Protocol of the Session on December 8, 2011

Stromproduktion erhöhen, gleichzeitig die damit verbundenen technischen Probleme lösen und dabei auch die Strompreise stabil halten. Ich sage Letzteres gerade vor dem Hintergrund, dass einige manchmal den Eindruck erwecken, man könne mit höheren Strompreisen auch Arbeitsplätze schaffen. Ich kann Ihnen nur sagen: Fragen Sie ruhig einmal die IG BCE, was passiert, wenn beispielsweise die Grundstoffchemie aufgrund zu hoher Energiekosten das Land verlässt. Dann zieht nämlich eine Vielzahl von Spezialbetrieben gleich mit. Dadurch verlieren wir eine Menge qualifizierter und gut bezahlter Arbeitsplätze, und diese Arbeitsplätze kommen, wenn sie einmal weg sein, nicht wieder.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, den Schlüssel für bezahlbare Strompreise halten jedoch in erster Linie Berlin und Brüssel in der Hand; aber wir können darauf einen gewissen Einfluss nehmen und müssen dies auch tun.

Ich komme gerade von der Wirtschaftsministerkonferenz von Anfang der Woche in Bremen, bei der es auch um das Thema der weiteren Ausgestaltung der Energiewende ging. Wir haben vereinbart, das Monitoring auf jeder weiteren Sitzung vorzunehmen und die Bundesregierung mit einem Monitoringbericht in der Wirtschaftsministerkonferenz aufzurufen zu überlegen, welche Nachsteuerungen, Nachjustierungen bzw. andere Maßnahmen tatsächlich erforderlich sind.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Es geht nicht darum, den Ausstieg aus der Kernenergie zu verändern. Es geht um andere, um kleine Regelschritte, die eventuell nicht so wirken, wie man sich das am Anfang vorgestellt hat.

Ich nenne ein Beispiel, mit dem wir uns am Montag befasst haben. Bei der Beschlussfassung der Novelle des EEG ist es hinsichtlich der Energiewende durchaus zu Fragestellungen gekommen, die Auswirkungen auf besondere erforderliche Technologien haben. Die Betreiber vom Pumpspeicherkraftwerken, die wir in der Zukunft dringender denn je brauchen werden, um wind- und sonnenschwache Tage überbrücken zu können, haben beispielsweise die berechtigte Sorge, dass die EEGUmlage nach den Beschlüssen vom letzten Sommer in ihrem Fall gleich zweimal anfallen würde, nämlich zum einen für den Strom, den sie zum Einspeichern einsetzen und der EEG-umlagepflichtig ist, zum anderen aber auch für den Strom, den sie verkaufen, wenn sie ihn produzieren. Sie

haben Angst, dass die Formulierung des Gesetzes so zu interpretieren wäre.

Die Wirtschaftsministerkonferenz hat auf meinen Antrag hin die Bundesregierung einstimmig gebeten sicherzustellen, dass dies nicht geschieht. Der Bundesumweltminister und die Bundesregierung haben erklärt, man werde geeignete Wege, eventuell bis hin zu Gesetzesänderungen, finden, damit in solchen Fällen keine doppelte EEG-Umlage anfällt und nicht als Konsequenz, wenn diese Unsicherheit bestehen bleiben würde, Projekte für Pumpspeicherkraftwerke oder Ähnliches auf Eis gelegt oder zumindest zeitlich verzögert würden. Hier stand einiges auf der Kippe.

Dies ist ein Beispiel dafür, wie Monitoring praktisch funktionieren kann. Dies ist ein Beispiel dafür, dass wir bei der Umsteuerung immer wieder bereit sein müssen, uns zu hinterfragen und auf die Zukunft auszurichten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden das niedersächsische Energiekonzept, wenn es im kommenden Jahr beschlossen ist, konsequent verfolgen, wir werden aber auch beim Monitoring Fehlentwicklungen aufdecken, damit wir sie zügig beheben können. Dies wird die Hauptaufgabe bei der Energiewende sein.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister Bode. - Die erste Zusatzfrage stellt der Herr Kollege Tanke von der SPD-Fraktion.

Herr Bode, Ihre Aussage von eben aufgreifend, dass Sie sich mit Ihrem Amtskollegen Umweltminister Sander vollkommen einig sind, frage ich die Landesregierung nach einem Widerspruch. Während Herr Sander in einer Pressemitteilung vom 20. September erklärt, dass im Rahmen der Energiewende in Zukunft weiterhin Arbeitsplätze in Niedersachsen gesichert werden, malen Sie, Herr Bode, das Schreckgespenst der Deindustrialisierung bei der Energiewende an die Wand. Wie erklären Sie diesen Widerspruch?

(Zustimmung von Johanne Modder [SPD] - Patrick-Marc Humke [LINKE]: Können Sie einmal erklären, was „Deindustrialisierung“ ist? - Gegenruf von Norbert Böhlke [CDU]: Herr Her- zog!)

Herzlichen Dank, Herr Tanke. - Herr Minister Bode, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Tanke, hätten Sie genau zugehört, dann hätten Sie festgestellt, dass es eben keinen Widerspruch gibt. Auch die Industrievertreter des BDI haben in ihrem Verband beide Bereiche abzudecken. Der eine Bereich ist die energieintensive Industrie, die in der globalen Welt dringend auf Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen angewiesen ist, weil der Strompreis einen wesentlichen Wettbewerbsfaktor darstellt. Man verlegt vielleicht Industrieanlagen nicht von heute auf morgen; aber gerade in diesen Bereichen ist die Frage der Investition in eine Anlage entscheidend. Wenn Investitionen zur Weiterentwicklung, zur Innovation, zum Ausbau nicht in die Standorte in Niedersachsen oder Deutschland fließen, werden sie im Ausland stattfinden. Das ist dann das sogenannte Sterben auf Raten, das immer wieder in den Raum gestellt wird und zu dem es kommen wird, wenn wir nicht vernünftig reagieren und dies ausschließen.

Beim BDI gibt es aber auch die Vertreter der anderen Industriegruppe, die zu Recht sagen: Erneuerbare Energien bieten Chancen für Arbeitsplätze, für neue Geschäftsfelder beispielsweise in der Elektroindustrie, beispielsweise auch im Bereich der Stahlindustrie, wenn man über die Windräder und die Materialien, die dort eingesetzt werden, redet.

Beides gibt es, und wir müssen versuchen, beide Industrien hier zu behalten. Auch die Industrie, die durch neue Technologien, die in den Fokus rücken und eine größere Bedeutung bekommen, von der Energiewende profitiert, braucht z. B. Stahl. Deshalb ist es so wichtig, dass die andere Industrie - Sie können sagen: die konventionelle Industrie, die alte Industrie -, die ich als energieintensive Unternehmen bezeichne - Industrie sind nicht nur Großunternehmen, Industrie sind auch mittelständische Unternehmen -, hier in Deutschland, hier in Niedersachsen, wettbewerbsfähig bleibt und wir trotzdem die neuen Chancen am Arbeitsmarkt durch erneuerbare Energien nutzen.

(Detlef Tanke [SPD]: Sander oder Bo- de?)

Das ist kein Widerspruch. Das wird von HansHeinrich Sander und von Jörg Bode gemeinsam vertreten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Herr Herzog von der Fraktion DIE LINKE stellt die nächste Frage. Herr Herzog, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Bode, vor dem Hintergrund, dass das größte Hemmnis für die Energiewende Ängste bei Beschäftigten und in der Bevölkerung sind, aber natürlich auch das Zaudern von Politikern, frage ich Sie: Arbeiten Sie und Ihr Ministerium konkret und aktiv an einer Konversionsstrategie auch im einzelbetrieblichen Bereich, z. B. nach der Abschaltung des AKW Unterweser?

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Herzog. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Bode.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Herzog, die Grundlage Ihrer Frage kann ich nicht teilen. Sie ist falsch. Die größten Herausforderungen mit Blick auf die Umsetzung der Energiewende sind technische Fragestellungen. Es geht z. B. darum, wie wir unsere Netze an die neuen Anforderungen anpassen und sie dafür fit machen können. Eine Frage in diesem Zusammenhang ist, wo Energie erzeugt und abgenommen wird.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Warum schwächen Sie denn dann die Netz- stabilität?)

Die größte Herausforderung im technischen Bereich ist die Frage, wie wir Energie wirtschaftlich speichern können. Denn Solarenergie und Windenergie entstehen temporär. Wir müssen sie speichern, damit sie in den Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht, verfügbar ist. Das sind die großen Herausforderungen. Die Frage, die Sie angesprochen haben, ist es nicht.

Auch bei der Konversion von ehemaligen Kernkraftwerksstandorten sind noch viele Fragen zu

klären, u. a. ob ein sofortiger Rückbau erfolgen oder der Stand gehalten werden soll. Das hat auch etwas damit zu tun, wie mit Zwischenlagern an diesen Standorten umgegangen wird. Diese Fragen müssen mit Nachdruck bearbeitet werden.

Danke schön.

(Kurt Herzog [LINKE]: Die Frage ist überhaupt nicht beantwortet! Es geht um Konversionsstrategien! Er muss doch in der Lage sein, ein Wort zu er- kennen! Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Bosse von der SPD-Fraktion. Marcus Bosse (SPD):

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Sehr geehrter Herr Minister Bode, vor dem Hintergrund, dass vom Herrn Ministerpräsidenten per Pressemitteilung öffentlich mitgeteilt worden ist, dass auch die wirtschaftlichen Ziele des Landes Niedersachsen mit dem Energiekonzept der Landesregierung in Einklang zu bringen sind, der Wirtschaftsminister aber wiederum bei einer Veranstaltung der IG BCE gefragt hat, wie wir die Energiewende hinbekommen, ohne in eine Deindustrialisierungsphase zu kommen, fragt sich der geneigte Leser oder Zuhörer: Was ist denn nun richtig?

(Zustimmung bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Bosse. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Bode.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie unterstellen damit ja quasi, dass ich das Energiekonzept, das ich selber mitgetragen habe, an dem das Wirtschaftsministerium selbst mitgearbeitet hat, als unzureichend erachten würde.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Ja, den Eindruck macht es!)

Das ist natürlich völlig falsch und an den Haaren herbeigezogen.

(Detlef Tanke [SPD]: Aber Sie sagen es!)

Ich versuche es gerne noch einmal: Der Konzeptentwurf der Landesregierung ist ein guter Entwurf für Niedersachsen. Er beantwortet aber nicht alle Fragen im Zusammenhang mit der Energiewende und kann es auch gar nicht, weil zum Teil noch gar nicht feststeht, welche Rahmenbedingungen von Berlin und Brüssel vorgegeben werden.

Das EEG und die Fördersätze für erneuerbare Energien wie auch die Höhe der Umlage wird vom Bundesgesetzgeber gesteuert und nicht vom niedersächsischen Energiekonzept.

Der Emissionshandel ist z. B. Sache der Europäischen Union. Die Stellschrauben des Landes liegen bei der Planung und Genehmigung. Wir können einen Beitrag zur Energieeffizienz, zur Sanierung unserer landeseigenen Gebäude leisten und werden das auch tun. Wir fördern Forschung im Bereich erneuerbarer Energien, z. B. Forschung, die sich mit der Speicherung von Energie befasst. Das sind unsere Stellschrauben.

Wir können auch in Brüssel aktiv werden, um die Frage des CO2-Zertifikate-Handels im Sinne unserer energieintensiven Unternehmen zu lösen. Das machen wir auch - ich glaube, es gibt kein Bundesland, das aktiver an dem Thema CO2-ZertifikateHandel arbeitet -, um für unsere energieintensiven Unternehmen eine besonders gute Ausgangssituation zu erreichen. Deshalb ist beides richtig. Und das steht auch so im Energiekonzept der Landesregierung. Wir wollen auf der einen Seite dafür kämpfen, energieintensive Unternehmen auch in Zukunft - mit Investitionen, mit Arbeitsplatzaufwuchs, mit Zuliefererstrukturen - nach Niedersachsen zu holen und sie hier zu halten, und auf der anderen Seite die mit dem Energiekonzept verbundenen Chancen - gerade für die Küste im Onshore- und Offshorebereich der Windenergie mit allen daran hängenden Innovationsketten und auch im Produktionsbereich - weiter ausbauen und fördern.

Das Energiekonzept geht auf die Probleme und Risiken der energieintensiven Unternehmen ein. Im Rahmen des Energiekonzepts wollen wir dafür kämpfen, dass diese Probleme nicht eintreten, und Stellschrauben finden, um sie zu verhindern. Und da, wo unsere Stärken sind, sollen die Arbeitsplätze ausgebaut werden. Das ist kein Widerspruch, sondern gute Politik.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Miesner von der CDU-Fraktion. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Bode, Sie sprachen zu Recht davon, dass die Energie die Lebensader der Wirtschaft ist. Ich denke, das gilt ganz besonders für Niedersachsen als Industrie- und Produktionsstandort. Sie sprachen auch davon, dass der Schlüssel für die Energiepreise, für die Strompreise für die Betriebe und die Industrie in Brüssel bzw. in Berlin liegt.

(Zurufe von der SPD: Frage!)

Ich frage die Landesregierung: Kann noch einmal genau erläutert werden, was von deren Seite zu tun ist, damit die Preise für die Industrie und die gewerbliche Wirtschaft bezahlbar bleiben?

(Zustimmung bei der CDU)

Danke schön. - Herr Minister Bode, Sie haben das Wort.