Das Urteil des OVG wirft aus Sicht der Landesregierung zahlreiche Fragen auf. Dies gilt insbesondere für die Auffassung des Gerichts, ein Haushaltsgesetz sei als Grundlage der Förderung nicht ausreichend.
Die Frage, inwieweit das Urteil auf Niedersachsen übertragbar ist, kann erst nach Rechtskraft der Entscheidung beantwortet werden.
Das OVG geht davon aus, dass es sich bei der Förderung durch den Bund um eine „quasiinstitutionelle bzw. dieser zumindest nahekommenden Förderung handelt, die zu erheblichen Teilen unabhängig von konkreten Projekten erfolgt und sich insbesondere nicht auf die Förderung parteipolitisch neutraler Jugendarbeit beschränkt.“ (S. 11 des Urteils). Niedersachsen fördert dagegen ausschließlich Maßnahmen der politischen Jugendbildung. Personalkosten der Jugendverbände der politischen Parteien werden beispielsweise nicht gefördert. Die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der politischen Jugendbildung vom 1. Januar 2010 (Nds. MBl. 2010, 1115) schließt zudem in Nr. 2 die Förderung von parteiinternen Schulungen und Parteienwerbung ausdrücklich aus.
Nach der bisherigen Bewertung bestehen erhebliche Unterschiede zwischen der Förderpraxis des Bundes und derjenigen in Niedersachsen.
Zu 2: Das Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 14. März 2012 ist noch nicht rechtskräftig. Die Landesregierung sieht zurzeit daher keine Veranlassung, aus dieser nicht rechtskräftigen Entscheidung, die einen Bescheid des Bundes betrifft, Konsequenzen zu ziehen. Es bleibt abzuwarten, ob auch das Bundesverwaltungsgericht eine gesonderte gesetzliche Grundlage für erforderlich hält. Wann das Bundesverwaltungsgericht über die Revision und Anschlussrevision entscheiden wird, ist der Landesregierung nicht bekannt.
Die zuständigen Behörden und Ministerien informieren die Bevölkerung nach Ansicht von Betroffenen leider nur sehr spärlich über Vorgänge an und in den Atomanlagen in Gorleben. Aus den Berichterstattungen in den Medien ist Betroffenen zufolge auch nur unzureichend zu erfahren, welche Maßnahmen, Planungen etc. im Zusammenhang mit den Atomanlagen in Gorleben erfolgen bzw. geplant sind.
1. Welche Transporte mit schwach und mittelradioaktivem Atommüll sind seit dem 20. Oktober 2011 ins ABL Gorleben woher und mit welchen Inhalten geliefert worden?
2. Das TBL Gorleben (Zwischenlager) soll mit einer zusätzlichen Mauer geschützt werden. Welcher Art soll diese Mauer sein, welche Ausführung erhält sie (Höhe, Dicke, Material etc.), wann wird sie gebaut, und wogegen genau soll sie zusätzlichen Schutz bieten?
3. Die deutschen Zwischenlager sollen einem Stresstest unterworfen werden. Was genau beinhaltet dieser Stresstest, wann wird er von wem durchgeführt, und wird im Szenario „Gezielter Flugzeugabsturz“ der Absturz eines Airbusses A380 miteinbezogen, nachdem kürzlich das Bundesverwaltungsgericht bei der Behandlung der Klage von zwei Landwirten gegen das Zwischenlager am Atomkraftwerk Unterweser explizit anordnete, dass dieser Flugzeugtyp zusätzlich mit zu betrachten wäre?
Im Transportbehälterlager Gorleben (TBL-G) werden seit 1995 ausgediente Brennelemente aus Kernkraftwerken in fünf dafür genehmigten Lagerbehältern zwischengelagert, die für den Entsorgungsweg der direkten Endlagerung vorgesehen sind. Die vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am 2. Juni 1995 mit Änderungen erteilte Aufbewahrungsgenehmigung vom 2. Juni 1995 gilt bis zum 31. Dezember 2034.
Nach aktueller Genehmigungslage dürfen auf maximal 420 Stellplätze Kernbrennstoffe in Form von abgebrannten Brennelementen sowie radioaktive verglaste Spaltproduktlösungen aus der Wiederaufarbeitung in Transport- und Lagerbehältern unterschiedlichen Typs (z. B. Castor® V/19 für Brennelemente oder Castor® HAW 20/28 CG so- wie der französische TN85 für verglaste Abfälle)
mit einer genehmigten Gesamtkapazität von 3 800 Mg Schwermetall aufbewahrt werden. Der Bestand des TBL-G beträgt derzeit insgesamt 113 Transport- und Lagerbehälter (5 Brennelement- Behälter und 108 HAW-Behälter).
Künftig sollen nach den Planungen des Betreibers, der Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS), im TBL-G auch MAW-Glaskokillen (verglaste mit- telradioaktive Abfälle aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente) aufbewahrt werden.
Hierzu hatte die GNS bzw. die Brennelementlager Gorleben GmbH (BLG) im Februar 2012 beim BfS nach § 6 des Atomgesetzes die Aufbewahrung von verfestigten mittelradioaktiven Abfällen (MAW- Glaskokillen) in Transport- und Lagerbehältern der Bauart Castor HAW28M im Transportbehälterlager Gorleben beantragt.
Nach heutigem Stand muss die Rückführung in die Bundesrepublik Deutschland spätestens 2015 abgeschlossen sein. Die Antragsstellerseite geht dabei aus heutiger Sicht von einer Einlagerung von bis zu fünf Transport- und Lagerbehältern Castor HAW28M mit MAW-Glaskokillen aus. Die Abfälle stammen aus der Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente aus deutschen Kernkraftwerken in Frankreich und sind nach Deutschland zurückzuführen.
Das TBL-G ist derzeit das einzige Zwischenlager der Energieversorgungsunternehmen in Deutschland, das über eine Genehmigung zur Aufbewahrung von verglasten hoch radioaktiven Abfällen, den sogenannten HAW-Glaskokillen, verfügt.
Aus heutiger Sicht wird ab 2015 von einer Einlagerung von bis zu 21 Transport- und Lagerbehältern mit HAW-Glaskokillen aus Großbritannien ausgegangen. Die Abfälle stammen aus der Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente aus deutschen Kernkraftwerken in Großbritannien und sind nach Deutschland zurückzuführen. Ob für die hierfür notwendigen Zwischenlagerungen im TBL-G vom dafür zuständigen BfS weitere Genehmigungen erteilt werden, ist noch nicht entschieden.
Zu 1: Seit dem 20. November 2011 erfolgte ein Transport mit Verdampferkonzentrat in das Abfalllager Gorleben (ALG). Absender war die GNS, Karlsruhe.
Einwirkungen Dritter hatte die GNS beim BfS im Mai 2011 beantragt. Details zur Bauausführung und zum Zeitpunkt der Errichtung der zusätzlichen Mauer liegen der Landesregierung nicht vor. Die genauen Hintergründe der Errichtung der zusätzlichen Mauer unterliegen weiterhin der Geheimhaltung.
Zu 3: Als Konsequenz der Ereignisse in Fukushima werden nach einer Entscheidung der Bundesregierung neben Kernkraftwerken und Anlagen der Versorgung auch Anlagen und Einrichtungen der Entsorgung, wozu u. a. auch Zwischenlager für bestrahlte Brennelemente und hoch radioaktive Abfälle zählen, einem Stresstest unterzogen. Die Entsorgungskommission (ESK) wurde hierzu vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit durch einen Beratungsauftrag gebeten, den Stresstest für die Anlagen der Entsorgung und Versorgung durchzuführen. Entsprechend den Anlagenkategorien wurde von der ESK im ersten Schritt eine Frageliste entwickelt, die am 30. Mai 2012 an die Länder versandt wurde mit der Bitte, diese an die jeweiligen Betreiber weiterzuleiten und bis zum 17. August 2012 an die ESK zurückzusenden. Auswertung und Bewertung der Betreiberantworten ist Sache der ESK. Das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz wird die Antworten aber einer Überprüfung hinsichtlich ihrer aufsichtlichen Relevanz unterziehen.
Der Fragenkatalog beinhaltet die Prüfungsbereiche Erdbeben, Hochwasser, Starkregen und sonstige wetterbedingte Ereignisse, Ausfall Energieversorgung, Brände und Explosionen. Auch der Bereich Flugzeugabsturz ist in die Frageliste aufgenommen, wobei auch drei mechanische und thermische Schutzgrade (Typ-Starfighter, mittleres Ver- kehrsflugzeug, großes Verkehrsflugzug) in Betracht gezogen werden.
Der niedersächsische Umweltminister Stefan Birkner hat im Zusammenhang mit dem möglichen Endlagerstandort Gorleben mehrfach sinngemäß ausgeführt, bisher sprächen keine Erkenntnisse gegen ein Endlager im Salzstock
Gorleben-Rambow. Dabei ist er bisher nicht ein einziges Mal auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse eingegangen, die von Wissenschaftlern wie Ulrich Schneider, Ulrich Kleemann, Klaus Duphorn u. a. angeführt wurden, die gegen die Eignung des Salzstocks für die Einlagerung von hoch radioaktivem Atommüll sprechen.
1. Teilt sie die Einschätzung von Dr. Ulrich Kleemann, dass der Salzstock in einer aktiven Störungszone liegt, und, wenn nicht, welche Erkenntnisse kann sie dagegen ins Feld führen?
2. Teilt sie die Einschätzung von Duphorn, Schneider u. a., dass als Folge der Permafrostbeanspruchung eiszeitinduzierte kryptogene Klüfte und Risse bis in die Nähe der vorgesehenen Einlagerungskammern vorliegen könnten und, wenn nicht, aufgrund welcher Erkenntnisse nicht?
3. Teilt sie die Einschätzung von Schneider und Bornemann, dass Einwirkungen von oberflächennahen Grundwässern bis zu einer Tiefe von -421 m NN durch die kainitische Ausbildung des Kaliflözes belegt sind und dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass es im Salzstockbereich weitere, gegebenenfalls noch tiefer reichende vorauseilende Auflösungserscheinungen im Kaliflöz Staßfurt gibt sowie Wegsamkeiten für lösungspotente Grundwässer über den Hauptanhydrit gegeben sind, und wenn nicht, welche Erkenntnisse kann sie dagegen anführen?
Die Einrichtung von Anlagen zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle ist gemäß § 9 a Abs. 1 des Atomgesetzes Aufgabe des Bundes. Für die gegenwärtige geowissenschaftliche Erkundung des Salzstocks Gorleben werden bergrechtliche Betriebspläne des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) durch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) geprüft und zugelassen. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgt die Erkundung des Salzstocks Gorleben allein nach Bergrecht und umfasst alle rein bergbaulichen Arbeiten, um detaillierte Kenntnisse über das Salzstockinnere zu gewinnen. Diese Kenntnisse werden als Voraussetzung für die Beantwortung der wesentlichen Frage angesehen, ob die Sicherheit im Falle der Einlagerung radioaktiver Abfälle gewährleistet ist und welche Mengen von Abfällen in den einzelnen Bereichen des Salzstockes eingelagert werden können.
Die Niedersächsische Landesregierung setzt sich - im Rahmen der Beratungen für ein Standortauswahlgesetz - nachdrücklich dafür ein, die bergmännische Erkundung des Salzstocks Gorleben
noch in diesem Jahr auszusetzen, die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dokumentieren und den Standort Gorleben somit in das neue Standortauswahlverfahren zu überführen. Das Erkundungsbergwerk Gorleben sollte weiterhin bis zu der Standortentscheidung offen gehalten werden, sofern der Salzstock Gorleben nicht auf einer Entscheidungsstufe aus dem Verfahren ausgeschlossen wurde. Dabei dient Gorleben ausdrücklich nicht als Referenzstandort für andere im Standortauswahlverfahren zu erkundende Standorte, sondern wird vielmehr in das neue Auswahlverfahren integriert. Danach muss sich Gorleben in jedem Schritt des Verfahrens den jeweiligen Eignungskriterien und dem Vergleich mit den anderen Standorten stellen.
Die untertägige Erkundung des Standortes Gorleben ist noch nicht abgeschlossen. Der Niedersächsischen Landesregierung liegen zum jetzigen Stand des Verfahrens der Standorterkundung Gorleben auch keine aktuellen bzw. vollständigen Unterlagen des BfS als Vorhabensträger zur Prüfung vor. Eine Bewertung der Erkundungsergebnisse und die daraus folgenden Aussagen über Eignung oder Nichteignung des Standortes Gorleben durch die Niedersächsische Landesregierung könnten ohnehin frühestens erst nach förmlicher Vorlage entsprechender Genehmigungsunterlagen und deren Prüfung beim Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz als zuständiger Behörde bzw. durch deren Sachverständige erfolgen.
Zu 1: Dr. Ulrich Kleemann hat am 29. November 2011 im Auftrag der „Rechtshilfe Gorleben“ eine Studie zur Bewertung des Standortes Gorleben veröffentlicht. Die Studie beruht laut eigenen Aussagen von Dr. Kleemann im Wesentlichen auf der Auswertung ausgewählter Literatur und nicht auf eigenen wissenschaftlichen Arbeiten. Sie thematisiert „geologische Probleme und offene Fragen im Zusammenhang mit der Vorläufigen Sicherheitsanalyse (VSG)“.
Die Aussagen von Kleemann zu möglichen aktiven Störungszonen im Bereich des Erkundungsbergwerks Gorleben beziehen sich auf umfangreiche Themenkomplexe der geologischen Standortbeschreibung. Kleemann kommt zu dem Schluss, dass eine neotektonische Aktivität mit dem jetzigen Kenntnisstand nicht ausgeschlossen werden kann. Vonseiten des Betreibers (BfS) und der von die
sem zugezogenen Fachbehörde, der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), wurden hingegen keine Hinweise auf das Vorhandensein aktiver Störungen gefunden.2
Eine Bewertung durch die Landesregierung kann erst nach Einreichung qualifizierter Genehmigungsunterlagen erfolgen.
Zu 2: Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass die Anfrage sich auf „kryogene“ Klüfte und Risse bezieht (nicht wie in der Anfrage formuliert „kryptogene“ Klüfte und Risse).
Nach Kenntnis der Landesregierung sind verschiedenfache Auffassungen und Annahmen in der wissenschaftlichen Diskussion.
Nach Bornemann et al. muss eine Aussage zur geologischen Langzeitsicherheit eines geplanten Endlagers u. a. Abschätzungen von potenziell möglichen Transportpfaden für Fluide enthalten, die eine Verbreitung von Radionukliden aus dem Endlagerbereich in das Deckgebirge zulassen könnten. Als Transportpfade kämen Klüfte oder Störungen infrage.3