Protocol of the Session on March 23, 2012

Zu den Aufgaben des Sonderreferats gehören u. a. die Aufdeckung neuer Fallkonstellationen, die Koordinierung von Aktionen und die Beschaffung und das Aufarbeiten von Daten (Risi- koanalyse).

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Erfolge sind seit der Gründung des Sonderreferats in Niedersachsen zu verzeichnen?

2. Welche Rolle hat das Zusammenspiel von Finanzämtern und „Task-Force“ bei diesen Erfolgen gespielt?

3. Wie hat sich die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern durch diesen neuen Akteur entwickelt?

Die Fragen der Abgeordneten Karl-Heinz Rolfes, Reinhold Hilbers, Helmut Dammann-Tamke, Christoph Dreyer, Wilhelm Heidemann, Gabriela Kohlenberg, Heiner Schönecke und Dr. Stephan Siemer beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die niedersächsische Sondereinheit „TaskForce“ ist bundesweit führend auf dem Gebiet der systematischen automationsunterstützten Steuersachverhaltsanalyse. Andere Länder haben inzwischen ähnliche Strukturen eingerichtet. Die „TaskForce“ konnte in Zusammenarbeit mit den Finanzämtern (insbesondere Außendiensten) erfolgreich seit Beginn im August 2002 jährlich zweistellige Millionenbeträge (insgesamt rund 130 Millionen Euro) an hinterzogenen Steuern aufdecken. Schwerpunkte waren z. B. die Bereiche Internethandel, Geschäftsfelder mit erheblich steuerlichem Gestaltungspotenzial sowie besondere Einzelfälle. Die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs ist aktuell und zukünftig ein wichtiges Thema.

Das Prüfungsamt des Bundes Berlin hat in seiner Mitteilung vom 18. Januar 2007 über die Prüfung der Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle festgestellt, dass die niedersächsische Sondereinheit „Task-Force“ in der Lage ist, einer international ausgerichteten und sich auf modernste

Datentechnik stützenden Wirtschafts- und Geschäftswelt zu begegnen.

Der Erfolg der „Task-Force“ begründet sich dabei auch in der generalpräventiven Wirkung; dadurch werden steuerehrliche Bürger in ihrem Glauben an die Besteuerungs- und Wettbewerbsgleichheit gestärkt.

Zu 2: Der Erfolg der „Task-Force“ wird auch durch die Mitarbeiter in den niedersächsischen Finanzämtern unterstützt; denn diese überprüfen das von der „Task-Force“ automationsgestützt unter Risikogesichtspunkten ausgewertete und verknüpfte Kontrollmaterial. Betriebswirtschaftliches, steuerfachliches und technisches Know-how, gekoppelt mit der Praxis in den Finanzämtern, sind das Erfolgsrezept.

Zu 3: Die niedersächsische „Task-Force“ war ausschlaggebend für die Vereinbarung der norddeutschen Finanzminister und -senatoren der Länder Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein Anfang 2008, bei der Bekämpfung des Steuerbetrugs auf Ebene der norddeutschen Länder noch enger zusammenzuarbeiten. Die Nordländer richteten nach dem Vorbild der niedersächsischen „Task-Force“ ebenfalls Sondereinheiten (sogenannte Stabsstel- len) ein. Darauf aufbauend, wurde im August 2008 die Lenkungsgruppe „Steueraufsicht“ der norddeutschen Länder als Koordinations- und Entscheidungsgremium mit einer gemeinsamen Geschäftsordnung ins Leben gerufen. Nach den ersten Erfahrungen hat sich die Einrichtung bewährt. Über die Lenkungsgruppe konnten länderübergreifende Prüffelder ausgetauscht werden, in denen vermehrt Steuerbetrug festgestellt werden konnte, sodass eine gleichmäßige Umsetzung (Gleichmä- ßigkeit der Besteuerung) in allen Nordländern gewährleistet werden kann.

Anlage 7

Antwort

des Justizministeriums auf die Frage 8 der Abg. Frauke Heiligenstadt, Claus Peter Poppe, Ralf Borngräber, Axel Brammer, Stefan Politze, Silva Seeler und Dörthe Weddige-Degenhard (SPD)

Neues Instrument zur Bekämpfung von Schulverweigerung?

Die Jugendrichter des Amtsgerichts Hannover wollen in einem „bundesweit einmaligen Projekt“ (HAZ vom 9. Dezember 2011) konsequent gegen hartnäckiges Schulschwänzen vorgehen.

So wollen sie Eltern unter bestimmten Umständen das Sorgerecht in Schulangelegenheiten entziehen. An die Stelle der Eltern sollen dann Ergänzungspfleger treten, die die Schulverweigerer auf die Rückführung in den Schulalltag vorbereiten sollen. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage wird die Vorbereitung eines gemeinsamen Erlasses von MK, MI und MJ angekündigt, mit dem „Regelungen zu einem abgestimmten Vorgehen im Falle von unentschuldigter Abwesenheit im Unterricht oder von den Unterricht ergänzenden Förder- und Freizeitangeboten sowie zur Absentismusprävention getroffen werden“ sollen (Drs. 16/3861, ausgegeben am 16. August 2011).

Wir fragen die Landesregierung:

1. Auf welcher Rechtsgrundlage beruht das Projekt des Amtsgerichts Hannover?

2. Wie beurteilt die Landesregierung dieses Projekt?

3. Wie ist der Stand der Vorbereitung des im Vorspann genannten Erlasses?

Schule hat die Aufgabe, den staatlichen Bildungsauftrag zu erfüllen und jungen Menschen Bildungs-, Berufs- und Lebensperspektiven zu eröffnen. Dabei gilt es, soziale Ausgrenzungen zu vermeiden und Kinder und Jugendliche darin zu schulen, Verantwortung für sich und die Gemeinschaft zu übernehmen. Hierfür ist ein regelmäßiger Schulbesuch eine wesentliche Voraussetzung.

Absentismus ist ein weit verbreitetes Phänomen, das in der Form des Schulschwänzens auch begünstigend für jugenddelinquentes Handeln sein kann. Zwar begehen nicht alle Schulschwänzer Straftaten, jedoch bestehen bei Jugendlichen, die erheblich strafrechtlich in Erscheinung treten, überproportional häufig erhebliche Probleme mit dem Schulbesuch. Regelmäßiger Schulbesuch hat deswegen auch eine kriminalpräventive Funktion. In jedem Falle werden durch Absentismus Problemlagen Jugendlicher erkennbar, denen alle Sozialisationsinstanzen präventiv begegnen müssen.

Verstößen gegen die Schulpflicht sollte in erster Linie mit pädagogischen Maßnahmen begegnet werden. Hierzu sind vorrangig die Erziehungsberechtigten aufgerufen, subsidiär aber insbesondere auch die Schule. Die Möglichkeit, Ordnungsmaßnahmen zu verhängen bzw. Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten, bleibt daneben unberührt. Die Verhängung solcher Maßnahmen sollte aber immer unterstützenden Charakter haben. Sofern Ordnungsmaßnahmen in Form von Bußgeldbescheiden bei rechtlich verantwortlichen Jugendlichen von den dafür zuständigen kommunalen Ord

nungsbehörden ergriffen werden und die Geldbuße nicht rechtzeitig gezahlt wird, können die zuständigen Jugendrichterinnen und Jugendrichter bei den Amtsgerichten auf Antrag der Vollstreckungsbehörde an Stelle der Geldbuße die Erbringung von Arbeitsleistungen oder andere Maßnahmen anordnen (§ 98 Abs. 1 OWiG). Kommen die betroffenen Jugendlichen einer solchen Anordnung schuldhaft nicht nach und zahlen auch weiterhin die Geldbuße nicht, können Jugendrichterinnen und Jugendrichter Jugendarrest von bis zu einer Woche verhängen (§ 98 Abs. 2 OWiG, § 16 JGG).

Unabhängig davon bleibt stets zu prüfen, ob ein ausgeprägtes Schulschwänzen nicht auch Ausdruck einer Gefährdung des Kindeswohls durch Erziehungsberechtigte darstellt, die sich nicht ausreichend um den Schulbesuch der Kinder und Jugendlichen kümmern. Diese Beurteilung obliegt dem Familiengericht beim Amtsgericht, welches dabei mit dem zuständigen Jugendamt zusammenarbeitet und gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen zur Abwendung der Gefahr treffen kann. Diese Maßnahmen reichen von der persönlichen Ermahnung der Erziehungsberechtigten über Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, bis zur teilweisen oder vollständigen Entziehung der elterlichen Sorge. Dabei darf die Entziehung der Sorge selbstverständlich stets nur als allerletztes Mittel eingesetzt werden, wenn alle anderen Maßnahmen erfolglos geblieben sind.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1: Die Rechtsgrundlage für die Übertragung der familiengerichtlichen Befugnisse auf Jugendrichterinnen und Jugendrichter findet sich in § 34 Abs. 2 Satz 1 JGG. Darauf basierend, hat das Präsidium des Amtsgerichts Hannover Ende 2011 eine neue Zuständigkeit der Jugendrichter beim Amtsgericht für familiengerichtliche Sorgerechtsverfahren geschaffen, die aus Ordnungswidrigkeitsverfahren nach § 98 OWiG resultieren.

Zu 2: Die Zusammenlegung von jugendrichterlichen und familiengerichtlichen Befugnissen in der Hand der Jugendrichterinnen und Jugendrichter entspricht dem Leitbild des Jugendgerichtsgesetzes.

Aufgrund der erst sehr kurzen Laufzeit des Projekts gibt es noch wenige Erfahrungen. Vom 1. Dezember 2011 bis 6. März 2012 wurden durch die Jugendrichter in Hannover insgesamt 82 Verfahren wegen erheblichen Schulabsentismus ein

geleitet. Hiervon sind derzeit noch 40 Verfahren anhängig. In zehn Fällen wurden richterliche Anhörungen durchgeführt, in sechs Fällen ein Verfahrensbeistand bestellt, und zwei Fälle wurden an das Familiengericht abgegeben, weil erhebliche Kindeswohlgefährdungen vorlagen, die über die vom Präsidium des Amtsgerichts geschaffene Zuständigkeit hinaus reichten. Ein Entzug der elterlichen Sorge ist bislang in keinem Fall erfolgt. Es reichten eindringliche Gespräche mit den Erziehungsberechtigten, um diese zu bewegen, ihre Erziehungsaufgaben wahrzunehmen. Die Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Schulabsentismus enden seit Einführung des Projekts seltener mit Arbeitsauflagen und Arrest.

Das Jugendamt der Stadt Hannover bewertet das Projekt positiv. So seien Eltern aufgrund des Projekts zunehmend zur Zusammenarbeit mit dem Jugendamt bereit. Einer Rückmeldung eines Schulsozialarbeiters einer berufsbildenden Schule in Hannover ist zudem zu entnehmen, dass zunehmend Eltern wegen Schulschwänzens ihrer Kinder zu Gesprächen in der Schule erscheinen.

Die ersten Erfahrungen mit dem Projekt sind positiv. Das Projekt scheint neue Ansatzpunkte zu erbringen, um Erziehungsberechtigte und junge Menschen zu motivieren, sich um den Schulbesuch stärker zu kümmern. Aufgrund der gesetzlichen Vorschriften und nach den ersten Erfahrungen mit der Handhabung geht es gerade nicht darum, Schülerinnen und Schüler oder deren Eltern zu sanktionieren. Stattdessen können durch das Projekt in vielen Fällen Arbeitsleistungen und Arreste vermieden werden. Die Landesregierung wird das Projekt weiter interessiert beobachten.

Zu 3: An den mit der Erarbeitung eines gemeinsamen Erlasses verbundenen Zielen, das in Modellregionen Niedersachsens erfolgreich umgesetzte (Modell-) „Projekt gegen das Schulschwänzen“ (ProgeSs) flächendeckend einzuführen, die Sensibilisierung für die pädagogische Aufarbeitung von schulvermeidendem Verhalten auf der Basis eines ursachenorientierten Ansatzes, die Festlegung eines einheitlichen Wertes bei unentschuldigten Fehltagen zur Einleitung von Ordnungswidrigkeitsverfahren im Falle von Schulpflichtverletzungen sowie ihrer zeitnahen Durchführung, hält die Landesregierung fest. Zurzeit wird geprüft, wie diese Ziele möglichst ressourcenschonend erreicht werden können. Dazu wird ressortübergreifend beraten.

Anlage 8

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 9 des Abg. Jan-Christoph Oetjen (FDP)

Bessere Ermittlungserfolge durch Facebook? - Der Internetauftritt der Polizei Hannover

Als eine der ersten bundesweit wurde die Polizei der niedersächsischen Landeshauptstadt im vergangenen Jahr bei Facebook aktiv. Die Polizei hat inzwischen Zehntausende „Fans“ und erste Erfolge vorzuweisen. Acht Fälle konnten per Facebook geklärt werden, sagte ein Sprecher der Behörde. Über das Internet wurden entscheidende Hinweise auf zwei vermisste Kinder gegeben. Auch Körperverletzungs- und Diebstahlsdelikte konnten aufgeklärt werden.

Erstmals setzten die Beamten in Hannover jüngst auch bei der Aufklärung eines Mordes Facebook ein. Daraufhin gingen zahlreiche Hinweise ein. Durch solche Fahndungsmethoden kann sich der Druck auf den Täter erhöhen. In dem Mordfall haben mehrere Millionen User den Aufruf angesehen und weitergegeben. Nachdem das Projekt zunächst wegen datenschutzrechtlicher Bedenken ausgesetzt worden war, wird die Ermittlungstätigkeit auf Facebook nun doch fortgesetzt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die Vorteile des Facebook-Auftritts für die Ermittlungsarbeit, und sind diesbezüglich über die Erfahrungen der Erprobungsphase hinausgehende Potenziale und Möglichkeiten denkbar, die geeignet sind, die Aufklärungsquote weiter zu verbessern?

2. Wie beurteilt die Landesregierung die grundsätzliche Kritik von Datenschützern an den Facebook-Auftritten von Behörden, und befürwortet die Landesregierung vor diesem Hintergrund die Ausweitung der Facebook-Aktivität der Polizei?

3. Welche datenschutzrechtlichen Bedenken waren für das Aussetzen der Ermittlungen auf Facebook Anfang des Jahres ausschlaggebend, und welche Maßnahmen und Vorkehrungen werden getroffen, um zukünftig einen hinreichenden Datenschutz zu gewährleisten?

Angesichts der Bedeutung, die die sogenannten sozialen Netzwerke im digitalen Zeitalter für die moderne Kommunikation erlangt haben, hat sich auch die niedersächsische Polizei als bürgernahe und innovative Organisation für die Nutzung dieser neuen Medien entschieden.

Seit dem letzen Jahr erprobt die Polizei in Niedersachsen im Rahmen von drei verschiedenen Pilotprojekten sogenannte Fanpages beim sozialen Netzwerkbetreiber Facebook:

- Die Polizeidirektion Hannover testete mit ihrem Account bei Facebook die Wirkung polizeilicher Öffentlichkeitsfahndung und verglich diese dabei auch mit der Fahndung in klassischen Medien.

- Bei der Polizeiakademie Niedersachsen wurde eine Fanpage eingerichtet, um die Zielgruppe der 18 bis 25 Jährigen für die Nachwuchsgewinnung direkt anzusprechen.

- Die Polizeiinspektion Harburg nutzt Facebook als Medium für die allgemeine Öffentlichkeitsarbeit und Prävention.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: