Diese Aussage, meine Damen und Herren, trifft nach wie vor zu, und sie betrifft die nächste vorgenommene Änderung in gleicher Weise.
In § 157 des Niedersächsischen Schulgesetzes wird der erlaubte Anteil nicht katholischer und übrigens auch auswärtiger Schülerinnen und Schüler festgelegt. Das ist deswegen wichtig, weil sich nur aus dieser besonderen Regelung die finanzielle Besserstellung gegenüber anderen Schulen in freier Trägerschaft - auch in kirchlicher Trägerschaft - rechtfertigen lässt. Wir hätten es sonst tatsächlich mit einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes zu tun.
Ursprünglich betrug der erlaubte Prozentsatz nicht katholischer Schülerinnen und Schüler 10 %. In mehreren Schritten ist dieser Prozentsatz inzwischen auf 30 % heraufgesetzt worden - was man durchaus als den demografischen Verhältnissen geschuldet akzeptieren kann. Zu diesen 30 % gab
es im bisherigen § 157 NSchG einen Zusatz, der lautete: „Die oberste Schulbehörde kann … für einzelne Schulen ausnahmsweise einen höheren Anteil befristet zulassen.“ Aus diesem Satz entfällt in der Schulgesetzvorlage das Wort „befristet“, und die Bedingungen für das Überschreiten der 30-%Quote werden so weit gefasst, dass sich im Prinzip keine Schule mehr darum kümmern muss. Es darf nämlich dann geschehen, wenn - ich zitiere - „die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund ermöglicht“ - auch hier eine ausgesprochen großzügige Abweichung vom Vereinbarungstext - oder inklusiver Unterricht „erleichtert“ wird.
Meine Damen und Herren, diese Ziele sind lobenswert - jeder unterschreibt sie -, aber das beliebige Überschreiten der Quote ist es nicht.
Das ist auch der Grund für die erheblichen Bedenken, die der Landesrechnungshof im Gesetzgebungsverfahren geäußert hat. Durch eine unbefristete Öffnungsklausel - so wurde sinngemäß ausgeführt - sei möglicherweise kein sachlicher Grund mehr gegeben, Konkordatsschulen anders zu behandeln als andere Schulen in freier Trägerschaft, ihnen also eine privilegierte Finanzierung zukommen zu lassen.
Diese Hinweise, zu denen der GBD, der in der Kürze der Zeit nicht in die Tiefe gehen konnte, nur ausführte, sie seien ernst zu nehmen, wurden im Ausschuss einfach vom Tisch gewischt. - So gehen wir von der SPD nicht mit Vorgaben des Grundgesetzes um!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die SPDFraktion hat sich ihre Entscheidung nicht leicht gemacht, und eine Abwägung, wie ich sie hier vortrage, ist keine Konfrontation, sondern eine Mahnung, nämlich bei allen Sonderrechten große Sorgfalt walten zu lassen.
Auf eine ebenso sorgfältige wie freundschaftliche Prüfung ihrer Anliegen haben sich die Kirchen bei der SPD immer verlassen können, und das wird auch in Zukunft so bleiben. Zu der von der Regierungsfraktion vorgelegten Vorlage aber müssen wir Nein sagen.
Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Klare gemeldet. Sie haben 90 Sekunden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Poppe, ich habe mich schon gewundert, dass Sie nach einem solchen vehementen und überzeugenden Plädoyer für das Konkordat am Ende dann doch noch einige Argumente gefunden haben, um zu erklären, warum Sie es ablehnen. Aus meiner Sicht hat das nicht zusammengepasst und war auch nicht glaubwürdig.
Der zweite Punkt. Sie kritisieren, dass die Gesetzesnovelle nicht von der Landesregierung, sondern von den Fraktionen von CDU und FDP eingebracht worden ist. Sie wissen aber, dass das ein übliches Verfahren ist. So haben wir es auch bei der Oberschule oder beim Inklusionsgesetz gemacht. Dieses Verfahren hat sich auch bewährt. Es ist nach unserer Verfassung möglich. Wir haben es diese Form nicht gewählt, weil wir Zeit schinden wollten,
sondern weil wir die Beratung beschleunigen wollten. Schließlich muss das Gesetz zum Beginn des neuen Schuljahrs am 1. August umsetzt sein.
Der dritte Punkt ist die Beratungszeit. Wissen Sie, wer solch ein kurzes, kleines Gesetz nicht in drei Wochen abhandeln kann, dem spreche ich den guten Willen zur Beratung ab. Das muss man bei Ihnen einfach konstatieren.
Der vierte Punkt ist der Anstieg des Anteils nicht katholischer Schüler von 10 % auf 20 % und dann auf 30 %. Herr Poppe, die damalige SPD-Landesregierung hat an diesem Anstieg immer mitgewirkt. Deswegen können Sie das doch heute nicht kritisieren! Das gehört einfach zu den gesellschaftlichen Veränderungen dazu, die Sie als Landesregierung mitgetragen haben und die wir jetzt fortsetzen werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Klare, ich habe fünf Punkte vorgetragen. Das heißt bei so einem kleinen Gesetz, dass alle Kernpunkte fehlerhaft sind.
Die zweite Bemerkung: Die Fähigkeit, zuzuhören und zuhörend aufzunehmen, sollte zu den Grundfähigkeiten des Parlamentarismus gehören.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Bernhard Busemann [CDU]: Gehen Sie doch zum Staats- gerichtshof!)
Meine Damen und Herren, als nächsten Redner rufe ich Herrn Försterling von der FDP-Fraktion auf. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich persönlich hatte nach der ersten Beratung und dann auch nach der rund zweieinhalbstündigen zweiten Beratung im Kultusausschuss den Eindruck, dass auch weitere Stunden, Tage, Wochen und Monate der Beratung nicht geholfen hätten, um die Voreingenommenheit der Opposition gegenüber diesem Staatsvertrag zu beenden.
Im Kern haben Sie in den Beratungen kritisiert, dass wir zulassen wollen, dass in Ausnahmefällen auch mehr als 30 % nicht katholischer Schülerinnen und Schüler eine Konkordatsschule besuchen können.
(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das wird nicht verhindert! Das können Sie ma- chen! Nur nicht die privilegierte Finan- zierung!)
Wir alle wissen, dass auch in einigen katholischen Gebieten - wenn auch nicht in allen - der demografische Wandel zuschlägt und demzufolge auch die Anzahl der Schülerinnen und Schüler an Konkordatsschulen zurückgeht. Wir meinen, wenn einmal ein Jahrgang diese 30-%-Marke überschreitet, dann soll es trotzdem möglich sein, dass diese Konkordatsschule weiter besteht. Sie hingegen
wollen die Konkordatsschule in diesem Fall schließen. Das ist der Unterschied. Sie greifen mal wieder Schulstandorte in diesem Land an!
Und Sie wollen diese Ausnahmen noch nicht einmal dann zulassen, wenn es sich um nicht katholische Schülerinnen und Schüler handelt, die sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf oder einen Migrationshintergrund haben.
Das heißt, Sie sind in diesem Fall für Standortschließungen, gegen Inklusion, gegen Integration. Das kann man mit dem gesunden Menschenverstand nicht mehr nachvollziehen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Und irgendwann, nach anderthalb oder zwei Stunden, wurde dann auch klar, was für Sie das eigentliche Übel ist. Das Übel ist, dass die katholische Kirche das Erfolgsmodell Oberschule jetzt auch in Niedersachsen übernehmen möchte. Das stinkt Ihnen! Damit haben Sie nicht gerechnet! Sie wollen keine weiteren Oberschulen in diesem Land. Das ist Ihr eigentliches Problem.
Genau deswegen, Frau Flauger, wollen Sie dieses Gesetz ablehnen. Genau deswegen ziehen Sie wieder in den Schulkampf, und dieses Mal sogar gegen den Heiligen Stuhl. Das ist doch Wahnsinn, meine sehr geehrten Damen und Herren!
(Stürmischer, anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Sie haben es immer noch nicht verstanden!)
am 20. Januar 2013 vor den Wählerinnen und Wählern in Niedersachsen und am Ende Ihres Lebens noch an ganz anderer Stelle.
(Heiterkeit und stürmischer, lang an- haltender Beifall bei der FDP und bei der CDU - Lachen bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Unruhe)
Meine Damen und Herren, ich würde die Sitzung gerne fortsetzen. Aber das tue ich erst dann, wenn es im Plenarsaal wieder angemessen ruhig geworden ist.