Protocol of the Session on April 13, 2011

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Zitat aus der HAZ vom 18. Januar 2011: „Ich will Bedingungen schaffen, die nicht automatisch zur Tierquälerei führen.“ Es gebe tierquälerische Haltungsformen, da helfe kein Leugnen. So Lindemann beim Amtsamtritt.

(Ulf Thiele [CDU]: Herr Lindemann!)

Willkommen in der grausamen Wirklichkeit der modernen Nutztierhaltung!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu lange hat diese Landesregierung die qualvollen Zustände in der Massentierhaltung geleugnet. Dabei haben die Studien von Professor Hartung die Tierqual durch zu hohe Besatzdichten klar aufgedeckt, obwohl sie lange im Ministerium geheim gehalten wurden.

Großspurig verkündete Minister Lindemann dann auf einer Pressekonferenz einen angeblichen 38Punkte-Plan für mehr Tierschutz in Niedersachsen. Wenn man im Ministerium nachfragt, was die 38 Punkte enthalten, stößt man auf eine Mauer des Schweigens: Das müsse erst mit der Lobby besprochen werden. - Die jedenfalls sorgt schon wieder dafür, dass sich an der grausamen Realität nichts ändert. Landvolkpräsident Hilse spricht vom „Amoklauf der Politik“, und Herr Große Macke plädiert in der HAZ vom 22. März 2011 für Zurückhaltung bei der Umsetzung des Tierschutzplans. Also wenn es nach der CDU-Fraktion geht: Tierschutz nur auf dem Papier und nicht in der Wirklichkeit.

(Jens Nacke [CDU]: Herr Meyer, wie sind Sie denn wieder drauf! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Im Bund das Gleiche: Als Frau Aigner Brandverletzungen bei Pferden oder die Käfighaltung verbieten wollte, stellten sich CDU und FDP gleich wieder quer. Immer wenn es ernsthaft um mehr Tierschutz geht, kneifen Sie und bleiben Ankündigungsregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Mühlen im Agrarministerium arbeiten weiter für die Agrarindustrie und gegen den Tierschutz. Beispiel Lohmann: Bei Lohmann wurden Küken von 2008 bis 2010 millionenfach Zehen und Kämme abgeschnitten und amputiert. Das Land schaute zu und ließ sich immer wieder vertrösten. Bereits im August 2009 schaute sich sogar eine Delegation des Agrarministeriums diese tierschutzwidrige Verstümmelung der Tiere vor Ort an, aber ein Verbot, eine Weisung oder ein Erlass erfolgte nicht.

Zu Weihnachten - das konnte man jetzt in der HAZ lesen - erinnerte sich das ML beim Aufräumen des Schreibtisches daran, dass da noch diverse Vorgänge liegen - - -

(Anhaltende Unruhe)

Herr Kollege, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Es ist zu laut im Plenarsaal. Wir haben immer Verständnis dafür, dass es in der ersten Viertelstunde

etwas lauter ist. Ich bitte jetzt aber darum, dass wirklich Ruhe eintritt und der Redner die entsprechende Aufmerksamkeit bekommt. - Bitte!

(Jens Nacke [CDU]: Es liegt vor allem an Herrn Meyer, dass es so laut ist!)

Nach Monaten wurde vom Unternehmen endlich eine Begründung für die Tierquälereien angefordert. „Liebe Grüße aus Hannover“ schreibt die HAZ vom 6. April 2011 und weist darauf hin, dass es wegen des langen Nichthandelns des Landes nun einen Strafrabatt gäbe.

Herr Minister Lindemann, was liegt eigentlich noch alles an Tierschutzverstößen unbearbeitet auf Ihren Schreibtischen? - Praktizieren Sie Tierschutz durch Aufräumen vor Weihnachten?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Durch den Verzicht auf ein Eingreifen per Erlass trägt die Landesregierung eine Mitverantwortung für milde Strafen für massenhafte Tierquälerei. Auch die im vergangenen Plenum angeführte holländische Studie war kein Grund für das Nichtstun. Ich habe ein Schreiben des Agrarministeriums aus dem Sommer letzten Jahres gelesen. Darin heißt es, aus dem niederländischen Gutachten ergibt sich, dass Hähne mit unversehrten Kämmen weniger Eier befruchtet haben. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kammschnitt aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus durchgeführt wird.

(Aha! bei den GRÜNEN)

Dieses ist mit dem Tierschutzgesetz nicht vereinbar, so das ML. Nicht vereinbar, aber gehandelt haben Sie trotzdem nicht. Stattdessen haben Sie billige Ablenkungsmanöver vollführt. Lösen Sie sich von der Kumpanei mit der Agrarlobby!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich fordere Sie daher auf, endlich per Erlass klarzustellen, was tierschutzrechtlich erlaubt und was verboten ist. Tierquäler dürfen nicht durch Duldung des Landes mit geringen Geldbußen davonkommen.

Meine Damen und Herren, die Agrarpolitik im Lande steht genauso vor einem Kurswechsel wie die Energiepolitik. Die gesellschaftliche Akzeptanz für ein „Weiter so“, für legitimierte Tierquälerei in immer größeren Agrarfabriken ist dahin. Die Bürgerinnen und Bürger wollen eine grundsätzlich andere Politik.

Tierschutz muss endlich den Rang vor wirtschaftlichen Interessen haben, den ihm die Niedersächsische Verfassung verspricht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir Grüne werden daher sehr genau hinschauen, ob auch unter dem neuen Minister nur die Agrarindustrielobby steckt oder ob der Tierschutz nach all den Skandalen endlich ernst genommen wird. Wir fordern Sie hier und heute auf, Ihre Tierschutzpläne mit allen Details endlich offenzulegen. Bringen Sie Erlasse und Gesetze auf den Weg! Lassen Sie sich nicht von der Agrarlobby in den eigenen Reihen oder vom Landvolk mit der Drohung eines Sonderbauerntages, wo Herr Ministerpräsident McAllister vorgeladen werden soll, unter Druck setzen! Sie sind auch Minister für Millionen von Verbrauchern und nicht nur für die Agrarlobby.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mein letzter Satz:

(Jens Nacke [CDU]: Gott sei Dank!)

Herr Minister Lindemann, misten Sie Ihren Stall aus! Praktizieren Sie realen Tierschutz, und zwar noch vor 2013! Sonst wird es die jetzige Opposition tun müssen.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Herr Meyer, Sie haben einen Stil, da möchte man weglaufen! - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: So schnell kann man gar nicht laufen!)

Ich erteile der Kollegin Schröder-Ehlers das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit Monaten debattieren wir über tierschutzwidrige Zustände bei Geflügel, bei Schweinen und bei Rindern, über hochgezüchtete Rassen, die viel zu schnell wachsen, über kaum tiergerechte Ställe, Betonspalten in Schweine- und Rinderställen, zu hohe Besatzdichten, schlecht geschultes Personal, Schnabelamputationen, Schwanzamputationen usw., usw. - alles tierschutzwidrig, obwohl der Tierschutz in der Niedersächsischen Verfassung verankert ist.

Rein betriebswirtschaftliche Aspekte stehen in der Nutztierhaltung oft im Vordergrund - zulasten der Tiere und zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Da sind die Zustände bei Lohmann

doch leider kein Einzelfall. Das Abschneiden von Zehen und Kämmen und das Vernichten der männlichen Küken erfolgen aus rein ökonomischen Gründen. Hier wird die Moral mal wieder verletzt - darin waren wir uns in der letzten Debatte im Februar auch einig -, und das können wir nicht länger zulassen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Der Tierschutzverstoß war dem Unternehmen doch klar. Zitate aus verschiedenen Berichten zeigen dies. Jetzt, wo die Unternehmer zur Verantwortung gezogen werden sollen, sollen sie ihren Kopf aus der Schlinge ziehen können, weil auch staatliche Stellen von unhaltbaren Zuständen wussten? - Dulden Sie dieses Verhalten nicht länger!

Meine Damen und Herren, Herr McAllister, Herr Lindemann, Herr Ehlen, solche Auswüchse machen das eigentliche Problem deutlich. Wir brauchen dringend und sofort klare tierschutzgerechte Vorgaben.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir brauchen dringend staatliche Stellen,

(Zuruf von Clemens Große Macke [CDU])

die sich wieder trauen, auf einer klaren und verlässlichen Basis Entscheidungen zu treffen, Herr Große Macke, und diese Entscheidungen dann durchzusetzen. Lohmann ist dafür ein Beispiel. Viel zu lange haben wir uns hier durchgewurstelt. Wir erinnern uns gut an die von Ihnen, Herr Minister Lindemann, vor zwei Monaten vorgetragene Chronik. Da versteckte sich einer hinter dem anderen, und niemand traute sich zu handeln.

(Zuruf von der CDU: Dann haben Sie nicht zugehört!)

Dabei ist klar: Das Ministerium hat den Hut auf. Sie müssen die Entscheidungen treffen, Herr Lindemann.

(Beifall bei der SPD)

Im Ministerium liegt die Fachaufsicht über die Landkreise. Es ist Ihre fachliche und auch politische Verantwortung, meine Herren!

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Aber keine Weisungsbefugnis!)

Herr Lindemann, ich freue mich, dass Sie dem Tierschutz und auch dem Verbraucherschutz mehr Gewicht geben wollen. Ein Tierschutzplan ist zwin

gend. Aber warum machen Sie daraus eine geheime Kommandosache?