Protocol of the Session on September 16, 2011

von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben für anderthalb Minuten das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte Herrn Bartling nur darauf hinweisen, dass es einen Unterschied zwischen strafrechtlicher Verantwortung und politischer Verantwortung gibt. Dies ist ein politischer Antrag. Der gehört hierher und ist hier genau richtig.

(Starker, anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Herr Kollege Briese zu Wort gemeldet. Bitte schön!

(Jens Nacke [CDU]: Gretchen oder Faust, das ist immer noch die Frage!)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Nacke, man muss Ihnen zugute halten: Sie haben sich in Ihrer Rede ja mal richtig mächtig moralisch aufgepumpt.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN und bei der SPD)

Sie spielen hier immer gerne den Enkel Konrad Adenauers. Dabei sind Sie in meinen Augen mittlerweile wirklich der Enkel eines politischen Kleingeistes geworden. Das muss man so deutlich sagen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das Schlimme ist, dass er schon einmal etwas anderes war!)

Ich konzediere ja: Die Linkspartei legt momentan in der Öffentlichkeit eine ziemliche Selbstdemontage hin. Dauerzoff und Selbstzerfleischung, das konnten auch die alten K-Gruppen schon ziemlich gut. Und ja, auch ich finde, dass die Vorsitzende der Linkspartei, Frau Lötzsch, Aussagen zu Kommunismus, zum Mauerbau und auch zum CastroJubiläum gemacht hat, was ich nicht nur dämlich, sondern auch zynisch und in Teilen auch menschenverachtend finde. Herr Nacke, auch ich finde das Verhältnis der Linkspartei, zumindest der SoliGruppe Cuba Sí, zu Kuba sonderbar bis merkwürdig. Kuba ist eine Diktatur. Das sollte man sich im Länderbericht von amnesty international einmal genau anschauen. Ich finde nicht, dass es eine politische Solidarität mit einer Diktatur geben sollte.

Da sollte man ganz eindeutig sein. Genau da habe auch ich meine Kritikpunkte.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist auch richtig, dass es in der Linkspartei sonderbare Gruppierungen gibt. Das will ich immer wieder deutlich sagen, und das habe ich hier in diesem Landtag auch getan. Die Partei muss wirklich eindeutig und klar klären, wie sie mit Betonkommunisten oder auch DDR-Verklärern umgehen will. Auch mir wäre persönlich wohler, wenn die Partei einen klareren Schnitt zu diesen Leuten ziehen würde. Das müssen Sie sich auch immer wieder vorwerfen lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der FDP)

Trotzdem - jetzt kommt der zweite Teil der Rede, meine sehr verehrten Damen und Herren - nervt mich dieser Antrag ungemein. Er ist unheimlich billig und undifferenziert gestrickt. Herr Nacke, Sie wissen es - wir haben es in diesem Hause auch immer wieder diskutiert -: Die Linkspartei ist mehr als alte SED-Kader. In Ihren eigenen Reihen gibt es diese Leute übrigens auch. Es gibt ehemalige SED-Offiziere, die heute auf CDU-Listen stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Ich kann Sie nur fragen: Wo ist da die Glaubwürdigkeit? Jeder Politologe, jeder Soziologe, jeder Wissenschaftler und jeder Verfassungsrechtler, jeder einigermaßen lautere Politiker, der sich mit der Linkspartei beschäftigt, weiß, dass es dort ehemalige Sozialdemokraten, auch ehemalige Grüne, überzeugte Demokraten und Christen gibt, die dort deutlich in der Mehrheit sind. Deswegen differenzieren Sie endlich ein bisschen, was diese Partei angeht!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Außerdem finde ich diesen dauernden Rückfall in die 50er-Jahre mit den Moskauneurosen und der Kommunistenfresserei wirklich ein bisschen unhistorisch.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir haben mittlerweile nicht mehr den Kalten Krieg. Der Kalte Krieg ist seit 1989 vorbei. Sogar das kommunistische China ist mittlerweile Staats

kapitalismus. Bei China hat man aber deutlich weniger Berührungsängste. Mit China macht auch Niedersachsen gute Geschäfte.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Aha!)

Wir haben überhaupt keine Probleme, in das Land zu gehen und vielleicht auch einmal einen kleinen Kotau zu machen, wenn sich da gut verdienen lässt.

(Glocke der Präsidentin)

Im Übrigen will ich Ihnen sehr deutlich sagen: Es gibt Wirtschaftsdelegationen aus Niedersachsen nach Syrien. Menschenrechtsfrage? Wieso sollten wir denn da Menschenrechtsprobleme ansprechen?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Aha!)

Es gibt momentan Briefe von Frau Merkel an die Diktatur in Vietnam.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Aha!)

Darin wird auch gratuliert und wird keine Differenzierung und kein Unterschied gemacht.

Die Friedrich-Naumann-Stiftung ist sich nicht zu blöde, sogar den Militärputsch in Honduras positiv zu finden. Ich frage mich: Wo bleibt da Ihre Empörung? Wo bleibt da der Aufschrei? - Das, was Sie hier betreiben, ist doch unlauter!

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Im Übrigen - - -

Herr Briese, ganz langsam! Auch Sie müssen versuchen, zum Schluss zu kommen.

Ich will zum Schluss kommen. - Im Übrigen gibt es mehrere kommunale Bündnisse zwischen der CDU und der Linkspartei auf kommunaler Ebene.

(Zurufe von der SPD: Das haben sie vergessen!)

Bitte, dann spalten Sie sich von der Ost-CDU ab!

(Heiterkeit und starker Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Herr Nacke, die Ost-CDU und die SED waren sich sowieso schon einmal sehr nahe.

(Heiterkeit bei der SPD)

Zu guter Letzt will ich Ihnen Folgendes sagen: Von einer Partei, die mit solch schillernden Gestalten wie Ronald Barnabas Schill koaliert hat, der heute irgendwo koksend in der Karibik sitzt, lassen wir uns unseren Koalitionspartner nicht vorschreiben.

(Heiterkeit und starker Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Am Ende entscheidet das Bundesverfassungsgericht darüber, ob eine Partei verfassungswidrig ist, und nicht Herr Nacke und nicht die CDU in Niedersachsen.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Detlef Tanke [SPD] - zur CDU -: Das macht nachdenklich? - Helge Limburg [GRÜNE]: Warum schweigt denn die rechte Seite? - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Was sagt Goethe? - Detlef Tanke [SPD]: Ihr hattet die Chance! Verpasst! - Ge- genruf von Jens Nacke [CDU]: Ihr seid doch so arm!)

Jetzt hat das Wort Herr Kollege Oetjen für die FDP-Fraktion. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie haben recht: Mir ist bei dem Thema überhaupt nicht zum Lachen zumute. Das ist nämlich auch nicht zum Lachen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Demokratie und Menschenrechte sollten in unserem Land eigentlich von allen akzeptiertes Allgemeingut sein; denn sie sind die Grundlage unserer Gesellschaft. Gerade unser Land hat vor dem Hintergrund unserer Geschichte mit zwei totalitären Regimen, nämlich dem Naziregime und dem DDRRegime, eine besondere Verantwortung. Aber gerade zu Letzterem, meine sehr verehrten Damen und Herren, zur Diktatur der SED, haben Politiker der Partei DIE LINKE ein gespaltenes Verhältnis. Das finde ich unerträglich, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich möchte hier deutlich sagen, dass in der DDR nicht alles schlecht war. Ich glaube, darum geht es

an dieser Stelle nicht. Wenn aber Verbrechen der SED-Diktatur verschwiegen werden oder - was dem Ganzen die Krone aufgesetzt hat - wenn beim Gedenken an die Toten vom Mauerbau Politikerinnen und Politiker der Linkspartei, wie Frau Linke, sitzen bleiben, dann sollten Sie sich für solche Parteimitglieder eigentlich nur noch schämen, meine sehr verehrten Damen und Herren.