(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist falsch, Herr Bäumer! Sie verdrehen schon wieder die Tatsachen!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach meiner Überzeugung gibt es kein sicheres Endlager für hoch radioaktive Abfälle über die gesamte strahlungsaktive Zeit hinweg. Ein Nachweis darüber, dass endgelagerte radioaktive Stoffe aus den abgebrannten Brennelementen von Atomkraftwerken über Zehn- oder Hunderttausende von Jahren vom biologischen Kreislauf isoliert werden können, beruht auf Prognosen, die umso unsicherer werden, je weiter sie in die Zukunft reichen.
Bei der Endlagersuche und der Ausgestaltung des Endlagers kommt es darauf an, die Bedingungen für eine langfristige Isolation der radioaktiven Stoffe so gut wie möglich zu gestalten, um das Risiko einer langfristigen Freisetzung der radioaktiven Stoffe in die Biosphäre so klein wie möglich zu halten.
Dabei ist die Standortauswahl die wesentliche Entscheidung für die Langzeitsicherheit eines Endlagers. Nach dem deutschen Atomgesetz ist es erforderlich, bei der Entscheidung über das Endlager die bestmögliche Schadensvorsorge zu treffen. Die bestmögliche Schadensvorsorge kann aber nur dann getroffen werden, wenn der bestmögliche Standort ausgewählt wird. Nur auf diese Weise wird auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entsprochen und das Grundrecht auf Leib und Leben ausreichend geschützt.
Daher ist Gorleben nicht genehmigungsfähig; denn Gorleben ist nicht als bestmöglicher Standort auszuweisen, meine Damen und Herren.
Die SPD hat das im Dezember letzten Jahres, lieber Kollege Kurt Herzog, eindeutig im Leitantrag durch einen Änderungsvorschlag der niedersächsischen SPD-Delegation beschlossen,
in dem es heißt, dass eine Endlagersuche unter Ausschluss von Gorleben stattfinden soll. Das ist der Beschluss, den die SPD auf ihrem Bundesparteitag gefasst hat. Das heißt also: Für die SPD in Deutschland ist klar, dass Gorleben kein Endlager werden darf.
Im Hinblick auf die Grünen ist darauf hingewiesen worden, dass eine solche eindeutige Formulierung seitens der Parteigremien bisher nicht vorlag. Aber im Antrag heißt es immerhin, lieber Kollege Stefan Wenzel, dass der Standort Gorleben hier in Niedersachsen „endgültig aufgegeben werden“ muss; das steht unter dem zweiten Spiegelstrich.
Bei der CDU fehlen uns dazu die Aktivitäten. Herr McAllister hat ja einen Brief geschrieben, sich aber nicht durchgesetzt. Das heißt, Herr McAllister hat noch viel in Berlin und bei seinen Kollegen zu tun, diesen Standort Gorleben auszuschließen und niedersächsische Interessen wirkungsvoll zu vertreten, meine Damen und Herren. Das müssen wir von Ihnen schon verlangen, Herr Ministerpräsident.
(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Da klatscht selbst bei den eigenen Leu- ten kaum einer!)
Eine Bemerkung zu Ihnen, Herr Dr. Hocker: Sie waren zeitweise im Asse-Untersuchungsausschuss anwesend. Wir haben dort gerade das Problem der Wissenschaftsgläubigkeit als eine der Ursachen für die Fehlentwicklungen auf der Asse festgestellt. Und da sagen Sie, nur wissenschaftliche Experten könnten über so etwas entscheiden.
Ich glaube, das ist ein Politikansatz, der ins letzte Jahrhundert gehört, aber nicht in dieses, weil sich viele Menschen durch Vorträge und durch Lesen von Fachliteratur selbst weiterbilden und qualifizieren und in der Lage sind, solche Entscheidungen zu treffen.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Was lesen Sie denn so? - Jens Nacke [CDU]: Micky Maus gehört nicht da- zu!)
Lassen Sie mich zum Antrag der Grünen kommen. Unter dem ersten Spiegelstrich wird darin der Konsens angesprochen, der jetzt nach der Initiative der Länder und des Bundes einen Fortschritt darstellt. Ich hoffe, dass am Ende das, was darin zum Ausdruck gebracht worden ist, dazu führt, dass es Vorschläge zu Standorten geben wird, Herr Bäumer. Diese werden wir dann bewerten. Hier ist wohl niemand gefordert, voreilig zu diesem Zeitpunkt irgendeinen Standort vorzuschlagen. Es ist meiner Meinung nach eine irrige Annahme, dass man so in das Verfahren gehen kann. Der Teufel steckt im Detail. Für die SPD hat die Suche auf der weißen Landkarte einen Schandfleck, weil Gorleben nicht ausgeschlossen wird, was aber sein muss.
Die Grünen haben unter dem fünften Spiegelstrich sehr ausführlich beschrieben, wie man das Verfahren für eine Endlagersuche richtigerweise gestalten muss.
Ich will noch auf zwei Aspekte aus der Begründung zum Antrag eingehen, meine Damen und Herren. Auf der ersten Seite der Begründung heißt es ganz unten, das Endlager müsse die „hoch radioaktiven Abfälle … für eine Million Jahre sicher vor der Biosphäre abschirmen“. Ich habe mit meinen Eingangsbemerkungen deutlich gemacht, dass das eigentlich nicht möglich ist, sondern dass es darum geht, einen möglichst hohen Grad an Sicherheit zu erreichen. Deshalb muss man meiner Meinung nach aufpassen, dass man den Menschen nicht suggeriert, dass wir diesen hoch giftigen Müll wirklich für eine Million Jahre sicher „wegschließen“ können. Wir können ihn nur mit bestmöglicher Technik höchstmöglich sicher wegschließen.
Ich finde es auch gut, dass auf der letzten Seite der Begründung die Rückholbarkeit für einen Zeitraum von 500 bis 1 000 Jahre ausdrücklich erwähnt wird. Meiner Meinung nach ist die Prüfung genau der Punkt, ob es richtig ist, radioaktiven Müll in tiefen geologischen Schichten für immer zu verbuddeln, oder ob man ihn rückholbar lagert. Das ist eine der Fragen, deren Klärung im Rahmen der Standort- und Endlagersuche vereinbart worden ist. Insofern, meine Damen und Herren, glaube ich, dass der Antrag der Fraktion der Grünen eine gute Grundlage ist, um niedersächsische Interessen weiter zu vertreten. Wir werden einem solchen
Antrag zustimmen können, wenn darin eindeutig steht, dass Gorleben als Standort ausscheidet. Das ist für uns eine ganz wesentliche Bedingung, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das letzte Mal hast du über Transmutation gesprochen!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ministerpräsidenten der Länder haben am 15. Dezember 2011 gemeinsam mit dem Bundesumweltminister weitreichende Beschlüsse zur Entsorgung hoch radioaktiver Abfälle in Deutschland gefasst. Dieser grundlegende Neubeginn soll vor allem bundesweit und standortoffen gestaltet werden. Das bedeutet: keine Festlegungen im Vorfeld, sondern ein Vergleich möglicher Standorte auf einer wissenschaftlichen Basis und in einem ergebnisoffenen und transparenten Prozess.
In einem ersten Schritt soll eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern ein Entsorgungsgesetz beraten. Unser ehrgeiziges Ziel ist es, dass bis zur Sommerpause eine grundlegend neue gesetzliche Regelung in Bundestag und Bundesrat verabschiedet wird.
Meine Damen und Herren, auch bezüglich des Salzstocks in Gorleben sind wir in den BundLänder-Gesprächen dabei, einen Kompromiss zu finden. Am Ende, meine Damen und Herren, wird es in dieser wichtigen Frage - wie so oft - nicht ohne Kompromisse gehen. Darüber, dass Gorleben als Vergleichsstandort erhalten bleiben soll, besteht bereits Einigkeit zwischen Bund und Ländern, und zwar auch mit den Regierungen rotgrüner oder grün-roter Länder. So heißt es in dem Papier:
„Gorleben bleibt Vergleichsstandort. Es gibt keine Vorfestlegung auf Gorleben als Tiefenlagerstandort. In jedem Fall muss der Anschein einer Vorfestlegung auf Gorleben als Tiefenlager vermieden werden.“
In dieser Arbeitsgruppe sind natürlich auch grüne Umweltminister vertreten. Frau Lemke wurde schon genannt. Natürlich ist dort auch das Land Baden-Württemberg vertreten; und Ministerpräsident Kretschmann trägt das auch mit. Ich glaube, dieser Umstand zeigt, dass wir im Sinne eines Kompromisses auf einem guten Weg sind, diesen Gesamtprozess voranzubringen.
Ihre Forderung, meine Damen und Herren der Opposition, nach einer endgültigen Aufgabe des Standortes Gorleben gefährdet hingegen die aus meiner Sicht wirklich historische Chance einer neuen bundesweiten Suche und ist aus meiner Sicht verantwortungslos. Ich habe schon darauf verwiesen, dass andere Länder wie RheinlandPfalz, aber auch süddeutsche Länder, ganz klar sagen: Gorleben muss erstens erhalten bleiben, und zweitens muss dort um jeden Preis weiter erkundet werden. Unser Anliegen ist es natürlich, auch hier zu einem Kompromiss zu kommen, um die Verantwortung und die Chancen, die in diesem Gesamtprozess liegen, tatsächlich wahrzunehmen - auch bezüglich der Erkundung.
Das hat Ministerpräsident McAllister gegenüber der Bundesregierung mit eingebracht. Auch in diesem Prozess brauchen wir eine Art Kompromiss.
Auf der einen Seite gibt es also die süddeutschen Länder, die sagen, dass Gorleben um jeden Preis weiter erkundet werden muss - ungeachtet dessen, was der alternative Endlagersuchprozess mit sich bringt. Andere Länder sagen, dass gar nichts passieren darf. Wenn wir den Prozess, in dem wir gerade sind - und das ist aus meiner Sicht eine einmalige Chance -, nicht gefährden wollen, dann ist es, glaube ich, richtig, auch hier einen vernünftigen Kompromiss mit in die Diskussion einzubringen, um bezüglich der Erkundung weiterzukommen und diese Chance nicht an dieser Frage scheitern zu lassen.
Wir haben den Vorschlag eingebracht - und das ist eine Chance -, dass der Standort Gorleben spätestens ab Mitte 2013 in einen Offenhaltungsbetrieb überführt wird mit der Konsequenz, dass die bisherigen Erkundungstätigkeiten beendet werden. Ich glaube, das ist ein guter Kompromiss, weil so sinnvollerweise die angefangene Erkundung der bisherigen Abschnitte zu Ende geführt wird, es dann aber zu einer Unterbrechung der Erkundung kommt. So haben wir eine Basis, die den Gesamtprozess nicht gefährdet, aber auch die Forderung berücksichtigt, dass nicht durch weitere Erkundungstätigkeiten - und das hat der Bundesminister gesagt - der Anschein erweckt werden könnte, dass es eine Vorfestlegung gibt. Damit ist genau Ihre Argumentation übernommen: Ein solcher Anschein muss vermieden werden. Das hat er aufgenommen. Mit einem solchen Vorschlag, glaube ich, beschreiten wir einen Mittelweg, der die Chance bietet, den Gesamtprozess voranzubringen.
Meine Damen und Herren, vor dem Standortauswahlverfahren selbst, das zu beschreiben ist, müssen nach unserer Auffassung noch fundamentale Sachfragen geklärt werden. Vor allem sollte geklärt werden, ob das bisherige Konzept einer nicht rückholbaren untertägigen Endlagerung nach Ende des Einlagerungsbetriebes noch den gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Ansprüchen genügt. Sofern es aber zu einer Lagerung in tiefengeologischen Formationen kommen sollte, muss die Möglichkeit der Rückholung von Behältern während der Betriebsphase, d. h. für etwa 80 Jahre, vorgesehen werden. Darüber hinaus muss auch eine Bergungsmöglichkeit vorgesehen werden. Alle diese Dinge auch bezüglich der Sicherheitsanforderungen haben wir schon erfolgreich in den Diskussionsprozess eingebracht. Auch das hat der Bund übernommen; denn damit werden auch die Lehren aus den Erfahrungen mit der Schachtanlage Asse II gezogen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Herr Wenzel, Herr Herzog und Herr Tanke, in Ihren Wortbeiträgen habe ich etwas vermisst, dass Sie den Wert dieser Chance, die wir haben, tatsächlich begreifen und erkennen. Wir haben jetzt alle Länder und den Bund mit im Boot. Wir haben die einmalige Chance, in diesem seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt tatsächlich voranzukommen. Ich glaube, Ihre Beiträge haben gezeigt, dass Sie noch die Schlachten der Vergangenheit schlagen und diese historische Chance nicht erkannt haben. Diese Landesregierung zeigt mit ihrem konstruktiven und pragmatischen Herangehen, dass wir tat
Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Ich gewähre Ihnen zwei Minuten, Herr Wenzel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben eben versucht, den Eindruck zu erwecken, als sei in der Arbeitsgruppe der acht Bundesländer in den wichtigen Grundsatzentscheidungen bereits Einigkeit erzielt worden. Ich glaube, Sie wissen aber auch, dass die Verhandlungsführer der A-Länder kürzlich noch einmal deutlich gemacht haben, dass in dem Papier vom 15. Dezember einige Punkte herausgearbeitet wurden, die explizit strittig gestellt wurden, und dass es dabei auch um Grundsatzentscheidungen geht.
Insofern möchte ich diesen Eindruck, den Sie hier zu erwecken versucht haben, ganz klar zurückweisen.
Die vorläufige Sicherheitsanalyse ist nichts anderes als der Versuch, einen Teil der Genehmigungsgrundlagen für eine spätere Planfeststellung zu erarbeiten. Man kann sich im Internet anschauen, was die GRS in diesem Rahmen machen will, und vor allem, wer das machen will: Das sind genau die Institutionen, die aufgrund der Vertuschung in der Asse hoch belastet sind. Das kann man nicht einfach fortsetzen, wenn man einen Vertrauensbildungsprozess zum Ziel hat.
Wenn Sie das, was Sie eben angekündigt haben, umsetzen wollen, dann müssen Sie in diesem Jahr - im September oder Oktober - sogar noch einmal den Hauptbetriebsplan verlängern. Das ist eine explizite, zentrale Entscheidung, die das Land Niedersachsen treffen kann. Wir erwarten, dass Niedersachsen den Hauptbetriebsplan keinesfalls noch einmal verlängert.