Protocol of the Session on December 6, 2012

Und weil dieses Thema für das Land so wichtig ist, haben wir uns als FDP in Niedersachsen für einen Volksentscheid in dieser Frage im kommenden Jahr ausgesprochen. Denn es ist eben nicht absehbar, dass Sie hier im Parlament jemals einer Schuldenbremse zustimmen werden, meine Damen und Herren.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Wenn man nicht mehr reinkommt, muss man das außerparlamentarisch machen! - Weitere Zurufe von der SPD)

Ich bin sicher, dass die große Mehrheit in diesem Land sehr wohl weiß, dass es besser ist, das Geld in Schulen und Straßen zu investieren als in Zinsen. Das sehen wir am Beispiel Hessen: Da haben 70 % für die Schuldenbremse gestimmt. Ich könnte mir vorstellen, dass unter diesen 70 % nicht ausschließlich Stammwähler von CDU und FDP waren. Daran kann man sehen: Ihre Wähler übernehmen bei diesem Thema schon mehr Verantwortung als Sie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zum Schluss sollten wir uns noch einmal vor Augen führen, was wir heute im Landtag erleben.

(Zurufe von der SPD: Ja! - Stefan Schostok [SPD]: Abschiedsrede!)

Die SPD ist inhaltlich gegen eine Schuldenbremse und hat auch dagegen gestimmt.

(Stefan Schostok [SPD]: Wir sind nicht gegen eine Schuldenbremse!)

Die SPD will nicht ausschließen, dass in den nächsten Jahren noch bis zu 4 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen werden können.

(Johanne Modder [SPD]: Wie oft wol- len Sie das noch wiederholen?)

- Jetzt mal ganz ehrlich zum Thema „nein, wir sind doch für eine Schuldenbremse“: Welche Kunst ist es denn, zu sagen, dass man für eine Schuldenbremse im Jahr 2020 ist, wenn das ohnehin vom Grundgesetz vorgeschrieben ist, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Stefan Schostok [SPD]: „Spätestens 2020“!)

Die SPD legt heute einen Entschließungsantrag vor, der eher eine schlechte Pressemitteilung als ein Landtagsdokument ist. Der Oberbürgermeister von Hannover nennt 855 Millionen Euro weniger neue Schulden sogar „Kokolores“.

(Stefan Schostok [SPD]: Ihr Verfahren ist Kokolores!)

Herr Schostok, Sie schreiben in Ihrem Entschließungsantrag, die Rückführung der Neuverschuldung sei ein Wahlgeschenk. Gleichzeitig versprechen Sie den Menschen landauf und landab das Blaue vom Himmel. Und trotz alledem will die SPD heute dem Gesetz von CDU und FDP zustimmen.

(Stefan Schostok [SPD]: Das irritiert Sie!)

Sie stimmen also einem Gesetz zu, das Ihr Spitzenkandidat für Kokolores hält und das Sie selbst eigentlich nicht wollen. Das ist doch gelebte parlamentarische Schizophrenie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Kollege Schostok und der Oberbürgermeister verlassen sich ohnehin lieber auf andere, nach dem Motto: „Schuldenbremse 2020? - Ach, da wird sich der Bund schon was einfallen lassen.“ Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist organisierte Verantwortungslosigkeit. Wir lassen nicht zu, dass Sie Niedersachsen damit in Geiselhaft nehmen.

Morgen wird bei den Kollegen der CDU die Schuldenuhr zurückgestellt. So einen Termin hätte es bei einer SPD-Landesregierung nie und nimmer gegeben!

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich der Kollege Klein zu Wort gemeldet. Ich erteile Ihnen jetzt das Wort. Bitte schön, Herr Klein!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat aus unserer Pressemitteilung Nr. 302 vom 14. August dieses Jahres beginnen. Dort heißt es:

„Wenn die Regierung es ernst meine mit der Schuldenbremse, könne sie das, so Klein, leicht unter Beweis stellen, indem sie nach der Sommerpause einen Nachtragshaushalt vorlege, mit dem die veranschlagte Neuverschuldung für 2012 und 2013 deutlich gesenkt werde. ‚Angesichts der erfreulich guten Steuereinnahmen könnte Herr Dürr zeigen, ob er auch ein Mann der Tat ist’, erklärt dazu der grüne Haushaltsexperte.“

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Gut ge- sprochen!)

Da erkläre mir noch mal jemand, gute Vorschläge der Opposition hätten keine Chance!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es brauchte allerdings noch drei Monate und den Druck der 3-%-Drohung aus den Wahlumfragen, um die FDP von vielen großen, aber leeren Sprüchen zu einer kleinen, aber selbstverständlichen Tat zu ermuntern. Das ist eben das sprichwörtliche blinde Huhn, das auch mal ein Korn findet.

Warum sage ich „selbstverständlich“? - Durch höhere Steuereinnahmen, eine höhere Förderabgabe und gesunkene Zinsausgaben verbessert sich der Haushalt 2012 um 976 Millionen Euro. Es ist schon gesagt worden: Zu dieser knappen Milliarde hat die Landesregierung selbst keinen müden Euro dazugetan. Es gibt nach wie vor keine aktive Haushaltskonsolidierung von Schwarz-Gelb. Deren vermeintliche Finanzkompetenz ist so real wie der Scheinriese Herr Tur Tur bei Jim Knopf. Herr Möllring, ich hoffe und wünsche, dass es nicht daran liegt, dass Sie immer noch zu haben sind.

Übrigens wird lediglich die Hälfte dieser Verbesserungen nun eingesetzt, um in diesem Jahr statt der geplanten 1,9 Milliarden Euro 1,4 Milliarden Euro neue Schulden zu machen.

2013 läuft das ähnlich, und das ist auch sinnvoll. Aber ich frage Sie: Was soll denn daran Großes sein? - Wenn Sie das Bückeburger Urteil verstanden haben, dann wissen Sie doch, dass diese Folge nicht nur selbstverständlich, sondern geradezu zwangsläufig ist.

Auch Ihre saure Zitrone als niedersächsischer Schuldenweltmeister werden Sie durch diese Aktion natürlich nicht los. Sie sind und bleiben in Ihrer zehnjährigen Amtszeit die Regierung mit dem größten Schuldenzuwachs aller Zeiten,

(Björn Thümler [CDU]: Das ist falsch!)

und Sie werden es vermutlich auch die nächsten hundert Jahre bleiben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nicht nur das Schuldenmachen wird „draußen“, wie Sie, Herr Dürr, sagen, nicht vergessen werden, auch die langjährige schwarz-gelbe Umverteilungspolitik von unten nach oben hat sich doch draußen eingeprägt. Die Wählerinnen und Wähler haben nicht vergessen, dass die FDP das ungerechtfertigte Steuerprivileg für Hoteliers durchgeboxt hat, sich aber mit Händen und Füßen dagegen wehrt, dass Millionäre wieder Vermögensteuer zahlen.

Sie vergessen nicht, dass öffentliche Finanzen, die eigentlich für Bildung, Soziales und Umweltschutz da sind, für Bankenrettung ausgegeben wurden, während die Vermögen damit gesichert wurden. Die haben keinen entsprechenden Beitrag geleistet.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Kollege Klein, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dürr?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.

Sie vergessen nicht, dass Schwarz-Gelb lieber Steuerhinterzieher und Betrüger in der Schweiz schützen will, statt endlich das gesellschaftsfeindliche Bankgeheimnis zu schleifen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und sie vergessen auch nicht die diversen Steuersenkungen, die immer so wirkten, dass die Reichen stark profitierten und die Armen gar nicht oder wenig.

Das Ergebnis, meine Damen und Herren, dass unter Schwarz-Gelb die Armen ärmer und die Reichen reicher wurden, wird sich nicht durch Fälschungen des einschlägigen Bundesberichts korrigieren lassen, sondern nur durch eine neue grünrote Politik.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege Aller. Sie haben noch 2:02 Minuten Restredezeit. Bitte schön!

Danke schön. Ich werde sie aufteilen auf wenige Bemerkungen zum Thema und ein kleines Dankeschön für 30 Jahre Landtagsarbeit.

Wenige Zahlen an die Regierungskoalition. In der Tat, Herr Thümler: Es ist ein guter Tag. Heute sprechen Zahlen. Die NDR-Umfrage macht deutlich, wie akzeptiert Ihre Finanzpolitik ist.

(Ulf Thiele [CDU]: Diese Landesregie- rung ist eigentlich hervorragend!)

55 % sind unzufrieden, und nur 36 % sind zufrieden, auch nach dem, was Sie hier mit dem Sondergesetz eingebracht haben.