Wir müssen uns die Ursachen allerdings schon ein wenig detaillierter anschauen, um das Ganze zu verstehen und um im Übrigen auch Schlüsse daraus zu ziehen.
Meine Damen und Herren, für die Abkehr von der Nutzung der Kernenergie und die Minimierung der Nutzung fossiler Energieträger besteht in Deutschland ein breiter Konsens. Daher war und ist unser Weg richtig, die Möglichkeiten alternativer Energieformen zu nutzen. Dazu zählt zweifelsfrei auch die Bioenergie. Wir alle wissen, dass in Niedersachsen in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung der
Biogaserzeugung stattgefunden hat. Dies war und ist positiv, auch wenn vielfach die Problematik hoher Maisanteile innerhalb der Fruchtfolgen zu Recht sehr intensiv zu diskutieren ist.
Im Hinblick auf die Nutzung von Energiepflanzen ist der Grünlandumbruch in den Regionen sehr unterschiedlich verlaufen. Auch wenn der Grünlandumbruch mit nachfolgendem Maisanbau für die energetische Nutzung in Verbindung gebracht werden kann, lässt sich daraus keine generelle Gesetzmäßigkeit ableiten. In Regionen ohne Viehhaltung ist durch Biogas sogar eine völlig neue Nutzungsform des Grünlands möglich. Zunehmend wird Gras von diesen Flächen für den Einsatz in Biogasanlagen geerntet.
Ohne Frage hat der Biogasboom allerdings auch einen gewissen Anteil am Rückgang des Grünlandes. Der wesentliche Grund ist aber nach wie vor in der Entwicklung der Tierhaltung zu sehen. So hat beispielsweise die Milchwirtschaft in der Vergangenheit mit sehr niedrigen Milchpreisen einen erhöhten Kostendruck mit der Notwendigkeit weiterer Produktivitätssteigerungen erlebt. Stattgefunden haben in diesem Zusammenhang ein Übergang von Grünland- in Futterbauflächen und damit ein weiter zu beobachtender Trend der Abkehr von der Weidehaltung zur Stallhaltung.
Darüber hinaus ist die Nutzung von Grünland für die Milchviehhaltung üblicherweise nicht mit einer extensiven Grünlandnutzung gleichzusetzen. Die Milchviehhaltung trägt zwar wesentlich zum Erhalt von Dauergrünland bei, und auch ich sehe gerne Kühe auf der Weihe, Herr Meyer. Sie ist jedoch stets ein intensiver Betriebszweig gewesen,
Abhängig von der Produktionstechnik, der Arbeitsorganisation und der Lage der Grünlandflächen zum Stall kann es beispielsweise günstiger sein, statt Weidehaltung Stallhaltung zu betreiben. Wollten wir generell Weidehaltung vorschreiben, Herr Meyer, dann bekämen wir ganz automatisch das Problem, dass sich die Betriebe ungerecht behandelt fühlen, die aufgrund ihrer Lage gar nicht die Möglichkeit haben, Weidehaltung zu betreiben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Gründe für den Grünlandrückgang sind also vielfältig. Nun können wir die Entwicklungen der Vergangenheit nicht rückgängig machen. Und auch zukünftig müssen wir eine Landwirtschaft in Niedersachsen haben, die leistungsfähig ist und die auch im internationalen Wettbewerb mithalten kann. Wir sind nun einmal nicht allein auf dieser Welt und schon gar nicht in Europa.
Aber natürlich ist es erforderlich, unsere Umwelt zu erhalten, ökologische Aspekte in der Produktion zu berücksichtigen und dort, wo es Fehlentwicklungen gegeben hat, zu korrigieren.
Zunächst wird die Abnahme von langjährigem Grünland, also von Dauergrünland, durch das Umbruchverbot für die Empfänger von EU-Agrarbeihilfen aufgehalten.
Darüber hinaus, meine Damen und Herren, berücksichtigen wir das Grünland bei den niedersächsischen Umweltmaßnahmen in besonderer Art und Weise. Niedersachsen hat z. B. für die Gemeinschaftsaufgabe zwei Grünlandumweltmaßnahmen vorgeschlagen, die seit 2010 angeboten werden und auch für intensiv wirtschaftende Milchviehbetriebe durchaus interessant sind. Zum einen ist dies die Maßnahme NAU/BAU zum Klimaschutz, in deren Rahmen das gesamte Dauergrünland des Betriebes nur bei einem umbruchlosen Grünlanderneuerungsplan gefördert wird. Zum anderen ist dies eine extensive Maßnahme zur Grünlandnutzung auf Einzelflächen durch Ruhephasen und Schonstreifen zur Förderung des Wiesenvogelschutzes.
Es ist wichtig, dass wir die Sicherung des Grünlands als eine Aufgabe für heute und auch für die Zukunft betrachten. Deshalb begrüßen und unterstützen wir auch das neu gegründete Grünlandzentrum in Niedersachsen. Dieses Zentrum wurde vor ca. einem Jahr gegründet und hat seinen Sitz in Ovelgönne. Das offen und zum Teil bis ins europäische Ausland ausgerichtete Zentrum wird zur Weiterentwicklung und Förderung des Grünlandes einen wesentlichen Beitrag leisten, aber auch ganz praktische Fragen zum Grünland aufgreifen.
Bereits nach einem Jahr zeigen sich hier erste und sehr viel versprechende Erfolge bei diesem Projekt.
Meine Damen und Herren, ich bin optimistisch, dass wir durch die konsequente Umsetzung der genannten Maßnahmen den Erhalt unseres Grünlandes sichern können. Die Landesregierung wird ihren Beitrag dazu auch weiterhin nachhaltig leisten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Worum geht es in dieser Großen Anfrage der Grünen, und welche Ziele müssen erreicht werden? - Ich beginne mit einem Zitat des Bundesamtes für Naturschutz, um die Bedeutung des Themas zu unterstreichen. Das Bundesamt sagt:
„Grünland spielt für Wasser, Boden und Klima eine zentrale Rolle. Nur wenn es uns gelingt, Grünland in Umfang und Qualität zu sichern und zu entwickeln, können wir unserer Verantwortung gerecht werden und die vereinbarten Biodiversitätsziele auf europäischer und bundesdeutscher Ebene erreichen.“
Es geht in dieser Anfrage also um Klimaschutz, um den Schutz der Biodiversität, um Wasser- und Bodenschutz - ein wirklich breites Spektrum. Es geht dabei aber auch um die Interessen der Landwirte, die wirtschaftlichem Druck ausgesetzt sind und selbstverständlich im Einzelnen darüber nachdenken, wie sie ihre Betriebsergebnisse verbessern können. Im Zweifel wird auch darüber nachgedacht: Was ist eigentlich, wenn ich mein Grünland umbreche und Ackerland daraus mache?
Die Regierungskommission „Klimaschutz“ hat vor wenigen Wochen ihren Endbericht vorgestellt. Der liegt allen vor. Auf den Seiten 87 und 88 geht es um das Problem des Erhalts von Dauergrünland. Die Kommission hat gesagt, es sei notwendig, Dauergrünland vor dem Umbruch zu Ackerland zu schützen, vor allem auf den Standorten mit hohen Gehalten an organischem Bodenkohlenstoff. Also organische Böden, Flächen mit hohem Grundwas
serstand sind die Schwerpunktbereiche; denn auf diese Weise können u. a. auch weitere CO2-Emissionen vermieden werden.
Damit verbunden sind positive Auswirkungen auf den Grundwasserschutz und die Biodiversität. Deshalb, so die Kommission, sei eine weitergehende Einschränkung des Umbruchs von Dauergrünland zu Ackerland begründet. Das gilt ganz besonders für sensible Flächen wie Moorböden. Deshalb hat Ihnen die Kommission vier Möglichkeiten vorgeschlagen:
Erstens. Einführung eines ausnahmslosen Umbruchverbotes auf diesen Flächen in die Niedersächsische Verordnung zur Erhaltung von Dauergrünland zur Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2014.
Zweitens hat sie vorgeschlagen, alternativ zur Umsetzung des Pflugverbotes in den Cross-Compliance-Auflagen ab 2014 eine deutschlandweite Anpassung der Cross-Compliance-Auflagen vorzunehmen, genauer gesagt: ein standortgenaues Umbruchverbot von Dauergrünland.
- Das ist nicht meine Idee, sondern die Idee der Regierungskommission. Inge, du guckst mich so böse an.
Drittens. Konkretisierung der guten fachlichen Praxis gemäß § 17 des Bundes-Bodenschutzgesetzes im Hinblick auf den Klimaschutz.
Viertens - in der Antwort ist deutlich geworden, dass es zum Teil auch an Unterlagen fehlt -: Erfassung von Standortinformationen mit aktuellen Daten.
Meine Damen und Herren, zu diesem Komplex hat es in den letzten Monaten mehrere Kleine Anfragen gegeben, u. a. von Frau Geuter, Herrn Brammer, Herrn Tonne und von Christian Meyer. Diese Anfragen wurden vor allem deshalb gestellt, weil man nicht glauben konnte, dass die Landesregierung das Umbruchverbot durch eine Uminterpretation des § 5 des Bundesnaturschutzgesetzes in einer unglaublichen Art und Weise zum zahnlosen Tiger gemacht hat. Was passiert nämlich im Alltag? - Seit 2009 besteht scheinbar ein Genehmigungsvorbehalt. Die Landwirtschaftskammer ist Genehmigungsbehörde, die sich mit der unteren Naturschutzbehörde nur ins Benehmen setzen muss.
- Ja, das bedeutet aber, Herr Minister außer Diensten, dass kein Einvernehmen hergestellt werden muss. Das sagt die Landesregierung auch ganz explizit in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Kollegin Geuter. Darin heißt es - ich zitiere -:
Da stellt sich für mich die Frage: Welchen Sinn hat die Beteiligung der unteren Naturschutzbehörde überhaupt? - Dann kann man es auch lassen. Dieser Naturschutzbehörde geben Sie in diesem Erlass gerade vier Wochen Zeit. Wenn sie es nicht schafft, den Sachverhalt abschließend zu ermitteln, dann hat sie eben Pech gehabt. Das ist auch nur auf Intervention des Landkreistages hin passiert; denn ursprünglich wollten Sie ja nur 14 Tage vorsehen. Der Landkreistag hat in seinem Rundschreiben 899 ganz klar darauf hingewiesen, was er von dieser Politik hält, nämlich gar nichts.
- Ja, Herr Sander, das müssen Sie jetzt ertragen. - In Wirklichkeit ist das Klientelpolitik vom Allerfeinsten, also ein echter Sander: Friede den Landwirten, Krieg dem Naturschutz.
Das war das Motto, das da üblich war. So macht die FDP Politik, und die CDU lässt sie gewähren. Ich hoffe sehr, dass es Herrn Birkner und Herrn Lindemann endlich gelingen wird, diese unsägliche Praxis zu beenden und auch dem Naturschutzgesetz die Geltung zu verschaffen, die es braucht.
Damit es nicht so abstrakt ist: Herr Minister Lindemann hat eben Zahlen genannt, aber als Prozentzahlen. Tatsächlich wurden - in absoluten Zahlen - mehr als 53 000 ha Grünland in der Zeit von 2005 bis 2010 umgebrochen. 53 000 ha sind schon etwas ganz anderes.
Das ist auch keine Kleinigkeit, ein Minus von 6,6 %. Auch wenn es im letzten Jahr vermeintlich weniger geworden ist, gibt es doch keine Gewähr dafür, dass es so bleibt.