Protocol of the Session on September 27, 2012

Wir wollen im Sozialbereich eine Landesförderung für Sozialcards zur Nutzung des ÖPNV und zur kulturellen Teilhabe. Das wäre mit 50 Millionen Euro zu leisten. Ferner wollen wir - das knüpft an die Debatten von gestern und heute an - ein soziales Wohnungsbauprogramm in Höhe von 25 Millionen Euro für 2013, das seinen Namen auch verdient.

Schließlich wollen wir den Investitionsstau in den Krankenhäusern - auch das ist ein zentrales Anliegen, das immer drängender wird - mit einem Programm in Höhe von 100 Millionen Euro bekämpfen.

Darüber hinaus wollen wir das Schulobst- und das Schulmilchprogramm - das schon fast in Verges

senheit geraten ist, wurde hier aber auch schon einmal eifrig diskutiert - wieder einführen.

Außerdem wollen wir - auch das hat in diesem Plenum schon eine Rolle gespielt - 10 Millionen Euro für die Bekämpfung von Neonazismus, Antisemitismus und Rassismus einstellen.

Wir wollen auch - auch das spielt bei den Regierungsfraktionen seit dem 11. September kaum noch eine Rolle - eine Erhöhung der Zuweisungen des Landes Niedersachsen an die Städte, Gemeinden und Landkreise im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs; denn die prekäre Lage der Kommunen ist nicht besser, sondern schlimmer geworden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Schließlich wollen wir die Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes für die Bediensteten des Landes. Sie werden sich gefallen lassen müssen, dass dieses Thema entgegen Ihren Hoffnungen nicht verschwunden ist, sondern dieses Jahr zu Weihnachten und auch in den kommenden Jahren wieder aufleben wird. Das kostet ungefähr 186 Millionen Euro. Diesen Betrag haben wir etatisiert.

Wir haben - damit kommen wir auch schon ein bisschen zur Einnahmeseite - auch 100 zusätzliche Stellen für die niedersächsischen Finanzämter etatisiert, weil der Steuervollzug gestärkt werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Insgesamt addieren sich unsere Vorschläge auf 3,3 Milliarden Euro. Diese sind - wie auch schon unsere früheren Vorschläge - vollständig gegenfinanziert, nämlich einmal durch die Ergebnisse der regionalisierten Steuerschätzung und zweitens durch die Bundesratsinitiativen, die Sie alle von uns kennen, die vier wichtigen Dinge: Vermögensteuer wieder realisieren, Großerbensteuer, Körperschaftssteuer auf 25 % anheben und Finanztransaktionssteuer. Hinzu kommen die personellen Maßnahmen in den Finanzämtern, die ich eben erwähnt habe. Die würden mehr einbringen als kosten, nämlich nach unseren Berechnungen etwa 400 Millionen Euro. Mit diesen Einnahmen wären unsere Vorschläge, wie gesagt, vollständig gegenfinanziert. Wir bräuchten - das ist für die Diskussion wichtig, die wir gestern geführt haben - - -

(Unruhe)

Herr Kollege, ich darf Sie unterbrechen. - Noch wichtiger ist es, dass es hier etwas ruhiger wird. Es gibt hier einige Unruhe-Inseln. Ich möchte darum bitten, dass die Gespräche eingestellt werden oder die Option genutzt wird, sie außerhalb des Plenarsaals fortzuführen. - An dieser Stelle gleich noch meine Frage, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hilbers gestatten.

Oh ja, gerne!

Herr Dr. Sohn, Sie haben eben ausgeführt, dass Sie für den niedersächsischen Landeshaushalt über 3 Milliarden Euro mehr aus Steuern einnehmen wollen. Können Sie uns einmal in Zahlen nennen, wie weit das Steueraufkommen bundesweit dann steigen müsste? Und können Sie das einmal in Relation zum Steueraufkommen auf Bundesebene setzen?

Ja. Bundesweit würden durch diese vier wesentlichen Maßnahmen, die wir vorschlagen - das Ganze ist natürlich mit unserer Bundestagsfraktion und der Bundespartei abgestimmt -, 120 Milliarden Euro zusätzlich eingenommen. Das würde, heruntergebrochen auf den Landeshaushalt - ich kann Ihnen das gerne im Detail noch einmal vorrechnen -, exakt die Summe ergeben, die ich Ihnen vorschlage.

Es ist das gleiche Muster, das wir seit dem ersten Alternativhaushalt vorgeschlagen haben. Wenn Sie sich die vier Bände - wir haben jetzt gesammelten Bände; demnächst kommt Band 5 dieser Alternativvorschläge - angucken, werden Sie sehen, dass wir das während der Krise 2008/2009 abgesenkt haben, weil wir realistisch davon ausgingen, dass es natürlich auch bei der Realisierung unserer Steuerveränderungsvorschläge in Zeiten der Krise weniger Steuern gibt. Das haben wir eingearbeitet. Deshalb haben wir - darüber gab es durchaus kontroverse Diskussionen innerhalb unserer Fraktion - an mehreren Punkten Forderungen, die wir in 2008 schon einmal hatten, in 2009 wieder abgesenkt. - Das machen wir dann im Einführungskurs „Alternative Haushaltsrechnung, Grundkurs Nr. 1“, Herr Hilbers. Ich mache das gerne für Sie persönlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Maßnahmen, die wir vorschlagen, würden dann - das ist für die Diskussion, die wir gestern hatten, wichtig - dazu führen, dass wir keine neuen Schulden aufnehmen müssten.

Ich komme nun zum Schlusssatz der Begründung dieses Antrags, der mir wichtig ist:

„Niedersachsen könnte angesichts eines Gesamtschuldenstandes von rund 58 Milliarden Euro sogar damit beginnen, Altschulden in Höhe von 585 Millionen Euro zu tilgen.“

Das ist unser Vorschlag für ein tatsächliches Umsteuern in der Finanzpolitik dieses Landes.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit komme ich zu dem zweiten Antrag, der damit natürlich verklammert ist, nämlich zu der Frage eines Nachtragshaushaltes.

Wir schlagen vor, die gegenüber den früheren ersten Schätzungen deutlich stärker sprudelnden Steuerquellen dafür zu nutzen, auch den sozialen Schuldenstand unseres Landes abzubauen. Auch das konzentriert sich wieder auf die Bereiche Bildung und Soziales. Das betrifft Studiengebühren, Krankenhausinvestitionen und Schülerbeförderung.

Ich will das nicht wiederholen und möchte nur auf eine Sache eingehen, die - Sie werden das aus den Unterlagen sehen - einen Akzent betont, der vom Volumen her gar nicht so groß ist, der aber - Herr Dr. Althusmann ist leider nicht da - ein Schlaglicht auf diese Regierung wirft.

Diese Regierung hält sich zugute, dass sie keine Bundesmittel liegen lässt. Es gibt die Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten, die bisher zum Glück bei Auseinandersetzungen in der Regel, konsensual festgelegt, das bekommen hat, was sie braucht. Sie hat jetzt die Chance auf Bundesmittel für den Ausbau der Gedenkstätten in Wolfenbüttel und Liebenau. Das sind einmal 850 000 Euro, das andere Mal 425 000 Euro. Da fehlt nur noch die Gegenfinanzierung durch das Land. Diesem Wunsch ist Herr Dr. Althusmann in einem Schreiben, das auch den Landtagsabgeordneten vorliegt, mit der Begründung - ich zitiere - nicht nachgekommen:

„... da die Haushalte für die Jahre 2012 und 2013 beschlossen wurden und eine kurzfristige Änderung nicht möglich ist.“

Dr. Althusmann als alter Haushaltsexperte weiß natürlich ganz genau, dass das sachlich falsch ist. Es wäre natürlich möglich, wenn er diesem Nachtragshaushalt zustimmt. Von mir aus könnte das so geschehen, dass man vonseiten der CDU einen Änderungsantrag macht, den ganzen anderen Kram wegstreicht, diesen Punkt aber lässt. Dann wäre das haushaltstechnisch möglich. Das macht er aber nicht. Insofern werden diese Bundesmittel leider liegen gelassen.

Das ist eine der konkreten Auswirkungen Ihrer Feigheit vor den Wählern und Ihrer Weigerung, Jahr für Jahr einen ordentlichen Haushalt zu machen. Stattdessen benutzen Sie dieses Schlupfloch Doppelhaushalt.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Möllring, das bezahlen letztlich diese Gedenkstätten. Sie lassen bei diesem Punkt konkret Geld liegen.

Kurzum: Wir wollen wieder Vernunft und jährliche Abrechenbarkeit in die Haushaltspolitik bringen. Wir wollen den sozialen Schuldenberg verringern.

Kneifen Sie nicht vor einer Haushaltsdebatte 2013! Sorgen Sie jetzt für mehr soziale Gerechtigkeit, wenigstens für ein Stückchen!

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt der Kollegin Geuter das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich auf den Antrag der Fraktion DIE LINKE eingehe, möchte ich ganz wenige Sätze zum derzeitigen Doppelhaushalt 2012/2013 dieser Landesregierung sagen.

Es hat sich nicht nur bei der Aufstellung dieses Doppelhaushaltes, sondern auch im Moment bei der Ausführung gezeigt, dass der Versuch, sich nach außen das Image eines seriösen Haushaltssanierers zu geben, mit der Realität nicht so sehr viel zu tun hat.

Es war der jetzige Finanzminister Möllring - das kann man in vielen alten Protokollen nachlesen -, der damals, als er noch in der Opposition war, das Instrument eines Doppelhaushaltes als zutiefst unseriös gegeißelt hat. Ich habe auch ein Protokoll gefunden, in dem von ihm der Begriff „Feigheit“

verwendet wurde. Jetzt hat sich genau dieser Finanzminister im letzten Jahr hingestellt und gesagt, sein Doppelhaushalt, den er jetzt zusammen mit dem Ministerpräsidenten vorstellt, sei ein Beleg für die besondere Ernsthaftigkeit bei der von ihm beabsichtigten Schuldenzurückführung. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Peinlich war in diesem Zusammenhang nur, dass er seinen zunächst vorgelegten Entwurf nach einigen Wochen auf Druck der Oppositionsparteien, des Bundes der Steuerzahler und des Landesrechnungshofes zurückziehen musste, weil er eben nicht der Verfassung entsprach.

Es hat hinterher einen zweiten Entwurf gegeben, der dann tatsächlich verfassungsgemäß war. Wie der Landesrechnungshof festgestellt hat, ist das nicht dadurch gelungen, dass man strukturell irgendetwas verändert hat, sondern durch - ich zitiere - „kreative Gestaltung im Einzelplan 13“. Das heißt, man hat bei einigen Positionen einfach nur etwas hin- und hergeschoben.

Der Landesrechnungshof hat schon damals angemahnt, dass die Landesregierung die Vorgaben ihrer eigenen Mipla nicht eingehalten hat. Wir haben das Thema gestern schon einmal gehabt. In Ihrer eigenen Mipla vom letzten Jahr stand, dass zur Einhaltung der Schuldenbremse ein moderates Ausgabewachstum nötig ist.

(Zuruf von Christian Grascha [FDP])

- Sie können doch gleich noch reden.

Der Landesrechnungshof hat Sie bereits im letzten Jahr gefragt: Wenn Sie schon die Erkenntnis haben, warum handeln Sie nicht danach? Warum steigern Sie die Ausgaben in einer Größenordnung, wie es sie in den Jahren davor nicht gab und wie sie in den Jahren danach nicht mehr vorgesehen ist?

Wir wissen natürlich, weshalb Sie das gemacht haben. Sie haben das getan, weil Ihr Doppelhaushalt ausschließlich auf den Wahltermin 20. Januar 2013 ausgerichtet ist. Schon die Regierungsfraktionen haben mit ihrem Haushaltsänderungsantrag auf der Ausgabenseite eine Vielzahl von Maßnahmen mit hinzugefügt, eine Vielzahl von Projekten neu anfinanziert und auf den Weg gebracht. Die meisten von ihnen enden rein zufällig im Jahre 2013.

Auch in diesem Jahr - in den letzten Wochen und Monaten - haben wir festgestellt, dass die Vertreter der Landesregierung über Land gehen und auf einmal in ihrem Haushalt an dieser und an jener

Stelle noch Mittel finden, um Wohltaten auszuschütten.

(Heinz Rolfes [CDU]: Ihr habt aber Ärger! Worüber ihr euch ärgern müsst!)

Also kann Ihr Haushalt nicht so ganz seriös aufgestellt gewesen sein. Es müssen eine ganze Menge Platzhalter darin gewesen sein, dass man das im Moment noch möglich machen kann.