Protocol of the Session on January 19, 2012

Im Herbst letzten Jahres hat dazu das in Köln ansässige Institut der Deutschen Wirtschaft in seinem MINT-Report 2011 folgendes Fazit gezogen:

„Ein Hochschulstudium in den MINTFächern bietet also exzellente Perspektiven. Der Übergang von Studium in Beruf gelingt deutlich schneller als bei anderen Hochschulabsolventen, die Einstiegsgehälter sind höher. Der aktuelle Bedarf ist hoch, und die Perspektiven bleiben günstig, denn der Hochtechnologiestandort Deutschland braucht zusätzliche naturwissenschaftlich-technische Experten, um beispielsweise die Energiewende zu

sichern, das 3-%-Forschungsziel zu erreichen und die steigende Zahl altersbedingt ausscheidender Experten zu ersetzen. Die steigenden Erstsemesterzahlen“

- die wir an unseren Hochschulen erkennen -

„sind ein erstes gutes Signal, es bedarf aber weiterer Anstrengungen, diese zusätzlichen Potenziale auch bestmöglich zu erschließen.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht darum, das Interesse unserer Jugend für Berufe mit einem enormen Zukunftspotenzial zu wecken - nicht nur für die eigene berufliche Entwicklung, sondern auch für die Zukunft der gesamten Volkswirtschaft und die globalen Herauforderungen, wie ich sie eingangs beschrieben habe.

Wer bei dem Neujahrsempfang der Ingenieurkammer Niedersachsen dabei sein konnte, hat unseren Ministerpräsidenten vernehmen können, der aufgezeigt hat, wie eine Kaskade aussehen kann. Es geht los im Kindergarten. Da nannte er als Beispiel das Haus der kleinen Forscher. Es geht weiter in der Schule mit einem vernünftigen naturwissenschaftlichen Unterricht und setzt sich im Studium mit einer guten Ausstattung der Studienplätze fort, die wir in Niedersachsen haben.

Es geht auch darum, wie man das Interesse unserer Jugend an den MINT-Fächern wecken und steigern kann. Das haben uns auf eindrucksvolle Weise die drei IdeenExpos auf der HannoverMesse gezeigt. Nur unweit von hier auf dem Messegelände waren Zehntausende junger Menschen, die dort ihren unverkrampften Zu- und Umgang mit technischen Dingen unter Beweis gestellt haben. Ich erinnere mich auch an Schulen aus meinem Wahlkreis, die dort als Aussteller dabei waren, wo die Schüler von dem begeistert waren, was sie machen. Dort ist eine Euphorie für technische Berufe geweckt worden. Besser geht es gar nicht. Ich weiß auch, viele Schulen haben ihren Unterricht im „größten Klassenzimmer der Welt“ veranstaltet. Es wurden sogar Busse eingesetzt, damit man den Kindern Technik zum Anfassen zeigen konnte, wie etwas funktioniert, was mit Technik funktioniert und wie Technik unsere Welt verbessern kann.

Das Ziel des Antrages, den Ihnen hier CDU und FDP vorlegen, ist es daher, die bisherigen erfolgreichen Anstrengungen unserer Landesregierung zur Stärkung der MINT-Fächer zu unterstützen, und zwar an den Schulen, an den Hochschulen

und an den Universitäten. Es geht darum, dass wir noch besser werden, damit unsere Schülerinnen und Schuler und unsere Jugendlichen bei den technischen Berufen auf den Geschmack kommen, dass sie sehen, dass technische Berufe Spaß machen und interessant sind. So wird das Interesse geweckt. Es ist auch wichtig, das Interesse zu erhalten, spätestens dann, wenn die Jugendlichen im Studium sind.

Ich will noch einmal auf den Neujahrsempfang der Ingenieurkammer zu sprechen kommen. Dort gab es einen sehr interessanten und informativen Vortrag des Naturwissenschaftlers Ernst Ulrich von Weizsäcker. Er hat es in seinem Vortrag auf den Punkt gebracht: Wir brauchen die Ingenieure, wir brauchen die technischen Berufe, wir brauchen mehr und nicht weniger Technik. - Darum geht es.

Lassen Sie uns gemeinsam in den Beratungen im Ausschuss erörtern, wie wir das Technikinteresse bei unseren Jugendlichen noch weiter wecken und noch besser steigern können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich danke Ihnen, Herr Kollege Dreyer. - Für die SPD-Fraktion hat Frau Dr. Lesemann das Wort.

(Vereinzelt Beifall)

(Zuruf von der CDU: Vorschusslor- beeren!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es zeigt sich wieder einmal: Die Fraktionen von CDU und FDP humpeln den vielen Hochschulen im Lande hinterher. Von dort werden nämlich bereits seit Jahren Projekte und Initiativen mit dem Ziel vorangebracht, die MINT-Studienabschlüsse in Niedersachsen zu stärken. Das, was Sie hier fordern, hat keinen Neuigkeitswert. Es kann auch nicht darum gehen, sich selbst zu bejubeln. Vielmehr muss sehr ernsthaft überlegt werden, wie man zu Verbesserungen kommen und auf erfolgreichen Projekten aufbauen kann.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Seit Jahren ist bekannt, dass der Mangel an Nachwuchskräften mit MINT-Qualifikation den Wirt

schaftsstandort Deutschland gefährdet. Die Fachkräftelücke lag im Dezember bei rund 179 000 Personen. Damit ist die sogenannte MINT-Lücke seit Jahresbeginn um mehr als 73 % gestiegen, so das neue MINT-Trendbarometer.

Der Engpass an naturwissenschaftlich-technisch qualifizierten Fachkräften ist jetzt schon eine Wachstums- und Innovationsbremse für die deutsche Volkswirtschaft. Wir dürfen es nicht so weit kommen lassen, dass der Mangel an Ingenieurinnen und Ingenieuren den Standort Deutschland gefährdet, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion sind es vor allem drei Handlungsfelder, die angegangen werden müssen, um diese Fachkräftelücke zu schließen:

Erstens müssen Studienanfängerinnen und Studienanfänger gewonnen und für die Chancen von MINT-Fächern sensibilisiert werden. Ferner müssen möglichst viele aus den geburtenstarken Jahrgängen, die jetzt an die Hochschulen kommen, für die MINT-Fächer interessiert werden.

Zweitens müssen wir die Abbrecherquoten reduzieren, um diejenigen zu halten, die überhaupt schon ein mathematisch-naturwissenschaftlichtechnisches Fach studieren.

Drittens benötigen wir aber auch eine stärkere Internationalisierung des Studiums.

Insgesamt aber gilt es, die Studierendenquote zu steigern, Studierende für Niedersachsen zu gewinnen und Hürden bei der Studienaufnahme zu beseitigen. Wir wissen: Niedersachsen hat hohe Abwanderungsquoten. Wir wollen, dass die Studierenden, dass die Abiturienten, die hier ihre Hochschulzugangsberechtigung erlangen, in Niedersachsen bleiben, an unsere Hochschulen kommen und ihre beruflichen Qualifikationen, die sie hier erlangen, auch hier gewinnbringend und nutzbringend umsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist auch völlig klar, dass mehr junge Menschen zur Aufnahme eines Studiums in den Mangelfächern ermutigt und dafür motiviert werden müssen. Sie müssen in den Fächern gehalten werden, und die Abbrecherquoten müssen gesenkt werden. Vor allem, meine Damen und Herren, müssen alle Potenziale genutzt werden. Ich spreche hier von einer Gruppe, die im CDU/FDP-Antrag geflissentlich übergangen wird. Mittlerweile ist mehr als die

Hälfte der Abiturienten weiblich. Den Weg in ein naturwissenschaftlich-technisches Fach finden sie vergleichsweise selten. Der CDU/FDP-Antrag erwähnt junge Mädchen und Frauen mit keinem Wort. Offensichtlich fehlt Ihnen hier, meine Damen und Herren von CDU und FDP, das Problembewusstsein.

(Beifall bei der SPD)

Bereits während der SPD-Regierungszeit wurden seit Anfang der 90er-Jahre Projekte gefördert, um durch verstärkte Information und insbesondere durch Mentoringprogramme und Angebote junge Frauen zur Aufnahme eines natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Studiums zu motivieren und auf ihrem weiteren Qualifikationsweg zu begleiten. Hervorzuheben sind hier die vielfach sehr guten und engagierten Projekte der Gleichstellungsbüros in den niedersächsischen Hochschulen.

Meine Damen und Herren, die Weichen für grundsätzliche berufliche Interessen werden aber nicht erst bei der Studienwahl gestellt; das passiert schon viel früher. Die Lust auf naturwissenschaftliche Experimente und technische Neugier von Jungen und Mädchen muss früh geweckt werden. Naturwissenschaftliche Beobachtungen gehören zum Alltag bereits kleiner Kinder: Warum schäumt die Zahnpasta? Warum dampft der Kakao? Warum haben sich die Blumen geöffnet, die gestern Abend noch geschlossen waren? - Kinder wollen ihre Welt im wahrsten Sinne des Wortes begreifen, um mehr über Naturphänomene zu erfahren. Zum Erklären und Motivieren eignen sich der Kindergarten und spätestens die ersten Schuljahre. Initiativen wie z. B. das Haus der kleinen Forscher unterstützen wir daher ausdrücklich.

Um mehr junge Frauen und Männer für MINT-Studienfächer zu interessieren, gehört es sich aber auch, Inhalte und Vermittlungsformen in diesen Fächern kritisch zu hinterfragen: Wie können wir mehr Studienanfänger für die MINT-Fächer gewinnen? Welche Kooperationen zwischen Schulen, Hochschulen und Unternehmen können helfen, dieses Ziel zu erreichen? Wie können neue Beratungs- und Orientierungsangebote für Schüler, beruflich Qualifizierte und andere Studieninteressenten aussehen? Wie können mehr Frauen für diese Studiengänge gewonnen werden? Was geschieht an niedersächsischen Hochschulen bereits?

Nun zum Thema Studienerfolg und Studienabbruch: Mit der Einführung der neuen Bachelor- und Masterstudiengänge sollte eigentlich die hohe Studienabbrecherquote an den Universitäten und

Fachhochschulen gesenkt werden. Dennoch deutet eine neue Statistik des HIS an, dass die Quote der Studienabbrecher in diesen Studiengängen noch höher ist als in den alten Diplom- und Magisterausbildungsstrukturen.

Wie hoch sind die Abbrecherquoten, und wie können sie in den MINT-Fächern reduziert werden? Welche Möglichkeiten zur Verbesserung des Studienerfolgs bieten eine individuelle Studierendenauswahl, -betreuung und -beratung? Wie kann die Motivation der Studierenden durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen verbessert werden? Der Einsatz welcher Lehr- und Lernformen und welche Prüfungs- und Studienkonzepte helfen, den Studienerfolg zu erhöhen? - Auch das Handlungsfeld Internationalität provoziert einige Fragen. Sogenannte Bildungsinländer, aber auch ausländische Studierende bevorzugen Fachhochschulen mit ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen. Gelingt es den Universitäten und Hochschulen, diese Studierenden angemessen zu unterstützen und zum Studienabschluss zu führen, dann leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs der Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund interessieren uns erfolgreiche Strategien für die Anwerbung, Ausbildung und Bindung von Studierenden mit ausländischer Herkunft sehr.

Wir haben hierzu eine Reihe weiterer Fragen, die wir im Ausschuss mit Ihnen gern erörtern wollen. Wir wissen, dass vieles von dem, was wir hier beraten und fragen, auch schon passiert. Wir brauchen genaue Informationen darüber. Uns interessiert vor allem, wie erfolgreich und wirksam diese Maßnahmen sind. Wir würden hierüber im Ausschuss in Form einer Anhörung gern Näheres erfahren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Dr. Lesemann. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Dr. Heinen-Kljajić das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, über die Notwendigkeit, die Zahl der MINT-Studienabschlüsse zu erhöhen, herrscht hier Einigkeit. Ihr Antrag macht für den hochschulischen Bereich ja auch einige gute Vorschläge wie etwa Mentoringprogramme oder die Beratung von Studierenden, die am Studium zu

scheitern drohen. Aber eine wichtige Weichenstellung für die Frage, ob sich ein junger Mensch für oder gegen das Studium eines MINT-Faches entscheidet, dürfte bereits in der Schulzeit passieren; denn dort muss das Interesse für Mathematik und Naturwissenschaften geweckt werden, und dort müssen vor allem die Grundlagen für ein erfolgreiches Studium gelegt werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Sie loben in Ihrem Antrag zwar Schülerwettbewerbe, von Wissenschaftlern betreute Arbeitsgruppen für Schülerinnen und Schüler oder außerschulische Lernorte; ich will das alles auch nicht kleinreden. Das aber sind allesamt Angebote für die Gruppe von Schülern, die sich bereits für naturwissenschaftlich-technische Disziplinen interessieren. Das eigentliche Problem sind jedoch diejenigen Schülerinnen und Schüler, die Mathematik und Physik eher als Quälerei denn als interessantes Schulfach erleben.

Die IHK Braunschweig hat sich diesem Thema im Herbst 2009 schon einmal gewidmet und hat den Notstand Mathematik ausgerufen. Sie fordert z. B., den Mathematikunterricht auf den Prüfstand zu stellen. In der Tat, meine Damen und Herren: Lehrinhalte, Lehrmethoden und Fachdidaktik in den Schulen gehören auf den Prüfstand. Es muss uns doch zu denken geben, dass unsere Schülerinnen und Schüler in der Grundschule im internationalen Vergleich deutlich überdurchschnittliche naturwissenschaftlich-mathematische Fähigkeiten entwickeln, dann aber in der Sekundarstufe I deutlich abfallen.

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜNE])

Hierzu sagt Ihr Antrag aber leider gar nichts.

Was er ebenfalls ausblendet: Der Fachkräftemangel im MINT-Bereich - die Kollegin Lesmann hat schon darauf hingewiesen - ist weiblich. Das heißt, wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir den naturwissenschaftlichen Unterricht so weiterentwickeln, dass er auch Mädchen interessiert. Ausbildungsbetriebe und Hochschulen haben dann letztendlich die Suppe auszulöffeln, die die Schule ihnen eingebrockt hat. Das Studium von MINTFächern ist für viele nicht attraktiv. Wir haben es dank des Hochschulpaktes zwar geschafft, in den Ingenieurwissenschaften zumindest in den Jahren 2005 und 2009 - um einen Vergleich zu nehmen - die Zahl der Erstsemester um 23,6 % zu steigern. Bei Naturwissenschaften und Mathematik hatten