Wenn ich dann aber in den Komplex Prozesskosten- und Beratungshilfe schaue, dann steht da gar nichts! Zumindest bis jetzt nicht. Jetzt soll in Berlin etwas dazu kursieren. Das müssen wir dann mit beraten.
Der dritte Komplex betraf die Kasse der Länder: Wie viel sollen wir an Gerichtskosten mehr bekommen, wo auch wir seit 20 Jahren nichts draufpacken durften? - 3,8 %! Davon kann ich vielleicht die nächste Gehaltserhöhung bezahlen, aber mein 50-Millionen-Euro-Loch im Jahr 2013 oder 2014 habe ich dann immer noch. Mein Handlungsdruck vermindert sich also nicht, sondern stattdessen werden mir alle sagen: Sieh zu, dass du genug
Richter hast und dass der Vollzug stimmt! Warum hast du nicht aufgepasst, als das Geld verteilt wurde?
Es ist übrigens nicht so, dass der Staat bei den Verfahrenskosten ein Kostentreiber ist. Bei einem normalen Prozess, der vielleicht zu Kosten in Höhe von 1 000 Euro führt, betragen die Anwaltskosten 87 % und die Gerichtskosten 13 %. Eine Anhebung der Gerichtskosten würde sich also nicht so stark auswirken wie eine Anhebung der Anwaltsgebühren. Das muss man in dem gesamten Kontext verstehen.
Der gesamte Bundesrat, alle 16 Länder sind daran interessiert, dass im Zuge der Beratungen eine Korrektur im Sinne einer Anhebung der Gerichtskosten vorgenommen wird. Inzident gibt es vielleicht auch die eine oder andere Korrektur bei der Prozesskostenhilfe, Herr Kollege Adler. Sie haben in Ihrem Antrag ja aufgeführt, was der Bundesrat beschlossen hat.
Der Bundesrat hat in der Entschließung, die er vor acht Wochen mit 16 : 0 gefasst hat - also einschließlich des Landes Brandenburg, an dessen Regierung Ihre Partei beteiligt ist -, unter Nr. 6 ausdrücklich gesagt:
„Der Bundesrat hält es außerdem für unabdingbar notwendig, das Gesetzgebungsverfahren zur Kostenbegrenzung im Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferecht im zeitlichen Gleichlauf mit dem Gesetzgebungsverfahren für das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts durchzuführen.“
Woran ist hier nun gedacht? - Zum Beispiel daran, dass ein Richter - Herr Limburg hat das ja durchaus bestätigt - auch einmal Nein sagen darf, wenn es um einen Bagatellgegenstand geht und die Erfolgsaussichten nur sehr vage sind. Dann wäre es vielleicht auch einmal nicht gerechtfertigt, einen solchen Prozess über die Staatskasse zu finanzieren.
Ein weiteres Beispiel: Wenn im Rahmen der Prozesskostenhilfe eine Ratenzahlung vereinbart worden ist - womit ja auch Verwaltungsaufwand verbunden ist -, sollte geprüft werden, ob man dafür nicht eine kleine Gebühr nehmen darf. Dazu darf ich, lieber Kollege Limburg, an den leider verstor
„Ich finde es nicht prinzipiell völlig unstatthaft, darüber nachzudenken, ob man so etwas wie eine Gebühr einführt. Wir wissen ein Stück weit aus der Forschung: Wenn man etwas kostenlos macht, dann ist es den Leuten meistens auch gar nichts wert.“
Noch ein Beispiel: Wenn der Antragsteller HartzIV-Empfänger ist und ein Sozialhilfebescheid vorliegt, sollte die Prozesskostenhilfe ohne weitere Prüfung gewährt werden. Aber wie ist es in folgendem Fall? Ein betuchter Zahnarzt oder ein betuchter Wirtschaftsprüfer - ich gebe zu, ich lasse jetzt ein paar Vorurteile wandern - kauft sich in eine in Entstehung begriffene Photovoltaikanlage ein. Dadurch erhält er für das laufende und das nächste Jahre eine satte Verlustzuweisung, wodurch er, ohne dass er tatsächlich Not leidet, sein Einkommen auf null führt. Im Herbst lässt er sich scheiden. Soll das dann über die Prozesskostenhilfe bezahlt werden? - Hier muss man doch darüber nachdenken dürfen, ob solche Fälle nicht ausgekoppelt werden dürfen.
Ein anderer Fall: Ein Handwerker, der als Unternehmer sechs Leute beschäftigt, wird von seinem Auftraggeber hängen gelassen und muss sich nun 0,5 Millionen Euro einklagen. Dafür bekommt er Prozesskostenhilfe. Er gewinnt den Prozess, und 400 000 Euro kommen rein. Wäre es verwerflich, von ihm zu erwarten, dass er davon dann seinen Prozesskostenanteil bezahlt?
Es geht ferner darum, ob ein Bankkredit in Anspruch genommen werden darf. Ich will nur daran erinnern, dass wir es den Studenten zumuten, zur Begleichung von Studiengebühren dann, wenn Bedürftigkeit gegeben ist, eine Ratenzahlung und damit einen Bankkredit in Anspruch zu nehmen. Warum kann das hier nicht auch mit angedacht werden?
Es gibt also zahlreiche Beispiele, bei denen man aus Gerechtigkeitsgründen darüber nachdenken darf, ob die Gewährung von Prozesskostenhilfe wirklich gerechtfertigt ist.
Aber das ist für mich wirklich nur ein Randbereich des gesamten Themas. Mein Hauptanliegen ist, den Kostendeckungsgrad der Justiz wieder auf 50 % zu erhöhen. Das sehen alle Länder so. Ich wäre dankbar, wenn man mich hierbei unterstützt.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll sich der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen mit dem Antrag beschäftigen, mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer möchte das nicht beschließen? - Wer enthält sich? - Damit ist so beschlossen.
Wirtschaftsmotor Mittelstand - Bürokratische Hemmnisse abbauen, effiziente Strukturen schaffen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/4731
Es wird vorgeschlagen, damit federführend den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und mitberatend den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu befassen. Gibt es hierzu Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist auch das so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Tagesordnung angelangt. Der nächste, der 45. Tagungsabschnitt ist für den 20. bis 22. Juni 2012 vorgesehen. Der Präsident wird den Landtag einberufen und im Einvernehmen mit dem Ältestenrat den Beginn und die Tagesordnung der Sitzung bestimmen.
des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 2 der Abg. Olaf Lies und Petra Emmerich-Kopatsch (SPD)
Beschäftigungs- und Entlohnungsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus anderen EU-Mitgliedstaaten
Am 1. Mai 2004 und am 1. Januar 2007 sind der Europäischen Union (EU) insgesamt zwölf Staaten als neue Mitgliedstaaten beigetreten, darunter zehn osteuropäische Länder. Während einer Übergangsphase von bis zu sieben Jahren konnten die „alten“ EU-Mitgliedstaaten die Arbeitnehmerfreizügigkeit für Staatsangehörige der osteuropäischen neuen Mitgliedstaaten beschränken. Analog dazu konnten im Rahmen von Übergangsregelungen auch hinsichtlich der Dienstleistungsfreiheit zeitlich befristete Beschränkungen eingeführt werden. Deutschland hat diese Möglichkeiten bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit sehr weitgehend und bei der Dienstleistungsfreiheit teilweise genutzt.
Seit dem 1. Mai 2011 sind diese Übergangsregelungen für die 2004 beigetretenen Staaten ausgelaufen. Es ist nun allen EU-Bürgerinnen und -Bürgern (mit Ausnahme der 2007 beige- tretenen Staatsangehörigen Rumäniens und Bulgariens) möglich, weitgehend ohne Einschränkungen in Deutschland zu arbeiten. Nach derzeitiger Sach- und Rechtslage ist allerdings nicht für alle Formen und Fälle der grenzüberschreitenden Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sichergestellt, dass das in Deutschland geltende Arbeits- und Tarifrecht alle abhängig Beschäftigten - unabhängig von ihrer Herkunft - vollständig erfasst.
Neben der rein formellen Frage nach der geltenden Rechtslage stellt sich überdies die Frage nach der tatsächlichen Möglichkeit ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sich über ihre Rechte zu informieren und diese gegebenenfalls durchzusetzen. Hier wäre an Hemmnisse wie mangelnde Sprachkenntnisse, eine mangelnde Vertrautheit mit dem Rechtssystem in Deutschland oder einen fehlenden Zugang zu Informationen zu denken. Diese Probleme betreffen dabei keineswegs nur entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern etwa auch sozialversicherungspflichtig oder illegal Beschäftigte und (Schein-)Selbstständige aus anderen EU-Mitgliedstaaten sowie Beschäftigte im Rahmen der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung.
1. Über welche Kenntnisse verfügt die Landesregierung hinsichtlich der Anzahl, der Beschäftigungs- und Entlohnungsbedingungen sowie der entsprechenden Branchen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus anderen EUMitgliedstaaten, die sich in Niedersachsen aufhalten und die zur Erbringung von Dienstleistungen entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Scheinselbstständige, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung oder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in illegaler Beschäftigung sind, und welche Maßnahmen unternimmt oder plant die Landesregierung, um den Zugang zu diesen Informationen zu verbessern?
2. Welche Maßnahmen unternimmt oder plant die Landesregierung, um die tatsächlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung eigener Rechte dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verbessern?
3. Zu welchen Erkenntnissen ist die Landesregierung möglicherweise im Austausch mit anderen Landesregierungen, mit Beratungseinrichtungen, mit Interessenverbänden der Arbeitnehmer- oder der Arbeitgeberseite oder mit Organisationen von Migrantinnen und Migranten rund um Fragen der Beschäftigungs- und Entlohnungsbedingungen der in Frage 1 aufgeführten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelangt?
Die Einhaltung der arbeits- und sozialrechtlichen Schutzbestimmungen des deutschen und europäischen Rechts für ausländische Beschäftigte in Niedersachsen ist auch für die Landesregierung ein besonders wichtiges Anliegen. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen hat der Bundesgesetzgeber mit dem Arbeitnehmerentsendegesetz bzw. mit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sowie mit den dort enthaltenen Vorschriften zur Kontrolle der Einhaltung der Arbeitsbedingungen auch durch ausländische Arbeitgeber geschaffen. Das gilt auch für die zur Arbeitsleistung nach Niedersachsen entsandten bzw. überlassenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus EU-Mitgliedstaaten, um die es in Ihrer Anfrage geht.
Die Landesregierung hat keinen begründbaren Zweifel daran, dass sich die übergroße Mehrheit aller ausländischen Arbeitgeber vorgenannter Beschäftigtengruppen bei der Gewährung und Einhaltung der Beschäftigungs- und Entlohnungsbedingungen so rechtstreu verhält wie deutsche Arbeitgeber. Ein Generalverdacht gegen ausländische Verleihfirmen oder Werkvertragsnehmer oder gegen deren deutsche Auftraggeber ist nicht gerechtfertigt.
Soweit Anhaltspunkte für Verstöße vorliegen, haben sie mit entsprechenden Kontrollen und Maßnahmen der nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz und dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zuständigen Behörden (vor allem der Zollbehör- den - Finanzkontrolle Schwarzarbeit -, der Bun- desagentur für Arbeit und - im Falle von Schein- selbstständigkeit - der Deutschen Rentenversiche- rung Bund) zu rechnen.
Die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen von illegal Beschäftigten und Scheinselbstständigen sind der Landesregierung darüber hinaus nur so weit bekannt und können dies auch nur so weit sein, wie sie von den zuständigen Kontrollbehörden ermittelt und der Landesregierung entsprechende Informationen übermittelt worden sind.
Die Landesregierung sieht keine Veranlassung zur Erhebung eigener zusätzlicher Informationen, für die es im Übrigen einer Rechtsgrundlage bedürfte, die nicht in der Kompetenz des Landesgesetzgebers liegt.