Protocol of the Session on June 22, 2012

„Ripke sagte, er kenne die Forderung der Wasserverbände; sie liefen auf ein Güllekataster hinaus. Danach wäre es zukünftig möglich, von jedem Hektar zu sagen, mit welcher Gülle er gedüngt worden ist. Er habe gar nichts gegen ein solches Kataster, zumal viele Betriebe über ihre EDV und GPS diese Informationen schon besäßen. Doch, so der Staatssekretär, würde sich die Landesregierung für solch ein Kataster entscheiden, bekäme sie ein Glaubwürdigkeitsproblem. Es fehle dann das Personal, um die dann offensichtlich werdenden Widersprüche zu verfolgen.“

So weit der Artikel.

Meine Damen und Herren, Ihnen geht es nicht um die Daten, damit man Widersprüche aufdecken könnte, sondern Sie wollen ein bürokratisches Monster schaffen, das den Anschein erweckt, Sie würden sich um ein besseres Güllemanagement kümmern. Damit machen Sie nicht das, was die Landkreise und die Wasserverbände von uns fordern.

Ich fasse zusammen: Das von uns Grünen und von der SPD geforderte Güllekataster ist auch nach Auffassung der Landesregierung machbar; das habe ich soeben zitiert. Es ist bürokratiearm, basiert auf Daten der Landwirte und wäre sehr wirksam. Dieser Ansicht sind auch die Wasserverbände.

Sie von CDU und FDP lehnen es aber ab, weil Sie sich nicht ernsthaft mit dem Gülleproblem beschäftigen wollen. Das hat man auch an Ihren Zwischenrufen und Zwischenfragen gemerkt. Sie sehen in der steigenden Nitratbelastung des Grundwassers kein Problem, und Sie wollen keine Verbesserung.

Es bleibt dabei: Wenn Sie das Gülleproblem nicht angehen, dann stinkt es in Niedersachsen weiterhin zum Himmel, im wahrsten Sinne des Wortes. Wir fordern Sie heute noch einmal auf, etwas zu tun, damit wir nicht bis 2013 warten müssen.

Herbert Grönemeyer hatte bei der letzten FußballWM den Song „Zeit, dass sich was dreht“ gesungen. Entweder machen Sie das in der Agrarpolitik, oder die Wahlergebnisse werden sich drehen!

(Beifall bei den GRÜNEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Die drehen sich so oder so!)

Jetzt hat Frau Kollegin König von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Wasserversorger schlagen Alarm. Sie melden Überschreitungen der nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie zulässigen Grenzwerte für Nitrat an bodennahen Messpunkten in weiten Teilen Niedersachsens. Zwei Drittel der Grundwasserkörper sind gemäß der Wasserrahmenrichtlinie gegenwärtig in einem schlechten Zustand.

Der Grundwasserschutz benötigt umfassende Änderungen des Ordnungsrechts. Aus diesem Grund haben wir mit unserem Antrag umfassende Vorschläge eingebracht.

Das Problem ist seit Jahren bekannt. Schon in den 90er-Jahren gab es ein Pilotprojekt „Einführung einer reduzierten Stickstoffdüngung“. Zehn Jahre lang wurden im Wendland und in Weser-Ems Alternativen ausprobiert. Am Ende, im Jahre 2001, wurde dem Landwirtschaftsministerium ein Bericht mit Handlungsempfehlungen vorgelegt. Daraus ist fast nichts umgesetzt. Das sogenannte Güllekataster, das es schon einmal gab und das aus Gründen des Datenschutzes wieder gekippt wurde, half nur im Hinblick auf die Baugenehmigung für Tierställe. Insofern bringt uns ein Güllekataster, so wie es die Grünen fordern, nicht weit genug.

Die Düngeverordnung und die Verbringungsverordnung sind so weich, dass die Probleme nicht in den Griff zu bekommen sind. Deswegen wird Alarm geschlagen, und zwar so laut, dass auch der Landwirtschaftsminister die Signale verstanden hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Beim Umweltminister kam das nicht ganz so deutlich an.

(Hans-Heinrich Sander [FDP]: Wen meinen Sie? Den ehemaligen oder den jetzigen?)

- Den jetzigen, auf dem Wassersymposium.

Herr Minister Lindemann hat Vorschläge zur Veränderung der Düngeverordnung angekündigt. Das reicht nicht aus; denn hier muss endlich sanktioniert werden. Die Düngeverordnung muss nachgebessert werden. Ausnahmeregelungen bei der EU müssen weg. Hier sind wir an der Seite von Herrn Minister Lindemann: Organische Düngemittel müssen aufgenommen werden!

(Beifall bei der LINKEN)

Dies ist aufgrund der gewachsenen Bedeutung der Biogasanlage, die leider nicht nur mit Wirtschaftsdünger beschickt wird, unabdingbar. Erlaubte Überschüsse bei Stickstoff müssen ab 2013 auf 50 kg reduziert werden. Wer in Folge die Bilanzüberschüsse überschreitet, muss sich einer verpflichtenden Beratung unterziehen und die Produktion anpassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Weil immer mehr Gülle und Trockenkot hin- und hergekarrt wird, wurde im Jahre 2010 die Verordnung über das Inverkehrbringen und Befördern von Wirtschaftsdüngern verabschiedet. Jetzt ist eine Nachregulierung durch das Land Niedersachsen ab dem 1. Juli 2012 angekündigt.

Von der Landvolkseite kam auf dem Symposium zu Nährstoffmanagement und Grundwasserschutz in Hannover die Idee auf, extreme Nährstoffüberschüsse in intensiven Tierhaltungsregionen durch Export von Gülle und Trockenkot in Ackerbauregionen zu entsorgen. Das hört sich zunächst einmal schlau an. In den Ackerbauregionen wird Futter für die Mastställe produziert, und weiteres Futter kommt aus Übersee. Dann werden in die viehreichen Regionen massiv Nährstoffe importiert. Die Nährstoffbilanzen platzen. Deshalb will man die Nährstoffe in Form von Gülle und Trockenkot von einer Seite des Landes auf die andere karren.

Meine Damen und Herren, dieser Lösungsansatz stinkt doch zum Himmel!

(Beifall bei der LINKEN)

Das Klima wird durch den zusätzlichen Verkehr massiv geschädigt. Da ist auch kein Kreislaufdenken vorhanden, und Regionalität ist überhaupt

nicht mehr gegeben. Es macht doch keinen Sinn zu trennen: hier Viehhaltung, da Ackerhaltung.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Ackerhaltung? - Heiterkeit)

- Ackerbau!

Um mit der Verbringungsverordnung Anreize für die Kreislaufwirtschaft zu schaffen, muss auf die verbrachte Düngermenge eine Abgabe gezahlt werden. Die kann man so wie den Wasserpfennig für die Wasserschutzberatung verwenden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir greifen auch den Vorschlag auf, den Datenabgleich zwischen Landes- und Kreisbehörden zu ermöglichen.

Meine Damen und Herren, man kann heute keinen Antrag zum Wasser- bzw. Grundwasserschutz einbringen, ohne auf die neuen Gefahren für das Grundwasser einzugehen. Aus diesem Grund beinhaltet unser Antrag auch, dass die Landesregierung ein Verbot des Frackings im Bergbaugesetz durchsetzen soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Wegen Peak Oil und den damit verbundenen Preis- und Profitsteigerungen und des Unwillens, sich auf erneuerbare Energieträger einzulassen, wenden sich Energiekonzerne - - -

(Unruhe)

Frau Kollegin, ich unterbreche Sie. - Ich möchte die Fraktionen bitten, die Gespräche einzustellen; denn ich vermute, dass wenig Interesse daran besteht, die Sitzung heute Nachmittag unnötig auszuweiten. - Bitte, Frau Kollegin!

Energiekonzerne wenden sich heute Erdgasvorkommen zu, die lange Zeit als unwirtschaftlich und technisch nicht förderbar galten. Dieses Erdgas ist in Gesteinsporen eingeschlossen. Damit es gefördert werden kann, muss das Muttergestein buchstäblich aufgebrochen werden. Dazu werden Gesteine angebohrt. Dann werden Flüssigkeiten, die mit Chemikalien und Sanden versetzt sind, in das Gestein gepresst, und zwar so lange, bis es aufbricht und das Gas gewonnen werden kann. Nur etwa 30 bis 60 % der Flüssigkeiten werden wieder gewonnen.

Die Chemikalien, die beim Fracking eingesetzt werden, sind überwiegend giftig und krebserregend. Die Aussagen der Landesregierung, dass die Grundwasserkörper, die über den durch Fracking aufgebrochenen Gesteinsformationen liegen, nicht verschmutzt werden, sind unglaubwürdig. Werden Gesteine erst einmal aufgebrochen und neue Porengänge geschaffen, dann ist ein Zugang zu Grundwasserkörpern sehr wahrscheinlich.

Auf der anderen Seite beinhalten die Förderung und Ableitung des Erdgases und der Lagerstättenwasser auch über dem Erdboden Verschmutzungsgefahren. So mussten kürzlich 42 km Kunststoffleitungen von ExxonMobil stillgelegt werden, weil krebserregendes Benzol aus den Rohrleitungen getreten war und das umgebende Erdreich verseucht hatte. Benzol und Quecksilber fanden sich sogar in den Blutproben der Anwohner. Die Kunststoffrohre wurden verlegt, obwohl in den Fachkreisen bekannt war, dass Benzol durch diese Kunststoffe hindurch diffundieren kann. Das ist ein Skandal ohnegleichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es reicht nicht aus, wie die Grünen ein Moratorium zu fordern. Zu schnell sind solche Zeiträume vorbei. Dann fällt einem das Problem mit voller Wucht auf die Füße, wie wir es z. B. bei Gorleben erleben. Nein, die Fraktion DIE LINKE in Niedersachsen fordert eindeutig, ein Verbot von Fracking im Bundesbergbaugesetz festzuschreiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, unsere Vorschläge zum Schutz des Grundwassers gehen sehr viel weiter als der Antrag der Grünen und als die Ankündigungen des Landwirtschaftsministers. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt der Kollegin Geuter das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Grundwasser ist die wichtigste Ressource zur Gewinnung von Trinkwasser und ist daher vor Belastungen zu schützen. Wir haben in Niedersachsen in den letzten Jahren allerdings die Entwicklung erlebt, dass durch eine weitere Intensivierung der Tierproduktion, durch den Boom des Wirtschafts

zweigs Biogas, durch einen erheblichen Grünlandumbruch, durch eine Zunahme des Maisanbaus und durch eine Zunahme des Wirtschaftsdüngers die Situation entstanden ist, dass auf etwa 70 % der Flächen zumindest punktuell die Nitratgrenzwerte überschritten werden.

Niedersachsen verstößt damit gegen die Grenzwerte der EU-Rahmenrichtlinien im Wasser- und im Nitratrecht und auch gegen die bundesgesetzlichen und niedersächsischen Regelungen, die allesamt ein Verschlechterungsverbot vorsehen. In der Region Weser-Ems, aus der ich komme, stellen wir sogar fest, dass die Entwicklung konträr zu den Regelungen verläuft. Wir hatten in den letzten Jahren gerade bei den Wasserwerken einen Anstieg zu verzeichnen, die ich besonders gut kenne, nämlich Thülsfeld und Großenkneten.

Es ist unstreitig, dass wir ein zusätzliches ordnungsrechtliches Instrumentarium benötigen. Wir müssen aber auch über die bisherigen Umsetzungsdefizite diskutieren und sie verbessern. Die Landwirtschaftskammer Weser-Ems hat diese Umsetzungsdefizite in den letzten Wochen und Monaten gegenüber einigen Landkreisen selbst bestätigt.