Man kann sicherlich darüber streiten, ob kirchliche Schulen Teil des öffentlichen Schulangebotes sein sollten oder nicht. Sicher ist, dass Schulen freier Träger durch das Grundgesetz rechtlich abgesichert sind. Eine Gesetzesänderung allerdings, die katholische Schulen gegenüber Schulen anderer freier Träger nun noch mehr bevorzugt, als sie es durch den bestehenden Konkordatsvertrag, die bessere finanzielle Ausstattung und die aus Landesmitteln erstatteten Sachmittel ohnehin sind, geht wirklich zu weit.
Eigentlich sollte diese Vertragsänderung nur die letzte Schulgesetzänderung mit der Einführung der Oberschule für die bestehenden Konkordatsschulen, z. B. zusammengeführte Haupt- und Realschulen, nachvollziehen. Aber die vorgesehene Änderung geht weit darüber hinaus. Zum Beispiel wird die Überschreitung der 30-%-Grenze für den Anteil nicht katholischer Schüler an Konkordatsschulen quasi zum Normalfall. An dieser Stelle gebe ich den Argumenten recht, dass schon bei der Vertragsänderung 2004 dieser Umstand genauer hätte betrachtet werden müssen: Wird bei einer Ausweitung der Quote nicht katholischer Schülerinnen und Schüler an Konkordatsschulen von ursprünglich 10 % und der finanziellen Ausstattung der katholischen Schulen nicht der Gleichheitsgrundsatz verletzt? - Wenigstens diesmal genauer hinzuschauen, dazu gab die Gesetzberatung nicht genug Zeit.
An den neuen Konkordatsoberschulen soll außerdem ein gymnasiales Angebot möglich sein. Wo sonst bitte finden wir das an den neuen Oberschulen in Niedersachsen? - Sie wissen ganz genau, dass gymnasiale Angebote in der Regel nicht beantragt bzw. nicht genehmigt werden. Der Anteil der Oberschulen mit Gymnasialzweigen ist verschwindend gering. Die Tatsache, dass die Einführung eines gymnasialen Angebots an einer Konkordatsoberschule der Zustimmung des öffentlichen Schulträgers bedarf, kann nicht wettmachen, dass die Konkordatsschulen ungleich bessere Bedingungen ins Gesetz geschrieben bekommen.
Jahr bis zu 3,8 Millionen Euro im Jahr 2015. Der Landesrechnungshof und der GBD haben ihre Bedenken in der kurzen Gesetzesberatung im Ausschuss mehr als deutlich gemacht.
Wie gesagt, es war wieder einmal eine sehr kurze Gesetzesberatung, um das Gesetz noch bis zur Sommerpause zu verabschieden. Diese Unsitte der Regierungsfraktionen haben wir bei Gesetzesänderungen in dieser Legislaturperiode schon einige Male erlebt.
Meine Damen und Herren, das alles sind mehr als genug Gründe - neben unserer grundsätzlichen Haltung zu kirchlichen Schulangeboten -, diesem Gesetzentwurf auf keinen Fall zuzustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige Bemerkungen vorweg, um Missverständnissen oder bewussten Fehlinterpretationen vorzubeugen:
Erstens. Wenn die SPD-Fraktion heute diesem Gesetzentwurf nicht zustimmt, dann richtet sich unsere Haltung nicht gegen die bestehenden Konkordatsschulen.
Diese leisten, wie wir wissen - wir sind da gewesen -, hervorragende Arbeit. Ja, sie hatten integrative Elemente schon verinnerlicht und vorgelebt, gemäß dem Anspruch, dass jeder Mensch gleich wertvoll ist, als die Regierungsfraktionen das noch - mit Verlaub - für Teufelszeug hielten.
(Beifall bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Wer war das denn? - Clemens Große Macke [CDU]: Herr Poppe, das ist nicht sauber! Sie wissen, dass das nicht stimmt! So geht das nicht!)
Zweitens. Unser Votum richtet sich auch nicht gegen das Konkordat und seine angemessene Weiterentwicklung.
- Ich werde das gleich erklären, Herr Busemann. - Im Konkordat werden keineswegs nur Schulfragen behandelt. Kaum jemals, auch nicht in Regierungszeiten der SPD, hat es in Konkordatsfragen einen Dissens gegeben.
Wir stellen drittens auch nicht die Umwandlung der im Entwurf genannten kirchlichen Konkordatsschulen in Oberschulen als integrative Zusammenfassung des Hauptschul- und des Realschulbildungsganges infrage. Wir haben das auch in keiner Phase der Beratungen im Ausschuss getan.
(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ja, aber jetzt! - Dr. Stephan Siemer [CDU]: Warum lehnen Sie dann jetzt ab?)
- Genau diese Frage beantworte ich jetzt. Die heutige Ablehnung ist ein Votum gegen eine Übertragung der Konkordatsvereinbarung in das Niedersächsische Schulgesetz, die in wichtigen Punkten fehlerhaft ist und deshalb von mehreren Seiten als eindeutig kritikwürdig eingestuft worden ist. So wenige Sätze, so viele Schwächen - Sie können es einfach nicht.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der LINKEN - Clemens Große Macke [CDU]: Herr Poppe, Sie kommen da nicht raus! Sie sind gegen das Kon- kordat!)
Allein schon die Tatsache, dass ein völkerrechtlich bindender Vertrag nicht von der Landesregierung, sondern von den Regierungsfraktionen eingebracht wird, ist merkwürdig.
Diese Merkwürdigkeit hängt damit zusammen, dass die Landesregierung die angemessene und rechtzeitige Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände schlicht verpennt hatte und dies nur noch auf dem Weg über den Ausschuss geheilt werden konnte. Die kommunalen Spitzenverbände hatten zu der Stellungnahme nur etwa eine Woche Zeit. Es mag banal klingen, es ist aber kennzeichnend für Ihre mangelnde Sorgfalt.
Wichtiger sind die inhaltlichen Ungenauigkeiten. Sie beziehen sich auf die beiden behandelten Paragrafen des Niedersächsischen Schulgesetzes.
„Auf Antrag des kirchlichen Schulträgers können diese Schulen nach Maßgabe der für die entsprechenden öffentlichen Schulen geltenden Regelungen als Schulen der Schulform Oberschule geführt werden.“
In der Gesetzesänderung aber heißt es nicht „nach Maßgabe der für die entsprechenden öffentlichen Schulen geltenden Regelungen“, sondern nur: „wenn die Entwicklung der Schülerzahlen dies rechtfertigt“. Andere Regelungen wie etwa die Zügigkeiten, Klassenstärke oder Prognosezeiträume für die Entwicklung der Schülerzahlen werden nicht berücksichtigt. Das ist nicht nur eine Abweichung, das ist auch eine Ungleichbehandlung.
Wem dies zu spitzfindig erscheint, der wird jedenfalls dann stutzig werden, wenn er in der Gesetzesänderung einen zweiten Satz vorfindet, in dem
steht, dass eine Konkordatsoberschule um ein gymnasiales Angebot erweitert werden kann. Eine solche Ergänzung ist erstens überflüssig. Alle Konkordatsschulen haben auf Anfrage signalisiert, dass sie eine solche Erweiterung nicht planen, schon gar nicht gegen den Willen der öffentlichen Schulträger. Zweitens widerspricht sie den Verhandlungsergebnissen von 2010. Damals hat die katholische Kirche als eine Art Gegenleistung für die erreichten Fortschritte zwei katholische Gymnasien und zwei Kooperative Gesamtschulen, alle vier Schulen mit gymnasialer Oberstufe und privilegierter staatlicher Finanzhilfe, darauf verzichtet, für weitere Konkordatsschulen die Erweiterung um ein gymnasiales Angebot zu verlangen.
Das, meine Damen und Herren, ist keine Lappalie. In meiner Rede vom Juni 2010 zu der letzten Änderung des Konkordats habe ich ausgeführt:
„Wir stehen zum Recht auf die Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft. Wir stehen zum Konkordat. Wir stehen auch zu seiner Weiterentwicklung. Wir fordern diese Landesregierung aber auf, wie andere Regierungen vor ihr stets die Balance im Auge zu behalten, die nötig ist, um sowohl die Rechte aller Schulen in freier Trägerschaft als auch die des öffentlichen Schulwesens angemessen zu berücksichtigen.“
Diese Aussage, meine Damen und Herren, trifft nach wie vor zu, und sie betrifft die nächste vorgenommene Änderung in gleicher Weise.