Protocol of the Session on January 18, 2012

Daher sollten wir gemeinsam alles dafür tun, hier eine ordentliche und an der Sache orientierte Debatte zu führen, aber nicht Emotionen schüren und den Leuten nicht den Eindruck vermitteln, - - -

Herr Kollege, Sie haben jetzt schon eine halbe Minute überzogen.

- - - dass wir ihre privaten Interessen im Verfahren wahrnehmen könnten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke. - Frau Somfleth möchte erwidern. Bitte schön!

Herr Dammann-Tamke, haben Sie auch recherchiert, dass es 2002 ein Herr Ole von Beust war,

der beim Bundesverkehrsministerium den Antrag auf die neunte Elbvertiefung gestellt hat?

(Beifall bei der SPD - Ulf Thiele [CDU]: Das ist ja überraschend, Frau Kollegin! Hamburg!)

Der Antragsteller war der Erste Bürgermeister von der CDU.

(Norbert Böhlke [CDU]: Hat Olaf Scholz den Antrag inzwischen zu- rückgezogen?)

Das zur Recherche! Wie gesagt: Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, wäre ich auch darauf noch gerne eingegangen.

(Ulf Thiele [CDU]: Dann hätten Sie auch noch gesagt, dass Herr Scholz den Antrag weiter befeuert!)

Jetzt komme ich aber zu Ihren Anmerkungen, dass wir keine Chancen mehr hätten, das Einvernehmen zu verweigern. So habe ich Ihren Beitrag ja fast verstanden. Dann ist es gar nicht verkehrt, sich die Stellungnahmen detailliert anzugucken, denke ich. Das habe ich dem Herrn Ministerpräsidenten ja ans Herz gelegt. Es ist doch überhaupt nicht nachvollziehbar, warum wir uns, obwohl uns doch angekündigt worden ist, dass Anfang Februar die Beweissicherungsberichte 2007 und 2010 vorgelegt würden, nicht die Zeit genommen haben, die Stellungnahmen intensiv zu diskutieren.

So hat man das Gefühl, Sie wollten diese Anträge schnell vom Tisch haben, damit unter der Hand das eine oder andere noch gemauschelt werden kann.

Das ist mit meinem Selbstverständnis der Arbeit eines Landtagsabgeordneten nicht zu vereinbaren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Dr. Hocker das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Elbe ist in den letzten 200 Jahren insgesamt acht Mal ausgebaggert worden - von der ursprünglichen Wassertiefe von 3,50 m auf mittlerweile 15 m Wassertiefe.

Zwar hat sich innerhalb dieses Zeitraums auch die Technik für den Hochwasserschutz fundamental verbessert. Eine beinahe Verfünffachung der Flusstiefe ist dennoch eine Entwicklung, die schon jetzt große Herausforderungen an den Hochwasserschutz stellt.

Zusätzlich ist alles das, was in Rede steht, natürlich auch eine Entwicklung, die die Menschen vor Ort ängstigt. Sie ängstigt die Menschen im Alten Land und im Hamburger Umland. Diese Ängste müssen wir ernst nehmen, meine Damen und Herren.

Aber die Furcht vor Wellenschlag und vor Sturmfluten, die natürlich mit viel größerer Wucht die Elbe hinaufdrücken, wenn sie neuerlich ausgebaggert und die Fahrrinne vertieft wird, ist nur das eine. Uns treiben gleichzeitig die Befürchtungen der Obstbauern um, die eine Verschiebung der Brackwasserzone fürchten und befürchten, dass das Grund- und Oberflächenwasser versalzen könnte und die Bewässerung und Versorgung ihrer Obstbäume im Alten Land gefährdet werde.

Gleichzeitig wird in einigen Monaten planungsgemäß das Infrastrukturprestigeobjekt Niedersachsens Nummer eins fertiggestellt werden. Ich spreche natürlich vom Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven, der vielen Menschen in Niedersachsen in einer bislang arg gebeutelten Region einen krisensicheren Arbeitsplatz bieten wird.

Zwar bietet der Hamburger Hafen auch 50 000 Menschen aus Niedersachsen einen Arbeitsplatz. Aber ich halte überhaupt nichts davon, die in Niedersachsen wohnenden Arbeitnehmer des Hamburger Hafens auszuspielen gegen die Menschen an der Elbe, die Angst um ihre Obstplantagen und um ihr Hab und Gut haben. Hochwasserschutz im Binnenland ist das Interesse aller Menschen in Niedersachsen. Deshalb darf man auch nicht versuchen, die eine Gruppe gegen die andere Gruppe auszuspielen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, für mich steht fest: Das Land darf sein Einvernehmen zur Fahrrinnenanpassung nur erteilen, wenn die Deichsicherheit auch in Zukunft zweifelsfrei gewährleistet bleibt; sollten dennoch Schäden entstehen, muss außerdem auch die Beweislast künftig beim Vorhabenträger liegen - und nicht bei den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern im Alten Land und in der Hamburger Region.

Zusätzlich müssen auch alle Befürchtungen der Landwirte und der Obstbauern im Alten Land ausgeräumt werden. Dazu gehört u. a., dass alle offenen Fragen zur Sicherung der Wasserbereitstellung vollständig geklärt werden müssen. Sonst darf es kein Einvernehmen zur Fahrrinnenanpassung geben.

Die Menschen an der Elbmündung und im Alten Land haben einen Anspruch darauf, dass sie ernst genommen werden. Sie haben einen Anspruch darauf, dass ihr Hab und Gut geschützt wird. Sie haben einen Anspruch darauf, dass die Elbe auch in Zukunft ein Fluss bleibt, der die Schönheit der Landschaft prägt und den sie nicht fürchten müssen. Diese Ansprüche wird diese Landesregierung auch erfüllen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist der Kollege Wenzel für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Ministerpräsident David McAllister: Du kommst doch aus Südniedersach- sen!)

Wir haben da aber auch einen Fluss. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Diskussion über die Elbvertiefung treibt schon seltsame Blüten. Da liegt die Beweissicherung für 2007 bis heute nicht vor. Da werden vom Ausschuss Stellungnahmen von Verbänden erbeten, die auch zahlreich kommen und sehr stark durch Fachwissen und Erfahrungen vor Ort geprägt sind - und dann will sich die Mehrheit nicht einmal ausgiebig mit diesen Fragen beschäftigen und gar nicht wissen, was die Landesregierung dazu sagt.

Meine Damen und Herren, wir erleben in diesen Tagen in Bezug auf die Elbvertiefung und die Pläne zu einer weiteren Vertiefung eine unzulässige Überschreitung von Grenzen, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Die Folgen der geplanten Vertiefung sind schlicht und einfach nicht kalkulierbar. Ich will einige Beispiele nennen.

Die Standfestigkeit der Hochwasserbauwerke können Sie meines Erachtens nicht garantieren, wenn Sie erneut darangehen, hier eine Vertiefung vorzunehmen.

Es soll Schlick auf Unterwasserdeponien aufgeschichtet werden. Das ist eine Technik, mit der man bisher fast keine Erfahrungen gesammelt hat. Und mit Versuchsendlagern haben wir nicht gerade gute Erfahrungen gemacht!

Die Brackwasserzone wird sich weiter flussaufwärts verschieben. Wie weit sie sich verschiebt, ist völlig unklar. Sie haben es versäumt, hierzu ein eigenes Gutachten in Auftrag zu geben.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Außerdem wird die Verschlickung der Häfen entlang des Stroms zunehmen. Die Folgen sind nicht kalkulierbar.

Herr Kollege Wenzel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Seefried?

Nein, ich möchte zu Ende ausführen.

Die Lösung der hier aufgezeigten Probleme wird auf die Zukunft geschoben. Der Entwurf des Planfeststellungsbeschlusses für die Elbvertiefung sieht offenbar umfangreiche Messprogramme, aber keine Problemlösungen vor. Wohin das führt, haben wir bei der Weser gesehen. Dort hatte das Land plötzlich Folgekosten in Millionenhöhe am Hals, weil man im Planfeststellungsbeschluss solche Dinge nicht geregelt hat.

Das Stader Tageblatt berichtete von geheimen Plänen und einem Gutachten zur Elbvertiefung, das davon ausgeht, dass man wegen der Brackwasserzonenverschiebung möglicherweise bis zu 314 Beregnungsteiche, vier große Kanäle und eine 38 km lange Ringleitung anlegen muss, um die Viehzüchter weiterhin mit dem notwendigen Trinkwasser zu versorgen. Dieses Gutachten spricht allein hierfür von Kosten in Höhe von 62 Millionen Euro.

Ein Eingriff durch eine Flussvertiefung würde zu schwerwiegenden Eingriffen in Natur und Landschaft führen. Das nenne ich ebenfalls eine Grenzüberschreitung.

Auch die volkswirtschaftlichen Kosten - unwidersprochen ist von 500 bis 600 Millionen Euro Steuergeld die Rede - sind eine Grenzüberschreitung, meine Damen und Herren. Dabei brauchen wir die Elbvertiefung aus verkehrspolitischen Gründen nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch bei der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger droht eine Grenzüberschreitung, wenn Sie jetzt nicht für Transparenz sorgen, wenn Sie nicht durch Veröffentlichung des Entwurfs des Planfeststellungsbeschlusses die Möglichkeit schaffen, dass die Bürger ganz genau sehen, was jetzt geplant ist, wie die Dinge aussehen und ob und wie das Land gedenkt, ihre Interessen zu vertreten.

Mich hat gewundert, dass man sich im Ausschuss an dieser Stelle nicht klar äußert, dass man noch nicht einmal auf die Frage klar antwortet, mit welcher Verhandlungsposition das Land in die Gespräche mit der WSD und mit Hamburg geht. Meine Damen und Herren, so nicht!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Seefried von der CDU-Fraktion gemeldet. Bitte schön!