Protocol of the Session on July 19, 2012

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE haben wir hier bei der ersten Beratung schon ausführlich gesprochen. Auch im Ausschuss wurde noch einmal das eine oder andere Argument ausgetauscht. Insofern

möchte ich mich heute in meiner Rede darauf beschränken, auf den Änderungsantrag der SPDFraktion einzugehen.

Das Thema hat heute eine besondere Aktualität bekommen, nachdem die Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung und des Instituts für Finanzdienstleistungen veröffentlicht worden ist. Die Ergebnisse dieser Studie müssen wir uns einmal genau ansehen.

Vor diesem Hintergrund halte ich es für falsch, dass die SPD-Fraktion die Ergebnisse dieser Studie bereits am Tag der Veröffentlichung in Form eines Änderungsantrages auf den Tisch legt. Man sollte sich die Ergebnisse der Studie genau ansehen, auswerten und dann kluge und richtige Schlüsse ziehen. Da kann ich durchaus den einen oder anderen Punkt, den der Kollege Klein hier gesagt hat, unterstreichen.

Ich möchte zu vier Punkten etwas sagen.

Zum einen werden - auch das muss man in der Studie genau nachlesen -, Zinsobergrenzen abgelehnt. Es steht dort - ich zitiere einmal aus der Süddeutschen Zeitung - sehr klar: Eine gesetzlich festgelegte Zinsobergrenze sehen die Experten aber kritisch. - Ich möchte das Argument vorwegschicken - das gehört sich so für einen Liberalen -, dass eine Preisobergrenze einer sozialen Marktwirtschaft gänzlich fern ist. Deswegen gehört die freie Preisgestaltung in unserer Marktwirtschaft dazu und ist ein hohes Gut.

(Zustimmung bei der FDP)

Die Experten gehen aber noch auf zwei weitere Argumente ein. Bei einer staatlich festgelegten Preisobergrenze besteht die Gefahr, dass sich alle Anbieter an dieser Obergrenze orientieren. Das heißt, der Wettbewerb fällt aus. In der Studie steht, der Durchschnittszinssatz beträgt heute bei Dispositionskrediten 12,4 %. Ein Durchschnittszinssatz von 12,4 % heißt, dass wir uns in einer Spanne zwischen 6,95 % und 18 % bewegen. Es gibt Anbieter, die 6,95 %, 7,9 % fordern. Dann gibt es eine große Anzahl von Anbietern, die bei den Dispokrediten einen Zinssatz von 9 % anbieten.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Inner- halb der Grenzen kann es doch Wett- bewerb geben!)

- Ja, aber dieser Vorschlag geht in die falsche Richtung. Dann werden sich alle an der Obergrenze orientieren. Dieses Argument wird durch den

SPD-Antrag aufgegriffen. Dort heißt es unter dem ersten Spiegelstrich:

„… eine Zinsobergrenze …, die auch sicherstellt, dass Anbieter diese Obergrenze nicht zu ihren Gunsten ausschöpfen können.“

Da frage ich mich ganz ehrlich: Wie will man das in der Praxis machen? - Das wird nicht funktionieren. Das ist zwar ein hehres Ziel, aber das wird in der Praxis nicht funktionieren, meine Damen und Herren.

Das zweite Argument, das dagegenspricht, ist die Quersubventionierung. In dem SPD-Antrag wird kritisiert, dass über die Zinsen für Dispokredite andere Produkte quersubventioniert werden. Genau dieses Risiko besteht natürlich, wenn man die Dispositionszinsen begrenzt. Dann verlagert man dieses Problem in andere Bereiche, beispielsweise zu den Kontoführungsgebühren oder den Überweisungsgebühren. Da besteht dann auch die Gefahr einer Quersubventionierung.

(Glocke des Präsidenten)

Das Stichwort „Girokonto für jedermann“ ist ebenfalls angesprochen worden. Ich kann mich insofern den Worten des Kollegen Klein anschließen. Wenn es hier ein Problem gibt - und die privaten Kreditinstitute haben seit 1995 die Selbstverpflichtung -, muss man sicherlich noch einmal darüber reden.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege!

Insgesamt bleibt es dabei: Wir sollten den Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen - und damit natürlich auch den Änderungsantrag der SPDFraktion.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Schlech- te Idee!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Geuter hat sich für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Sie haben jetzt das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Deutschland herrschen griechische Verhältnisse -

(Ah! bei der CDU - Björn Försterling [FDP]: Zumindest in Bremen!)

zumindest beim Dispozins. Beide Länder gehören zu dem überschaubaren Kreis von Ländern, in dem die Bürger im Schnitt mehr als 10 % Dispozinsen zahlen müssen.

Einen vernünftigen Grund dafür gibt es nicht. Das belegt nun auch ein offizielles Gutachten, das heute vorgestellt worden ist. Nach einer Expertise, die für die Bundesverbraucherschutzministerin, Frau Aigner, erstellt wurde, sind die Dispozinsen vieler Banken überzogen, und es wären deutlich niedrigere Gebühren für Kontoüberzieher möglich. Zu diesem Schluss kommt das Gutachten.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Zwischen Dispo und Kontoüberziehung besteht ein Unterschied, Frau Geuter! Das sollten Sie einmal erläutern!)

- Darauf komme ich gleich noch zu sprechen, Herr Hilbers. Vielleicht hören Sie bis zum Schluss zu. Dann kommen wir beide weiter.

(Beifall bei der SPD)

Die Banken rechtfertigen ihre Zinsen oft mit hohen Kosten für die Abwicklung der Kredite und mit einem angeblich hohen Ausfallrisiko. Beide Aussagen sind durch die Studie widerlegt worden. Die Ausfallquote ist mit durchschnittlich 0,3 % außerordentlich niedrig. Bei normalen Konsumentenkrediten liegt sie bei 2,5 %. Die Experten haben ebenfalls darauf hingewiesen, dass sich der Bearbeitungs- und Verwaltungsaufwand für diese Kredite in den vergangenen Jahren nicht erhöht hat.

Diese Ergebnisse zeigen uns sehr deutlich, dass der Markt bei den Regelüberziehungszinsen für die Dispokredite ganz offensichtlich nicht funktioniert hat und die bestehenden gesetzlichen Regelungen nicht ausreichen.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Viele Leute wissen doch gar nicht, welche Zinsen sie zahlen müssen!)

Es besteht dringender Handlungsbedarf. Diesen Handlungsbedarf hat neben Verbraucherschutzverbänden und Schuldnerberatungsstellen auch der Niedersächsische Justizminister erkannt, der ebenfalls ein geeignetes rechtliches Instrumentarium eingefordert hat.

Bundesverbraucherschutzministerin Aigner hat diese Notwendigkeit offensichtlich bisher noch nicht gesehen. Sie hat als Ergebnis der Studie

zwar die Praxis kritisiert, es aber dabei belassen, die Finanzbranche zu fairen Konditionen aufzufordern. Das hat uns veranlasst, die Intention im Antrag der Linken aufzugreifen.

Wir kommen allerdings zu anderen Schlussfolgerungen als die Linken. Deswegen haben wir einen Änderungsantrag eingebracht. Wir sehen die Problematik bei den Dispozinsen, möchten aber die Schlussfolgerungen nicht ausschließlich auf die Sparkassen und damit auf das LandesSparkassengesetz begrenzen, sondern schon alle Kreditinstitute einbeziehen.

(Zustimmung bei der SPD)

Unser Antrag bezieht sich - das sehen Sie, wenn Sie ihn richtig lesen - auf die Dispozinsen, also auf den Regelfall der eingeräumten Überziehung - wohl wissend, dass auch bei der geduldeten Überziehung Handlungsbedarf besteht. Dieser Handlungsbedarf ist in unserem Antrag jetzt aber nicht aufgegriffen worden.

Auch ein weiteres Anliegen haben wir aufgegriffen, bei dem sich ebenfalls gezeigt hat, dass das Vertrauen auf den Markt und auf freiwillige Selbstverpflichtungsbekundungen nicht ausreicht. Obwohl schon 1995 der Zentrale Kreditausschuss eine Empfehlung für alle Kreditinstitute, die Girokonten für Verbraucherinnen und Verbraucher führen, ausgesprochen hat, ist es bis heute keine Selbstverständlichkeit, dass alle Verbraucherinnen und Verbraucher über ein eigenes Konto verfügen. Verbraucherzentralen weisen seit Langem darauf hin, dass vor allen Dingen überschuldete Personen Schwierigkeiten haben, ein Girokonto zu eröffnen.

Mangels einer gesonderten Erfassung gibt es keine bundesweiten Zahlen. Man kann aber gut auf die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zurückgreifen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Banken sich geweigert haben, selbst entsprechende Zahlen zur Verfügung zu stellen.

Der Zugang zu den Zahlungsdiensten stellt eine unabdingbare Voraussetzung für eine uneingeschränkte Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben dar. Ohne Girokonto werden oftmals keine Löhne ausgezahlt. Sozialleistungen können nur unter Schwierigkeiten und mit erhöhten Kosten ausgezahlt werden. Das Bezahlen von Miete, Strom und Wasser bereitet Probleme. Das ist in einer Anhörung im Deutschen Bundestag im April dieses Jahres eindrucksvoll bestätigt worden.

Eine gesetzliche Verpflichtung zum Abschluss eines Zahlungsdienstleistungsvertrages gibt es bisher nicht - abgesehen von Regelungen in einzelnen Landes-Sparkassengesetzen ausschließlich für Sparkassen. Für Privatbanken gibt es keine gesetzliche Regelung. Entgegen dem Votum der Bundesregierung möchten wir dort auch nicht auf eine europäische Regelung warten, sondern sind der Meinung, dass hier und jetzt konkreter Handlungsbedarf besteht, da die genannte Selbstverpflichtung sich seit vielen Jahren als stumpfes Schwert erwiesen hat.

An den beiden von mir aufgeführten Beispielen wird deutlich, dass im Bereich der Versorgung der Bevölkerung mit Geld und kreditwirtschaftlichen Leistungen zu fairen und transparenten Bedingungen nicht alles durch Wettbewerb, Markt und Selbstverpflichtung ausreichend geregelt ist. Daher fordern wir die Landesregierung auf, die Initiativen, die hier konkrete Rahmenbedingungen einfordern, auch bei der Bundesregierung zu unterstützen.

Wir geben zu, dass unser Änderungsantrag heute, der Aktualität geschuldet, sehr kurzfristig gekommen ist. Wir sind aber gerne bereit, in den kommenden Wochen und Monaten dieses Thema hier wieder aufzugreifen, wenn es dann eine Chance gibt, auch zu einer einvernehmlichen, gemeinsamen Entschließung zu kommen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Wortbeitrag kommt von Herrn Heidemann von der CDU-Fraktion.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Jetzt kommt ein Kenner des Bankenwesens!)

Bitte schön, Herr Heidemann! Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, als letzter Redner heute Abend zu dieser vorgerückten Stunde sollte ich und kann ich es kurz machen.

Herr Dr. Sohn, Ihren Antrag werden wir ablehnen,