Protocol of the Session on June 22, 2012

Ich kritisiere auch überhöhte Dispozinsen, hohe Kontoführungsgebühren, noch höhere Gebühren für Pfändungsfreikonten und Konten auf Guthabenbasis, wie sie hier angesprochen sind - ebenso wie ich gelegentlich hohe Spritpreise, überteuerte Biowaren und überhöhte Hotelpreise kritisiere.

Aber das ist nun einmal Ausdruck der Wettbewerbssituation, und da hilft auf die Dauer kein staatliches Preisdiktat. Da muss sich der Verbraucher selbst wehren, den Wettbewerb zunutze machen und sich nach Alternativen umsehen. Das ist auf die Dauer deutlich wirksamer.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Dr. Man- fred Sohn [LINKE]: Das ist ja wie die FDP!)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Geuter das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Versorgung aller Bevölkerungsgruppen und auch der Unternehmen mit Geld und kreditwirtschaftlichen Leistungen gehört zu den wesentlichen Aufgaben der Banken. Wir haben während der Zeit der Wirtschafts- und Finanzkrise durchaus festgestellt, dass einige Banken ihrer Verpflichtung nicht so nachgekommen sind, wie wir uns es vorstellen. Insofern teilen wir zumindest die Einschätzung in dem Antrag der Fraktion der Linken, dass die Sparkassen und Genossenschaftsbanken nicht in diese Linie gehören, sondern sich sehr wohltuend davon abgehoben haben und dieser Versuchung nicht erlegen sind.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Insgesamt stellt man natürlich fest - das hat mein Vorredner schon angemerkt -, dass dieser Antrag ein Sammelsurium an Forderungen enthält, auf die ich heute nicht im Einzelnen eingehen kann; das würde meine Redezeit sprengen. Ich möchte aber einige Dinge ansprechen und deutlich machen, wo wir durchaus Handlungsbedarf sehen.

Wir haben festgestellt, dass Deutschland in der europäischen Krise vergleichsweise gesund dasteht. Dennoch gehören die Dispozinsen hierzulande zu den höchsten. Das ist ein sehr lukratives Geschäft für die Banken. Während die EZB den Leitzins seit Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008 in mehreren raschen Schritten von 4 % auf nur noch 1 % senkte, tat sich bei den Dispozinsen vergleichsweise weniger. Im europäischen Vergleich rangiert Deutschland, das bislang gut durch die Krise gekommen ist, weit oben. Sogar die angeschlagenen griechischen Geldinstitute verlangen

im Schnitt mit 10,9 % kaum mehr als die deutschen. Diese Zahlen habe ich der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Abgeordneten Sieling entnommen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Schön!)

- Ich möchte Ihnen nur deutlich machen, dass die Zahlen belegt sind.

Die Dispozinsen im zweistelligen Bereich sind ein Ärgernis vor allem deshalb, weil sich Banken nach wie vor wegen der Finanz- und Schuldenkrise Geld zu einem historisch niedrigen Zinssatz leihen können. Von daher sind wir der Meinung, dass hier Handlungsbedarf besteht.

(Zustimmung von Kreszentia Flauger [LINKE])

Wir halten aber wenig davon, dies über das Niedersächsische Sparkassengesetz zu ändern. Die Bundesverbraucherministerin Aigner hat zugesagt, Untersuchungen einzuleiten, um das Verhalten der Banken zu prüfen. Wir sehen durchaus Handlungsbedarf, möchten aber die Wettbewerbssituation der Sparkassen gegenüber anderen Banken nicht verschlechtern und sind der Meinung, dass es eine bundesweite einheitliche Lösung geben muss.

Vor diesem Hintergrund tun wir, meine ich, gut daran, von einer Veränderung des Niedersächsischen Sparkassengesetzes in diesem Fall abzusehen. Die Sparkassen würden es uns sicherlich nicht unbedingt positiv anrechnen, wenn wir eine solche Regelung treffen würden.

Ein anderer wichtiger Punkt, den Sie ansprechen, ist das Girokonto. Ein Girokonto ist heutzutage eine wesentliche Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und am modernen Wirtschaftsleben. Bürgerinnen und Bürger ohne Girokonto sind von wichtigen Funktionen ausgeschlossen. Ich erinnere nur daran, dass es in Niedersachsen die Regelung gibt, dass man ein Auto nur dann zulassen kann, wenn man eine Einzugsermächtigung erteilt. Das heißt, Menschen ohne Girokonto können hier in Niedersachsen nicht einmal legal ein Auto zulassen.

Schon seit 1995 haben die Spitzenverbände der deutschen Kreditwirtschaft ihren Mitgliedern empfohlen, jedem Verbraucher auf Wunsch ein Guthabenkonto zur Verfügung zu stellen. Ein solches Konto soll zumindest die Entgegennahme von Gutschriften, Bareinzahlungen und -auszahlungen sowie die Teilnahme am Überweisungsverkehr

ermöglichen. Dieser Vorschlag ist aus der Gemeinwohlverpflichtung des Eigentums abgeleitet.

Im Jahr 2006 haben der Bund und der Verband der Kreditwirtschaft mit einem Maßnahmenpaket versucht, diese Situation noch einmal zu verbessern. Alle zwei Jahre gibt es einen Bericht der Bundesregierung, wie sich die Situation eines Girokontos für jedermann gestaltet. Gerade im April dieses Jahres hat man im Deutschen Bundestag im Rahmen einer Anhörung über diese Thematik intensiv gesprochen und festgestellt, dass die deutschen Banken ihrer Verpflichtung eben nicht so nachkommen, wie es ursprünglich angedacht war.

Insofern halten wir eine Regelung, die ein Girokonto für jedermann für jede Bank zur Vorgabe macht, für richtig und wichtig. Auch mit diesem Thema möchten wir die Sparkassen nicht alleine belasten. Vielmehr muss das für alle Banken gelten. Da darf man entgegen den Angaben, die mein Kollege Heidemann eben gemacht hat, auch nicht auf Europa warten. Hier und jetzt besteht Handlungsbedarf.

(Beifall bei der SPD)

Die Bundesagentur für Arbeit hat in der Anhörung mit Zahlen deutlich gemacht, dass pro Jahr einige Millionen dadurch verloren gehen, dass viele Menschen kein Girokonto haben und ihre Leistungen nach dem SGB II nur über eine Zahlungsanweisung bekommen können, die deutlich teurer ist als eine reguläre Überweisung. Wir sehen insoweit großen Handlungsbedarf, aber eben auch auf der Bundesebene, und zwar für alle Banken.

Das Thema Basel III wird in dem Antrag auch angeschnitten. Es ist aber so komplex, dass ich das hier und heute nicht ansprechen möchte. Ich würde mir aber wünschen, dass auf der Bundesebene das, was der Niedersächsische Ministerpräsident immer wieder für die mittelständischen Betriebe und auch für die Kommunen eingefordert hat, tatsächlich umgesetzt wird. Insoweit erleben wir im Moment auf der Bundesebene eine andere Entwicklung. Ich denke, dass wir im Ausschuss hierüber noch intensiv reden sollten. Dieses komplexe Thema könnte jetzt im Rahmen von einer Minute nicht genügend gewürdigt werden.

Danke schön.

(Starker Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Geuter. - Zu dem Beitrag von Frau Geuter gibt es eine Kurzintervention des Kollegen Heidemann von der CDU-Fraktion. Herr Heidemann, bitte, Sie haben das Wort!

Danke. - Herr Präsident! Frau Geuter, Sie haben eben im Zusammenhang mit dem kostenfreien Girokonto sinngemäß gesagt, ich hätte gesagt, man solle auf Europa warten. Das habe ich nicht gesagt. Ich habe wörtlich ausgeführt:

„Darüber hinaus befasst sich zurzeit der Finanzausschuss des Bundestages mit diesem Problem und wird gegebenenfalls einen Gesetzentwurf vorlegen.“

Ich meine also, das Problem muss auch angegangen werden - selbstverständlich -, aber hier ist der Bundesgesetzgeber am Zuge. Da er sich derzeit schon damit beschäftigt, bin ich, weil im Bund Scharz-Gelb regiert, ganz sicher, dass er genau das Richtige für uns alle tut.

(Beifall bei der CDU)

Wie ich sehe, möchte Frau Geuter antworten. Ich erteile Ihnen das Wort, Frau Geuter, bitte!

Herr Heidemann, Ihr Wort in Gottes Ohr. Weil Sie gesagt haben, die Bundesregierung werde schon das Richtige tun, möchte ich darum bitten, dass Sie genau das, was Sie eben gesagt haben, an die Bundesregierung weitergeben. Denn diese hat sich bei den bisherigen Beratungen auf Bundesebene darauf zurückgezogen zu sagen: Wir warten jetzt auf eine europäische Regelung. - Wenn wir beide uns einig sind, dass wir ein Girokonto für jedermann in Deutschland ganz dringend brauchen - ich sage noch einmal ganz deutlich: ich meine kein kostenfreies Girokonto -, dann lautet mein dringender Appell: Sprechen Sie mit Ihren Parteifreunden auf der Bundesebene, damit sie sich endlich einmal bewegen! Dann kommen wir hier sogar zu einem einheitlichen Votum.

(Beifall bei der SPD - Wilhelm Heide- mann [CDU]: Das haben sie schon!)

- Nein, das haben sie nicht!

Für die FDP-Fraktion spricht jetzt der Kollege Grascha. Herr Grascha, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Spannende an diesem Antrag der Fraktion DIE LINKE auf anderthalb Seiten ist, dass er ein Sammelsurium von Themen enthält.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Es ist eine gute Sammlung, meinen Sie!)

Darin kann eigentlich jeder einen Punkt finden und dann hier einen Beitrag dazu liefern. Aber die Inhalte gehen zumindest aus unserer Sicht in die falsche Richtung. Der Antrag ist auch zu einem guten Teil sehr unkonkret.

Ich möchte insbesondere auf zwei Punkte eingehen.

Erstens zu der Frage, ob die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken dazu gezwungen werden sollen, einen Zinsaufschlag von nur 5 % zu nehmen.

In der Debatte ist schon gesagt worden: Eine staatlich festgelegte Preisobergrenze passt zumindest nicht in die Wirtschaftsordnung, die wir in Deutschland haben, in die soziale Marktwirtschaft, die sehr erfolgreich funktioniert. Im Übrigen ist es auch eine Wettbewerbsverzerrung, wenn ich einem Marktteilnehmer, nämlich den Sparkassen und Genossenschaftsbanken, eine solche Auflage mache und staatlich festlege, welchen Preis sie maximal nehmen dürfen, und andere Banken es anders machen können.

Das, was Sie eigentlich mit dem Antrag erreichen wollen, nämlich eine Stärkung der öffentlichen Banken und der Genossenschaftsbanken, kehrt sich ins Gegenteil. Sie schwächen damit diese Banken. Das wollen wir als FDP auf jeden Fall nicht. Wir sind der Auffassung, dass sich das DreiSäulen-Modell in der Bankenlandschaft Deutschlands bewährt hat.

Zweitens zu dem Thema „Für jedermann ein Konto“. Es gibt eine aus dem Jahr 1995 stammende freiwillige und ohne staatlichen Druck zustande gekommene Selbstverpflichtung der privaten Kreditwirtschaft, dass ein Girokonto für jedermann auch tatsächlich jedem angeboten wird. Es gibt eine Beschwerdestelle, die entsprechend eingerichtet worden ist.

Von daher sieht man, dass man auch ohne Gesetze und ohne staatlichen Druck tatsächlich zu guten Lösungen kommen kann.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Es funk- tioniert doch nicht, Herr Grascha!)

Herr Kollege Grascha, lassen Sie eine Zwischenfrage von Frau Geuter zu?

Frau Geuter, bitte schön!

Herr Grascha, vor dem Hintergrund dessen, was Sie eben gesagt haben, frage ich Sie: Teilen Sie die in dem Bericht der Bundesregierung vom Dezember 2011 enthaltene Erkenntnis, wonach die Banken bisher ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung eben nicht nachgekommen sind? Wenn Sie sie teilen, hätten Sie das eben nicht sagen dürfen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)