Vielen Dank. Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Zunächst einmal schließe ich mich ausdrücklich dem Dank an Landtagspräsident Hermann Dinkla für die Einbringung dieser Resolution an.
Die rechtsterroristische Serie in Deutschland hat uns alle nachdenklich und betroffen gemacht. Besonders perfide an dieser Form des Rechtsextremismus war, dass gar nicht einmal eine tiefere Botschaft, sondern die Tat selbst Ziel der Terroristen war. Allein durch die Tat haben sie ihr Ziel - die Vernichtung von Menschen vermeintlich fremder Herkunft - erreicht, und sie haben Angst und Schrecken bei allen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland verbreitet. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer, aber auch bei allen unter uns lebenden Menschen, die durch diese Taten jahrelang in Schrecken und in ein Gefühl der Bedrohung versetzt worden sind.
Nun gilt es - das hat der Kollege Rolfes richtig ausgeführt -, die Arbeit der Sicherheitsbehörden auf den Prüfstand zu stellen. Einige Forderungen liegen dabei bereits auf dem Tisch, aber nicht alles, was gefordert wird, beruht tatsächlich auf gründlichen Analysen. Insofern begrüßen wir ausdrücklich die Zurückhaltung des niedersächsischen Innenministers Schünemann bei der Forderung nach einer schnellen Zusammenlegung der Landesämter für Verfassungsschutz. Eine ähnliche Zurückhaltung sollte unserer Meinung nach aber auch bei der Forderung nach neuen, gemeinsamen Verbunddateien an den Tag gelegt werden. Die Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat insofern auch da unsere volle Unterstützung, meine Damen und Herren.
Es ist aber auch an der Zeit, zu fragen, ob wir immer die richtigen Schwerpunkte setzen. Kann es in diesen Tagen richtig sein, Vereinen und Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, ein Bekenntnis zur Demokratie abzuverlangen, bevor sie in den Genuss staatlicher Förderung kommen? Welche Wirkung hat ein solcher Generalverdacht auf das Engagement gegen Rechtsextremismus in diesem Land?
Wir sollten uns auch fragen, ob Vorurteile möglicherweise zu den Ermittlungspannen beigetragen haben. ich möchte an dieser Stelle mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, den Deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff in seiner Rede anlässlich der Verleihung des Leo-Baeck-Preises zitieren:
„Noch wissen wir nicht, wie viele Menschen insgesamt betroffen sind. Es stellen sich aber Fragen: Ist unser Land den Opfern und ihren Hinterbliebenen gerecht geworden? Mussten wir rechtsextremistischen Hintergrund vermuten, und werden die Protagonisten rechtsextremer Kreise ausreichend beobachtet? Haben wir uns möglicherweise von Vorurteilen fehlleiten lassen? Wie stellen wir sicher, dass der Staat seiner Schutzfunktion in allen gesellschaftlichen Bereichen nachkommt? Wir dürfen gegenüber den Hinterbliebenen nicht sprachlos sein.“
Ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gerade vor dem Hintergrund der Geschichte unseres Landes dürfen Rechtsextremismus und rechte Gewalt keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.
Auch wir sind tief erschrocken über die Mordserie, die mindestens zehn Menschenleben gekostet hat. Wir trauern um die Opfer, und, meine Damen und Herren, wir sind im Herzen bei den Angehörigen, die geliebte Menschen verloren haben.
Es ist besonders tragisch, dass es erst so spät und unter eher zufälligen Umständen dazu gekommen ist, dass die Zusammenhänge dieser Mordserie im
Die Ursachen - da bin ich dem Kollegen Limburg sehr dankbar - müssen jetzt konsequent aufgeklärt werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine schonungslose Fehleranalyse dessen, was bei unseren Sicherheitsbehörden falsch gelaufen ist, ist unumgänglich. Das sind wir auch den Opfern und den Angehörigen schuldig.
Wir sollten uns aber auch die Zeit nehmen, um innezuhalten und die richtigen Schlüsse zu ziehen, und nicht in alte Schemata verfallen und auf der einen oder der anderen Seite sogleich Forderungen in den Raum stellen. Wir sollten innehalten, diskutieren, abwägen und dann sachorientiert und - auch wenn das in solchen Situationen vielleicht manchmal schwierig ist - ohne Emotionen die richtigen fachlichen Schlüsse ziehen.
Unsere gemeinsame Aufgabe als Demokraten ist es, rechtsextremistischem Gedankengut konsequent entgegenzutreten. Wir brauchen eine gesellschaftliche Atmosphäre, die Menschen aus fremden Kulturen bei uns willkommen heißt.
Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Atmosphäre, die Menschen aus fremden Kulturen auch als wertvollen Bestandteil unserer Gesellschaft versteht. Ich sage hier ergänzend, dass wir als Liberale uns einer solchen Gesellschaft in besonderer Weise verantwortlich fühlen.
Ich möchte mich zum Abschluss dem Dank an den Präsidenten des Landtages, an Hermann Dinkla, anschließen. Es ist gut und wichtig, dass wir in einer solchen Stunde, in einer solchen Situation ein gemeinsames Signal aus der Mitte der Demokratie des Landes Niedersachsen, aus dem Niedersächsischen Landtag, in die Gesellschaft schicken.
„Wir müssen gerade jetzt alle demokratischen Gruppen stärken, die sich gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus engagieren.“
Die Absicht ist nur zu begrüßen. Der Landesregierung und den zuständigen Behörden könnte geholfen werden. Hören Sie auf mit der Kriminalisierung der zivilgesellschaftlichen Aktivitäten gegen faschistische Aufmärsche und Zusammenrottungen wie in Dresden, in Dortmund und nicht zuletzt in Bad Nenndorf! Beenden Sie die Denunziation von Organisationen, die sich in der Tradition des antifaschistischen Widerstandes den Nazis und den Neonazis entgegenstellen, wie der VVN-BdA und der FIR - der gesamteuropäischen Föderation der Widerstandskämpfer -, als verfassungsfeindlich!
Über der Beobachtung solcher Organisationen haben die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder offensichtlich die Aufklärung des Naziterrorismus versäumt.
Sorgen Sie dafür, dass der Extremismuserlass des Bundesfamilienministeriums vom Tisch kommt! Er bedroht alle antifaschistischen und antirassistischen Aktivitäten mit Mittelentzug, die sich nicht von sogenannten Linksextremen distanzieren.
Was linksextrem ist, definiert aber ebenjener Verfassungsschutz, der über mindestens zehn Jahre nicht in der Lage gewesen ist, Nazibanden als Terroristen zu entlarven.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Fraktionen sind sich darüber einig geworden, dass in sofortiger Abstimmung über diesen Antrag bzw. diese Resolution entschieden werden soll.
Ihnen liegt der Antrag in der Drs. 16/4234 vor. Wer diesen Antrag annehmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich habe es richtig gesehen: einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Feststellung von Zeit und Tagungsordnung des nächsten Tagungsabschnitts. Der nächste, der 41. Tagungsabschnitt ist für die Zeit vom 18. bis zum 20. Januar 2012 vorgesehen. Der Präsident wird den Landtag einberufen und im Einvernehmen mit dem Ältestenrat den Beginn und die Tagesordnung der Sitzung bestimmen.
Ich wünsche Ihnen einen guten Heimweg, eine wunderschöne, besinnliche Vorweihnachtszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Denken Sie daran: Das Leben besteht nicht aus den Momenten, in denen Sie atmen, sondern aus den Momenten, die Ihnen allen den Atem nehmen.