Protocol of the Session on November 8, 2012

- Herr Lies, Sie haben gesagt, dass seit einem Jahr ein Gesetzentwurf vorliege. Das ist schlicht und ergreifend falsch.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Ich bitte doch, dass meine Frage beantwortet wird!)

Räumen Sie das endlich ein, und verkaufen Sie uns hier nicht für dumm!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Olaf Lies [SPD] - Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Sie sagen auf jeder Veranstaltung die Unwahrheit! Das kann ich dezidiert belegen! Es ist unerträglich geworden!)

Es liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung der Haftungsfragen vor. Das wissen Sie, das weiß ich. Wir haben am letzten Freitag im Bundeskanzleramt mit der Kanzlerin, mit dem Bundesumweltminister und mit anderen gesprochen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Kann ich vielleicht zu meiner Frage eine Ant- wort hören?)

Die Bundeskanzlerin hat gesagt, ihr Plan ist, dass dieses Gesetz zur Regelung der Haftungsfragen noch in diesem Jahr vom Parlament - Bundestag und Bundesrat - beschlossen werden soll, sodass es zum 1. Januar in Kraft treten kann.

Sie wissen auch, dass es eine Expertenanhörung im Deutschen Bundestag gegeben hat. Dort sind einige Detailpunkte noch einmal kritisch angesprochen worden. Es gab dann die Ankündigung der Fachleute in den Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP, diese Anhörung - wie sich das ja auch gehört - umfassend auszuwerten. Dann wird es einen entsprechend überarbeiteten Gesetzentwurf geben.

Zur Frage Tennet: Sie wissen genau wie ich, Tennet ist ein niederländisches Staatsunternehmen. Tennet hat - Herr Birkner hat darauf hingewiesen - letztes Jahr erstmalig selbst eingeräumt, dass das Unternehmen aufgrund der Unterkapitalisierung nicht in der Lage sind, die komplexen Herausforderungen zu bewältigen. Das heißt, nicht die norddeutschen Ministerpräsidenten haben das erkannt - das ist auch richtig -, sondern Tennet selbst hat es eingeräumt; das ist ja das Bemerkenswerte an diesem Vorgang.

Nun gibt es drei Möglichkeiten, die mangelnde Kapitalausstattung von Tennet zu verbessern.

Erstens. Der niederländische Staat gibt mehr Geld; denn schließlich ist es ein niederländisches Staatsunternehmen. Bundeswirtschaftsminister Rösler ist

diesbezüglich auch in Den Haag gewesen. Das Problem ist, dass die Niederlande eben seit vielen Monaten keine handlungsfähige Regierung haben. Sie wissen, die alte Regierung ist damals auseinandergefallen, dann hat es eine Übergangsphase bis zur Wahl gegeben, und in den Niederlanden dauern die Koalitionsverhandlungen länger als in Deutschland. Das heißt, ein Problem ist, dass es schlicht und ergreifend in unserem Nachbarland Niederlande keine voll handlungsfähige Regierung gibt, die diese Frage lösen könnte.

(Zuruf von Olaf Lies [SPD])

Demnächst wird ja eine neue holländische Regierung im Amt sein, und dann wäre die erste Möglichkeit, dass der niederländische Staat Milliarden Euro zusätzlich gibt. Ob das eine realistische Variante ist? - Das wissen Sie, das weiß ich. Aber das wäre die erste Alternative.

Die zweite Alternative ist: Tennet besorgt sich privates Kapital. Auch das ist eine Option. Angeblich soll es Interessenten geben. Es gibt Hinweise aus dem Unternehmen, die sagen: Wenn das Gesetz mit der Regelung der Haftungsfragen erst in Kraft tritt und Klarheit herrscht, dann würden möglicherweise private Investoren bereitstehen. - Das ist eine zweite Option.

Die dritte Option, Herr Wenzel, haben Sie angesprochen. Stefan Birkner und die anderen norddeutschen Umweltminister haben ja auch gesagt: Es gibt diese unterschiedlichen Möglichkeiten. Die norddeutsche Umweltministerkonferenz favorisiert die Gründung einer Offshorenetzgesellschaft. Ob man das dann unter Federführung des Staates macht oder ob man das unmittelbar macht, mittelbar, mit einer Minderheitsbeteiligung, mit KfW usw., das alles sind die unterschiedlichen Optionen.

Ich sage Ihnen eines: Egal, ob Tennet private Investoren heranzieht oder ob der Staat vorübergehend einsteigt - in welcher Form auch immer -: Das Problem muss gelöst werden. Das Problem muss schnell gelöst werden.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP - Kurt Herzog [LINKE]: Sie wollen sich dahinter verstecken! - Detlef Tanke [SPD]: Das haben wir schon vor einem Jahr gehört!)

Das habe ich beim Energiegipfel letzten Freitag gegenüber der Bundeskanzlerin vorgetragen, übrigens genauso, wie es auch der geschätzte Kollege Bürgermeister Scholz aus Hamburg und der Minis

terpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Herr Sellering, gemacht haben. Wir drei haben uns für die Nordländer zu diesem Thema zu Wort gemeldet.

Also: Der Ball liegt in erster Linie beim Unternehmen Tennet, aber auch bei der Bundesregierung. Wir in Norddeutschland ziehen bei diesem Thema an einem Strang und dazu auch noch in die gleiche Richtung.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Tanke stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, wie sie das gescheiterte Versprechen des Ministerpräsidenten aus seiner Regierungserklärung vom Sommer letzten Jahres, dass das 5-Milliarden-Euro-Kredit- und -Bürgschaftsprogramm einen wesentlichen Beitrag zur Unterstützung der Offshorewindenergie leisten wird, angesichts der Bedrohung von über 10 000 Arbeitsplätzen und der drohenden Schließung eines wichtigen Werkes in Emden bewertet.

(Zuruf von der CDU: Einfach mal hin- hören! - Weiterer Zuruf von der CDU: Herr Tanke liest jetzt Sprechzettel ab! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Immer die- selben Fragen! Anscheinend schon mal auswendig gelernt! Wer hat das so formuliert? Das ist nicht Ihre Wort- wahl, Sie sind dynamischer! - Glocke des Präsidenten)

Herr Minister Dr. Birkner, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Tanke, Sie versuchen, einen Zusammenhang herzustellen, der so nicht besteht. Das Bürgschaftsprogramm dient dazu, Investoren, die Offshorewindparks errichten wollen, die finanziellen Möglichkeiten dazu zu geben, weil so ein Offshorewindpark mal locker über 1 Milliarden Euro kostet. Es ist also viel Geld, das man da bewegen muss.

Das Problem ist ja nicht so sehr sozusagen auf der Seite der Errichtung. Es gibt also kein Problem,

dass dort nicht die Investitionen ausgelöst werden könnten und wollten. Das Problem ist vielmehr der Netzanschluss. Wir haben ja gerade sehr intensiv darüber gesprochen, wo dabei die Probleme liegen, also insbesondere bei der Firma Tennet und bei der Kapitalisierung. Der Ministerpräsident hat die Optionen dargelegt, die wir alle sehr intensiv diskutieren, und zwar bis hin zu der, wie ich meine, richtigen Lösungsmöglichkeit, bei der Offshorenetzgesellschaft eine staatliche Beteiligung ernsthaft in den Blick zu nehmen und dann auch zu realisieren.

Das hat aber nichts mit der Frage des Bürgschaftsprogramms des Bundes zu tun, und das hat auch nichts mit der Frage des schleppenden Netzausbaus und der schleppenden Realisierung von Offshore zu tun, weil es sich hier um eine andere Problematik handelt. Deshalb sollte nicht der Eindruck erweckt werden, als hingen die Dinge miteinander zusammen.

Insofern ist deutlich zu sagen, dass hier ein Versprechen, das man nicht eingehalten hätte, in keiner Weise vorliegt, sondern dass die Dinge einfach komplexer sind, als Sie das hier dargestellt haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Herzog stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass Vertreter dieser Landesregierung auch schon mal ein Scheitern der Energiewende wegen der Strompreisentwicklung in Aussicht stellen, und vor dem Hintergrund, dass Sie, Herr Birkner, aber gesagt haben, ihr Bestreben sei es, Energiepreise zu dämpfen, frage ich Sie in Hinsicht auf den Staatsanteil am Strompreis, den Sie ja senken wollen: Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass mit der sogenannten Stromsteuer - besser bekannt als „Ökosteuer“ -, die völlig sachfremd allein in die Rentenversicherung fließt, der Strompreis um 2,5 Cent hochgetrieben wird und dass mit der Röslerschen Sonderumlage den Gebührenzahlerinnen und -zahlern zusätzlich die Haftung für die Offshorewindanlagen aufgebürdet wird? Ist das sozusagen die Zielrichtung, mit der Sie den Strompreis dämpfen wollen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Herzog, das ist schon sehr interessant, weil Sie jetzt genau das gemacht haben, was ich vorhin angesprochen habe. Die Diskussion von gestern habe ich so verstanden, dass Ihre Fraktion es auch so sieht, dass man alles tun muss - die Einschätzung teile ich -, um die Arbeitsplätze in Emden zu erhalten.

(Zustimmung bei der CDU)

Auf der anderen Seite haben wir heute diskutiert, dass es insbesondere die Haftungsfragen sind, die die Probleme bei Offshore bereiten. Und dann kommen Sie hierher und diskreditieren die Röslerschen Sonstwas, also die Umlage zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher, d. h. das Instrument, das - zumindest auch von der SPDFraktion - als zentral für die Bewältigung dieser Krise angesehen wird, damit es beim Netzanschlusses endlich mit den Investitionen weitergehen kann!

(Kurt Herzog [LINKE]: Ich habe da- nach gefragt! Nicht mehr und nicht weniger!)

Das ist sehr bemerkenswertswert. Das ist eine widersprüchliche Positionierung, die Sie einnehmen.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie sollten nachdenken, ob das wirklich so konsistent ist,

(Zuruf von Hans-Henning Adler [LINKE])

was Sie hier machen, und ob Sie hier nicht mit unterschiedlichen und widersprüchlichen Positionen agieren.

Nun zur Frage der Strompreisdämpfung:

Erstens. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass sich der Strompreis aus verschiedenen Komponenten zusammensetzt. Der staatliche Teil ist der, den die Politik unmittelbar beeinflussen kann; bei dem anderen Teil wird das schon schwieriger. Dazu gehört auch die EEG-Umlage. Ich habe bereits gesagt, dass bis zum März nächsten Jahres von der Bundesseite ein entsprechender Entwurf dazu vorgelegt werden wird, wie man sich die Förderung erneuerbarer Energien, insbesondere unter

dem Gesichtspunkt der Kosteneffizienz, künftig vorstellt.

Zweitens. Wir müssen natürlich eine Diskussion über die Frage führen - das wird in diesem Zusammenhang abschließend zu diskutieren und zu klären sein -, wie es eigentlich sein kann, dass man über die EEG-Umlagen-Erhöhung Mehrwertsteuermehreinnahmen generiert, die man eigentlich gar nicht haben wollte.

(Kurt Herzog [LINKE]: Das habe ich auch nicht gefragt!)

- Sie haben im Zusammenhang mit dem staatlichen Anteil gefragt, wie ich die Strompreise dämpfen will. Dann geben Sie mir doch auch die Gelegenheit, jetzt etwas dazu zu sagen.