Wegen dieser Politiker wird Deutschland in der Tat ärmer, und zwar nicht nur an Wohlstand und Infrastruktur.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Miriam Staudte [GRÜNE]: Selbstkritik ist der erste Weg zur Besserung! - Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Selbsterkenntnis!)
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der FDP zur Aktuellen Stunde mutet gerade nach dem Wortbeitrag von Herrn Dürr wie ein Stück aus dem Tollhaus an.
Der kleine Koalitionspartner FDP fährt mit der Themenwahl sinnbildlich große Geschütze in Sachen Infrastruktur und Zukunftssicherung auf und beschimpft die Opposition als ideologische Verweigerer.
Aber wer verweigert sich hier wirklich? - Die Verweigerer einer zukunftsfähigen, umweltgerechten und wirtschaftlichen Infrastruktur sitzen nicht in der Opposition, sondern sie sitzen auf der Regierungsbank. Bei den Verweigerern geht Verkehrsminister Herr Jörg Bode allen voran.
Es ist die Landesregierung, die die Verkehrsinfrastruktur zwischen Nordsee und Harz im wahrsten Sinne des Wortes verkommen lässt. Schauen wir uns beispielsweise die Straßeninfrastruktur in Niedersachsen etwas näher an, so fällt beispielsweise auf, dass sich ein Großteil der Landesstraßen in einem sehr schlechten Zustand befindet. Besonders die Schwerlasttransporte gehen ihnen mächtig an die Substanz.
Vor diesem Hintergrund will Herr Bode sogar die „Monstertrucks“ auf Niedersachsens Straßen zulassen. Heute entscheidet das Kabinett in Berlin, dass die Testphase im Januar 2012 beginnen soll, und Niedersachsen gehört zu den Befürwortern dieses unsäglichen Feldversuches mit diesen superschweren, überlangen Lastwagen.
Meine Damen und Herren, die Linke lehnt diese „Monstertrucks“ - wie die Landesregierungen in sieben Bundesländern - ganz entschieden ab.
Sie werden nicht zur Milderung der Verkehrsprobleme führen, im Gegenteil: Sie zerstören die Straßeninfrastruktur weiter. „Monstertrucks“ stellen überdies ein unvertretbar hohes Verkehrsrisiko dar.
Mittlerweile sind 90 % des Netzes der Landstraßen zwischen Ems und Harz beschädigt, fast die Hälfte von ihnen weist bereits mittlere oder starke Schäden auf. Dennoch kümmern sich die Landesregierung und die Landesbehörde für Straßenbau überwiegend nicht um rechtzeitige Reparaturen. Von vorbeugender Instandhaltung kann überhaupt keine Rede sein. Es werden sozusagen die großen Löcher geflickt, damit die anderen wieder größer werden.
Die Folge: Das Unfallrisiko steigt, und der Wert des Landesvermögens „Straße“ sinkt rapide. So ähnlich wie bei den Straßen sieht es bei den Brücken aus. „Des Landes Brücken brauchen Geld!“, forderte der Landesrechnungshof im Sommer des Jahres, der ansonsten im Ergebnis seiner Prüfungen eher Mittelkürzungen verlangt. Er hält mindestens eine Verdoppelung des jährlichen Mittelansatzes für dringend geboten.
Die Erhöhung der Ansätze für die Sanierung der Landesstraßen und -brücken im Haushaltsentwurf 2012 und 2013 ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber eine Trendumkehr sieht anders aus.
Ein anderes Beispiel: Es ist maßgeblich die Niedersächsische Landesregierung, die die Verzögerung der Inbetriebnahme des JadeWeserPorts um neun Monate zu verantworten hat. Daraus werden Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe resultieren. Das ist einfach nicht hinnehmbar.
Nehmen wir die Bahnanbindung Oldenburg–Wilhelmshaven zum Tiefwasserhafen! Dort stehen die Lärmschutzinvestitionen noch immer in den Sternen. Auch dafür trägt die Landesregierung maßgeblich Verantwortung.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Die Linke will mehr Mobilität im Flächenland Niedersachsen für alle gewährleisten, und nicht nur für diejenigen, die sich das aus ihrem Geldbeutel auch leisten können.
Dieses Mehr an Mobilität muss gleichbedeutend sein mit einer guten Bahninfrastruktur, mit sanierten und verkehrssicheren Wegen für den Autoverkehr und für den Fahrrad- und Fußgängerverkehr sowie mit gut schiffbaren umweltgerechten Wasserwegen.
Wir fordern Mobilität für alle, und dieses Mehr an Mobilität muss gleichbedeutend sein mit einer guten Bahninfrastruktur, mit sanierten und verkehrssicheren Wegen für den Autoverkehr, für den Fahrrad- und Fußgängerverkehr sowie mit gut schiffbaren, umweltgerechten Wasserwegen. So macht Infrastruktur als Zukunftssicherung Sinn. Sinn macht aber nicht das, was die Landesregierung Niedersachsens uns bietet.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Titel dieses Antrages zur Aktuellen Stunde scheint der Existenzangst der FDP geschuldet zu sein; denn er geht völlig an den Realitäten in unserem Land vorbei.
Herr Dürr, schauen Sie doch einfach einmal in die Expertise des Weltwirtschaftsforums vom September dieses Jahres. So etwas lesen Sie offensichtlich nicht. Aber das müssten Sie tun; denn an deren Erstellung war auch das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln beteiligt - sicherlich keine Einrichtung, die uns Grünen besonders nahesteht. Sonst hören Sie doch immer auf das, was die Herrschaften schreiben.
Passen Sie auf: Insgesamt belegt Deutschland weltweit bei 142 bewerteten Ländern einen ganz guten 6. Platz. Wissen Sie, was die beste Kategorie für Deutschland ist? - Die Infrastruktur. Da sind wir Zweiter weltweit.
(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Ja, aber doch nicht wegen Ihrer Politik, Herr Hagenah!)
Besser kann es doch nicht sein. Wissen Sie, wer vor Deutschland liegt? - Vor Deutschland liegt der Stadtstaat Hongkong. So viel zu Ihrem Alarmismus.
Sie sagen, wir befänden uns infrastrukturell im Notstand und bräuchten all die Autobahnen, von denen Sie nachts träumen, damit wir überhaupt noch bestehen könnten. - Wir müssen an ganz anderen Stellen in unserem Land arbeiten, aber nicht an der Infrastruktur; denn da sind wir schon weltweit an der Spitze.
Mehr als vorne kann man nicht sein, da müssen Sie Ihre Betonscheuklappen schon einmal ablegen und sich den wirklichen Themen, die den Standort Deutschland betreffen, widmen.
Auf dieser Grundlage - wenn man sieht, wo man weltweit im Hinblick auf die Infrastruktur steht - muss man entscheiden, was die Prioritäten der Politik für die Zukunft sind, Herr Dürr. Priorität hat
Natürlich müssen wir als Transit- und Exportland etwas mit Blick auf die wachsenden Gütertransporte in unserem Land machen, aber wir haben - ganz nebenbei: auch mit den Stimmen der FDP - Klimaschutzziele einzuhalten. Um die Klimaschutzziele einzuhalten, sind Autobahnausbauten genau das Falsche. Da müssen wir andere Wege suchen.
- Herr Dürr, auf Schienen kann man mit Ökostrom fahren, wenn man elektrisiert. Sie sollten eventuell einmal darüber nachdenken, dass die Schiene, wenn sie entsprechend mit Ökostrom ausgestattet ist, ganz hervorragend zum Klimaschutz der Zukunft passt. In der Schiene liegt ein viel höheres Potenzial bei geringerem Einsatz von Steuergeld.