Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Antrag der SPD will die Aktivitäten, divergierenden Bedürfnisse und Interessenlagen bündeln, indem er Älteren mehr Mitsprachemöglichkeiten einräumt. Das „Forum Seniorenpolitik“ soll zu einer Grundlage der Seniorenpolitik gemacht werden.
Zielsetzung des Seniorenforums ist es, dass der Erfahrungsschatz der älteren Generation umfassend genutzt wird. Nach der Devise „Politik mit und nicht für Senioren“ kann das Seniorenforum zielstrebig an der Lösung aktueller und mittelfristiger Aufgaben im Bereich der Seniorenpolitik in Niedersachsen mitwirken. Es soll eine Unterstützung für Parlamentarier sein und keine Arbeitsplatzvernichtung.
Die Teilhabe älterer Menschen am gesellschaftlichen Leben zu gewährleisten, ist eine politische Verpflichtung. Dieser Verpflichtung wollen Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU und der FDP, sich doch nicht entziehen, oder? Es kann doch nicht sein, dass der demografische
Wandel komplett an Ihnen vorbeigegangen ist. Sie können sich doch nicht herausreden und sich auf den naiven Standpunkt stellen: Wir haben zwar jetzt alle Fakten auf dem Tisch, die Frage ist nur: Wie kriegen wir sie da wieder runter?
Ich finde diese Einstellung mehr als gefährlich; denn die Welt verändert sich. Da sollten Sie sich nicht stur gegen beweiskräftige Argumente stellen. Besonders Ihnen, sehr geehrter Herr Riese, kann ich die Entscheidung zu einer Zustimmung zum SPD-Antrag leicht machen.
Die sozialpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion von Schleswig-Holstein, Anita Klahn, erklärte ganz aktuell am 21. September 2012 - ich zitiere -:
„Das Altenparlament ist ein äußerst wichtiger Bestandteil der Mitwirkungsrechte für Seniorinnen und Senioren. Es zeigt..., dass die Einbindung gesellschaftlicher Gruppen wichtig ist, um neue Impulse zu bekommen, und sensibilisiert für die Belange älterer Menschen.“
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die SPD macht es Ihnen doch gar nicht so schwer. Wir wollen zunächst nur ein Forum. Diesem ersten Schritt können Sie doch wirklich ohne Gesichtsverlust zustimmen.
Nun zu Ihrem Antrag, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE. Er geht zwar in die gleiche Richtung, aus Sicht der SPD allerdings mit einem zu großen Sprung. Wir haben in unserem Antrag bewusst nicht die Einrichtung eines Altenparlaments, sondern eines Forums gefordert, um es begrifflich vom gewählten Parlament abzugrenzen. Auch die SPD hat sich mit den Parlamenten beraten, die sogar mit Zustimmung der CDU und der FDP diese oder ähnliche Mitwirkungen der Älteren haben. Die SPD steht auch einem Gesetz positiv gegenüber. Wir wollen aber
erst einmal Erfahrungen der Mitwirkung in einem niedersächsischen Forum sammeln, um aufgrund dieser fundierten Erfahrungen dann den nächsten Schritt zu gehen. Daher enthalten wir uns zu Ihrem Antrag.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, aktuelle Proteste älterer Menschen beweisen, dass gesellschaftliche Teilhabe aktiviert werden muss. Der Diskurs zwischen Politik und älteren Menschen ist reformbedürftig. Neue Ansätze und Modelle der frühzeitigen Beteiligung, Information und Konsensfindung müssen bisherige demokratische Elemente ergänzen. Schaffen Sie durch die Zustimmung zu unserem Antrag mit uns die entsprechenden Rahmenbedingungen. Der SPD-Antrag ist zukunftsweisend, gut für Niedersachsen und gut für die älteren Menschen in Niedersachsen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist doch sehr bedenklich, in welchem Tempo und mit welcher Vehemenz die Anträge zur besseren Beteiligung älterer Menschen vom Tisch gefegt worden sind. Auch gestützt von Bündnis 90/Die Grünen, haben sich CDU und FDP mit zum Teil hanebüchenen Argumentationen gegen eine institutionalisierte Einbindung älterer Menschen gewandt. Das macht ein sehr merkwürdiges Demokratieverständnis in dieser Frage deutlich.
Wir können Ihnen sagen, dass weder die Altenparlamente in Schleswig-Holstein und MecklenburgVorpommern noch die Seniorenbeteiligungsgesetze in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg diesen Bundesländern geschadet haben. Im Gegenteil. Ich verweise an dieser Stelle gern noch einmal auf die Untersuchung des Deutschen Instituts für Sozialwirtschaft über das Altenparlament in Schleswig-Holstein und auch auf das Gutachten der Friedrich-Ebert-Stiftung zur gleichen Sache.
Natürlich gibt es in den genannten Ländern nicht nur eine unterschiedliche Form der Beteiligung von Seniorinnen und Senioren, sondern auch ganz unterschiedliche Rahmenbedingungen, beispielsweise unter den Stichworten „Stadtstaat“ und „Flächenstaat“. Aber die CDU und die FDP waren noch
nicht einmal bereit, sich die Modelle und die jeweiligen Erfahren etwas genauer anzuschauen. Diese Arroganz der Macht lehnen wir ab.
Als Linke fragen wir uns, wovor Sie überhaupt Angst haben. Es geht schließlich nicht um ein Stimmrecht oder ein Vetorecht, sondern, würden Sie dem Antrag der Linken folgen, um ein Antragsrecht des Altenparlaments und eine Anhörungspflicht für den jeweiligen Fachausschuss, wenn es um Seniorenbelange geht.
Was ist denn nun Ihre Angst? Vielleicht haben Sie Angst davor, dass sich herausstellt, dass selbst konservative Seniorinnen und Senioren Kritik an Ihrer Sozialpolitik üben. Ich denke z. B. an die Umsetzung des Niedersächsischen Heimgesetzes oder an die Haushaltskürzung bei der Kurzzeitpflege. Ja, es ist vielleicht eine berechtigte Angst, die Sie da hegen. Ein Altenparlament hätte natürlich mehr Möglichkeiten, Kritik an dieser Form der sozialen Kälte zu üben, und das ist auch gut so.
Ich möchte noch auf ein anderes Argument eingehen, mit dem Sie die Anträge zur Seniorenbeteiligung abwiegeln wollen. Hier richte ich mich auch an die Adresse der Grünen. Frau Helmhold, Ihre Argumentation in der ersten Landtagsberatung ging in folgende Richtung: Da könne dann ja jede Gruppe kommen und eine Mitwirkung für sich beanspruchen. - Nein, so ist es eben nicht. Was diese Gruppe von allen anderen trennt, ist z. B., dass wir alle alt werden. Wenn wir es richtig anfangen, ist das Altenparlament ein Querschnitt der Gesellschaft, altersbedingt mit viel Erfahrung und mit viel Zeit, der ein Forum der Mitwirkung gestellt bekommt. Weil dieses Parlament, wie dargestellt, so heterogen wäre, ist es absurd anzunehmen, dass von ihm in jedes Landtagsplenum ein Gesetzentwurf oder ein oder zwei Entschließungsanträge eingebracht würden. Die Seniorinnen und Senioren müssten sich in einem kontroversen Prozess selbst erst einmal einigen. Aber genau diese Möglichkeit sollte man ihnen auch verschaffen, und das geht dann auch in Richtung Beteiligung.
Ein letzter Aspekt noch. Was unseren Antrag ebenfalls deutlich von dem der SPD trennt, ist die gesetzliche Verankerung der Seniorenbeteiligung. Hier müssen wir die Kolleginnen und Kollegen der SPD - ich mache das aus gutem Grund sehr selten - auf das Beispiel Hamburg verweisen, wo
selbst unter der Alleinregierung der SPD ein solches Gesetz möglich war, und das sogar vor dem Hintergrund der ansonsten radikalen Kürzungsschnitte der SPD in Hamburg gerade im sozialen Bereich.
Bei Ihrem Antrag werden wir uns, wenn er überhaupt zur Abstimmung kommt, enthalten. Er ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung; aber der Antrag der Linksfraktion ist konsequenter.
Herzlichen Dank. Selbstverständlich kommt es zur Abstimmung. Das steht doch außer Frage. - Für die CDU-Fraktion hat zu diesem Tagesordnungspunkt Frau Kollegin Prüssner das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass im Zuge der demografischen Entwicklung ältere Menschen in unserer Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnen, wissen wir alle. Aktive Senioren und Seniorinnen wollen heute ihr Erfahrungswissen und ihre Kompetenzen für das Gemeinwohl einbringen und an der Gesellschaft weiter teilhaben. Unser Land wiederum braucht die Erfahrung und die Kompetenzen der Älteren. Eine Aufgabe der Politik ist, dazu beizutragen, dass verlässliche Rahmenbedingungen für das Engagement und die Mitgestaltung der Gesellschaft durch ältere Menschen geschaffen werden.
Ich habe schon in der ersten Lesung darauf hingewiesen, dass es für Senioren viele Möglichkeiten der politischen Einflussnahme gibt. Auf kommunaler Ebene kann der Rat einer Gemeinde oder eines Landkreises den Beschluss fassen, kommunale Seniorenbeiräte einzurichten.
Laut NGO gibt es weiterhin die Möglichkeit, dass der Rat andere Personen mit besonderem Sachverstand wiederum als Mitglieder in seine Fachausschüsse beruft, z. B. also auch Mitglieder der Seniorenbeiräte.
Die älteren Mitbürger erhalten somit nicht nur Einfluss in der Kommunalverwaltung, sondern dies ist auch ein gutes Beispiel für die politische Partizipation von Senioren.
Seniorenvertretungen sind Bindeglieder zwischen Politik und Gesellschaft. Dies gilt natürlich auch für die parlamentarische Arbeit auf Landesebene. Die Arbeitskreise und Ausschüsse des Landtages sind keineswegs gehindert und sie sind auch gut beraten, sich ebenfalls externen Sachverstand dazuzuholen. Dies geschieht z. B. auch dadurch, dass öffentliche Anhörungen stattfinden oder dass externe Sachverständige in die Sitzungen der Arbeitskreise eingeladen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vergessen wir nicht, dass politische Mitgestaltung im Alter einen ganz wichtigen und beinahe schon klassischen Ort hat - Sie haben es schon angesprochen, liebe Kolleginnen und Kollegen -: die Seniorenvertretungen der Länder. Deren Mitgliedern geht es allerdings nicht ausschließlich um Interessenvertretung älterer Menschen, sondern es geht ihnen auch um generationsübergreifende Ansätze, die in verschiedenen Projekten der Seniorenvertretung angewandt werden. Also: Alt hilft Jung, und Jung hilft Alt. Die Themen und die Handlungsfelder politischer Arbeit sind dabei ebenso vielfältig wie das Alter selbst. Zudem unterliegen sie ja auch ganz aktuellen Erfordernissen.
Und: Die Gruppe der Senioren kann es doch gar nicht geben. Die Senioren sind nicht homogen; sie sind heterogen. Richtig, Herr Humke. Sie sind uneinheitlich. Bei Wikipedia steht: „Heterogen: gemischt, verschiedenartig“.
Wie empirische Studien belegen, streiten ältere Menschen nicht ausschließlich für ihre eigenen Anliegen, sondern sie sind darüber hinaus auch an anderen Dingen interessiert. Sie wollen ihre Erfahrungen und ihren Sachverstand in die Lösung übergreifender Probleme und Herausforderungen des Gemeinwesens einbringen.
Meine Damen und Herren, die Diskussion im Ausschuss hat uns noch einmal deutlich gemacht, dass die beiden Anträge der Fraktion DIE LINKE und der SPD-Fraktion betreffend politische Mitwirkungsmöglichkeiten älterer Menschen nicht zielführend sind. Die älteren Menschen sind doch auch außerhalb der genannten Einrichtungen bei allen politischen Entscheidungen dabei. Frau Helmhold hat das beim letzten Mal doch schon gesagt. Sie hat hier über die Statistik gesprochen. Danach ist die stärkste Gruppe hier im Hause die der über 60
Jährigen mit einem Anteil von 49 von 152 Abgeordneten. Das ist praktisch ein Drittel. Ältere Abgeordnete gibt es praktisch in jeder Fraktion.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der antragstellenden Parteien, trauen Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen als vom Volk in freier Wahl gewählten Vertreterinnen und Vertretern wirklich nicht zu, mitwirken und gestalten zu können, wie es die Linke formuliert? - Ich denke doch, meine Damen und Herren von der SPD, liebe Frau Groskurt, dass der hier im Parlament versammelte seniorenpolitische Rohstoff ausreichend ist, um die Fraktionen und die Landesregierung hinreichend zu unterstützen.