Protocol of the Session on October 12, 2011

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Hans-Jürgen Klein [GRÜNE])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit sind wir am Ende der Beratung angelangt.

Ich möchte noch einen Hinweis zum Abstimmungsverfahren geben: Die auf Ablehnung lautende Beschlussempfehlung ist die weitestgehende Empfehlung. Wir stimmen daher zunächst über diese ab. Nur falls diese abgelehnt wird, stimmen wir anschließend noch über den Änderungsantrag ab. Mit anderen Worten: Um zu einer Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/4082 eingereichten Änderungsantrag zu kommen, müsste zunächst die Beschlussempfehlung abgelehnt werden.

Wir kommen also jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer dieser Beschlussempfehlung nicht zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer enthält sich? - Das Zweite war die Mehrheit. Die Beschlussempfehlung wurde abgelehnt.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den gemeinsamen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/4082. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist mit großer Mehrheit so beschlossen worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Abschließende Beratung: Der Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus und Extremismus auch mit Prävention entgegenwirken - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/3412 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 16/4060

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Zunächst hat sich die Kollegin Jahns für die CDUFraktion zu Wort gemeldet.

(Unruhe)

- Frau Jahns, ich erteile Ihnen das Wort, sofern die Gespräche innerhalb dieses Saales eingestellt werden. Einen kleinen Moment, bitte! - Ich bitte Sie, nach Möglichkeit Platz zu nehmen und der Rednerin Ihre Aufmerksamkeit zu schenken.

Sie haben das Wort, Frau Jahns!

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es fällt mir heute als Mitglied des Innenausschusses schwer, hier zu sprechen. Denn gerade die Mitglieder des Innenausschusses haben sehr intensiv mit den beiden verstorbenen Kollegen zusammengearbeitet und haben in der letzten Sitzung am Mittwoch dieses Thema, zu dem ich jetzt sprechen muss, auch mit unserem verstorbenen Kollegen Briese ausführlich diskutiert.

Ich möchte mich an dieser Stelle zunächst bei der SPD-Fraktion und insbesondere bei der Kollegin Leuschner dafür bedanken, dass wir es geschafft haben, im Ausschuss einen gemeinsamen Antrag zu formulieren.

Ich glaube, der Antrag betreffend „Der Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus und Extremismus auch mit Früherkennung und Prävention entgegenwirken“ beschäftigt uns alle. Wir alle wissen, dass der Terrorismus die größte Gefahr für die innere Sicherheit in Deutschland ist. Wir haben vor zehn Jahren bei dem Anschlag auf das World Trade Center gesehen, wie machtlos man davorsteht und wie hilflos man ist, wenn man keinerlei Anzeichen dafür gesehen hat, dass es möglich ist, dass Menschen aus religiösem Wahn heraus so viele Menschenleben opfern und in Kauf nehmen, dass viele Familien und Tausende von Menschenleben zerstört werden, und dass damit letztendlich nur die Zerstörungswut um sich greift, man damit aber nichts gewonnen hat.

Deswegen müssen wir gerade auch hier in Deutschland und in unserem Land Niedersachsen dafür sorgen, alle möglichen Strategien zu entwickeln, um Früherkennung zu erreichen und um präventiv mit den unterschiedlichen Gruppierungen zusammenzuarbeiten. Wir bitten deshalb die Lan

desregierung, Präventionsstrategien zu entwickeln, um die Integrationspolitik zu unterstützen und flankierend zu begleiten sowie gerade religiös motivierten Terrorismus zu bekämpfen. Ich denke, es ist in unser aller Interesse, dass wir Früherkennungsmaßnahmen gemeinsam mit den unterschiedlichen Institutionen ins Leben rufen und dass wir dann möglichst umfassend erkennen, welche Gegenwehr unseren Staat bedroht.

Meine Damen und Herren, wir möchten, dass die Zusammenarbeit mit den muslimischen Organisationen und Einrichtungen, die sich ganz konkret zu unserem Grundgesetz bekennen, verstärkt wird. Wir möchten, dass diese Einrichtungen unterstützt werden und dass sie mit ihrem positiven Weg, sich hier in Deutschland und in unserem Land Niedersachsen zu integrieren, fundamentale Unterstützung von unseren Kompetenzzentren, unserer Landesregierung und den unterschiedlichen Institutionen erhalten, die sich mit diesen Themen auseinandersetzen.

(Beifall bei der CDU)

Wir möchten erreichen, dass die Zusammenarbeit mit den öffentlichen Behörden und Einrichtungen intensiviert wird und dass dort auch Präventionsstrategien entwickelt werden. Vor allem möchten wir, dass unsere Sicherheitsbehörden in die Lage versetzt werden, durch ganz moderne und neue Technik die Bewegungen der Terroristen und die Kommunikationsmöglichkeiten, über die die terroristischen Gruppierungen heute verfügen, zu beobachten und entsprechend früherkennend zu wirken.

(Beifall bei der CDU)

Ich halte es für sehr wichtig, dass wir gerade auf diesem Feld auch die Beobachtung fördern, weil wir wissen, welche Möglichkeiten es international heutzutage gibt. Gerade auch in Deutschland gibt es einige Einrichtungen und Organisationen, die nicht wollen, dass unsere Sicherheitsbehörden diese Kommunikationstechnik so nutzen, und die untersagen möchten, dass wir diese Beobachtungen durchführen. Aber ich denke, wir sind im Interesse unserer Bevölkerung dazu verpflichtet, hier einzugreifen und wirklich alle Möglichkeiten zu nutzen, unsere Sicherheitsbehörden zu unterstützen,

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

um damit nach Möglichkeit zu erreichen, Attentate und Anschläge - ich sage jetzt ganz bewusst: vielleicht - zu verhindern.

Ich habe zu Beginn meiner Rede dargestellt, wie schwierig das ist und wie hilflos man manchmal vor diesen Dingen steht. Aber ich bitte hier in diesem Plenum: Unterstützen Sie uns und tragen Sie diesen gemeinsamen Antrag mit! Wir sind in der Verantwortung für unsere Bevölkerung und wollen diese Verantwortung in diesem Land wahrnehmen. Deshalb bitte ich um Ihre Unterstützung.

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Leuschner von der SPD-Fraktion, ich erteile Ihnen jetzt das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Jahns, vielen Dank für Ihre Einlassung. Dennoch muss ich Ihnen leider sagen, dass wir gegenüber dem gemeinsamen Antrag immer noch Bedenken und Fragen haben, die wir auch in der Kontinuität begleiten werden; denn so einfach ist es für uns leider nicht.

Mein Kollege Klaus-Peter Bachmann hat im März dieses Jahres, als der Ursprungsantrag eingebracht wurde, gesagt, dass wir die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus ernst nehmen und alles dafür unternehmen werden, um ihn zu bekämpfen. Das ist anlässlich des zehnten Jahrestages des 11. September eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Wir verurteilen natürlich das Attentat von Frankfurt und Anschläge anderer islamistischer Terroristen. Aber man hätte beispielsweise den Attentäter von Frankfurt - egal mit welchen Mitteln - nicht früher erkennen können. Er war vorher völlig unauffällig und hatte keine Kontakte zu islamistischen Organisationen.

Der Grund, weshalb wir Ihrem Antrag in geänderter Fassung zustimmen, ist, dass die CDU jetzt anscheinend mehr die Auffassung vertritt, dem islamistischen Terrorismus und Extremismus nicht nur mit einer Law-and-Order-Politik zu begegnen, sondern auch präventive Ansätze wählt. Zumindest erwähnen Sie in Ihrem Ursprungsantrag mehrfach den Begriff „Prävention“. Wir meinen aber immer noch, dass es im Wesentlichen Früherkennung ist. Deswegen haben wir in diesen gemeinsamen An

trag beide Begriffe hineinformuliert. Haben Sie von der CDU und FDP und von der Landesregierung beispielsweise die Forderungen renommierter Sozialwissenschaftler und Politikwissenschaftler endlich ernst genommen, und wollen Sie sie in Zukunft umsetzen? - Es wäre schön, wenn wir da insgesamt ein bisschen weiterkommen.

Meine Damen und Herren, wir haben bezüglich Ihres Antrages Bedenken geäußert und z. B. die Frage gestellt, was die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen unternehmen wollen, um gerade die in der Nr. 3 des Antrags erwähnte Zusammenarbeit mit muslimischen Landesorganisationen zu fördern. Es ist - ich habe Ihnen das immer gesagt - eine ziemlich schwierige Gratwanderung, dadurch nicht mit dazu beizutragen, dass Vorurteile gegenüber Menschen muslimischen Glaubens gefördert werden.

Das ist eine Sache, die wir nicht so einfach hinnehmen können. Sie wissen, dass in wissenschaftlichen Studien Ressentiments und Vorurteile gerade gegenüber Menschen muslimischen Glaubens in unserer Gesellschaft und auch in Europa festgestellt wurden. Das müssen wir ernst nehmen. Wir müssen, denke ich, alles daran setzen, zu vermeiden, dass Menschen aufgrund ihres Glaubens ausgegrenzt werden und dass man terroristische Aktionen nur Menschen muslimischen Glaubens anheftet.

Sie wissen, dass die Attentate von Norwegen sehr schwerwiegend waren und dass der Attentäter mehr dem christlich-fundamentalistischen Spektrum zuzuordnen ist. Er hat ungehindert über Jahre auf Seiten Zugriff nehmen können, die im Grunde genommen Islamfeindlichkeit und rassistische Vorurteile verbreitet haben. Diese Sachverhalte müssen wir genauso berücksichtigen, und wir müssen gemeinsam genauso gegen eine solche Form von Terrorismus vorgehen. Das ist das Anliegen der SPD-Fraktion. Wenn wir uns darauf einigen könnten, wäre das sehr schön.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben vor Kurzem - im Juni haben wir es in zweiter Beratung debattiert - unseren Antrag „Aktionsprogramm gegen Rechtsextremismus, Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus und Islamophobie - Stellenwert der politischen Bildung wieder erhöhen!“ vorgelegt. Die Gründe hierfür haben wir damals dargelegt.

Sie von der CDU und von der FDP haben ihn leider abgelehnt. Das finden wir schade. Darin waren

all die Mechanismen, was man gesellschaftlich tun kann, um die Ursachen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu verhindern, beschrieben. Das wollten Sie nicht. Das ist schade. Das kritisieren wir nach wie vor.

Meine Damen und Herren, auch im Fachausschuss haben wir mehrfach die Frage gestellt, von wie vielen gewaltbereiten Tätern in Niedersachsen aus dem Spektrum des islamistischen Terrorismus die Rede ist. Da wurden Zahlen von 10 bis 100 genannt. Der Widerspruch, wie gezählt wird und unter welchen Kriterien das stattfindet, ist aus unserer Sicht bis heute nicht abschließend geklärt worden. Auch das kritisieren wir.

Noch einmal: Die Zusammenarbeit, der Dialog, mit muslimischen Dachorganisationen - der Schura und der DITIB - ist durchaus richtig. Aber man muss das sehr sensibel, mit Respekt und auf gleicher Augenhöhe machen. Man muss sich nur einmal vorstellen, dass die Landesregierung beispielsweise an die katholische und an die evangelische Kirche herantreten und fragen würde: Wie viele Mitglieder der Gemeinden verfolgen rechtsextremistische Tendenzen? Nennen sie sie einmal. - Ich möchte wissen, was dann los wäre! Ich sage noch einmal: Das muss sehr sensibel gemacht werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben unter Nr. 3 der Beschlussempfehlung formuliert - mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich das einmal; da heißt es jetzt -:

„Dabei muss jede Möglichkeit einer öffentlichen Stigmatisierung muslimischer Einrichtungen und Organisationen oder deren Repräsentanten vermieden werden. Eine Stigmatisierung von Menschen muslimischen Glaubens ist kontraproduktiv und steht im Gegensatz zu einer gelungenen Integration und Partizipation,“

Ich möchte abschließend auf folgenden Punkt eingehen. Zum einen geben wir unsere Zustimmung aufgrund Ihres Paradigmenwechsels hin zu dem Bereich Prävention. Zum anderen aber werden wir Ihnen gerade vor dem Hintergrund des Einsatzes von Trojanern keinen Freibrief für die Umsetzung dieses Antrags ausstellen, weil wir in Niedersachsen nicht jegliche Mittel ausschöpfen können, um im Grunde genommen präventiv tätig zu werden. Das werden wir im Fachausschuss, gegebenenfalls auch noch in öffentlichen Anhö

rungen, begleiten. Darauf werden wir unseren Ansatz legen. Der Punkt 5 ist aus unserer Sicht nicht ausgegoren. Da müssen wir nacharbeiten.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Da spricht nichts dagegen!)

Noch einen letzten Hinweis. Eine enge Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden mit Jugendämtern und Schulen hätten wir lieber in der Hand der Landeszentrale für politische Bildung gesehen und nicht bei Sicherheitsbehörden.

(Zuruf: Genau!)