Protocol of the Session on July 1, 2011

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 17 der Abg. Dr. Silke Lesemann und Markus Brinkmann (SPD)

Ausbau des Stichkanals von der Schleuse Bolzum zum Hafen Hildesheim

Im Rahmen der vom Bundesverkehrsministerium geplanten Kategorisierung der Binnenwasserstraßen würde auch der von der Schleuse Bolzum nach Hildesheim führende Stichkanal künftig in das „Randnetz“ eingestuft. Hierdurch steht der geplante Ausbau des Stichkanals infrage, wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung am 15. Juni 2011 berichtete.

In den Jahren 2007 bis voraussichtlich 2011 sollen insgesamt ca. 60 Millionen Euro in den

Ausbau der im Jahre 1926 erbauten Schleuse Bolzum investiert werden, um sie für die Passage von modernen Großgütermotorschiffen u. a. zum Hafen Hildesheim nutzbar zu machen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse bestehen zur Fortführung bzw. zur Einstellung des Stichkanalausbaues?

2. Aufgrund welcher Datenbasis und welcher Annahmen wurde der Ausbau der Schleuse betrieben, und wie wurde die Validität der dem Ausbau zugrunde liegenden Aussagen geprüft?

3. Im Falle, dass der Stichkanal nicht ausgebaut werden sollte: Bleiben die Brücken über den Stichkanal erhalten?

Der Ausbau von Wasserstraßen ist Aufgabe des Bundes nach Wasserstraßengesetz. Für den Ausbau des Mittellandkanals und seiner Stichkanäle besteht ein Regierungsabkommen zwischen dem Bund und den Ländern Niedersachsen, NordrheinWestfalen, Hamburg und Bremen aus dem Jahre 1965. Hierin wird die Mitfinanzierung der Länder mit einem Drittel der Ausbaukosten geregelt. Während der Ausbau des Hauptkanals bis zur Elbe weitgehend abgeschlossen ist, stehen die Ausbauarbeiten an den Stichkanälen zum Teil noch aus.

Die Diskussion um die Netzkategorisierung und die Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes sind noch im Gange, eine abschließende Entscheidung ist seitens des Bundes noch nicht getroffen worden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Nach Auskunft des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) werden begonnene Vorhaben zu Ende geführt. Nach hiesiger Auffassung trifft dieses auf den Ausbau des Stichkanals nach Hildesheim zu.

Nach Auskunft der örtlich zuständigen Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte wird der Ausbau der Kanalstrecke zurzeit geplant.

Zu 2: Die alte Schleuse Bolzum (82 x 12 m) wurde 1927 dem Verkehr übergeben. Die umfangreichen Bauwerksschäden zeigen, dass das Ende der Lebensdauer erreicht ist. Ein Ersatz ist daher zwingend notwendig.

Gesamtwirtschaftliche Untersuchungen (Planco, ISL: 2003) weisen nach, dass für den Verkehr von 139 m langen Schubverbänden und 135 m langen Einzelfahrern (ÜGMS; übergroßes Großmotorgü

terschiff) - jeweils mit einer Breite von 11,45 m - das beste Resultat erreicht wird. Diese Schiffstypen sollen die Häfen am Mittellandkanal und an seinen Stichkanälen erreichen können.

Im Rahmen der Entwurfsaufstellung zum Neubau der Schleuse Bolzum wurde auf Basis der PLANCO-Prognose 2010 ein Schleusenneubau mit den Abmessungen 139 m x 12,50 m als wirtschaftlich ermittelt.

Die Berücksichtigung des ÜGMS als Bemessungsschiff wurde vom Bund mit den Finanzierungspartnern sowohl für den Schleusenneubau als auch für den Streckenausbau abgestimmt.

Zu 3: Den Stichkanal Hildesheim kreuzen elf Straßenbrücken:

- Vier dieser Brücken sind bereits erneuert und ermöglichen den Streckenausbau.

- Vier weitere Brücken sollen ersatzlos entfallen, da das Verkehrsbedürfnis nicht gegeben ist und benachbarte Alternativquerungen möglich sind.

- Drei Brücken werden neu gebaut, für zwei (K 522, L 467) davon wurde das Planfeststellungsverfahren im Juni bereits eröffnet.

Sollte der Stichkanal nicht ausgebaut werden, bleiben die bis zu 90 Jahre alten Brücken so lange in Benutzung, wie es der bauliche Zustand erlaubt. Anschließend würde dann für die vier Brücken ein ersatzloser Abriss auf Grundlage eines Planfeststellungsverfahrens und für die drei Brücken ein Ersatz in alter Lage und in alten Abmessungen angestrebt.

Anlage 15

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 18 der Abg. Renate Geuter (SPD)

Neuregelung bei der Fahrtkostenerstattung für die Nutzung von Fahrzeugen im Rahmen der ESF-Landesprojekte - Welche Folgen hat dies für Jugendwerkstätten und Pro-AktivCenter im ländlichen Raum?

Mit Erlass vom 7. Dezember 2010 hat das niedersächsische Wirtschaftsministerium die Erstattung von Kosten für Fahrzeuge, die im Rahmen von ESF-Projekten genutzt werden, neu geregelt. Danach soll eine Abrechnung nur noch nach den Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes mit einer Wegstreckenentschädigung von 0,30 Euro je Kilometer zurückgelegter Strecke möglich sein. Es ist nicht mehr wie bisher möglich, die tatsächlich entstande

nen Kosten geltend zu machen. Diese Neuregelung führt sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus verfahrenstechnischen Gründen gerade für die Jugendwerkstätten und Pro-AktivCenter in der Fläche zu besonderen Problemen.

Die Richtlinie zum Jugendwerkstattprogramm verlangt die Realisierung eines „betriebsnahen Konzeptes“. Zur Erfüllung dieser Vorgaben halten die Jugendwerkstätten eine professionelle Werkstattausstattung vor, um die Kundenaufträge von gemeinnützigen Einrichtungen und privaten Kunden erfüllen zu können. Neben Maschinen und Werkzeugen werden aber auch Transportmittel benötigt, um mit den Teilnehmern Materialeinkäufe zu erledigen, Produkte auszuliefern oder um auf Baustellen und an Einsatzorte zu fahren.

Die Richtlinie und die Qualitätsanforderungen für Pro-Aktiv-Center sehen u. a. aufsuchende Arbeit vor. Hierfür werden oft extra dafür beschaffte Fahrzeuge benutzt, die auch für gemeinsame Aktivitäten mit Teilnehmern verwendet werden.

In den Jugendwerkstätten und Pro-Aktiv-Center kommen in der Regel also nicht die üblichen Personenkraftwagen zum Einsatz, sondern Kleinbusse, Doppelkabinenpritschenwagen und Anhänger, sodass die Regelungen des Bundesreisekostengesetzes für diesen Bereich wenig zutreffend sind.

Mit der neuen Regelung können anfallende Transportmittelkosten im ländlichen Raum zukünftig regelmäßig nicht mehr vollständig gedeckt werden, weil der höhere Kostenaufwand für erforderliche Kleinbusse nicht berücksichtigt ist, die Durchführung der Fahrten in der Regel mit mehreren Personen nicht erfasst wird und der Einsatz von Anhängern zusätzlich zu den Fahrzeugen keine Berücksichtigung findet.

Es stellt sich auch die Frage, ob die Kontrolle von Fahrtenbüchern für die NBank nicht mindestens so aufwendig ist wie das bisherige Verfahren. So sind für die Abrechnung von zwei Fahrzeugen inklusive Anhänger für eine Jugendwerkstatt bei vernünftiger Organisation in der Vergangenheit nicht mehr als 30 Belege pro Jahr angefallen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Gründe haben die Landesregierung bewogen, die bisherige Regelung der Erstattung der tatsächlichen Kosten für genutzte Fahrzeuge in Jugendwerkstätten und Pro-AktivCenter aufzugeben, obwohl der Verwaltungsaufwand für das neue Verfahren nicht deutlich reduziert wird?

2. Wie sollen die Jugendwerkstätten und ProAktiv-Center in ländlichen Bereichen die Defizite, die ihnen durch die Neuregelung der Fahrtkosten entstehen, nach Ansicht der Landesregierung ausgleichen?

3. Werden die von den Trägern der Jugendwerkstätten und der Pro-Aktiv-Center über das AG-Verfahren (Arbeitsgruppe, der Vertreter al- ler beteiligten Institutionen angehören) in einem Positionspapier Anfang 2011 eingebrachten Bedenken im Rahmen einer Veränderung des Erlasses Berücksichtigung finden und, falls nein, warum nicht?

Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr ist in seiner Rolle als Verwaltungsbehörde für den ESF und EFRE in Niedersachsen bemüht, die Strukturfondsförderung für alle Beteiligten so handhabbar und einfach wie möglich zu gestalten und Fehlerquellen möglichst von vornherein auszuschließen. Aus diesem Bestreben heraus wurden in dieser Förderperiode beispielsweise für den ESF Pauschalen für die zuvor sehr aufwendigen und fehleranfälligen Bereiche der indirekten Ausgaben und der Arbeitslosengeldleistungen eingeführt. Diese Vereinfachungen haben wesentlich dazu beigetragen, das EUFörderverfahren zu entbürokratisieren, und haben damit zu Entlastungen bei Zuwendungsempfängern und NBank geführt.

Dieses Ziel einer Vereinfachung und Entbürokratisierung verfolgt auch der hier angesprochene Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom 7. Dezember 2010 zur Anerkennung von Reisekosten auf Basis der Wegstreckenentschädigung des BRKG im Bereich des ESF und EFRE. Um eine größtmögliche Wirkung zu erzielen, betrifft dieser Erlass alle ESF- und EFRE-geförderten Projekte in Niedersachsen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: In vielen ESF- und EFRE-Förderprogrammen besteht die Möglichkeit, Reise- bzw. Dienstreisekosten als zuwendungsfähige Ausgaben anzuerkennen. Im Rahmen von Prüfungen -insbesondere im ESF - wurde jedoch festgestellt, dass die Ausgaben für Reisekosten stark variierten. Teilweise wurden dabei die tatsächlichen Ausgaben in Rechnung gestellt, während in anderen Fällen die gewährten Wegstreckenentschädigungen zwischen 20 und 30 Cent je gefahrenem Kilometer variierten. Insgesamt erwies sich insbesondere die Abrechnung für Kfz auf Grundlage einer „Vollkostenrechnung“ als unverhältnismäßig aufwendig und fehleranfällig.

Insbesondere im ESF-Bereich führte diese uneinheitliche Abrechnungspraxis zu Unregelmäßigkeiten, auf welche die ESF-Prüfbehörde im Rahmen der von ihr durchgeführten Vorhabenprüfungen

aufmerksam wurde. Aufgrund der damit verbundenen Fehlerquote regte die ESF-Prüfbehörde eine Änderung des Verfahrens an. Diese Anregung wurde von der ESF-Verwaltungsbehörde bei der Einführung des hier angesprochenen Verfahrens aufgegriffen. Dabei wurde insbesondere den bisher aufgetretenen Problemen Rechnung getragen.

Ziel der seinerzeitigen Neuregelung war es, eine einheitliche Regelung sowohl für trägereigene als auch für nicht trägereigene Fahrzeuge herzustellen, um damit für alle Beteiligten das Regelwerk zu vereinfachen und Fehlerquellen zu minimieren.

Bei der Bemessung des einheitlichen Entschädigungssatzes von 30 Cent je gefahrenem Kilometer wurde der nach dem Bundesreisekostengesetz mögliche Höchstsatz für Wegstreckenentschädigungen (§ 5 BRKG) zugrunde gelegt.

Zuwendungsrechtliche Voraussetzung für die Gewährung der Wegstreckenentschädigung ist jedoch sowohl bei trägereigenen als auch bei nicht trägereigenen (z. B. privaten) Kfz, dass der Grund der Fahrt in unmittelbarem Zusammenhang mit dem geförderten Projekt steht. Bei trägereigenen Fahrzeugen kann dieser Nachweis faktisch nicht anders gelingen als durch die Vorlage von Fahrtenbüchern. Für die Nutzung nicht trägereigener, z. B. privater Kfz sieht der Erlass vom 7. Dezember 2010 alternativ die Vorlage einer Reisekostenabrechnung vor.

Nach Auskunft der NBank konnte der Prüf- und Nachweisaufwand seit Einführung der Fahrtenbücher deutlich reduziert werden. Zwar bringt auch die Überprüfung der Fahrtenbücher einen gewissen Verwaltungsaufwand mit sich. Im Vergleich zu den umfangreichen Belegen, die bei einer Vollkostenrechnung zu prüfen sind, ist aber eine entscheidende Vereinfachung und Entlastung auch der Zuwendungsempfänger eingetreten. Zudem wird das neue Verfahren allgemein als besonders transparent anerkannt, da der einheitliche Entschädigungssatz komplizierte Berechnungen von vornherein ausschließt und so die Berechnung der Reisekosten einfach und nachvollziehbar macht. Diese Vereinfachung kommt insbesondere den Trägern bzw. den Zuwendungsempfängern zugute und reduziert das Risiko einer Rückforderung von EU-Mitteln durch die Europäische Kommission erheblich.

Zu 2: Der Großteil der ESF- und EFRE-geförderten Projektträger begrüßt die vorgenommene Neuregelung.