Protocol of the Session on March 22, 2012

(Björn Thümler [CDU]: Wahrschein- lich!)

Meine Kollegen gehen von Letzterem aus.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Frank Oesterhelweg [CDU]: Beides!)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau König das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für die Artenvielfalt, den Klimaschutz, den Erholungswert der Landschaft und den Grundwasserschutz ist das Grünland, vor allem wenn es über Jahrzehnte hinweg als Wiesen und Weiden genutzt wird, unverzichtbar.

Liest man die Antwort der Landesregierung auf diese Große Anfrage zu Dauergrünland in Niedersachsen und auch Antworten auf Kleine Anfragen, dann fällt der Blick auf artenreiche, blütengeschmückte Bergwiesen im Harz, auf die ausgedehnten Weideflächen am Dümmer und in den Küstenregionen.

Es fängt schon damit an, dass die Landesregierung unreflektiert die Definition „Dauergrünland“ der EU-Kommission übernimmt. Danach wird ein Grünland schon dann Dauergrünland genannt, wenn es mindestens fünf Jahre lang als Grünland genutzt wurde. So ein kurzer Zeitraum ohne Bodenaufriss kann nicht gewährleisten, dass Grünland die Funktionen, die man von ihm erwartet, erfüllen kann.

(Beifall bei der LINKEN - Frank Oes- terhelweg [CDU]: Dann sagen Sie doch einmal eine Zahl, Frau Kollegin!)

Wenn wir hier in Niedersachsen schon Klimaschutz betreiben wollen, dann muss man das auch einmal klarmachen.

Ebenso ist es beim Grundwasserschutz: Wenn eine mehrere Jahre alte Grasnarbe gepflügt wird, werden sehr große Mengen an Nährstoffen mineralisiert, die dann als Nitrat in das Grundwasser ausgewaschen werden.

(Clemens Große Macke [CDU]: Was? - Silke Weyberg [CDU]: Wo steht das denn?)

Auch die typisch wertvollen Pflanzengesellschaften, die sich auf Grünland in Wechselwirkung in Naturraum, Lage und Bodeneigenschaften über Jahre hinweg einstellen, können sich nicht etablieren, wenn ständig umgerissen und neu eingesät wird.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: So ein Unsinn!)

Wenn wir also Artenvielfalt erhalten wollen, dann müssen wir Grünlandumbrüche ganz vermeiden - ganz davon abgesehen, dass eine Reinkultur von deutschem Weidegras das Auge des Betrachters weniger erfreut als eine artengerechte Wiese und dass sie vor allen Dingen keinen Artenschutz leistet.

(Beifall bei der LINKEN - Frank Oesterhelweg [CDU]: Wie sieht denn da die Mischung aus?)

Ein zweiter Beleg dafür, dass der Grünlandschutz von der Landesregierung mehr als stiefmütterlich behandelt wird, sind die wiederkehrenden Aussagen, auch hier in der Antwort zu der Großen Anfrage, dass zu den Grünlandumbrüchen keine Datengrundlage vorhanden ist. Das ist unannehmbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Immer wieder muss man von der Landesregierung Sätze lesen wie: Eine allgemeine Erhebung bezüglich des Anteils von Grünland an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche existiert nicht. - Oder: Eine verlässliche Auswertung nach Regionen existiert nicht. - Und: Es liegen keine auswertbaren Daten bezüglich verschiedener Grünlandarten vor usw.

Seit Jahren wird in der öffentlichen Diskussion über den Verlust von Grünland und über die Vermaisung gestritten. Doch angesichts der genannten Aussagen dieser Landesregierung muss man ganz klar sagen: Setzen, sechs!

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür stellt die Landesregierung fest, dass ein grundsätzliches Grünlandumbruchsverbot nicht existiert. Allein im Rahmen der Gewährung von EU-Agrarsubventionen werde darauf geachtet, ob eine Fläche als Dauergrünland eine Prämie erhält. Zudem ist festgelegt, dass bei Grünlandumbruch und bei der Einsaat einer anderen Kultur - z. B. Mais - an anderer Stelle wieder Grünland eingesät wird. Also: allein ein quantitativer Ansatz, kein Augenmerk auf die Qualität.

(Glocke der Präsidentin)

So, meine Damen und Herren, wird man dem Verlust und der Qualität von Dauergrünland nicht gerecht.

In den FFH-Gebieten liegen etwas bessere Daten vor. Aber beim Wiesenbrüterschutz muss die Landesregierung schon zugeben, dass Handlungsbedarf besteht; denn Wiesenbrüter sind vom Aussterben bedroht oder gar schon ausgestorben. Maßgeblich schuld ist der Grünlandumbruch und der damit verbundene Lebensraumverlust.

Insgesamt muss festgestellt werden: Das Dauergrünland ist massiv unter Druck. Eine Intensivierung der Produktion, immer höhere Erträge von Grünland und immer höhere Milchleistungen vertragen sich halt schlecht mit einem artenreichen Dauergrünland.

(Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren vor allem auf der rechten Seite, es wird Zeit umzusteuern. Wir müssen den Balanceakt eingehen, natur- und zukunftsfähige Landwirtschaft zu vereinen. Das gilt auch beim Dauergrünland.

Einen letzten Satz!

Wir müssen uns für gesunde Lebensmittel für alle Menschen aller Einkommensarten einsetzen. Das muss gewährleistet sein. Wir sind die Partei, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt.

(Lachen bei der CDU)

Deshalb: Mut zum Umsteuern!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN - Frank Oesterhelweg [CDU]: Zum Schluss immer ein kleiner Scherz!)

Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Kollege Sander zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke den Mitarbeitern des Landwirtschaftsministeriums für die umfangreiche Antwort.

Die Wortbeiträge lassen allerdings darauf schließen, dass einige Redner nur die Fragen gelesen haben und dass die Antworten, die inhaltlich das eine oder andere erklärt hätten, wahrscheinlich zu kurz gekommen sind.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wir sind hier ja nicht in der Schule!)

Es ist erstaunlich, wie man bei einem solchen Thema solche Gegensätze aufbauen kann. Dafür habe ich kein Verständnis. Wenn Einigkeit über eine Sache besteht, in diesem Fall darüber, dass Grünland sowohl aus Klimaschutzgründen als auch aus Naturschutzgründen sowie aus Gründen der Biodiversität und der Artenvielfalt wichtig und notwendig ist, dann müssen wir diese Gemeinsamkeit doch erst einmal festhalten.

(Rolf Meyer [SPD]: Dann müsst ihr auch was dafür tun!)

Wir müssen dann allerdings auch gucken, warum z. B. die Grünlandflächen zurückgegangen sind. Das ist in der Antwort auf die Frage sehr schön aufgelistet. Wir müssen auch in die Vergangenheit gucken und prüfen, warum der Bestand der Wiesenvögel zurückgegangen ist. Ich nenne das Beispiel Stollhammer Wisch: Der eine oder andere kann sich sicherlich gut an die 1990er-Jahre erinnern, Herr Fraktionsvorsitzender,

(Björn Thümler [CDU]: Wohl wahr!)

als man mit falschen Naturschutzmaßnahmen, nur weil man die Bauern an den Pranger stellen wollte, dafür Sorge getragen hat, dass die Wiesenvögel fast ausgestorben sind. Erst durch unsere Regierung, durch andere Maßnahmen, durch ein Förderprogramm, durch konsequente Bekämpfung der Prädatoren - dazu gehören die Wildschweine und die Krähen -, ist es gelungen, das wieder in Ordnung zu bringen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Man kann ja auch im Naturschutz mal Fehler machen. Aber wenn man sie erkannt hat, dann muss man sie auch zugeben und einen Beitrag dazu leisten, dass die falsche Entwicklung korrigiert wird.

(Rolf Meyer [SPD]: Wir reden aber jetzt über den Zeitraum vom 2005 bis 2010!)

Wir müssen im Grunde genommen den Stand so nehmen, wie er jetzt ist. Aber man muss auch bestimmte Dinge zur Kenntnis nehmen. Ich greife einmal das Beispiel Drömling heraus; der eine oder andere kennt den Drömling. Ich habe gestern vom Kollegen Will gehört, dass man in Holland die Bejagung von Wildschweinen völlig eingestellt hat. Das hat negativen Folgen für unsere Wiesenvögel.

Denn Wildschweine sind im Augenblick die größten und problematischsten Prädatoren. Und wenn man große Flächen aus Naturschutzgründen unter Wasser setzt, wie das im Drömling passiert, dann braucht man sich nicht zu wundern, dass da keine Kiebitze mehr hineingehen - geschweige denn andere Wiesenbrüter, die zumindest in gewissen Zeiten eine trockene Fläche brauchen.

Meine Damen und Herren, wir können auch nicht wegwischen, dass es Veränderungen in der Landwirtschaft gibt. Für mich ist allerdings etwas unverständlich, dass man den Bauern mit Emotionen alles Mögliche vorhält. Insbesondere 2014 wird es zu Veränderungen kommen, wenn die Milchquote wegfällt. In welche Richtung das läuft, kann man nur vermuten. Vermutlich wird es zu einer Intensivierung kommen. Auch das muss man mit einem gewissen Sachverstand sehen: Eine Kuh, die normales Grundfutter bekommt, kann höchstens 4 500 bis 5 000 Liter Milch geben, also braucht man qualitativ andere Futtermittel. Und die Maissilage hat eben einen höheren Nährwert. Deswegen verfüttert der Landwirt sie auch; im Grunde genommen verhält er sich konsequent.

Wir müssen auch zugeben, dass es beim Vertragsnaturschutz erhebliche Erfolge gab: 44 000 ha stehen in Niedersachsen unter Vertragsnaturschutz. Das ist aber nicht in den Naturschutzprogrammen des Landwirtschafts- und Umweltministeriums vorhanden.

(Glocke der Präsidentin)

Wir müssen zugeben, dass diese Mittel zu gering angesetzt sind. Das ist für die Landwirte nicht lukrativ. Da wird man in der Zukunft nachbessern müssen.