Protocol of the Session on March 17, 2011

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Nachdem ich gerade gehört habe, dass sich Minister Bode bisher trotz einer Einladung vor mittlerweile vielen Monaten gar nicht bei Alstom in Salzgitter direkt vor Ort informiert hat, ist eine politisch einmütige Beschlussfassung zur Unterstützung der Bemühungen der Landesregierung, aber auch als Ausdruck dafür, dass der Landtag in Gänze hinter der Belegschaft steht, das richtige Signal und die richtige Unterstützung. Wir sollten heute direkt abstimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Försterling das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wohl alle haben in der Region Verwandte, Bekannte oder Freunde, die bei Alstom arbeiten. Wenn man die Vorgänge in den letzten Jahren mitverfolgt hat, dann geht es einem in der Tat so wie dem Kollegen Hagenah, dass man manchmal das Gefühl hat, dass man in einigen Büros in Paris von einer gemeinsamen, auch europäischen Verantwortung sehr weit entfernt ist.

Man muss lobend anerkennen, was die Beschäftigten in den letzten Jahren auf sich genommen haben und wie stark sie sich immer für den Standorterhalt engagiert haben. Dies muss man ausdrücklich anerkennen.

(Beifall)

Wenn ein Betriebsrat gemeinsam mit den Beschäftigten darlegt, dass man zu Einsparungen in Höhe von 65 Millionen Euro kommen kann, um den Standort zu erhalten und wettbewerbsfähig zu machen, und wenn man erkennt, dass solche Bemühungen von der französischen Konzernleitung gezielt konterkariert werden, dann muss man sagen: Anscheinend hat die Konzernleitung nicht erkannt, wie wichtig es ist, diesen Standort von

Alstom auch für zukünftige Aufträge, die bundesweit vergeben werden, zu erhalten.

Auch bei anderen Entscheidungen der Konzernleitung, wie beispielsweise bei der Frage, wer die ICx-Züge baut, und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass man sich noch nicht einmal ernsthaft bemüht, um bei Siemens möglicherweise entsprechende Unteraufträge dafür zu bekommen, wenn man schon den Hauptzuschlag nicht bekommen hat, aber bei anderen Entscheidungen, nämlich beim Eurostar, Siemens wiederum verklagt, sieht man, wie miserabel dort mitunter gearbeitet wird.

Ich möchte betonen, dass vonseiten des Landes Niedersachsen in den letzten Jahren sehr darauf geachtet worden ist, wie man sich um den Standorterhalt bemühen kann. Immer wieder wurde versucht, mit der Geschäftsleitung vor Ort, aber auch mit der Konzernleitung in Gespräche einzutreten. Auch wurde darüber nachgedacht, wie man über Innovationsförderung etwas zum Standorterhalt beitragen kann. Aber auch hier stellt sich wieder die Frage: Wenn Konzernleitungen verhindern, dass entsprechende Förderanträge gestellt werden, dann kann auch eine Landesregierung nicht entgegen der Konzernleitung Förderanträge bei sich selbst stellen und in das System hineingeben.

Man darf auch nicht vergessen, dass in den letzten Jahren im Bereich des Fahrzeugpools der Landesnahverkehrsgesellschaft schon dreistellige Millionenbeträge für Fahrzeugneubeschaffungen auch an Alstom vergeben worden sind, um den Standort zu erhalten.

Ich finde es richtig und wir sollten die Gelegenheit nutzen, unsere Position, die wohl fraktionsübergreifend vorhanden ist, heute zum Ausdruck zu bringen, um die Landesregierung, die ohnehin schon intensiv in Gesprächen ist, mit dem entsprechenden Nachdruck der Volksvertreter in den Gesprächen mit der Konzernleitung zu unterstützen. Das haben die Beschäftigten verdient. Deswegen sollten wir so verfahren und das mit einem breiten Konsens beschließen.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion erteile ich nun Frau Heister-Neumann das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Salzgitter gibt es wichtige und bedeut

same Industrieunternehmen wie die Salzgitter AG, MAN, Bosch und andere. Diese Unternehmen wirken als Magnet auf zahlreiche Zulieferbetriebe und sichern gemeinsam hochwertige Arbeits- und Ausbildungsplätze in Salzgitter. Salzgitter gehört damit zum industriellen Herz von Niedersachsen. Dazu gehört auch und hoffentlich noch sehr lange Alstom.

(Beifall)

Der Alstom-Konzern mit Sitz in Paris stellt ein weltweit führendes Unternehmen u. a. im Bereich der Bahninfrastruktur dar. Die Alstom Transport Deutschland GmbH in Salzgitter renoviert Frachtwaggons und stellt Plattformen für Regionalzüge her. Mit 2 800 Mitarbeitern ist das Werk in Salzgitter nicht nur das größte Werk in Deutschland. Ich zitiere aus dem Handelsblatt vom 17. Februar dieses Jahres: Philippe Mellier, Chef der Sparte Transport des französischen Alstom-Konzerns, ist stets voll des Lobes über seinen deutschen Bahntechnikstandort. Das Werk in Salzgitter sei der größte und der beste Schienenfahrzeughersteller im Unternehmen insgesamt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Umso betroffener machen Gerüchte, die Anfang des Jahres die Öffentlichkeit erreichten. So befürchtet der Betriebsrat des Salzgitter-Werks von Alstom die Verlagerung des Rohbaus ins europäische Ausland nach Polen, die Beendigung des Ausbildungsbetriebs, die Verlagerung des Vertriebs nach Berlin und den Abbau von 1 400 der 2 800 Arbeitsplätze. Diese Sorge des Betriebsrats und der Vertreter der IG Metall - Herr Ludewig ist heute hier anwesend - wird von vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von den Bürgerinnen und Bürgern in Salzgitter, der Stadt Salzgitter, den Vertretern der IG Metall und der Politik geteilt. Dies wurde auf der großen Demonstration sehr deutlich, die im Februar in Salzgitter stattgefunden hat.

Meine Damen und Herren, die Sorgen der Menschen vor Ort teile ich genau so, wie mein Kollege Dirk Toepffer dies tut.

(Beifall bei der CDU)

Das, meine Damen und Herren, hat sehr viel mit der diffusen Informationslage und der mangelhaften Kommunikations- und Unternehmenstransparenz zu tun.

(Björn Thümler [CDU]: Genau!)

Ich habe gemeinsam mit dem Kollegen Toepffer das unmittelbare Gespräch mit dem Betriebsrat

und der IG Metall gesucht. In diesem Gespräch ist uns gegenüber sehr deutlich zum Ausdruck gebracht worden, dass die Auftragslage des Werkes bis zum März 2012 gesichert ist. In diesem Gespräch ist uns auch sehr deutlich gesagt worden, dass man sich darüber im Klaren ist, dass es durchaus Strukturprobleme gibt, die auch Wettbewerbsnachteile mit sich bringen. Das alles ist offen besprochen worden. Vom Betriebsrat ist uns auch deutlich gesagt worden, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Werkes schon in der Vergangenheit einen Konsolidierungsbeitrag geleistet und selbst ein Konzept zur Restrukturierung des Unternehmens vorgelegt haben, aber dass es keinerlei Resonanz auf diese Maßnahmen gegeben hat und dass sie in keiner Weise eine Antwort erhalten haben.

Meine Damen und Herren, diese Aussagen der Mitarbeiter des Betriebsrats sind in der von Dirk Toepffer beantragten Unterrichtung durch die Landesregierung im Wirtschaftsausschuss bestätigt worden. Darüber hinaus wurde in dieser Unterrichtung deutlich, dass das Wirtschaftsministerium seit vielen Jahren mit Alstom in Kontakt ist, dass diese Kontakte in der jüngeren Vergangenheit aufgrund der vorliegenden Informationen intensiviert worden sind, um in Erfahrung zu bringen, was der AlstomKonzern tatsächlich beabsichtigt.

Dem Wirtschaftsministerium wurde mitgeteilt, dass die Befürchtungen des Betriebsrats nur zum Teil zuträfen, dass man dabei sei, ein Konzept zur Restrukturierung des Werkes Salzgitter zu entwerfen, eine Entscheidung noch nicht gefallen sei und man über Details im Moment noch nicht sprechen könne - nach meinem persönlichen Eindruck: noch nicht sprechen will.

(Zustimmung bei der CDU)

Außerdem wurde seitens des Sprechers des Unternehmens öffentlich und gegenüber dem Betriebsrat verlautbart, man habe kein Auslastungs-, man habe ein Wettbewerbsproblem.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, Unternehmen müssen sich im Wettbewerb bewähren. Ein gutes Kostenmanagement ist hierfür eine Voraussetzung. Die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens hängt aber mit Sicherheit wesentlich von qualifizierten und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ab, die sich im Interesse des Erhalts ihres Arbeitsplatzes, aber auch in Verantwortung für das Unter

nehmen selbst in notwendige Veränderungsprozesse positiv einbringen.

Aus den Gesprächen, die wir geführt haben, habe ich den Eindruck gewonnen: Diese Mitarbeiter gibt es in Salzgitter. Dort gibt es engagierte Mitarbeiter, die mitdenken, die sich einbringen wollen. Alstom, meine Damen und Herren, hat Glück, in Salzgitter über solche Mitarbeiter zu verfügen.

(Beifall)

Deshalb darf ich an dieser Stelle sagen: Es macht mich wirklich wütend, die Sprachlosigkeit und die mangelnde Kommunikationsbereitschaft des Konzerns feststellen zu müssen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ist der Alstom-Konzern nun bereit, den Restrukturierungsprozess in Salzgitter mit den Mitarbeitern gemeinsam durchzuführen, oder ist beabsichtigt, die vermeintlich leichtere Kostenreduzierung durch eine Verlagerung der Produktion ins hoch subventionierte Osteuropa durchzuführen?

(Björn Thümler [CDU]: Unmöglich! - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, es trifft zu, dass die Entscheidung darüber eine Entscheidung des Konzerns und nicht des Landes ist. Es trifft ebenfalls zu, dass der Markt öffentlicher Regionalverkehr auch in Deutschland weiter wachsen wird. Auftraggeber in diesem Bereich ist die öffentliche Hand bzw. der Staat. Das sollten sich alle Beteiligten auch noch einmal zu Gemüte führen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Frau Kollegin, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen! Ich war schon großzügig.

Entschuldigen Sie, ich werde mich kurz fassen und an dieser Stelle für die CDU-Fraktion schlicht und ergreifend die direkte Abstimmung über den Entschließungsantrag beantragen. Sie können mir glauben: Das ist fast schon eine historische Entscheidung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN sowie Zustimmung bei der SPD - Stefan Schostok [SPD]: Des- halb kann Jens Nacke auch nicht mit abstimmen!)

Aber - den Halbsatz muss ich jetzt noch anfügen - das hat ausschließlich mit der Interessenlage dieser engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Salzgitter zu tun, die wir voll und ganz unterstützen.

(Starker Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren, für die Landesregierung hat Herr Minister Bode das Wort.

(Stefan Schostok [SPD]: Das toppen Sie noch einmal?)