Spannend war auch die Bundestagsdebatte zum Thema Asse, wie dort trotz des Desasters in der Asse die Atomromantiker geradezu trotzig darauf beharrten, mehr AKWs zu bauen und mehr Müll zu
produzieren. Aber endlich - das sage ich als Atomveteran - stellten sie in Aussicht, dass der nächste Bundestagswahlkampf ein Atomwahlkampf wird. Meine Damen und Herren, darauf freue ich mich, auf diesen Atomwahlkampf, auf die Debatten, wenn Sie Atomenergie als Ökoenergie verkaufen wollen, wenn Ihre Atomkoryphäe aus dem Bundestag, Axel Fischer, erklärt, wieso Atomstrom CO2frei ist. Wie ideologievernagelt muss man eigentlich sein, wenn man das den Leuten draußen verkaufen will?
Falls nicht jeder weiß, wer Axel Fischer ist: Das ist der Atomspezialist, der zum Thema Asse einmal mit dem tumben Ausspruch glänzte: Klappe zu, Affe tot!
Meine Damen und Herren, das Thema „Nutzung der Atomenergie“ ist im Ganzen zu betrachten, vom Uranabbau bis zum Endlager. Ich will ganz deutlich den Dürrs eine Absage erteilen, die sagen: Asse ist Mist, Gorleben ist gut, Atom ist öko.
(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Wann habe ich das denn gesagt?)
Die größten Ideologen waren immer gerade die, die die anderen der Ideologie bezichtigt haben. Ihre Ideologie, meine Damen und Herren, ist leider nicht mehr die Ideologie des - wie Ihr Kollege Bäumer gestern sagte - christlichen Betriebshandbuches. Ihre Ideologie ist die Ideologie des Geldes, des fahrlässigen Umgangs mit Technik und der neoliberalen Sozialspaltung.
Abgesehen davon: Ist nach Harrisburg, Tschernobyl, Forsmark, Krümmel, Asse und dem Kinderkrebs an den AKWs nicht ein gewisses Quantum Angst angebracht? Es ist nicht das erste Mal, dass wir auf unzuverlässige Betreiber und schlampige Aufsichten treffen. Ich lese Ihnen einmal einen kleinen Artikel aus meiner Heimatzeitung, der EJZ, vor.
„Vor zehn Jahren forderte die CDUKreistagsfraktion in Sachen Grenzwertüberschreitungen beim Transport von radioaktivem Material eine ‚rückhaltlose Aufklärung’.“
Das war vor zehn Jahren. Jetzt haben Sie in Ihrem Antrag „lückenlos“, „größtmöglich“, „schonungslos“ geschrieben. Ich bin einmal gespannt, wen Sie da nicht schonen wollen, was dabei tatsächlich herauskommt. Sehr hektisch gehen Sie vor, wenn man sich Ihren Antrag anguckt. Aber so ist das immer: Von wenig Sachkenntnis getrübt, wird schnell etwas zu Papier gebracht, weil man nicht anders kann.
Das fängt mit falschen Fakten an. Die Lauge kommt nicht „seit dem Jahre 1988“. Sie kam schon lange vorher, und das war bekannt. Von Wissenschaftlern wie Kühn wurde das absichtlich übersehen.
Sie schreiben von einer „erhöhten Aktivitätskonzentration“. So kann man das nicht schönreden! Die Aktivität ist nicht nur erhöht, die Freigrenze ist um 1 000 % überschritten. Seien Sie also an dieser Stelle ehrlich!
„Dabei steht für den Niedersächsischen Landtag eine zukunftsorientierte Problembewältigung im Vordergrund, die jegliche Gefährdungen für die Umwelt und auch für künftige Generationen ausschließt.“
Sie gehen dann weiter vor: „Die CDU bittet die Landesregierung“. - Hier geht es doch nicht mehr um Bitten. Das ist eine Verpflichtung, das ist ihr Gesetzesauftrag, und da hat sie nichts getan! Da
Sie wollen die Zusammenarbeit zwischen den Behörden intensivieren. - Ja, bitte schön, wecken Sie Herrn Sander. Dann geht das vielleicht mal los.
Sie wollen umgehend alle relevanten Akten offenlegen lassen. - Das haben wir doch im Umweltausschuss mit Ihnen, Herr Oesterhelweg, längst beschlossen, dass wir das tun. Das brauchen Sie nicht zu beantragen.
Sie wollen eine Unterrichtung über laufende Forschungsaktivitäten. - Haben wir nicht beide von Herrn Haury gehört, dass er gesagt hat: „Bei ‚Harz + Heide’ kann man das doch alles einsehen.“? Gehen Sie doch mal zur Ausstellung!
Sie wollen ein elektronisches Infoportal. - Das finde ich klasse. Ich empfehle Ihnen, gehen Sie auf die Internetseiten der Initiativen, des Asse-Koordinationskreises! Da steht alles, und zwar seit Jahrzehnten.
Sie wollen ein Messstellennetz. - Es wird überprüft. Lassen Sie sich belehren. Das Messstellennetz kommt. Aber interessant finde ich, dass Sie offensichtlich auch der Meinung sind, es dauert nicht mehr Tausende von Jahren, wie es uns der Umweltminister neulich klargemacht hat oder versucht hat, es uns klarzumachen, es dauert auch nicht mehr 150 Jahre - die Verseuchung ist da.
Es mündet dann in die Forderung nach externen Prüfern ein. Da, meine Damen und Herren, wird es richtig interessant. Sie wollen genauso wie Gabriel dem NMU, Herrn Sander und anderen, externe Prüfer zur Seite stellen. Ja, haben Sie denn solch ein Misstrauen zu Ihrem eigenen Minister? - Ich teile das, aber ich hätte nicht gedacht, dass Sie so klug daran gehen.
Herren, wer waren denn die Experten? Auch Gabriel sagt, dass ist doch nur Helmholtz; wir haben doch keine anderen Experten.
Und Sie sagen das auch. Wir müssen mit denen weitermachen. Also, warum dann Externe? - Aber ich freue mich, dass Sie mit mir einer Meinung sind, Helmholtz ist jedenfalls nicht der Experte.
(Zustimmung bei der LINKEN - Karl- Heinrich Langspecht [CDU]: So ein Schwachsinn, was Sie hier erzählen!)
- Gott sei Dank. - Das, was hier passiert, sage ich auch ganz klar dem Kollegen Jüttner. Im Umweltausschuss haben wir genau das Mauern erlebt, das Herr Jüttner als Grund für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses angeführt hat. Frau Emmerich-Kopatsch, Herr Bosse, lassen Sie uns diesen Untersuchungsausschuss machen! Lassen Sie uns Schluss machen mit diesem unerträglichen Possenspiel! Wir lassen uns diese Dinge nicht mehr bieten.
(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den Grünen - David McAllister [CDU]: Jüttner ist schwer unter Druck!)
Nächster Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Bosse von der SPD-Fraktion. Herr Bosse, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Es gibt zwei Wahrheiten zur Asse. Die eine Wahrheit ist - dazu habe ich am Dienstag eine ganze Menge gesagt -, dass es in der Tat eine Betroffenheit gibt. Die andere Wahrheit betrifft die Frage - da muss man nachfragen -: Wie ist es, bitte schön, diesem kleinen Landkreis Wolfenbüttel gelungen, hier Licht ins Dunkel zu bringen? Wie ist das gelungen?