Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was haben wir nicht alles für kämpferische Aussagen im Zusammenhang mit der Elbvertiefung gehört? - Ex-Ministerpräsident Wulff bezeichnete 2004 die Deichsicherheit und die ökologischen Belange als K.-o.-Kriterien. Für Umweltminister Sander waren die Hamburger Gutachten mangelhaft. Er forderte drei neutrale Gutachten. FDP-Chef Rösler definierte die Deichsicherheit als nicht verhandelbar. Und FDP-Kollege Oetjen forderte, das Einvernehmen zu versagen, solange Kriterien des Landes nicht erfüllt seien. Das alles sind ganz glasklare Absagen an faule Kompromisse und Wechsel auf die Zukunft.
Fakt bleibt, dass die acht bisherigen Elbdrangsalierungen den Fluss von 3 auf 15 m vertieft haben. Fakt bleibt, dass die Beweissicherung über die Folgen der letzten Elbvertiefung 1999 nicht korrekt durchgeführt, geschweige denn Kompensationen abgeschlossen wurden. Richtig, Herr Seefried.
Zwar gab die Landesregierung per Antwort auf die Anfrage des Kollegen Klein zu, dass sogar oberhalb von Hamburg, besonders durch die vorletzte Vertiefung, Schäden in Höhe von 30 Millionen Euro zu verzeichnen sind. Aber die konkreten Folgen der jetzt geplanten Maßnahme sind nicht abschätzbar.
Höhere Fließgeschwindigkeit, der schon jetzt auf 3,90 m und dann noch weiter steigende Tidehub, unkontrollierte Erosion der Fahrrinne, Verschlickung der Seitenarme, Häfen und Ufer, Verschiebung der Brackwasserzone sowie Auswirkungen auf die Biodiversität - alles ungeklärt bzw. ungenügend bewertet.
Die existenznotwendige Versorgung der Obstbauern mit sauberem Wasser ist gefährdet. Während Sie an der Weser ein gigantisches 50-MillionenEuro-Bewässerungsprojekt starten wollen, sieht das Alte Land bisher immer älter aus.
Der Elbespezialist - Umweltminister Sander - arbeitet nur noch ab, wie er es nennt. Allein diese Formulierung von ihm muss einem eine Gänsehaut machen.
Meine Damen und Herren, nach wie vor fehlen grundlegende Planungsbetrachtungen, so etwa die transparente Bewertung der Folgen der Vorgängerausbaggerungen oder eine ressourcenscho
nende Arbeitsteilung der norddeutschen Häfen. Die kritischen Aussagen des Prognos-Instituts habe ich Ihnen schon vorgelegt. Im Übrigen bestätigen dies auch die nicht stattfindenden Belegungen der riesigen industriellen Ansiedlungsflächen am JadeWeserPort.
Ein großes Manko bleibt auch, dass es keine belastbaren Prüfungen von Alternativen gab. Gerade die sind aber für den naturschutzfachlichen Teil und die rechtskonforme Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie unerlässlich.
Über das Ausblenden eines grottenschlechten Kosten-Nutzen-Verhältnisses brauche ich Ihnen nichts zu sagen; das wissen Sie selbst.
Alle diese Dinge schreiben Ihnen nicht nur die Naturschutzverbände ins Stammbuch; das kommt auch vom Bundesamt für Naturschutz, von den Fischern, den Obstbauern, den Touristikern, der Kirche und sogar von Dow.
Aber was ist schon eine halbe Milliarde! Es ist ja nicht Niedersachsens Geld. Man darf gespannt sein, was die niedersächsischen Kuhhändler Olaf Scholz für ein Ja noch abringen werden.
Ich meine diejenigen, die sich sozusagen für Geld möglicherweise Zugeständnisse abringen lassen werden.
Deshalb an alle Wachstumsideologen dieses Hauses gerichtet: Auch bei diesem Projekt gilt wieder: größer, weiter, mehr. Sie machen den Gürtel wieder weiter, um der Fettleibigkeit entgegenzuwirken.
Meine Damen und Herren, die 3:30 Minuten für die Landesregierung nimmt nun Herr Minister Sander wahr. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In 3:30 Minuten ist das Thema Elbvertiefung der letzten 200 Jahre natürlich nicht abzuhandeln.
Deswegen beschränke ich mich auf den Zeitraum von der Antragstellung durch den Hamburger Senat im Jahre 2002 bis zu der damaligen sehr kritischen Stellungnahme der Landesregierung im Jahre 2004, nämlich als wir die Zustimmung gegeben haben, diese Planung in den Verkehrswegeplan aufzunehmen.
Herr Kollege Wenzel, Sie können uns noch so häufig zitieren, aber dann müssen Sie auch zitieren, dass wir die Anwälte der Anwohner dieses Raumes sind.
Für uns gibt es nichts zu verhandeln. Über die Deichsicherheit gibt es nichts zu verhandeln. Auch in der Frage des Obstbaus, der Landeskultur gibt es mit dieser Landesregierung nichts zu verhandeln. Erst wenn das abgearbeitet worden ist, können wir in eine Diskussion eintreten - da stellt sich die Frage, die jeder wird beantworten müssen -, ob wir rechtlich genügend Futter haben - das sage ich einmal so salopp -, ob wir genug Begründungen haben, um das Einvernehmen zu versagen oder um das Einvernehmen herzustellen. Das würden danach wahrscheinlich sowieso Gerichte klären.
Wir haben in der Zeit während unserer Regierungsverantwortung alles Mögliche getan: Wir haben mit den Deichverbänden - immerhin sechs - gemeinsame Erklärungen abgegeben und etwas ausgehandelt, was notwendig war, weil Sie durch die alte Elbvertiefung den Bewohnern in der Region Schäden zugemutet haben. Auch das gehört der Vollständigkeit halber dazu.
Die EU-Kommission hat im September fünf weitere Fragen gestellt, und zwar zur Landeskultur, nicht zur Deichsicherheit. Das ist der Stand, der abgear
beitet worden ist. Die entsprechenden Maßnahmen - egal, ob am Altenbrucher Bogen oder vor Otterndorf - sind im Interesse der Menschen durchgeführt worden. Es war unsere Pflicht, etwas dafür zu tun, und wir durften nicht abwarten.
Deswegen können Sie sicher sein: Die kritische Haltung der Landesregierung bleibt so lange bestehen, bis alle Fragen in diesem Zusammenhang tatsächlich geklärt sind. Wir werden bestimmt noch des Öfteren darüber sprechen. Dass dies nicht ganz einfach ist, sehen Sie daran, dass auch die EU-Kommission erhebliche Probleme hat, dies zu beurteilen. Wenn die Beurteilung vorliegt, wird es noch eine gewaltige Zeit dauern, bis wir den Planfeststellungsbeschluss, wenn er kommt, beurteilen können. Sie können sicher sein: Diese Frage ist bei der Landesregierung in sehr, sehr guten Händen.
Frau Somfleth, Ihnen empfehle ich, möglichst schnell mit dem Hamburger Ersten Bürgermeister Gespräche aufzunehmen. Da Sie nicht nur in der Nähe von Hamburg wohnen, sondern der Bürgermeister in der gleichen Partei ist wie Sie, vermute ich, dass Sie sehr viel Einfluss haben. Unterstützen Sie ihn doch mit unserer Argumentation, und bringen Sie ihm das nahe! Dann würden Sie uns einen großen Dienst erweisen.
Herr Minister, vielen Dank. Das war fast eine Punktlandung. - Herr Wenzel, wenn ich jetzt genau wäre, müsste ich Ihnen sagen, dass Sie noch eine Redezeit von zwei Sekunden haben. Aber ich gebe Ihnen 90 Sekunden, wie es üblich ist. Bitte schön!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nur eine Frage, wenn der Herr Minister sie gestattet. Da Sie nicht darauf eingegangen sind, Herr Minister Sander, möchte ich nur wissen, ob Sie dem Parlament zusagen können, dass die Landesregierung in dieser Frage keine Zustimmung erteilt, bevor dieses Parlament über diese Frage entschieden hat. Das ist meine Frage, und auf die hätte ich gern eine Antwort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich habe gerade ziemlich klargemacht, dass das ein Rechtsverfahren ist, in dem es auch Fristen gibt. Sie wissen, dass es die Dreimonatsfrist gibt. In dieser Dreimonatsfrist muss entschieden werden.
Wir drücken uns doch nicht vor unserer Verantwortung. Sie haben doch alle parlamentarischen Möglichkeiten, die es auf der Welt gibt, etwas zu fragen und Entscheidungen herbeizuführen. Aber die Regierung kann Ihnen doch nicht vorschreiben, wie hier zu verfahren ist. Das müssen Sie schon selbst im Parlament machen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Debatte nutzen, um noch einige Anmerkungen zu diesem Thema zu machen. Vorab eines: Die Niedersächsische Landesregierung beschäftigt sich nun schon seit Jahren mit diesem wichtigen und sehr ernsten Thema.
Und ich möchte eines wiederholen, was die Vorredner von CDU und FDP zu Recht herausgearbeitet haben und was gerade auch der Umweltminister hervorgehoben hat: Uns ist es in den letzten Jahren gelungen - da nenne ich namentlich auch den Umweltminister -, in enger Abstimmung mit dem Bund wesentliche Fortschritte zu erreichen. Ich nenne stellvertretend die technischen Lösungen, nämlich den Buhnenbau und die Wasserablagerungsfläche im Altenbrucher Bogen. Das ist ein Riesenfortschritt, ein Riesenerfolg!
Dies zeigt: Wenn man ein Thema konstruktiv begleitet, am Thema bleibt und nicht immer nur populistisch dagegen ist, sondern versucht, kompro
missfähig zu sein, dann kann man im Interesse der Menschen und der Region Fortschritte erzielen. Dafür möchte ich Hans-Heinrich Sander ganz herzlich danken.