Als Einsparvorschlag haben Sie - ich kann es mir nicht verkneifen, darauf hinzuweisen - wieder einmal den Verfassungsschutz herangezogen, der für Sie, meine Damen und Herren von den Linken, ja das obligatorische Feindbild ist.
Wir haben eben gehört, wie der Verfassungsschutz von der linken Seite dieses Hauses eingeschätzt wird. Auf der anderen Seite fordern Sie, dass wir mehr für den Rechtsextremismus tun
- ich meine, zur Bekämpfung des Rechtsextremismus; das ist doch klar -, dass wir ausbilden, unterrichten und junge Menschen schulen. Sie werfen uns immer vor, dass wir dort nicht genug tun. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Sie diesen Haushalt, dessen Volumen zurzeit auf 17 Millionen Euro festgelegt ist, um mehr als 50 % kürzen wollen - Sie wollen 10 Millionen Euro einsparen -, dann ist das genau der falsche Ansatz. Wir wollen uns im Kampf gegen Rechtsextremismus, Linksextremismus, Antiziganismus, Rassismus und extremistischen Islamismus einsetzen.
Insofern kann ich nur sagen: Unser Haushalt ist genau geplant. Wir werden im Sporthaushalt und im Sozialhaushalt 500 000 Euro für die Integration durch den Sport einsetzen. Das ist der beste Weg, den man im Sportbereich gehen kann.
Jetzt spricht Frau Zimmermann für die Fraktion DIE LINKE zu diesem Punkt. Ich erteile Ihnen das Wort.
Danke schön. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es bleibt anzumerken: Auch der diesjährige Haushaltsentwurf für den Bereich Inneres ist von dem Grundsatz geprägt: Lustlos verwalten statt kreativ gestalten.
Hinzu kommt, dass dieser Haushalt in keiner Weise den aktuellen politischen Entwicklungen Rechnung trägt. Im Gegenteil: Welche politische Grundhaltung diese Landesregierung vertritt, manifestiert sich in der Tatsache, dass Sie sowohl 2012 als
auch 2013 die Arbeit der sogenannten Vertriebenenverbände weiterhin mit Beträgen von weit über 100 000 Euro, nun auch noch um 30 000 Euro aufgestockt, unterstützen wollen.
(Rudolf Götz [CDU]: Das haben wir immer gemacht! Das ist eine gesetzli- che Verpflichtung, Frau Zimmer- mann!)
Wir alle wissen, dass darüber in den letzten Jahren das unsägliche Treffen der Landsmannschaft Schlesien finanziert wurde, bei dem ihr Vorsitzender Pawelka regelmäßig mit revanchistischen Ausfällen in seinen Reden auf sich aufmerksam gemacht hat.
Nun will das Land zwar die Förderung überdenken, aber letztendlich ist doch klar, wie es laufen wird: Die Gelder werden über den Bund der Vertriebenen umgeleitet und von dort aus an die Landsmannschaft ausgereicht. Meine Damen und Herren, denken Sie nicht, dass uns das nicht aufgefallen wäre.
(Ulf Thiele [CDU]: Können Sie mal mit Ihren Verschwörungstheorien aufhö- ren! Das ist ja fürchterlich!)
Im Übrigen bin ich einmal gespannt, welche merkwürdigen Projekte aus diesem Topf noch finanziert werden. Aber das wird hoffentlich die Antwort auf eine Anfrage von mir ans Licht bringen. Zudem stellt sich die Frage: Müssen eigentlich auch die Vertreter der über diesen Topf geförderten Vereine und Organisationen eine sogenannte Extremismusklausel unterschreiben?
Und dann schauen wir uns einmal an, was Ihnen der Kampf gegen Neonazismus wert ist. Der Organisation, die wesentliche Projekte zur Stärkung der Zivilgesellschaft und der Demokratie durchführt, stellen Sie nur läppische 10 000 Euro zur Verfügung, und das auch noch verbunden mit komplizierten Förderkriterien. Das ist skandalös und macht nochmals Ihre politische Grundhaltung deutlich.
Der Geheimdienst, genannt Verfassungsschutz, darf sich hingegen als Dankeschön für das komplette Versagen bei der Beobachtung der neonazistischen Terrorbande
über weitere 125 000 Euro jährlich freuen. Das ist doch völlig absurd. Und weil das so absurd ist und weil sich im Zuge der Ermittlungen und Veröffentlichungen zur neonazistischen Terrorwelle in den vergangenen 13 Jahren immer mehr abzeichnet, dass der Verfassungsschutz nicht zur Lösung des Problems beiträgt, sondern vielmehr Teil des Problems ist, wollen wir den Haushalt dieser Behörde in einem ersten Schritt um 10 Millionen Euro kürzen, um sie mittelfristig ersatzlos abzuschaffen.
Meine Damen und Herren, wir wollen, dass Neonazismus, Antisemitismus und Rassismus in Niedersachsen endlich nachhaltig bekämpft werden, und beantragen deshalb Mittel für ein Landesprogramm in Höhe von 5 Millionen Euro.
Darüber sollen endlich auch in Niedersachsen Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt, der Ausbau regionaler Initiativen zur Schaffung von Beratungsteams gegen Neonazismus und der Ausbau der Unterstützung zivilgesellschaftlichen Engagements finanziert werden. Des Weiteren sollen der Aufbau einer Antidiskriminierungsstelle und eines Dokumentationszentrums unterstützt werden. Zudem wollen wir ein Aussteigerprogramm für Angehörige der Neonaziszene jenseits von Verfassungsschutz und Polizei auf den Weg bringen.
Meine Damen und Herren, wenden wir nun unseren Blick auf ein angebliches Kernstück von Herrn Schünemanns Politik der öffentlichen Sicherheit. Es bleibt dabei: Nach außen wird viel getönt, aber die Hausaufgaben im eigenen Land erfüllt er schlichtweg nicht. Mit ihrem im September dieses Jahres vorgelegten Attraktivitätsprogramm hat die Polizeigewerkschaft GdP auf ein wesentliches Problem hingewiesen: In den letzten Jahren hat sich der Beförderungsstau besonders im A-9Bereich weiter verschärft. Viele Polizistinnen und Polizisten müssen derzeit bis zu zwölf Jahre warten, bis sie im gehobenen Dienst zum ersten Mal befördert werden. Damit wird die Attraktivität des Polizeiberufes in keiner Weise in den Vordergrund gestellt oder erhöht.
zur Verdoppelung der Erschwerniszulage auf 5 Euro. Wir wollen, wie von der GdP vorgeschlagen, 1 500 Stellenhebungen von A 9 auf A 10.
Meine Damen und Herren, ich möchte auf ein weiteres Problem hinweisen, dem wir uns in den kommenden Jahren unbedingt zuwenden müssen: Viele Polizeidienststellen in Niedersachsen sind in einem bemitleidenswerten Zustand und stark sanierungsbedürftig. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion hatte die Landesregierung mitgeteilt, dass sich der aktuelle Bauunterhaltungsbedarf hier auf insgesamt 55 bis 60 Millionen Euro zuzüglich der Baunebenkosten beläuft. Für die besonders dringenden Maßnahmen - Dringlichkeitsstufe 1 - fehlen 20 bis 25 Millionen Euro zuzüglich Baunebenkosten. Die jetzt im Haushalt eingestellten Mittel sind in diesem Zusammenhang tatsächlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Meine Damen und Herren, auch in diesem Jahr beantragen wir die Streichung der Mittel für die Castortransporte. Wir wollen, dass der Landtag im Rahmen der Haushaltsberatung ein klares und unmissverständliches Signal gegen weitere Castortransporte nach Gorleben setzt. Deshalb fordern wir, die für die kommenden Jahre eingeplanten Kosten des Polizeieinsatzes während des Castortransports zu streichen. Es ist in keiner Weise einzusehen, dass das Land Niedersachsen für die jahrzehntelang verfehlte Atompolitik auf Bundesebene die Zeche zahlen muss.
Dabei sollten wir eines bedenken: Das Geld, das dort ausgeben wird, fehlt uns letztlich bei Bildung, Wissenschaft, Kultur und sozialer Vorsorge im Land.
Meine Damen und Herren, oftmals gerät in Vergessenheit, dass wir es hier auch mit dem Kommunalministerium zu tun haben. Leider wurde gestern in diesem Hohen Hause ein Antrag meiner Fraktion zur Stärkung der Kommunalfinanzen abgelehnt. Fast drei Viertel der Städte, Gemeinden und Samtgemeinden in Niedersachsen haben keine ausgeglichenen Haushalte. Die kommunalen Kassenkredite beliefen sich landesweit Mitte 2011 auf rund 5,6 Milliarden Euro - Milliarden, nicht Millionen! Die Niedersächsische Landesregierung trägt angesichts der seit Jahren nicht bedarfsgerechten Ausstattung der Finanzzuweisungen des Landes
an die Kommunen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs unmittelbar Verantwortung für die Krise der Kommunalfinanzen.
Der von der Landesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden abgeschlossene sogenannte Zukunftsvertrag zur Entspannung der strukturellen Finanzprobleme einzelner Kommunen ist kein geeignetes Instrument für die Wiederherstellung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommunen.
Die finanzielle Ausstattung des Zukunftsvertrags mit jährlich ca. 70 Millionen Euro ist angesichts dieser milliardenschweren Kassenkredite in Niedersachsen eine Luftnummer. Die Gewährung dieser Finanzhilfen ist zudem in nicht hinnehmbarer Weise weitgehend an den Zwang zur Fusion von Gemeinden gebunden. Die Auseinandersetzung mit der dramatischen Situation der kommunalen Finanzen ist eine der zentralen und der dringlichsten Aufgaben, die sich der Politik zurzeit stellen.
Meine Damen und Herren, die kommunale Haushaltskrise ist, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht von den Kommunen selbst verschuldet. Sie ist vor allem eine Folge des Vollzugs von kommunalschädlichen Bundesgesetzen. Aber eines will ich hier anmerken, meine Damen und Herren: Die Gesetzesvorhaben, die im Bund beschlossen worden sind - das will ich ausdrücklich erwähnen -, haben alle die Zustimmung der Niedersächsischen Landesregierung gehabt.
Die Linke tritt für eine materiell abgesicherte, funktionierende kommunale Selbstverwaltung ein, die es den Bürgerinnen und Bürgern gestattet, aktiv den Ort, an dem sie leben, mitzugestalten und die öffentliche Daseinsvorsorge und -fürsorge zu erhalten und auszubauen.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich nicht vergessen, darauf hinzuweisen, dass wir mit unserem Änderungspaket auch ein klares Signal für eine andere Flüchtlingspolitik in Niedersachsen setzen. Die Einstellung von 5 Millionen Euro für ein Programm zur Ansiedlung ausländischer Flüchtlinge soll einen Paradigmenwechsel in diesem Bereich befördern. Zudem wollen wir die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen forcieren.
Meine Damen und Herren, zusammengefasst bleibt festzuhalten: Unsere Alternativvorschläge sind Bausteine für einen Neustart in der Innenpolitik des Landes Niedersachsen, welchen dieses Land so dringend benötigt. Die Stärkung der öffentlichen Sicherheit, der nachhaltige Kampf gegen Neonazismus, Antisemitismus und Rassismus, der Einsatz für eine humane Flüchtlingspolitik und der Beginn des Abbaus des Verfassungsschutzes sind dabei wesentliche Eckpfeiler.