Protocol of the Session on May 10, 2012

Revision der Landwirtschaftskammer bringt extensiv wirtschaftenden landwirtschaftlichen Betrieb in wirtschaftliche Schwierigkeiten

Mit Urteil vom 26. Januar 2012 hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass einem Landwirt, der Grünlandflächen am Rande des Flughafens Bremen extensiv nutzt, für die Flächen Flächenprämien zustehen (Aktenzeichen: 10 LC 174/09). Eine Revision gegen dieses Urteil hat das Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen. Zuvor hatte die Landwirtschaftskammer Niedersachsen mit Bescheid vom 30. Juli 2008 ihren Bescheid vom 7. April 2006 wieder aufgehoben, mit dem dem in Rede stehenden Landwirt für die von ihm bewirtschafteten Grünlandflächen am Rande des Flughafens Bremen eine Grünlandprämie von 160,53 Zahlungsansprüchen bewilligt worden war. Dagegen hat der Landwirt den Rechtsweg beschritten, der schließlich zu o. g. Urteil geführt hat. Eine Auszahlung der 2006 bewilligten Zahlungsansprüche ist seit 2008 größtenteils nicht erfolgt. Lediglich für rund 20 Zahlungsansprüche außerhalb des umzäunten Geländes des Flughafens wurden die Zahlungsansprüche inzwischen anerkannt und 2011 ausgezahlt.

Statt die dem Landwirt seit Jahren vorenthaltenen Flächenprämien gemäß dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts nunmehr auszuzahlen, hat die Landwirtschaftskammer jedoch mit Schriftsatz vom 24. März 2012 eine Revisionszulassungsbeschwerde beim Niedersächsi

schen Oberverwaltungsgericht eingelegt und gleichzeitig beantragt, die Angelegenheit dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Dem betroffenen Landwirt droht damit ein weiterer jahrelanger Rechtsstreit. Gleichzeitig wurde dem Landwirt seitens der Kammer mitgeteilt, die Auszahlung der Flächenprämien könne unter Vorbehalt der Rückzahlung - was bei derartigen Bewilligungsbescheiden üblich ist - erfolgen, wenn er zusätzlich eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft in Höhe der vorläufig bewilligten Mittel vorlege. Alternativ soll eine Abtretung eingetragener Grundbuchsicherheiten an das Land Niedersachsen geprüft werden. Zur Vorlage einer Bürgschaft ist der Landwirt aufgrund von Investitionen der vergangenen Jahre und aufgrund der Tatsache, dass ihm mit den von der Kammer aberkannten ca. 140 Zahlungsansprüchen jahrelang ein erheblicher Teil seines Einkommens entgangen ist, jedoch nicht in der Lage.

Vonseiten der Kammer wurde dem Landwirt mitgeteilt, die Entscheidung, den Rechtsstreit mit der Revisionszulassungsbeschwerde weiterzuführen, sei nicht von ihr, sondern an hochrangiger Stelle von der Landesregierung getroffen worden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welches Mitglied der Landesregierung hat aus welchen sachlichen Gründen entschieden, die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nicht zu akzeptieren, die ausstehenden Flächenprämien nicht an den Landwirt auszuzahlen, sondern den Rechtsstreit mit Einlegen einer Revisionszulassungsbeschwerde fortzuführen?

2. Aus welchen sachlichen Gründen soll eine vorläufige Auszahlung der dem Landwirt seit 2008 nicht ausgezahlten und der in der Zeit des laufenden Verfahrens weiterhin entstehenden Flächenprämien von der Vorlage einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft abhängig gemacht werden?

3. Welcher über den Einzelfall hinausgehende rechtliche Klärungsbedarf veranlasst die Landesregierung gegebenenfalls den Rechtsstreit weiterzuführen, obgleich weder dem Land noch der Europäischen Union, aus deren Mittel die Flächenprämien finanziert werden, ein finanzieller Schaden entsteht?

In dem der Kleinen Anfrage zugrunde liegenden Fall geht es um die Gewährung der Betriebsprämie nach der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 bzw. vormals (EG) Nr. 1782/2003. Danach ist die Betriebsprämie an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe auszuzahlen, sofern diese über entsprechende Zahlungsansprüche und landwirtschaftliche Flächen verfügen. In den o. a. Verordnungen und den dazu von der EU-Kommission erlassenen Durchführungsverordnungen sind Zahlungsempfänger, landwirtschaftliche Tätigkeit und landwirtschaftliche

Flächen im Einzelnen definiert. Soweit erforderlich, wurden diese durch Bundesgesetze und -verordnungen sowie durch Auslegungen auf Bund-Länder-Ebene ergänzt. Auf dieser Grundlage besteht Einvernehmen darüber, dass Flugplatzflächen nicht beihilfefähig sind. Ergänzend ist anzumerken, dass es in dem genannten Fall um Flächen innerhalb des Sicherheitsbereichs des Flughafens geht, inklusive der an die Start- und Landebahn angrenzenden Flächen.

Daneben unterliegt die Gewährung der Betriebsprämie bezüglich der verwaltungsmäßigen Umsetzung den Zahlstellenvorgaben der EU und ist Bestandteil des sogenannten Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoS), wodurch für die Mitgliedstaaten kein oder allenfalls ein geringer Entscheidungsspielraum bei der Umsetzung dieser Maßnahme besteht.

Nach diesen Vorgaben ist eine Auszahlung der Betriebsprämie erst zulässig, nachdem alle Kontrollen abgeschlossen und alle strittigen Fragen geklärt sind.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die strittigen Flächen trotz teilweise erheblicher Nutzungsbeschränkungen und Leistung von Zahlungen für Pflegearbeiten durch den Flughafenbetreiber beihilfefähig sind, da der Kläger bei der Bewirtschaftung seiner Flächen eine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der o. a. Verordnungen ausübt.

Dabei orientierte sich das Oberverwaltungsgericht auch an einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), Aktenzeichen C-61/09, zur Beihilfefähigkeit von Flächen, deren Nutzung durch Naturschutzauflagen in größerem Umfang eingeschränkt war und für die der Kläger teilweise Entschädigungszahlungen von der Naturschutzbehörde erhalten hat.

Entgegen den Ausführungen des Urteils hat die Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission in einem Arbeitspapier Flughafenflächen im Sicherheitsbereich als Musterbeispiel für nicht landwirtschaftlich genutzte und damit nicht beihilfefähige Flächen aufgeführt.

Aus Sicht der Landesregierung ist das Verfahren im vorliegenden Fall weiterzuführen, weil es sich bei den Flughafen- bzw. Flughafenverkehrsflächen nach Überzeugung der EU-KOM nicht um land

wirtschaftliche Flächen im Sinne der o. a. Verordnungen handelt. Diese gehören vielmehr zum Sicherheitsbereich des Flughafens. Ohne deren Vorhandensein wäre die Ausübung des Flugbetriebs nicht möglich. Demnach besteht deren hauptsächlicher Zweck in der Sicherstellung des Flugbetriebs. Die zitierte Entscheidung des EuGH ist bereits insofern nicht mit dem vorliegenden Fall zu vergleichen, als die Verordnungen (EG) Nr. 1782/2003 und (EG) Nr. 73/2009 zur allgemeinen Rechtfertigung der Betriebsprämienzahlungen Umwelt- bzw. Naturschutzaspekte benennen.

Diese Auffassung wird vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz geteilt, sodass im Falle einer Nichtausschöpfung des Rechtsweges die KOM aller Voraussicht nach den Auszahlungsbetrag nicht erstatten würde.

Würde die Entscheidung des OVG akzeptiert, müsste im Übrigen in diesem Fall und in allen vergleichbaren Fällen die Betriebsprämie (künftig) für Flugplatzflächen gewährt werden. Mit der Begründung des OVG würden aber auch andere Flächen zukünftig beihilfefähig, wie z. B. Grünflächen an Parkplätzen oder Verkehrsinseln. Anlastungen durch die EU-Kommission wären nicht auszuschließen.

Die Entscheidung des OVG ist auch aus agrarpolitsicher Sicht von Bedeutung. Die Gewährung der Betriebsprämie sollte sich jetzt und in Zukunft auf zumindest überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen beschränken.

Da es hier um eine bedeutende Frage zur Auslegung von EU-Verordnungen geht und eine gegenteilige Auffassung der Europäischen Kommission bekannt ist, sind eine Weiterführung des Verfahrens und eine Einbeziehung des EuGH unverzichtbar, um eine auch die Europäischen Kommission bindende Rechtssicherheit zu erlangen.

Aus den genannten Gründen wurde durch ML entschieden, den Rechtsstreit mit einer Revisionszulassungsbeschwerde weiterzuführen. Die Hausspitze hat den entsprechenden Vorschlag des Hauses nach Beratung mitgetragen.

Zu 2: Wie bereits ausgeführt, ist nach den Vorgaben der EU eine Auszahlung der Prämien erst möglich, nachdem diesbezüglich alle Kontrollen abgeschlossen und alle strittigen Fragen geklärt sind.

Im vorliegenden Fall sollte aufgrund der besonderen rechtlichen Situation und der besonderen Situation des Betriebsinhabers eine Zahlung der stritti

gen Beträge unter der Voraussetzung ermöglicht werden, dass dieser eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft vorlegt. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die gezahlten strittigen Beträge im Fall von dessen Unterliegen in dem Rechtsstreit unverzüglich zurückerstattet werden.

Zu 3: Sollte seitens der Gerichte entschieden werden, dass Flughafenverkehrsflächen oder vergleichbare Flächen nicht beihilfefähig, sind oder sollten z. B. EU-Kommission oder Europäischer Rechnungshof im Rahmen ihrer Prüfungen feststellen, dass für Flächen dieser Art Betriebsprämie gezahlt wurde, obwohl diese nicht beihilfefähig sind, hätte dieses für das Land Anlastungen zur Folge.

Ansonsten wird auf die Antworten zu Fragen 1 und 2 verwiesen.

Anlage 29

Antwort

des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf die Frage 32 der Abg. Filiz Polat (GRÜNE)

Rettung der Villa Remarque Goddard

Die Villa Remarque Goddard (Casa Monte Ta- bor), in der Schweiz am Lago Maggiore gelegen, in der der Schriftsteller Erich Maria Remarque nach seiner Flucht aus Deutschland lebte, soll von den jetzigen Eigentümern verkauft werden. Dadurch besteht die Gefahr, dass sie saniert oder abgerissen wird. Die Erich Maria Remarque Gesellschaft e. V. aus Osnabrück, dem Geburtsort Remarques, versucht, dies zu verhindern. Es soll eine Erinnerungsstätte aus der ehemaligen Villa des berühmten Schriftstellers geschaffen werden, die helfen soll, dass sein pazifistisches Gedankengut für die heutige Gesellschaft erhalten bleibt. Hierzu sollen eine Dauerausstellung sowie weitere kulturelle Veranstaltungen in der Villa stattfinden. In der Villa, die auch ein Symbol für deutsche Exilkultur im Tessin ist, sollen sich zudem exilierte Schriftsteller und Künstler im Rahmen von Stipendien aufhalten können. Das Nutzungskonzept der Erich Maria Remarque Gesellschaft sieht vor, laufende Betriebskosten durch Übernachtungsmöglichkeiten für Touristen zu decken, ohne dass die Villa in ihrer Nutzung für die Öffentlichkeit eingeschränkt wird. Die Erich Maria Remarque Gesellschaft e. V. hat sich bereits mit einem Schreiben an Ministerpräsidenten David McAllister gewandt und um Unterstützung gebeten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Teilt die Landesregierung die Auffassung der Erich Maria Remarque Gesellschaft, dass es gesellschaftlich lohnenswert ist, über die Erhal

tung der Villa Remarque Goddard das pazifistische Gedankengut Remarques zu bewahren und eine Begegnungsstätte für die heutige Auseinandersetzung mit diesem Themenbereich zu schaffen?

2. Wie schätzt die Landesregierung die besondere Verantwortung des Landes Niedersachsens als Heimatland Erich Maria Remarques ein, sein künstlerisches und gesellschaftliches Erbe zu erhalten und zu fördern?

3. Inwieweit kann das Land Niedersachsen finanziell zum Erhalt der Villa beitragen, und inwieweit hat sich Ministerpräsident McAllister für dieses Projekt eingesetzt?

Seit 1996 gibt es in Osnabrück das von der Stadt Osnabrück und der Universität Osnabrück gemeinsam betriebene und mit Mitteln der Stiftung Niedersachsen eingerichtete Erich-Maria-RemarqueFriedenszentrum.

Das Friedenszentrum präsentiert in einer Dauerausstellung Leben und Werk des in Osnabrück geborenen Autors. Daneben beherbergt es das Erich-Maria-Remarque-Archiv mit der angeschlossenen Forschungsstelle Krieg und Literatur. Dieses stellt die weltweit umfangreichste Sammlung von Materialien von und über den Autor und sein Umfeld dar und steht der breiten Öffentlichkeit zur Nutzung zur Verfügung. Das Erich-Maria-Remarque-Friedenszentrum stellt zur Unterstützung von Schulprojekten Unterrichtsmaterialien zur Verfügung sowie populärwissenschaftliche und wissenschaftliche Publikationen bereit. Es vermittelt durch ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm in Form von Ausstellungen, Lesungen, Filmwochen, Symposien die Forschungsergebnisse an ein breites Publikum und wird so auch zu einer Begegnungsstätte.

Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wir folgt beantwortet:

Zu 1: Die Landesregierung sieht es als eine gesellschaftlich wichtige Aufgabe an, das pazifistische Gedankengut Erich Maria Remarques zu bewahren und die Auseinandersetzung mit den Themen Pazifismus, Menschenwürde und Friedenssicherung zu unterstützen. Das Erich-MariaRemarque-Friedenszentrum in Osnabrück widmet sich seit 1996 dieser Aufgabe und leistet dabei hervorragende Arbeit. Mittelfristig plant es die Erweiterung zu einem Zentrum für kulturelle Friedensforschung und Friedensvermittlung.

Zu 2: Die Villa „Casa Monte Tabor“ in der Schweiz, in der Erich Maria Remarque in den Jahren seines Exils sowie von 1948 bis zu seinem Tod gelebt hat, erinnert nicht nur an den Autor, sondern steht auch

für ein Stück deutsche Geschichte und deutsche Exilkultur in der Schweiz. Die Villa zu erhalten und sie u. a. zu einer Begegnungsstätte zu den Themen Friedenssicherung, Wahrung der Menschenwürde und Zusammenleben von Kulturen zu machen, ist eine achtenswerte Aufgabe. Der Schwerpunkt der Erinnerung an und Forschung von und zu Erich Maria Remarque liegt jedoch in Osnabrück.

Zu 3: Mit Schreiben vom 5. September 2011 hatte der damalige Bundespräsident den Ministerpräsidenten um Unterstützung des Landes Niedersachsen für den Erhalt der Remarque-Villa gebeten. Eine ähnliche Bitte hatte die RemarqueGesellschaft mit Schreiben vom 6. Oktober 2011 an den Ministerpräsidenten gerichtet. Der Ministerpräsident hat das zuständige Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) gebeten, etwaige Unterstützungsmöglichkeiten zu prüfen und sich mit der Remarque-Gesellschaft in Verbindung zu setzen. Das MWK hat daraufhin Kontakt mit der Remarque-Gesellschaft aufgenommen und eine mögliche Unterstützung des Erwerbs der Villa geprüft.

Das Nutzungskonzept für die Remarque-Villa sieht eine Dauerausstellung über Erich Maria Remarque und seine Frau Paulette Goddard, kulturelle Abendveranstaltungen, Aufenthalte für Stipendiaten oder Schriftsteller in den Wintermonaten sowie Buchungsmöglichkeit für Gruppen als Tagungs- und Begegnungsstätte und Vermietung der Wohnräume an Touristen in den Sommermonaten vor. Eine Finanzierung der Stipendien aus Mitteln des MWK ist nicht möglich; eine sinnvolle Einbindung der bestehenden Literaturstipendien in das Konzept der Remarque-Villa ist nicht erkennbar.

Nach Aussagen der Erich-Maria-Remarque-Gesellschaft beläuft sich der Wert der Villa auf ca. 6 Millionen Schweizer Franken. Angesichts der Haushaltslage des Landes Niedersachsen ist eine finanzielle Unterstützung des Ankaufs der Remarque-Villa nicht möglich.

Anlage 30

Antwort

des Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz auf die Frage 33 der Abg. Meta JanssenKucz und Christian Meyer (GRÜNE)