer und baulicher Maßnahmen in den Bestandsliegenschaften vom Ergebnis der laufenden Prüfungen für den Neubau eines Justizzentrums in Oldenburg ab. Sofern unaufschiebbare Maßnahmen zutage treten, werden diese selbstverständlich unabhängig davon und unverzüglich umgesetzt.
Was unternimmt der Justizminister, um die Wirtschaftskriminalität im Zuge der Banken- und Finanzkrise besser verfolgen zu können?
Die Zeitung Wirtschaftswoche berichtet in ihrer Ausgabe Nr. 47/2012 vom 19. November 2012 auf Seite 55 über ein Vorhaben der Landesjustizministerkonferenz, die am 15. November 2012 getagt und eine Initiative zur wirksameren Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität ergriffen hatte.
Laut Wirtschaftswoche geht es dabei darum, den Bundesgesetzgeber zu überzeugen, ein Unternehmensstrafrecht einzuführen, sodass in Zukunft nicht nur natürliche Personen, sondern auch Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person (z. B. AG oder GmbH) strafrechtlich wegen ihres Handelns zur Verantwortung gezogen und bestraft werden können. Eine vergleichbare Regelung gibt es bislang nur bei Ordnungswidrigkeiten.
Den Landesjustizministern geht es weiter darum, Hinweisgeber aus kriminell geführten Unternehmen, sogenannte Whistleblower, rechtlich besser zu schützen, im Rahmen einer Strafrechtsreform das Abschöpfen von Vermögen bei betrügerischen Unternehmen zu erleichtern, unlautere Gewinnabsprachen wirksamer verfolgen zu können und die vorsätzliche Verletzung kaufmännischer Sorgfaltspflichten zukünftig unter Strafe zu stellen.
Hintergrund dieser Initiative ist der Umstand, dass in Deutschland bis auf ganz wenige Ausnahmen eine strafrechtliche Aufarbeitung der Banken- und Finanzkrise bislang ausgeblieben ist, insbesondere der Verkauf „fauler Finanzprodukte“ in Kenntnis der damit verbundenen Risiken aufseiten der Verkäufer strafrechtlich nicht verfolgt wurde, obwohl Schäden in Milliardenhöhe angerichtet wurden.
1. Wie hat sich Landesjustizminister Busemann auf der Justizministerkonferenz zu der angesprochenen Initiative der Landesjustizminister politisch positioniert?
2. Falls er die Initiative, die von seinem Kollegen in Nordrhein-Westfalen ausgegangen ist, nicht unterstützt hat, warum nicht?
3. Falls er die Initiative nicht unterstützt hat, welche Alternativen hat er vorgeschlagen, um die Wirtschaftskriminalität in Deutschland, insbesondere ihre Auswüchse im Zuge der Banken- und Finanzkrise, konsequenter strafrechtlich verfolgen zu können?
Der Landesregierung ist an der Aufklärung und Ahndung sämtlicher Straftaten, auch solcher der Wirtschaftskriminalität, gelegen. Dies erfordert gegebenenfalls auch, gesetzgeberische Initiativen zu prüfen oder zu ergreifen, wenn deutlich werden sollte, dass die vorhandenen strafprozessualen Instrumentarien, die einschlägigen Straftatbestände und die durch diese eröffneten Strafrahmen nicht ausreichend sind.
Mit Blick auf die von einigen Ländern geforderte Einführung eines Unternehmensstrafrechts ist aber zu beachten, dass damit die Grundsätze des deutschen Strafrechts verlassen werden würde. Gegenwärtig fußt das Strafrecht auf dem Grundsatz, dass jede Strafe Schuld voraussetzt (nulla poene sine culpa) und zudem ein jeder nach seiner individuellen Schuld zu bestrafen ist, was bei juristischen Personen schon mangels Schuldfähigkeit nicht möglich und damit dem geltenden Strafrechtssystem fremd ist. Ein solcher Paradigmenwechsel begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken und würde jedenfalls gewichtige Gründe voraussetzen, die bislang von den Befürwortern der Einführung nicht erkennbar dargelegt worden sind. Auch von den niedersächsischen Strafverfolgungsbehörden ist die Einführung eines Unternehmensstrafrechts bislang nicht nachdrücklich gefordert worden.
Nicht dargelegt ist von den Befürwortern zudem, dass und warum die vorhandenen Gesetze trotz konsequenter Anwendung und Ausschöpfung nicht ausreichend effektiv sein sollen. Es erscheint fraglich, ob die bloße Schaffung neuer Tatbestände gegenüber der konsequenten Anwendung und punktuellen Anpassung des vorhandenen Instrumentariums einen Effektivitätsgewinn bedeuten kann.
Gegenwärtig können Unternehmen auch jetzt schon über Vorschriften des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten bei der Begehung von Straftaten zur Rechenschaft gezogen werden: So ermöglicht § 30 OWiG bereits nach geltendem Recht die Festsetzung einer Geldbuße gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen, wenn deren Repräsentanten (Organe, Vorstände, Vertre- ter, sonstige Leitungspersonen) eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen haben, durch die entweder Pflichten des Verbandes verletzt worden sind oder die zu dessen Bereicherung geführt haben oder führen sollten. § 130 OWiG sieht unter den näher bezeichneten Voraussetzungen zudem eine bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit des Inhabers von Betrieben und Unternehmen für Zuwiderhandlungen gegen betriebsbezogene Pflichten vor, die in dem Betrieb oder Unternehmen begangen worden sind, wenn die Zuwiderhandlung durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre.
Schließlich gebietet auch die europäische Rechtsetzung keine weitergehenden Möglichkeiten zur Sanktionierung juristischer Personen:
Soweit Rahmenbeschlüsse und Richtlinien die Verantwortlichkeit juristischer Personen fordern, ist damit keine Strafbarkeit dieser juristischen Personen gemeint.
Den Anforderungen der einschlägigen Rahmenbeschlüsse und Richtlinien wird das deutsche Recht, insbesondere auch im Bereich der Wirtschafts- und Korruptionskriminalität, mit den §§ 30, 130 OWiG ohne Weiteres bereits jetzt gerecht. Insbesondere ist es nach der geltenden Fassung des § 130 OWiG nicht erforderlich, dass konkret festgestellt wird, welche Personen die Zuwiderhandlung begangen haben und ob der Täter im Rahmen seines Aufgabenbereichs gehandelt hat, solange die Zuwiderhandlung von einem Betriebsangehörigen bzw. bei der Wahrnehmung von Betriebsangelegenheiten begangen wurde. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Verhängung von Geldbußen gegen juristische Personen im Kontext internationaler Vorgaben und Entwicklungen nicht mehr zeitgemäß wäre.
Die mit der 8. GWB-Novelle vorgesehene Erhöhung des Bußgeldrahmens des § 30 OWiG auf maximal 10 Millionen Euro bildet ein Beispiel dafür, dass das Ziel - bessere Sanktionsmöglichkeiten - einfacher und schneller zu erreichen ist, wenn nicht ein ganz „neues Strafrecht“ geschaffen, sondern das vorhandene Instrumentarium des OWiG in bestimmten Punkten - hier der Bußgeldobergrenze in § 30 OWiG - angepasst wird. Dieser Weg könnte durch eine entsprechende Erhöhung der Bußgeldobergrenze des § 130 OWiG fortgesetzt werden.
Informantenschutz ist bereits nach geltender Rechtslage gewährleistet: Zum einen ist in § 37 Abs. 2 Nr. 3 des Beamtenstatusgesetzes ein ausdrücklicher Informantenschutz vorgesehen. Zum anderen kann auf den deliktisch handelnden Informanten unter Umständen die seit 2009 in § 46 b StGB existierende Kronzeugenregelung angewendet werden, und mit den §§ 153 ff. StPO sind ausreichende Möglichkeiten vorhanden, dem redlichen oder dem Verfahren nützenden Informanten gerecht zu werden. Ein echtes Bedürfnis für Informantenschutz besteht außerhalb des Strafrechts; denn der Verlust des Arbeitsplatzes wegen der Preisgabe der Informationen dürfte für den Informanten die größte Befürchtung sein. Dem kann aber mit einem Unternehmensstrafrecht nicht begegnet werden.
Auf die Forderung, im Rahmen einer Strafrechtsreform das Abschöpfen von Vermögen bei betrügerischen Unternehmen zu erleichtern, ist zu entgegnen: Die letzte umfassende Reform von Verfall und Einziehung geht auf das Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 zurück, durch die u. a. § 111 i StPO umfassend neu gefasst worden ist. Diese Vorschrift trägt § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB Rechnung, wonach ein Verfall nicht in Betracht kommt, wenn ein individuell Geschädigter vorhanden ist. Durch sie ist sichergestellt, dass Tatvorteile auch dann nicht wieder an den Täter als letzten Inhaber herausgegeben werden müssen, wenn der Verletzte keine Restitutionsansprüche geltend macht. Die genannte Reform stellt einen Kompromiss zwischen den Forderungen der Länder und der Position des Bundes dar und beruhte auf Empfehlungen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe, der auch Praktiker aus dem staatsanwaltschaftlichen wie gerichtlichen Bereich angehört haben.
Im Ordnungswidrigkeitenrecht sind mit §§ 17 Abs. 4 und 29 a OWiG ausreichende Möglichkeiten zur Abschöpfung von Vorteilen gegeben.
Soweit die Einführung eines eigenen Tatbestandes zur Ahndung unlauterer Gewinnversprechen (das dürfte mit den in der Anfrage genannten „Gewinn- absprachen“ gemeint sein) gefordert wird, ist zu bedenken, dass sowohl beim Nachweis eines Betruges als auch beim Nachweis der Merkmale eines neu zu schaffenden Tatbestandes die Beweisschwierigkeiten im tatsächlichen Bereich liegen. Solche wirken sich auf jedweden Tatbestand in diesem Zusammenhang aus, und dem wird nicht durch Einführung eines neuen Tatbestandes beizukommen sein. Auch der Einstellungspraxis wird mit Einführung eines neuen Tatbestandes nicht begegnet werden können, da auch bei einem solchen die Opportunitätsvorschriften der § 153 ff. StPO selbstverständlich gelten werden.
Sofern eine Falsch- oder Schlechtberatung, z. B. von Bankkunden, unter Strafe gestellt werden soll, ist bislang nicht dargetan worden, warum zutage getretene Unzulänglichkeiten in der Ahndung diesbezüglich über das Strafrecht ausgeglichen werden sollten und könnten. Sofern eine vorsätzliche Missachtung von Prüf- und Informationspflichten im Raume steht, wird regelmäßig eine Verwirklichung des Betrugs- oder Untreuetatbestandes zu prüfen sein. Die bisherigen Verfahren - Straf- wie Zivilverfahren - sind aber gerade daran gescheitert,
Zu 1: Die vorstehend geschilderte Haltung der Niedersächsischen Landesregierung ist auch auf der Justizministerkonferenz vertreten worden.
Zu 3: Aufgrund der mehrheitlichen Beschlussfassung, die wie üblich auf Fachebene durch den Strafrechtsausschuss der Justizministerkonferenz vorbereitet worden war, ist über Alternativvorschläge nicht abgestimmt worden.
Wie im Vorwort dargelegt, verspricht sich die Landesregierung bei der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität den größten Erfolg in der konsequenten Anwendung vorhandener Gesetze, insbesondere auch der §§ 30, 130 OWiG.
Wie durch Medienrecherchen kürzlich bekannt wurde, hat Oliver-Gerd R., ein Mitglied des „Verbands der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e. V.“, öffentlich um Solidarität mit dem mutmaßlichen NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben geworben und dessen Freilassung gefordert. Gegen Ralf Wohlleben ist Anklage wegen Beihilfe zum Mord erhoben worden.
Ferner soll R. enge Kontakte zu den neonazistischen Kameradschaften „Burschenschaft Thormania“ und „Autonome Nationalisten Wolfenbüttel/Salzgitter“ pflegen.