Protocol of the Session on June 22, 2012

Nach Bornemann et al. muss eine Aussage zur geologischen Langzeitsicherheit eines geplanten Endlagers u. a. Abschätzungen von potenziell möglichen Transportpfaden für Fluide enthalten, die eine Verbreitung von Radionukliden aus dem Endlagerbereich in das Deckgebirge zulassen könnten. Als Transportpfade kämen Klüfte oder Störungen infrage.3

Nach Bauer (1991) haben kryogene Risse und Klüfte in bergmännisch erschlossenen Salzstöcken Bokeloh sowie Benthe und Lehrte-Sehnde einen Tiefgang von bis zu 600 m. Allerdings seien diese Aussagen mit Unwägbarkeiten behaftet und sollten als eine mögliche Theorie diskutiert werden. Bereits die Überschrift seiner Abhandlung ist mit einem Fragezeichen versehen.4

Im ihrem Bericht zur Untersuchung und Bewertung von Salzformationen behauptet die BGR, dass das Aufreißen von klaffenden Brüchen im höheren Teil von Salzkörpern als Folge der Einwirkung des Permafrostes während des Pleistozän und ihre spätere Verfüllung mit pleistozänem Lockermaterial von Bauer 1991 nachgewiesen worden sei. Man habe zwar mit den zur Verfügung stehenden Mitteln dieses Phänomen nicht nachweisen können, es sei aber davon auszugehen, dass die Dachlagen des Salzstocks Gorleben bis in eine Tiefe von 400 m unter der Quartärbasis durchaus solchen Permafrostbeanspruchungen ausgesetzt gewesen sein könnten. Man habe dieses Kriterium wegen unzureichender Datenbasis aber nicht in die Betrachtungen einbezogen, wolle aber auf diese negative Tatsache aufmerksam machen und weise vergleichend auf die Arbeiten von Duphorn 1986 hin.5 6

Soweit der Landesregierung bekannt, konnten kryogene Klüfte bislang im Erkundungsbereich 1

nicht nachgewiesen werden. In den weiteren, bislang noch nicht aufgefahrenen Erkundungsbereichen müsste ihr Vorkommen noch untersucht und sicher ausgeschlossen werden.

Aus Sicht der Landesregierung bedarf die Frage, ob kryogene Klüfte und Risse am Standort Gorleben potenziell mögliche Transportpfade für Fluide darstellen können, noch der Klärung. So sollte z. B. der Frage nachgegangen werden, ob für den Fall, dass der Permafrost im Zuge einer kommenden Eiszeit den Bereich des Salzspiegels und tiefer erreicht, Lösungen durch potenziell entstehende Klüfte bis in den Einlagerungsbereich vordringen können. Zu klären wäre ebenfalls, ob eindringende Gebirgswässer ein ausreichendes Lösungspotenzial aufweisen, um größere Bereiche Steinsalz der Salzstockdachlagen in Lösung zu bringen.

Eine Bewertung durch die Landesregierung kann erst nach Einreichung qualifizierter Genehmigungsunterlagen erfolgen.

Zu 3: Bornemann et al. berichten von tiefreichenden Subrosionserscheinungen in der Standortbeschreibung Gorleben Teil 3.7

„Die untere Grenze der Einwirkung von Grundwasser auf das Kaliflöz liegt demnach zwischen den Bohrungen GoHy1304 und GoHy1305 bei ca. 445 m, d. h. zwischen 140 bis 170 m unterhalb des Salzspiegels. Die genannten Bohrungen liegen im NE-Teil des Salzstocks Gorleben in einer Entfernung von 2 km bis 3 km von Einlagerungsbereich 1“.

Nicht aufgeschlossene Bereiche, in denen die Subrosion noch tiefer gereicht hat, sind theoretisch denkbar. In den abgeteuften Salzspiegelbohrungen konnten Ablaugungsprozesse, die zu lithologischen Veränderungen in den anstehenden Gesteinen geführt haben, nachgewiesen werden. Diese Veränderungen sind in den oberen Bereichen der Eintrag von Deckgebirgsmaterial und eine teilweise Vergipsung des Hauptsalzes (z2HS), des Kaliflözes (z2SF) und des Deckanhydrits (z2DA). In den tieferen Bereichen kam es zur Bildung von Kainit. Nach Bornemann et al. stehen diese Bereiche als Wegsamkeiten nicht zur Verfügung.

Bornemann et al. führen weiter aus:

„Der Hauptanhydrit (z3HA) zeichnet sich generell als stratigraphischer Bereich aus, in dem mit Klüften gerechnet werden muss. Die Ursache dürfte

in den gesteinsmechanisch spröden Eigenschaften und im kompetenten Verhalten des Hauptanhydrids während der Halokinese liegen. Allerdings kann nicht von einem großen zusammenhängenden Kluftsystem ausgegangen werden, da der Hauptanhydrit im Bereich des Salzstocks Gorleben nachweislich in isolierte Schollen zerlegt wurde“.

Demnach wären durchgehende Wegsamkeiten über den Hauptanhydrit ausgeschlossen.8

Nach Angaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) gehört die Lage und Ausprägung des Hauptanhydrits auch zum Untersuchungsprogramm der BGR im Rahmen der Vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben. Demnach ist die genaue Lage des Anhydritgesteins zu ermitteln, da dieses eine potenzielle Wegsamkeit für Lösungen darstellt.9

Eine Bewertung durch die Landesregierung kann erst nach Einreichung qualifizierter Genehmigungsunterlagen erfolgen.

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1 KLEEMANN, U. (2011): Bewertung des Endlagerstandortes Gorleben. Geologische Probleme und offene Fragen im Zusammenhang mit einer Vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben (VSG). Regionalgeologie und Standorteignung. Erstellt im Auftrag der Rechtshilfe Gorleben e.V.

2 BGR (1995): Endlagerung stark wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle in tiefen geologischen Formationen Deutschlands. Untersuchung und Bewertung von Salzformationen – Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, 4 Anl., 1 Anh., 5 Abb., 16 Tab.; Hannover.

3 BORNEMANN, O., BEHLAU, J., FISCHBECK, R., HAMMER, J., JARITZ, W., KELLER, S., MINGERZAHN, G. & SCHRAMM, M. (2008): Standortbeschreibung Gorleben Teil 3: Ergebnisse der über- und untertägigen Erkundung des Salinars - Geologisches Jahrbuch, Reihe C, Heft 73: 211 S., 50 Abb., 5 Anl..

4 BAUER, G. (1991): Kryogene Klüfte in norddeutschen Salzdiapiren? In: Zbl. Geol. Paläont. Teil 1, S. 1247-1261, Stuttgart, Oktober 1991.

5 BGR aaO

6 DUPHORN, K. (1986): Das subrosive Sicherheitsrisiko bei der geplanten Endlagerung von radioaktiven Abfällen im Salzstock Gorleben aus quartärgeologischer Sicht. - Z. dt. geol. Ges., 137: 105-120, 5 Abb.; Hannover.

7 Bornemann et al., aaO

8 Bornemann et al, aaO

9 BMU (2012) : Gorleben Dialog; http://gorlebendialog.de/erkundungsarbeiten/doc/42.php

Anlage 40

Antwort

des Finanzministeriums auf die Frage 41 des Abg. Dr. Manfred Sohn (LINKE)

Landesrechnungshof beziffert finanzielle Risiken des Landes außerhalb des Kernhaushaltes mit mehr als 14,5 Milliarden Euro

Der Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofes 2012 nimmt u. a. zu den finanziellen Risiken des Landes außerhalb des Kernhaushaltes Stellung (vor allem im Ab- schnitt IV, Seite 11 der LT-Drs. 16/4800). Demzufolge betrügen die Summe der Verpflichtungsermächtigungen nach Abschnitt II der Haushaltsrechnung rund 4,3 Milliarden Euro sowie die Summe der möglichen Zahlungsverpflichtungen aus Bürgschaften und ähnlichen Rechtsgeschäften rund 6,7 Milliarden Euro, darunter allein rund 3,9 Milliarden Euro zugunsten der HanBG und der NBank. Als weitere Eventualverbindlichkeiten bestehen z. B. Garantien für die NORD/LB von rund 3,5 Milliarden Euro (Stand 2009) und die Gewährträgerhaftung für die NBank.

Ich frage die Landesregierung:

1. Treffen die angeführten Feststellungen im Jahresbericht des Landesrechnungshofes zu, und, wenn nein, was wäre konkret zu korrigieren?

2. Wie hoch waren die Eventualverbindlichkeiten des Landes aus der Gewährträgerhaftung für die NBank in 2009?

3. Wie hoch waren die Eventualverbindlichkeiten des Landes aus der Gewährtragerhaftung für die NBank 2011?

Zu 1: Die Landesregierung wird sich im Rahmen des im Unterausschuss „Prüfung der Haushaltsrechnungen“ des Niedersächsischen Landtages vorgesehenen Beratungsverfahrens zu den im Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2012 dargestellten Feststellungen äußern. Allerdings ist bereits jetzt darauf hinzuweisen, dass eine Addition von Rechtsverpflichtungen aufgrund eingegangener Verpflichtungen in Höhe von rund 4,3 Milliarden Euro, möglicher Zahlungsverpflichtungen aus Bürgschaften (6,7 Milliarden Euro) und weiterer Eventualverbindlichkeiten aus Garantien (3,5 Milliarden Euro) und Gewährträgerhaftungen zwangsläufig zu einem sachwidrigen Ergebnis führt:

Maßnahmen, die das Land zur Leistung von Ausgaben in künftigen Haushaltsjahren verpflichten können, sind nur zulässig, wenn der Haushaltsplan dazu ermächtigt. Dies geschieht in der Regel durch die Veranschlagung entsprechender Verpflichtungsermächtigungen im Haushaltsplan. Mögliche

Verpflichtungen aus in Anspruch genommenen Verpflichtungsermächtigungen gemäß § 38 Abs. 2 LHO sowie die sonstigen eingegangenen Verpflichtungen gemäß § 38 Abs. 4 LHO sind im Landeshaushalt und der mittelfristigen Finanzplanung abgebildet, d. h. mit Ausgabeermächtigungen in entsprechender Höhe hinterlegt. Ein finanzielles Risiko, dazu außerhalb des Kernhaushaltes, ist damit nicht verbunden. Dafür spricht auch die Tatsache, dass die entsprechenden Rechtsverpflichtungen titelscharf in Abschnitt II der Haushaltsrechnung abgebildet sind.

Mögliche Zahlungsverpflichtungen aus Bürgschaften sind Eventualverbindlichkeiten. Der Stand der übernommenen Bürgschaften ist ebenfalls in Abschnitt II der Haushaltsrechnung dargestellt. Das Risiko des Landes aus möglichen Inanspruchnahmen aus Bürgschafts-, Gewährleistungs- und ähnlichen Verträgen ist durch eine jährliche Ausgabeermächtigung in Kapitel 13 25 Titel 870 11 abgedeckt (für 2012 und 2013 jeweils 30 Millionen Eu- ro). Die tatsächliche Inanspruchnahme des Landes aus derartigen Verträgen betrug im Zeitraum 1950 bis 2010 ausweislich des Abschnitts II der Haushaltsrechnung für das Haushaltsjahr 2010 knapp 600 Millionen Euro. Dies belegt, dass die Absicherung des Landes für derartige finanzielle Risiken angemessen dotiert ist.

Garantien und Gewährträgerhaftungen sind Eventualverbindlichkeiten, die erst im Falle einer tatsächlichen Zahlungsunfähigkeit des entsprechenden Unternehmens monetäre Auswirkungen haben. Da ein solches Risiko nicht gesehen wird, besteht auch keine Veranlassung für eine entsprechende Absicherung im Landeshaushalt.

Zu 2: Nach § 7 Abs. 2 des Gesetzes über die Investitions- und Förderbank Niedersachsen (NBank) haftet das Land Niedersachsen für die Verbindlichkeiten der NBank unbeschränkt. Darunter sind alle von der NBank eingegangenen Verbindlichkeiten mit unmittelbarer Außenwirkung zu verstehen. Nicht darunter fallen Treuhandverbindlichkeiten, weil diese gemäß der treuhänderischen Abrede unmittelbar den Treugeber belasten. Ebenfalls nicht darunter fallen die bilanziellen Positionen der Rechnungsabgrenzungsposten und der Rückstellungen; denn hierbei handelt es sich um bilanzielle Vermögensvorsorge. Danach sind entsprechend dem Jahresabschluss 2009 der NBank folgende Positionen als Eventualverbindlichkeiten des Landes aus der Gewährträgerhaftung zu berücksichtigen (in Millionen Euro):

Verbindlichkeiten gegenüber

Kreditinstituten: 1 718,185

Verbindlichkeiten gegenüber Kunden: 265,415

Sonstige Verbindlichkeiten: 8,629

Summe: 1 992,229

Die auf Seite 11 des Jahresberichtes des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2012 in der Fußnote ausgewiesene Zahl von 5,9 Milliarden Euro aus dem Jahresabschluss 2010 ist insoweit missverständlich, weil sie offensichtlich sowohl die Treuhandverbindlichkeiten als auch Rechnungsabgrenzungsposten und Rückstellungen mit berücksichtigt.

Zu 3: Nach § 13 Abs. 4 des Gesetzes über die Investitions- und Förderbank Niedersachsen legt der Vorstand den geprüften Jahresabschluss, den Prüfungsbericht und den Lagebericht dem Verwaltungsrat vor. Der Verwaltungsrat stellt den Jahresabschluss fest. Diese Feststellung ist für das Wirtschaftsjahr 2011 noch nicht erfolgt.

Anlage 41

Antwort

des Finanzministeriums auf die Frage 42 des Abg. Dr. Manfred Sohn (LINKE)