Protocol of the Session on July 18, 2012

Naturschutz denkt. Dem Klimaschutz tun Sie jedenfalls mit Ihrem Antrag keinen Gefallen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das Wort hat nun der Kollege Sander von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion über das Waldsterben spielt im Augenblick keine Rolle. Wir sehen, dass solche Themen auch Modeerscheinungen sein können und dass, wenn man sie versachlicht, auf einmal der Wald wieder in Ordnung ist.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Aber seit der Diskussion über das Waldsterben wissen wir, dass der Wald eine unheimlich große Bedeutung für den Klimaschutz hat. Da ist es von Vorteil, dass er seine Leistung im Grunde genommen in dreifacher Hinsicht vollbringt: erstens als Kohlstoffdioxidspeicher. Da ist die Fichte relativ schlecht, Herr Kollege Schminke - darauf komme ich noch zurück -, weil im Laufe des Lebens einer Fichte nur rund 87 kg gespeichert werden. Bei der Buche sind es schon 187 kg. Das Zweite ist, dass Holz als Baustoff und als Werkstoff eine enorme Bedeutung hat. Man kann nur hoffen, dass in der Möbelindustrie der vorhandene Trend - weg vom Stahl und hin zu mehr Holz, auch zu Edelhölzern - weiter anhält; denn auch dort wird nämlich langfristig der Kohlenstoff gespeichert. Es ist im Grunde genommen völlig egal, ob Holz als Bauholz, als Möbelholz oder auch als Spanplatte verwendet wird. In jeder Form der Nutzung ist Holz ein Kohlenstoffspeicher.

Meine Damen und Herren, wir brauchen aber nicht nur Mischwälder, sondern auch Nadelwälder.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Denn Nadelholz ist für die Bauindustrie wichtig. Herr Kollege Schminke, ich dachte, als Gewerkschaftssekretär von Bau-Steine-Erden wüssten Sie, dass für den Bau eines Dachstuhls, der eine ungefähre Lebensdauer von 50 Jahren hat, nur Nadelhölzer verwendet werden. Wir nehmen dafür nicht mehr Lärchenholz oder teilweise Eichenholz wie früher beim Bau von Fachwerkhäusern.

Unser Antrag ist mehr als gut und sinnvoll, auch wenn vielleicht der Eindruck entstehen könnte, dass er sich an der einen oder anderen Stelle auf gewisse Papiere stützt.

(Johanne Modder [SPD]: Ganz stark!)

Es wäre wünschenswert, wenn wir nicht nur über den Staatswald, sondern auch über den Privatwald reden, Herr Kollege Schminke. Denn das ist im Grunde genommen die größte Fläche. Ich versuche wieder, Ihnen das nahezubringen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Falsche Zahlen!)

Daher müssen wir allen Waldbesitzern nahebringen, ihre Wälder nach dem LÖWE-Prinzip, also dem Nachhaltigkeitsprinzip, zu bewirtschaften. Der Begriff der Nachhaltigkeit kann auf ca. 80 verschiedene Weisen interpretiert werden. Er ist aus der Holznutzung entstanden. Meine Damen und Herren, wir alle wissen mehr oder weniger, dass Nachhaltigkeit bedeutet, nur so viel zu entnehmen, wie nachwächst. Das ist das Entscheidende. Daher ist die ganze Kahlschlagdiskussion mehr als widersinnig.

Meine Damen und Herren, denken Sie an die einzelnen Bereiche, die wir im forstwirtschaftlichen Sinne betrachten! Gerade im Privatwald gibt es aufgrund der Interessen der Waldbesitzer oft einen sehr viel vorsichtigeren Einschlag, der häufig nicht in der Intensität stattfindet, wie er stattfinden müsste.

Herr Meyer, eines haben Sie nicht verstanden - - - Nein, das nehme ich sofort zurück. Sie haben wieder einmal nicht verstanden, dass das Holz, wenn Sie es im Wald lassen, sofort Kohlenstoff produziert, und zwar beim Verwesungsprozess. Deswegen sollte ein Kompromiss dazu gefunden werden, was möglich ist.

(Glocke des Präsidenten)

- Herr Präsident, ich habe die Glocke gehört. Ich weiß, Sie wollen zum Parlamentarischen Abend. Ich wünsche viel Spaß!

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Sander, ich habe gedacht, Sie hätten schon das rote Licht gesehen.

Meine Damen und Herren, jetzt hat sich noch die Landesregierung zu Wort gemeldet. Herr Minister Lindemann!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gebe Frau König von den Linken ungern recht, aber in einem hat sie recht: Die Opposition hat aus der Debatte von heute früh - offenbar, weil sie nicht zugehört hat - keine neuen Erkenntnisse gezogen. Sonst hätte z. B. Herr Schminke nicht behauptet, wir würden eine Übernutzung in den Landesforsten vornehmen. Ich sage es noch einmal: Ein Drittel des zuwachsenden Waldes wird in den Landesforsten nicht wirtschaftlich genutzt. Nimmt man die Privatwälder hinzu, sind es insgesamt 70 % Nutzung.

Lassen Sie mich hinzufügen: Wir haben in Niedersachsen ein Drittel der gesamten Forstfläche der Landesforsten in Natura-2000-Kulissen und damit mit einem Vorrang Naturschutz ausgestattet. Insofern ist auch Ihre Behauptung, das werde nicht gleichberechtigt berücksichtigt, nicht zutreffend.

Wenn Herr Meyer hier ausführt, das Belassen des Holzes im Wald habe dieselben Auswirkungen auf das Klima wie die holzwirtschaftliche Nutzung, dann kann ich nur darauf hinweisen, dass nach den Statistiken die Nutzung von Holz als Möbelholz oder Bauholz in aller Regel eine mindestens 50-jährige Bindung des CO2 herbeiführt, während das Belassen im Wald mit Verrotten des Holzes eine sofort beginnende Freisetzung von CO2 herbeiführt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Meyer [GRÜNE]: Ich wollte wissen, ob Ihre Zahlen richtig sind! Wie viel ist denn im Waldboden? Stimmt die Zahl im Antrag der Frakti- onen oder in Ihrem Papier? Sind es 65 oder 45 %?)

Auch diese Behauptung, Herr Meyer, ist nicht zutreffend.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Das kön- nen Sie nicht beantworten!)

Dann wüsste ich gerne von Herrn Schminke, welche Nullnutzung denn in Niedersachsen hinsichtlich des Staatswaldes oder des Privatwaldes rückgängig gemacht worden sein soll. Meinen Mitarbei

tern und mir ist eine solche Rückgängigmachung jedenfalls nicht bekannt.

Niedersachsens Wälder sind insgesamt von standortgerechten, vielfältigen, stabilen, anpassungs- und leistungsfähigen Waldbeständen geprägt. Naturnahe Mischbestände überwiegen inzwischen deutlich gegenüber Reinkulturen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Bestehende Reinbestände werden schrittweise - ich habe heute Morgen darauf hingewiesen - umgebaut. Eine nachhaltig ertragreiche Bewirtschaftung sichert das Interesse der Waldeigentümer an ihrem Wald und ist Grundlage für eine zukunftsfähige Waldentwicklung.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich stelle fest, dass die heutigen Wälder in Verteilung, Aufbau und Struktur im Prinzip ein Spiegelbild der Landnutzungs- und Kulturgeschichte Norddeutschlands sind. Noch im 17. und 18. Jahrhundert wurde Raubbau betrieben. Das hat sich erst geändert, als vor 300 Jahren großflächig naturnahe Wälder im Rahmen der nachhaltigen Bewirtschaftung unserer Wälder angelegt worden sind. Zum Teil ist - ich habe das einmal nachgelesen - in einigen Regionen Niedersachsens, z. B. im Solling, die Erstaufforstung mit Waffengewalt erfolgt, um zu erreichen, dass dort der frisch gepflanzte Wald durch Schafbeweidung nicht gleich wieder beseitigt wurde.

Das LÖWE-Programm der Niedersächsischen Landesforsten kann als ein gelungenes Beispiel dafür angesehen werden, wie man Wälder naturnah bewirtschaften kann.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Das Programm ist verbindlich für die Landesforsten und nicht etwa in deren Belieben gestellt.

Neben der Bedeutung des Waldes hinsichtlich seiner Nutz- und Erholungsfunktion sind Wald und Holz in den letzten Jahren verstärkt - und das insbesondere aus Gründen des Klimaschutzes - in den Fokus von Wissenschaft und Politik gerückt. Denn Wald und Holz schützen durch ihre Bindung von CO2 unser Klima nachhaltig, zum Teil bei eingeschlagenem Holz mehr als 50 Jahre. Daher haben wir im vergangenen Jahr durch unsere Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt das hier bereits zitierte Klimagutachten, die Kohlenstoffstudie, erstellen lassen, die die klimabedeut

same Relevanz unseres Waldes beschreibt. Die Studie macht im Übrigen ganz eindeutig klar, dass im Wesentlichen die Nutzung des Waldes den höchsten Effekt für den Klimaschutz darstellt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Daher sind Forderungen nach einer großzügigen Flächenstilllegung von Wäldern auch in diesem Zusammenhang langfristig kontraproduktiv. Nur eine multifunktionale Waldbehandlung ist zielführend für den Klimaschutz und auch für alle anderen Schutzfunktionen des Waldes - im Übrigen einschließlich der Erholung für unsere Bevölkerung.

(Zustimmung bei der CDU)

Ziel der Landesregierung ist es, die Bedeutung des Waldes sowie der Forst- und Holzwirtschaft für den Klimaschutz stärker in das Bewusstsein der Menschen zu rücken; denn nur wachsende Wälder sind in der Lage, Kohlenstoff aus der Luft zu binden und durch die Assimilation der Bäume in Holz umzuwandeln. Dies geschieht in Form einer nachhaltigen und ordnungsgemäßen Bewirtschaftung durch unsere mehr als 70 000 Waldeigentümer.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Durch eine solche verantwortliche Nutzung der heimischen Ressource Holz verhindern wir im Übrigen Holzimporte aus Ländern, in denen Raubbau und Waldvernichtung an der Tagesordnung sind. Auch das sollte uns wichtig sein.

In vielen Bereichen unseres Lebens kann der nachwachsende Rohstoff Holz stärker als bisher eingesetzt werden und auf diese Weise energieintensiv produzierte Roh- und Baustoffe ersetzen. Wir als Landesregierung können uns mittelfristig auch ein CO2-Label auf Holzprodukten vorstellen und führen dazu mit den Beteiligten aus der Wirtschaft Gespräche. Mit der Kohlenstoffstudie hat die Landesregierung dafür eine wichtige Voraussetzung geschaffen.

Vor diesem Hintergrund begrüße ich die von den Fraktionen der CDU und der FDP eingebrachte Entschließung. Die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen zeigt einen richtigen Weg auf, um den bedeutenden Bau- und Werkstoff Holz, der in unseren Wäldern wächst, zu fördern und ökologisch sinnvoll einzusetzen. Wer Holz nutzt, der sorgt gleichzeitig dafür, dass unsere Wälder gepflegt werden - zum Wohle ihrer Eigentümer, zum

Wohle der Natur und auch zum Wohle unserer Bevölkerung.

Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Beratung.